Entscheidungsdatum: 05.10.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Designanmeldung ....
(hier: Antrag auf Verfahrenskostenhilfe)
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 5. Oktober 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer wendet sich gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe für die Anmeldung mehrerer Geschmacksmuster/Designs.
Der Antragsteller beantragte am 5. November 2012 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Eintragung eines Geschmacksmusters als Sammelanmeldung von 16 Mustern für Erzeugnisse der Klasse 19-07 „Lehrmittel“. Am selben Tag beantragte er Verfahrenskostenhilfe für das Eintragungsverfahren. Dem Antrag fügte er eine Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei. Dort kreuzte er jeweils in dem Feld „sonstige Vermögenswerte“ „Nein“ an.
Mit Beschluss vom 14. März 2013 hat die Geschmacksmusterstelle dem Beschwerdeführer Verfahrenskostenhilfe für die Kosten des Eintragungsverfahrens hinsichtlich des Musters lfd. Nr. 1 bewilligt und den Verfahrenskostenhilfeantrag hinsichtlich der 15 weiteren Muster zurückgewiesen mit der Begründung, dass der Eintragungsantrag insoweit keine hinreichenden Aussichten auf Erfolg habe, weil die vorgelegten Darstellungen kein musterfähiges Erzeugnis darstellten.
Auf die Beschwerde des Antragstellers hat das Bundespatentgericht mit Beschluss vom 5. Februar 2015 (30 W (pat) ...) den Beschluss der Geschmacksmusterstelle teilweise, nämlich hinsichtlich der Muster mit den laufenden Nummern 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13 aufgehoben und die Sache insoweit zur weiteren Prüfung und Entscheidung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Mit Bescheid vom 6. Oktober 2015, dem Antragsteller nochmals übersandt mit Schreiben vom 15. Februar 2016, forderte die nach Inkrafttreten des DesignG am 1. Januar 2014 nunmehr als Designstelle bezeichnete vormalige Geschmacksmusterstelle des DPMA den Antragsteller auf, Angaben zur Anzahl, zum Wert und zur Verwertbarkeit der bereits auf ihn eingetragenen Schutzrechte zu machen.
Mit einem am 16. März 2016 bei der Designstelle eingegangenen Schreiben erhob der Antragsteller „Einspruch“ gegen den Beschluss vom 5. Februar 2015. Zur Begründung führte er aus, dass dieser nicht seinem Antrag entspräche.
Mit Beschluss vom 29. August 2016 hat die Designstelle des Deutschen Patent-und Markenamts den Antrag auf Gewährung von Verfahrenskostenhilfe hinsichtlich der nach Inkrafttreten des DesignG am 1. Januar 2014 nunmehr als Designs zu bezeichnenden Muster mit den laufenden Nummern 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13 zurückgewiesen, da der Antragsteller seine Bedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht habe (§ 24 Satz 4 DesignG i. V. m. § 136 Satz 1 PatG und §§ 117 Abs. 2 Satz 1 und 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO).
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der Antragsteller ihren Recherchen zufolge als Inhaber von mittlerweile 13 eingetragenen Designs im Designregister registriert sei. Der Antragsteller habe jedoch trotz mehrfacher Aufforderung durch die Designstelle keine Angaben hinsichtlich seiner bereits eingetragenen Schutzrechte gemacht. Er habe seine wirtschaftlichen Verhältnisse nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht, so dass nicht feststellbar sei, ob der Antragsteller derzeit tatsächlich bedürftig sei. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Designeintragungsverfahren sei daher abzulehnen.
Hiergegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 6. September 2016, eingegangen am 8. September 2016, „Einspruch“ erhoben, mit dem er sinngemäß beantragt,
den Beschluss der Designstelle vom 29. August 2016 aufzuheben.
Mit einem am 15. September 2016 bei der Designstelle eingegangenen Schreiben (mit Datum vom 13. September 2016) teilte der Antragsteller unter Bezugnahme auf den Beschluss der Designstelle vom 29. August 2016 mit, dass er sich über eine wirtschaftliche Nutzung der von ihm angemeldeten Designs „noch nicht umfassend Gedanken gemacht“ habe. Es handele sich um Lehrmaterialien, hinsichtlich derer ihm noch nie ein wirtschaftliches Angebot unterbreitet worden sei. Ein solches Angebot beispielsweise durch einen Verlag würde er aber „im Fall einer Übereinkunft nicht ausschließen“.
Der Antragsteller fügte dem Schreiben eine Aufstellung der bereits auf ihn eingetragenen (insgesamt dreizehn) Designs sowie eine neue ausgefüllte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse bei. In dieser Erklärung gab er in dem Feld "sonstige Vermögenswerte“ nunmehr an, dass er Inhaber von 13 eingetragenen Designs sei und bezifferte deren Verkehrswert mit insgesamt „ca. 9,99 €“.
Mit Verfügung vom 4. Oktober 2016 hat die Designstelle der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Bundespatentgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Das als Beschwerde gegen die Versagung von Verfahrenskostenhilfe auszulegende Rechtsmittel des Antragstellers ist gemäß §§ 24, 23 Abs. 4 DesignG i. V. m. § 135 Abs. 3 PatG zulässig. In der Sache hat es jedoch keinen Erfolg. Im Ergebnis zu Recht hat die Designstelle den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe vom 5. November 2012, auf welchen mangels besonderer Übergangsregeln die Vorschriften des am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Gesetzes über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz) und damit insbesondere § 24 DesignG Anwendung finden, im beschwerdegegenständlichen Umfang zurückgewiesen.
Zwar hat der Antragsteller mit seinem am 15. September 2016 bei der Designstelle eingegangenen Schreiben eine erneute Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO eingereicht und dabei auch die in den Schreiben der Designstelle vom 6. Oktober 2015 bzw. 15. Februar 2016 geforderten Angaben hinsichtlich seiner bereits eingetragenen Schutzrechte gemacht, so dass der Antrag nicht mehr wegen fehlender Angaben nach § 24 Satz 4 DesignG i. V. m. § 136 Satz 1 PatG i. V. m. §§ 117 Abs. 2 Satz 1 und 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO zurückgewiesen werden kann.
Jedoch ist der Antrag auf Verfahrenskostenhilfe hinsichtlich der Designs mit den laufenden Nummern 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12 und 13 zurückzuweisen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung - hier die Anmeldung der noch verfahrensgegenständlichen Designs - bei Gesamtbewertung aller Umstände mutwillig i. S. v. § 24 Satz 1 DesignG i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erscheint.
1. Nach § 24 Satz 1 DesignG i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Ist der Antragsteller von Verfahrenskostenhilfe - wie hier - bereits Inhaber von Designs, ist zunächst seine Bedürftigkeit im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu prüfen. Der Senat hat bereits in dem im anhängigen Verfahren ergangenen Beschluss vom 5. Februar 2015 ( (pat) ..., veröffentlicht in juris) darauf hingewiesen, dass es Inhaber von Designs zuzumuten ist, diese zu verwerten, um die Verfahrenskosten für die (erneute) Anmeldung aufzubringen. Hat der Designinhaber indes keine derartigen Verwertungsbemühungen unternommen bzw. muss von einer Wertlosigkeit der bereits eingetragenen Schutzrechte ausgegangen werden, muss sich die Prüfung der Frage anschließen, ob die jetzige Rechtsverfolgung des Beschwerdeführers – d. h. die erneute Designanmeldung unter Beanspruchung von Verfahrenskostenhilfe - mutwillig erscheint, worauf der Senat auch bereits im Beschluss vom 5. Februar 2015 hingewiesen hat (BPatG, a. a. O., (pat) ... Rn. 28).
2. Die Rechtsverfolgung ist gemäß § 114 Abs. 2 ZPO „mutwillig“, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Insoweit kann zwar nicht unmittelbar auf die seit dem 1. Januar 2014 in § 114 Abs. 2 ZPO enthaltene Legaldefinition dieses Begriffs abgestellt werden, da der vorliegende Antrag auf Verfahrenskostenhilfe bereits am 5. November 2012 gestellt wurde (vgl. § 40 EGZPO). Jedoch entspricht die nunmehr in § 114 Abs. 2 ZPO enthaltene Legaldefinition inhaltlich der bereits zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Rechtsprechung zu den Voraussetzungen der Mutwilligkeit gemäß § 114 Satz 1 ZPO a. F. (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 38. Aufl., § 114 Rdnr. 7).
Bezogen auf den vorliegenden Fall der beantragten Verfahrenskostenhilfe für eine Designanmeldung liegt Mutwilligkeit also vor, wenn eine verständige Person, die nicht bedürftig ist und daher die Kosten der Anmeldung tragen könnte, in gleicher Situation das Design nicht anmelden würde (BPatGE 45, 49, 51 - Massenanmeldung; Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Auflage 2015, § 24 Rn. 4). Dieser Gesichtspunkt wird unter anderem für Vielanmelder relevant. Insoweit besteht in der Rechtsprechung des Bundespatentgerichts zwar weitgehend Übereinstimmung dahingehend, dass die Anmeldung eines Schutzrechts nicht schon allein deswegen mutwillig erscheint, weil der Anmelder – auch unter Inanspruchnahme von Verfahrenskostenhilfe – zahlreiche andere Anmeldungen ohne wirtschaftlichen Erfolg getätigt hat (vgl. BPatGE 45, 49, 51 - Massenanmeldung; BPatGE 42, 178, 179 f.; BPatGE , 224, 226, jeweils m. w. N.). Vielmehr ist immer auf den konkreten Einzelfall der jeweiligen Anmeldung abzustellen, wobei aber das bisherige Anmelde- und Verwertungsverhalten des Antragstellers mit in die Gesamtbewertung einbezogen werden und diesem eine indizielle Bedeutung beigemessen werden kann (vgl. m. w. N. BPatG, Beschluss vom 18. November 2015 – 19 W (pat) 58/12, juris Rn. 18).
Im Rahmen der gebotenen Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalles kann daher eine fehlende Verwertungsaussicht- oder -absicht gerade auch dann ein Indiz für Mutwilligkeit sein, wenn zahlreiche vorhergehende Schutzrechte nicht verwertet werden konnten (BPatGE 46, 252, 254; siehe auch m. w. N. Eichmann/ v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 24 Rn. 4; Günther/Beyerlein, DesignG, 3. Aufl. 2015, § 24 Rn. 4). Hinzu tritt speziell für das Designrecht, dass die Hürden für die reine Eintragung des Designs eher gering sind, so dass der Erfolg der Eintragung als solcher (anders als etwa im Falle der Eintragung von Patenten) bereits kein Indiz gegen die Annahme von Mutwilligkeit darstellen kann (Eichmann/ v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 24 Rn. 4; Günther/Beyerlein, a. a. O., § 24 Rn. 4). Schließlich zeugt von Mutwillen die fehlende Ernsthaftigkeit des Anmelders, so z. B. die geäußerte Erkenntnis über das Missverhältnis zwischen dem durch zahlreiche Anmeldungen hervorgerufenen finanziellen Aufwand und dem erwirtschafteten Ertrag für das Produkt (vgl. BPatGE 45, 49, 51 - Massenanmeldung; Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 24 Rn. 4; Günther/Beyerlein, a. a. O., § 24 Rn. 4).
3. In Anwendung der dargelegten Grundsätze ergibt die Gesamtbewertung aller Umstände, dass eine nicht bedürftige, verständige Partei bei sachgerechter und vernünftiger Einschätzung der Verfahrenslage vorliegend von der Designanmeldung absehen würde, so dass die verfahrensgegenständliche Designanmeldung mutwillig im Sinne von § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erscheint und dem Antragsteller daher keine Verfahrenskostenhilfe bewilligt werden kann.
a) Eine ernsthafte Absicht, das hier zum Schutz angemeldete Design wirtschaftlich zu nutzen oder zu verwerten, hat der Antragsteller im Verfahren vor der Designstelle nicht dargelegt.
Sein mit der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO eingereichtes Schreiben vom 13. September 2016, bei der Designstelle eingegangen am 15. September 2016, belegt im Gegenteil, dass es dem Antragsteller bei seinen Designanmeldungen von vorneherein nicht um die Verwertung von gewerblichen Schutzrechten geht. So hat er sich über die gewerbliche Verwertung nach seinen eigenen Darlegungen „noch nicht umfassend Gedanken gemacht“, konkrete Verwertungsbemühungen oder auch nur eine ernsthafte Verwertungsabsicht werden nicht dargelegt wie auch Anhaltspunkte für eine realistische Verwertungsaussicht der verfahrensgegenständlichen Designs, deren „ideellen Wert“ er nach seinen Erklärungen im Schreiben vom 16. März 2016 zudem „nicht in Einkommen und Vermögen darstellen“ könne, weder dargetan noch sonst ersichtlich sind.
b) Die hieraus hervorgehende fehlende Verwertungsabsicht indiziert die Mutwilligkeit der vorliegenden Designanmeldungen, zumal der Antragsteller auch seine vorhergehenden Schutzrechte nicht verwertet hat. Unstreitig hat sich der Antragsteller bis heute nicht um eine Verwertung der 13 bereits auf ihn eingetragenen Designs bemüht, obwohl die beiden ältesten eingetragenen Designs bereits aus dem Jahr 2011 (Anmeldetag 18. Juli 2011) und weitere Designs aus den Jahren 2012 und 2013 stammen. Somit hat sich der Antragsteller über einen Zeitraum von knapp sechs Jahren nicht um die Verwertung seiner Schutzrechte bemüht.
c) Schließlich zeugt von Mutwillen die fehlende Ernsthaftigkeit des Anmelders, die auch darin zum Ausdruck kommt, dass er in seiner neu ausgefüllten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 8. September 2016 den Gesamtwert aller bereits auf ihn eingetragenen, insgesamt dreizehn Designs mit „ca. 9,99 €“ beziffert, was einem Durchschnittswert je Design in Höhe von (aufgerundet) 0,77 € entspricht. Der Antragsteller selbst misst seinen eingetragenen Designs somit keinen relevanten Verkehrswert zu und bestätigt deren fehlende wirtschaftliche Verwertbarkeit. Zugleich spricht dies dafür, dass er sich über das Missverhältnis zwischen dem finanziellen Aufwand, den seine zahlreichen Anmeldungen verursachen, und dem erwirtschafteten Ertrag durchaus im Klaren ist.
d) Die Gesamtschau aller Umstände führt damit zu der Feststellung, dass der Antragsteller sich bei seinen Anmeldungen nicht von wirtschaftlichen Effektivitätsüberlegungen leiten lässt und er eine Verwertung seiner Schutzrechte wie auch das vorliegende Verfahren von vornherein nicht ernsthaft betrieben hat.
4. Da die Designanmeldung nach alledem mutwillig i. S. v. §§ 24 Satz 1 DesignG i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erscheint, hat die Designstelle den Antrag auf Verfahrenskostenhilfe mit Recht zurückgewiesen.
Die Beschwerde hat daher keinen Erfolg.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 24 Satz 4 DesignG i. V. m. § 135 Abs. 3 Satz 1, letzter Halbsatz PatG (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, a. a. O., § 23 Rn. 45). Im Hinblick auf den „Einspruch“ des Antragstellers vom 16. März 2016 gegen den Senatsbeschluss vom 5. Februar 2015 wird darauf hingewiesen, dass der genannte Beschluss rechtskräftig ist.