Entscheidungsdatum: 09.06.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Geschmacksmusteranmeldung 40 2012 004 892.5
hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 9. Juni 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Am 27. Oktober 2012 hat die Anmelderin beim Deutschen Patent- und Markenamt einen Antrag auf Eintragung eines Geschmacksmusters unter Angabe des Erzeugnisses „Aussehen/Erscheinungsbild Dobermann nach Luis Friedrich Dobermann/Apolda (1894)“ mit folgender Musterdarstellung (hier verkleinert wiedergegeben) eingereicht:
Im Antragsformular ist weiterhin zu der Rubrik „Klassifizierung/Warenklassen“ die Angabe „A 01 K Tierzucht“ vermerkt.
Im Anschluss an einen Zwischenbescheid vom 8. November 2012 zur fehlenden Musterfähigkeit des angemeldeten Geschmacksmusters hat die Geschmacksmusterstelle des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung mit Beschluss vom 28. Mai 2013 zurückgewiesen, weil der Gegenstand der Anmeldung kein Muster im Sinne von § 1 Nr. 1 GeschmMG sei. Zur Begründung ist ausgeführt, dass als Erzeugnis ein Tier geschützt werden solle. Schutzobjekt eines Geschmacksmusters könne aber nur eine konkrete Gestaltung eines industriellen oder handwerklichen Gegenstandes sein. Tiere seien demnach keine Erzeugnisse im Sinne des § 1 GeschmMG.
Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt, diese jedoch nicht begründet.
Im Verfahren vor der Geschmacksmusterstelle hatte die Anmelderin auf den Zwischenbescheid vom 8. November 2012 vorgetragen, dass nicht das lebende Tier oder das Tier als Sache, sondern das Erscheinungsbild und das Aussehen des Dobermanns geschützt werden solle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht ist die Geschmacksmusterstelle davon ausgegangen, dass der Gegenstand der Anmeldung nicht muster- bzw. designfähig nach § 1 Nr. 1 DesignG ist.
Auf das am 27. Oktober 2012 angemeldete Geschmacksmuster finden mangels besonderer Übergangsregeln die Vorschriften des am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Gesetzes über den rechtlichen Schutz von Design (Designgesetz) Anwendung. Für den hier vorliegenden Fall beinhalten die Vorschriften des Designgesetzes sachlich keine Änderung gegenüber den Vorschriften des früheren Geschmacksmustergesetzes.
Gemäß § 18 DesignG weist das Deutsche Patent- und Markenamt eine Anmeldung u. a. dann zurück, wenn Gegenstand der Anmeldung kein Design im Sinne von § 1 Nr. 1 DesignG ist. Gemäß § 1 Nr. 1 DesignG ist ein Design die zweidimensionale oder dreidimensionale Erscheinungsform eines ganzen Erzeugnisses oder eines Teils davon, die sich insbesondere aus den Merkmalen der Linien, Konturen, Farben, der Gestalt, Oberflächenstruktur oder der Werkstoffe des Erzeugnisses selbst oder seiner Verzierung ergibt. Gemäß § 1 Nr. 2 DesignG ist ein Erzeugnis jeder industrielle oder handwerkliche Gegenstand einschließlich Verpackung, Ausstattung, grafischer Symbole und typografischer Schriftzeichen sowie von Einzelteilen, die zu einem komplexen Erzeugnis zusammengebaut werden. Gegenstand eines Designs kann demnach - worauf die Geschmacksmusterstelle in dem angefochtenen Beschluss zutreffend hingewiesen hat - nur die konkrete Gestaltung eines industriellen oder handwerklichen Gegenstandes sein. Diese Voraussetzungen erfüllen aber weder Tiere noch der menschliche Körper, Pflanzen oder sonstige organische Naturprodukte. Menschen, Tiere und Pflanzen sind somit keine Erzeugnisse im Sinne des § 1 Nr. 2 DesignG und daher nicht muster- und designfähig nach § 1 Nr. 1 DesignG (vgl. Eichmann/v. Falckenstein/Kühne, Designgesetz, 5. Aufl., § 1 Rdnr. 32 u. 35).
Ausgehend davon ist auch der Gegenstand der vorliegenden Anmeldung nicht muster- bzw. designfähig nach § 1 Nr. 1 DesignG.
Bei der als Muster eingereichten Darstellung handelt es sich um die fotografische Abbildung eines Hundes (Dobermann) mit offenbar kupierten Ohren und kupierter Rute. Fotografien sind einerseits Darstellungstechniken für die Wiedergabe von Erscheinungsformen, andererseits aber auch Waren, die veräußert, in Ausstellungen präsentiert oder auch als Abbildungen auf Produkten verwendet werden können. In dieser zweiten Funktion handelt es sich um (designfähige) Erzeugnisse i. S. von § 1 Nr. 1, 2 DesignG (vgl. Eichmann/Kur, Designrecht, 2. Aufl., § 2 Rdnr. 25). Vorliegend soll jedoch nicht die Fotografie mit dem darauf abgebildeten Hund als designfähiges - wenngleich im Hinblick auf das nach § 6 Abs. 1 TierSchutzG grundsätzlich verbotene vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen eines Tieres möglicherweise nach § 3 Nr. 3 DesignG vom Designschutz ausgeschlossenes - Erzeugnis i. S. von § 1 Nr. 1, 2 DesignG unter Schutz gestellt werden. Vielmehr begehrt die Anmelderin ausweislich ihrer „Erzeugnisangabe“ zu Nr. (4) der Anmeldung Schutz für „Aussehen/Erscheinungsbild Dobermann nach Luis Friedrich Dobermann/Apolda (1894)“. Danach soll zwar nicht der auf der Fotografie konkret abgebildete Hund als solcher geschützt werden - insoweit ist ihrer Einlassung im Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 (Bl. 12 d. A.) zu folgen -; unter Schutz gestellt werden soll aber (irgend)ein Hund aus der Dobermann-Zucht, welcher die in der Fotografie/Abbildung erkennbaren und von der Anmelderin im Schriftsatz vom 3. Dezember 2012 ausdrücklich benannten, äußerlich erkennbaren Besonderheiten wie z. B. kupierte Ohren sowie eine kupierte Rute aufweist. Dies ergibt sich auch aus der zu „(4) Klassifizierung/Warenklassen“ im Anmeldeformular eingetragenen Angabe „A 01 K Tierzucht“. Dieser der internationalen Patentklassifikation entnommenen Angabe kommt zwar im Designrecht keine Bedeutung zu; sie verdeutlicht aber, dass die Anmelderin Schutz für das Aussehen/die äußere Gestaltung eines Hundes der Rasse Dobermann entsprechend der eingereichten Fotografie/Abbildung beansprucht. Unter „Zucht“ versteht man in der Biologie allgemein die kontrollierte Fortpflanzung mit dem Ziel der genetischen Umformung, um gewünschte Eigenschaften zu verstärken und unerwünschte Eigenschaften durch entsprechende Zuchtauslese zum Verschwinden zu bringen. Auch das äußere Erscheinungsbild eines Tieres und dessen Veränderung kann danach Gegenstand und Ziel einer Zucht sein.
Das natürliche wie auch das durch Zucht beeinflusste oder veränderte Erscheinungsbild eines Tieres ist aber untrennbar mit dem Tier als solchem verbunden, so dass entgegen der Auffassung der Anmelderin einer Eintragung das Hindernis entgegensteht, dass ein Tier kein Erzeugnis gemäß § 1 Nr. 2 DesignG ist mit der Folge, dass der Gegenstand der Anmeldung somit nicht muster- bzw. designfähig nach § 1 Nr. 1 DesignG ist.
Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.