Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 06.02.2017


BPatG 06.02.2017 - 30 W (pat) 517/14

Markenbeschwerdeverfahren – "Malteser KUCHLER Apotheke Alles Gute zur Gesundheit. (Wort-Bild-Marke)/Malteserkreuz im Wappen (Bildmarke)/Malteser (Wort-Bild-Marke)/MALTESER" – Prüfung des Widerspruchs aus der Widerspruchsmarke zu 2): zur Warenidentität und Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit – zur Kennzeichnungskraft – unmittelbare Verwechslungsgefahr – Ausnutzung der Wertschätzung einer bekannten Marke in unlauterer Weise – Gegenstandslosigkeit der Beschwerde hinsichtlich der weiteren Widersprüche


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
06.02.2017
Aktenzeichen:
30 W (pat) 517/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 058 766

hat der 30. Senat (Marken- und Design-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richter Merzbach und Dr. Meiser

beschlossen:

I. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Dezember 2013 aufgehoben. Wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 33 594 wird die Löschung der Marke 30 2009 058 766 angeordnet.

II. Hinsichtlich der Widersprüche aus den Marken 2 069 437 und 396 33 521 ist die Beschwerde gegenstandslos.

Gründe

I.

1

Die in den Farben blau, rot und weiß gestaltete Wort-/Bildmarke

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ist am 7. Oktober 2009 angemeldet und am 22. Januar 2010 in das Register bei dem Deutschen Patent- und Markenamt eingetragen worden für die Waren und Dienstleistungen der

3

„Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer; Zahnputzmittel

4

Klasse 5: Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel; Arzneimittel für humanmedizinische und veterinärmedizinische Zwecke

5

Klasse 44: Dienstleistungen eines Apothekers; Zubereitung von Rezepturen in Apotheken“.

6

Gegen diese Marke, deren Eintragung am 26. Februar 2010 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin am 26. Mai 2010 Widerspruch erhoben aus drei Marken, nämlich aus der am 21. April 1994 angemeldeten und am 28. Juni 1994 eingetragen Bildmarke 2 069 437 (Widerspruchsmarke 1)

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ferner aus der am 1. August 1996 angemeldeten und am 30. Dezember 1996 eingetragen Wort-/Bildmarke 396 33 594 (Widerspruchsmarke 2)

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sowie schließlich aus der am 1. August 1996 angemeldeten und am 30. Dezember 1996 eingetragen Wortmarke 396 33 521 (Widerspruchsmarke 3)

9

MALTESER

10

wobei die drei Widerspruchsmarken jeweils für die folgenden Waren und Dienstleistungen Schutz genießen:

11

„Pharmazeutische Erzeugnisse; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babynahrung; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Maschinen für das Sanitäts- und Rettungswesen, nämlich Rettungsscheren, Schweißmaschinen, Hubmaschinen, Pumpen, Stromgeneratoren, Notstromaggregate; Bindenwickelmaschinen; handbetätigte Werkzeuge und Geräte (soweit in Klasse 8 enthalten), Messerschmiedewaren; Gabeln und Löffel; wissenschaftliche Apparate und Instrumente als Laborgeräte; elektrotechnische und elektronische Apparate und Instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Funkgeräte; bespielte Aufzeichnungsträger für Ton und Bild; Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente, Unterrichtsmodelle, nämlich Krankenpflegepuppen, Kunstskelette, Beatmungs-Phantome; medizinische Thermometer; Sicherheitsbekleidung, Sicherheitsschuhe, Feuerlöschgeräte; chirurgische, ärztliche und zahnärztliche und andere medizinische Instrumente und Apparate; Krankenpflegeinstrumente, nämlich Krankentragen; Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs-, Wasserleitungs- und sanitäre Geräte und Apparate, Wasseraufbereitungsgeräte zur Trinkwasseraufbereitung; Fahrzeuge und Apparate zur Beförderung auf dem Lande, in der Luft und auf dem Wasser, insbesondere Kranken- und Behindertenfahrzeuge sowie Rollstühle; Papierwaren (soweit in Klasse 16 enthalten); Druckschriften, Zeitungen und Zeitschriften, Bücher, Unterrichtsmittel in Form von Druckereierzeugnissen oder Spielen; Abzeichen, Orden und Ehrenzeichen (nicht aus Edelmetall); Seile, Netze, Planen, Segel, Zelte, insbesondere als Notunterkünfte und Nothospital; Bettdecken, Textilstoffe, Haushaltswäsche, Tisch- und Bettwäsche; Dreiecktücher; Fahnen, Standarten, Wimpel; Bekleidungsstücke, insbesondere Arbeitskleidung, Dienstbekleidung, nämlich Dienstmützen, Diensthosen, Dienstkittel, Dienstmäntel, Dienstanzüge, Dienstkleider, Diensthemden, Dienstblusen; Arbeitsschuhe, Arbeitshandschuhe; Krawatten (vorgenannte Waren nicht als Sicherheitsbekleidung); Transport von Notfallpatienten, Kranken, Verletzten sowie geistig und körperlich behinderten Personen, Rettungsdienste, Veranstaltung von Reisen, insbesondere von Erholungs- und Pilgerreisen mit Kranken und/oder Behinderten; Reisebegleitung, insbesondere für Kranke und Behinderte; Rückholdienste; Ausbildung in Erster Hilfe, im Sanitätsdienst, im Zivil- und Katastrophenschutz, in der Unfall- und Katastrophenhilfe, in der Pflege von Kranken, Verletzten oder Verwundeten, im Gymnastikunterricht; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen, Kongressen und Seminaren; Dienstleistungen in Erster Hilfe und im Sanitätsdienst; Dienstleistung im Zivil- und Katastrophenschutz, nämlich Sanitätsdienst, ABC-Dienst, Betreuungsdienst von Kranken, Verletzten oder Verwundeten, Fernmeldedienst; Dienstleistung im sozialen und karitativen Betreuungsdienst, nämlich Hilfsdienste für Alte, Kranke und Behinderte, Mahlzeitendienste; Medikamentennotdienst; Dienstleistungen von Ärzten, Chiropraktikern, Chirurgen, Optikern, Physiotherapeuten, eines Sanitäters, eines Zahnarztes; Dienstleistungen einer medizinischen Ambulanz, eines Altenheimes, einer Blutbank, von Erholungsheimen, von Genesungsheimen, eines Krankenhauses, eines Kurheimes, eines medizinischen Labors, einer Leprastation, eines Pflegeheimes, eines Sanatoriums“.

12

Die Markeninhaberin hat mit Eingaben vom 27. September 2010 die Benutzung der drei Widerspruchsmarken nach § 43 Abs. 1 MarkenG bestritten.

13

Die Widersprechende hat daraufhin zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung auf verschiedene Webseiten von Malteser-Krankenhäusern (www.malteser-sthildegardis.de; www.malteser-franziskus.de) verwiesen und Unterlagen, auf die Bezug genommen wird, zu den Akten gereicht.

14

Hierauf hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 14. Februar 2011 mitgeteilt, dass die Einrede der mangelnden Benutzung für die Waren in Klasse 5, soweit für den Widerspruch relevant, nicht mehr aufrecht erhalten werde; anderes gelte für die Dienstleistungen der Klasse 44; insoweit werde die Einrede aufrecht erhalten.

15

Mit Beschluss vom 16. Dezember 2013 hat die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 44 des Deutschen Patent- und Markenamtes die Widersprüche aus den drei Widerspruchsmarken zurückgewiesen, da eine Verwechslungsgefahr zwischen den Kollisionsmarken jeweils nicht gegeben sei.

16

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, mangels Verwechslungsgefahr könne die seitens der Markeninhaberin bestrittene Benutzung der Widerspruchszeichen dahingestellt bleiben. Es stünden sich in Klasse 5 teilweise identische, in den anderen Klassen ähnliche, teilweise auch unähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüber. Eine nähere Untersuchung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit erübrige sich, da vorliegend eine Verwechslungsgefahr sogar im Bereich identischer Waren und Dienstleistungen nicht anzunehmen sei. Die jüngere Marke halte den gebotenen Markenabstand zu den drei Widerspruchsmarken in jeder Hinsicht ein.

17

Bei der ersten Widerspruchsmarke 2 069 437 handele es sich um eine reine Bildmarke, der eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzumessen sei. Die Vergleichsmarken wiesen als gemeinsamen Bestandteil lediglich ein weißes, achtspitziges Kreuz auf. Dieses sei in der Widerspruchsmarke in einem schildförmigen schwarzen Wappen, welches mit einer weiß-schwarzen Doppellinie umrandet sei, eingebettet, in der angegriffenen Marke hingegen in einer roten Kreisfläche. Damit wiesen bereits die Bildbestandteile erhebliche Unterschiede auf, wobei das Kreuz als solches als typisches Element der mittelalterlichen Ornamentik und als häufig verwendetes Symbol christlicher Nächstenliebe wahrgenommen werde, ohne als Kennzeichnung für die Widersprechende erkannt zu werden. In jedem Fall seien die Vergleichsmarken in ihrem Gesamteindruck aufgrund der zusätzlichen Wortbestandteile („Malteser“, „KUCHLER“, „Apotheke“), des zusätzlichen Slogans „Alles Gute zur Gesundheit.“ sowie schließlich der graphischen Ausgestaltung der angegriffenen Marke ausreichend voneinander entfernt. Insbesondere der Eigenname „KUCHLER“ begründe einen ausreichenden Abstand, so dass eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu verneinen sei. Unter Berücksichtigung des erheblichen Zeichenabstands fehlten auch Anhaltspunkte für eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen.

18

Diese Erwägungen beanspruchten auch für den - insoweit identischen - Bildbestandteil der zweiten Widerspruchsmarke, der Wort-/Bildmarke 396 33 594, Geltung. Neben dem achtspitzigen Kreuz enthalte diese Marke weiterhin den Wortbestandteil Malteser. Hierbei handele es sich u. a. um die Bezeichnung für eine Hunderasse sowie für die Mitglieder des Malteserordens, welcher weltweit in engem Bezug zu karitativen Tätigkeiten stehe; in Deutschland sei zudem der „Malteser-Hilfsdienst“ gegründet worden. Für die Annahme einer Steigerung der Kennzeichnungskraft aufgrund einer intensiven Benutzung der Widerspruchsmarke lägen keine Anhaltspunkte vor; die vorgelegten Unterlagen reichten zum Beleg hierfür nicht aus. Ausgehend von einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seien Verwechslungen aber nicht zu befürchten. Die Vergleichszeichen unterschieden sich hinreichend deutlich durch die nur in der angegriffenen Marke enthaltenen grafischen Gestaltungselemente sowie die zusätzlichen Wortbestandteile. Von einer Prägung des Gesamteindrucks durch den einzig in beiden Zeichen übereinstimmenden Bestandteil Malteser könne nicht ausgegangen werden. Dagegen spreche zum einen die Mehrzahl an Bedeutungen, die dem Begriff „Malteser“ zukomme, sowie zum anderen die Existenz einer Vielzahl sogenannter „Malteser-Apotheken“, die sich in der Regel durch Eigennamenzusätze unterschieden und daher keinen Bezug zum „Malteserorden“ oder zum „Malteser-Hilfsdienst“ lieferten.

19

Aus denselben Gründen sei schließlich auch eine Verwechslungsgefahr zu der dritten Widerspruchsmarke, der reinen Wortmarke 396 33 521, nicht gegeben.

20

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

21

Sie trägt vor, die Markenstelle habe im Ausgangspunkt richtig erkannt, dass sich in Klasse 5 überwiegend identische Waren gegenüberstünden, während es sich in den Klassen 3 und 44 um hochgradig ähnliche Waren und Dienstleistungen handele.

22

Die Widerspruchsmarken seien bekannt und verfügten aufgrund einer umfangreichen Benutzung über eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Die Marken Malteser und „Malteserkreuz“ würden seit Jahrzehnten genutzt. Im Jahr 2009 habe die Widersprechende über 98.941 ordentliche Mitglieder und 883.036 Fördermitglieder verfügt. Zur Bekanntheit der Widerspruchsmarken würden ferner insbesondere auch Rettungs- und sonstige Hilfsdienste beitragen, die von den Maltesern geleistet würden (wie z. B. der Mahlzeitendienst, die Altenbetreuung, der sehr nachgefragte medizinische Notruf usw.). Hervorzuheben sei insbesondere auch die von der Widersprechenden geleistete Ausbildung in „Erster Hilfe“, wie sie z. B. für den Erwerb des Führerscheins Pflicht sei. So hätten beispielsweise in 2009 in 27.962 Kursen 299.390 Teilnehmer an solchen Schulungen der Widersprechenden teilgenommen.

23

Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin werde die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass es an verschiedenen Orten in Deutschland „Malteser-Apotheken“ gebe, die von der Widersprechenden bisher aus unterschiedlichen Gründen geduldet würden. Es handele sich hierbei um (teils historisch bedingte) Benutzungen, die schon sehr lange zurückreichten, die aber rein lokal begrenzt seien. Eine Apotheke habe normalerweise nur einen eng begrenzten Einzugsbereich. Diese über die Bundesrepublik Deutschland verstreuten Benutzungen hätten die Markenrechte der Widersprechenden bisher nicht beeinträchtigt. Gegenüber einer solchen Benutzung als lokal begrenzte Geschäftsbezeichnung sei die Anmeldung und Eintragung einer Marke hingegen von ganz anderer Qualität und könne von der Widersprechenden nicht hingenommen werden. Ersichtlich gehe es der Markeninhaberin darum, unter ihrer Marke eine bundesweite Betätigung zu entfalten, sei es als Versandapotheke, sei es mit Filialen in anderen Städten. Die Inhaberin der angegriffenen Marke versuche also bewusst, von der Bekanntheit der Widersprechenden zu profitieren und sie verfüge über keinerlei historische Berechtigung, sich „Malteser-Apotheke“ zu nennen.

24

Ausgehend von einer nach alledem weit überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sei der Widerspruch aber, entgegen der Auffassung der Markenstelle, sowohl aus der Wortmarke Malteser als auch der Wort-/Bildmarke, die das achtspitzige Kreuz als zusätzlichen Bildbestandteil beinhalte, begründet.

25

Die angegriffene Marke übernehme die Wortmarke Malteser identisch sowie das „Malteserkreuz“ nahezu identisch und ergänze diese Bestandteile lediglich durch weitgehend beschreibende Angaben („Apotheke“) bzw. einen werblich anpreisenden Slogan („Alles Gute zur Gesundheit“). Auch der Bestandteil „KUCHLER“ trete im Gesamteindruck zurück, da er bereits grafisch untergeordnet erscheine und zudem als Hinweis auf den Namen des Inhabers der Marke erkennbar sei. Ausgehend hiervon werde der Gesamteindruck der jüngeren Marke durch das Wort Malteser in Verbindung mit dem „Malteserkreuz“ geprägt. Zumindest komme dem Wortbestandteil „Malteser“, zumal es sich um eine bekannte und überdurchschnittlich kennzeichnungskräftige Marke handele, innerhalb der angegriffenen Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung zu.

26

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

27

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 44 vom 16. Dezember 2013 aufzuheben und die Löschung der Marke 30 2009 058 766 anzuordnen.

28

Die Markeninhaberin beantragt,

29

die Beschwerde zurückzuweisen.

30

Sie trägt vor, die Beschwerdebegründung gebe den Beschluss der Markenstelle hinsichtlich der Feststellungen zur Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit falsch wieder. Nach den Feststellungen der Markenstelle stünden sich in Klasse 5 teilweise identische, in den anderen Klassen ähnliche, teilweise aber auch nicht ähnliche Waren und Dienstleistungen gegenüber. Gerade auch die für die angegriffene Marke registrierten Waren der Klasse 3 seien zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke offensichtlich unähnlich.

31

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sei durch eine beträchtliche Zahl von tolerierten Drittnutzungen erheblich geschwächt. So gebe es bundesweit eine erheblich große Anzahl von insbesondere Apotheken, die den Wortbestandteil Malteser im Firmennamen aufwiesen. Bereits eine Recherche unter dem Apothekenfinder „www.aponet.de“ führe hier zu mehr als zwei Dutzend Treffern mit dem Ergebnis „Malteser Apotheke“. Eine Google-Recherche mit dem Suchbegriff „Malteser Apotheke“ weise sogar 45.900 Ergebnisse auf. Letztlich sei davon auszugehen, dass in jeder größeren Stadt eine Malteser Apotheke existiere. Herauszustellen sei insoweit, dass, soweit ersichtlich, ein Einschreiten der Widersprechenden in keinem der vorgenannten Fälle erfolgt sei; die Widersprechende toleriere vielmehr die Benutzung im Bereich der Apotheken. Dies gelte gerade auch für den Inhaber der angegriffenen Marke. Dieser führe seine Apotheke bereits seit dem 1. Mai 1980 (und damit seit 14 bzw. 16 Jahren vor Eintragung der Widerspruchsmarken) unter der Bezeichnung „Malteser Apotheke“. Damit lägen die prioritätsälteren Rechte bei dem Inhaber der angegriffenen Marke.

32

Mit zutreffender Begründung habe die Markenstelle eine Zeichenähnlichkeit verneint. Die Zeichenunähnlichkeit folge insbesondere aus den zusätzlichen Wortbestandteilen der angegriffenen Marke. Die angegriffene Marke weise als verwechslungshinderndes Merkmal insbesondere den Namen der Apotheke, nämlich „KUCHLER“ auf. Dem Verkehr erschließe sich somit ohne weiteres, dass mit der angegriffenen Marke eine ganz bestimmte Apotheke und deren Waren und Dienstleistungen, ohne Bezug zu der Widersprechenden, bezeichnet werde. Entgegen dem Beschwerdevorbringen handele es sich bei dem Eigennamen „KUCHLER“ auch keinesfalls um ein untergeordnetes Merkmal, sondern die Markeninhaberin distanziere sich hierdurch gerade von möglichen gedanklichen Verbindungen zu der Widersprechenden.

33

Ferner bestehe die Besonderheit, dass die angegriffene Marke den eigenen Firmennamen, nämlich „Malteser Apotheke“, als Markenbestandteil beinhalte, so dass lediglich den anderen Markenbestandteilen eine prägende Bedeutung zugemessen werden könne (unter Hinweis auf BGH GRUR 1996, 404, 405 - Blendax Pep). Schließlich sei auch der Bildbestandteil „Malteserkreuz“ der Widerspruchsmarke dem Bildbestandteil in der angegriffenen Marke unähnlich. Während das „Malteserkreuz“ der Widerspruchsmarke auf einem Wappenhintergrund platziert sei, nutze die angegriffene Marke eine runde Kreisform als Hintergrund.

34

Ausgehend hiervon könnten auch die von der Beschwerdeführerin angeführten „Malteserkreuz“-Entscheidungen des BGH nicht unbesehen auf den vorliegenden Fall übertragen werden, zumal vorliegend bereits keine identische Übernahme der prioritätsälteren Marke gegeben sei.

35

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

36

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache Erfolg.

37

Zwischen der angegriffenen Marke und der zweiten Widerspruchsmarke 396 33 594

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38

besteht hinsichtlich sämtlicher für die jüngere Marke registrierten Waren (mit Ausnahme von „Parfümeriewaren“) und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

39

Hinsichtlich der für die jüngere Marke in Klasse 3 weiterhin registrierten „Parfümeriewaren“ ist zwar wegen absoluter Warenunähnlichkeit die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Die angegriffene Marke nutzt jedoch insoweit in unlauterer Weise die Wertschätzung der Widerspruchsmarke aus und ist daher gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG zu löschen, so dass der Beschluss der Markenstelle insgesamt aufzuheben und die vollständige Löschung der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs aus der Marke 396 33 594 anzuordnen ist.

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A. Zwischen der angegriffenen Marke und der zweiten Widerspruchsmarke

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besteht hinsichtlich sämtlicher Waren (bis auf „Parfümeriewaren“) und Dienstleistungen die Gefahr von Verwechslungen (§§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG).

42

1. Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (vgl. z. B. EuGH GRUR 2013, 923, Nr. 34 - Specsavers-Gruppe/Asda; GRUR 2010, 1098, Nr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Nr. 32 - BARBARA BECKER; BGH GRUR 2015, 176, Nr. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren oder Dienstleistungen. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und - davon abhängig - der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., z. B. BGH GRUR 2015, 176, Nr. 9 - ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488, Nr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2014, 382, Nr. 14 - REAL-Chips).

43

Nach diesen Grundsätzen ist zwischen den genannten Vergleichsmarken die Gefahr von Verwechslungen zu besorgen.

44

2. Für die Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit ist hinsichtlich der Widerspruchswaren der Klasse 5, nachdem die Markeninhaberin die Nichtbenutzungseinrede insoweit ausdrücklich „nicht mehr aufrecht erhalten“ hat, von der Registerlage auszugehen.

45

Soweit die Markeninhaberin die Einrede mangelnder Benutzung dagegen für die Dienstleistungen der Klasse 44 aufrecht erhalten hat, kommt es hierauf nicht streitentscheidend an. Der Senat merkt lediglich an, dass der pauschale Verweis auf Internetseiten (hier von Malteser-Krankenhäusern: www.malteser-sthildegardis.de; www.malteser-franziskus.de) für die Glaubhaftmachung einer ernsthaften Benutzung gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG grundsätzlich nicht ausreicht, so dass es an einer Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für „Krankenhausdienste“ fehlt.

46

3. Ausgehend hiervon können sich die Vergleichsmarken teilweise auf identischen Waren begegnen, während im Übrigen (bis auf „Parfümeriewaren“) eine überdurchschnittliche Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit festzustellen ist.

47

a) Eine Ähnlichkeit von Waren ist anzunehmen, wenn diese in Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen - insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung, ihrer Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe - so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder ggfls. wirtschaftlich verbundenen Unternehmen, sofern sie - was zu unterstellen ist - mit identischen Marken gekennzeichnet sind (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 f., Nr. 22 - 29 - Canon; EuGH GRUR 2006, 582, Nr. 85 - VITAFRUIT; BGH GRUR 2006, 941, Nr. 13 - TOSCA BLU; GRUR 2004, 241, 243 - GeDIOS; GRUR 2001, 507, 508 - EVIAN/REVIAN; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 9 Rdn. 59 m. w. N.).

48

b) In der Warenklasse 5 sind zunächst die Waren Pharmazeutische Erzeugnisse; Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel identisch in beiden Warenverzeichnissen vorhanden. Die Waren „diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Babykost/Babynahrung“ sind ebenso identisch für die Vergleichsmarken registriert.

49

Die ferner in Klasse 5 für die angegriffene Marke eingetragenen „veterinärmedizinische Erzeugnisse; Arzneimittel für humanmedizinische und veterinärmedizinische Zwecke“: stehen „pharmazeutischen Erzeugnissen“ gleich, so dass auch insoweit Warenidentität festzustellen ist (vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 16. Aufl. 2014, S. 9 re. Sp. Stichwort „Arzneimittel“).

50

Hygienepräparate für medizinische Zwecke“ einerseits und andererseits „pharmazeutische Erzeugnisse“ ergänzen sich bei der Behandlung von Wunden und können dabei im Hinblick auf bakterizide Eigenschaften jedenfalls teilweise sogar dieselbe Funktion erfüllen (st. Rspr., vgl. BPatG, 24 W (pat) 522/15 - Dicaro Robugen/Diacard, juris Rn. 27; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 66). Der Verkehr wird daher bei unterstellter identischer Kennzeichnung naheliegend annehmen, dass die Produkte aus dem gleichen Betrieb stammen (BPatG, 24 W (pat) 522/15 - Dicaro Robugen/Diacard, juris Rn. 25).

51

c) Auch für die beschwerdegegenständlichen, in Klasse 3 registrierten Waren (mit Ausnahme von „Parfümeriewaren“) ist eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit zu den für die Widerspruchsmarke geschützten „pharmazeutischen Erzeugnissen“ festzustellen.

52

Der Warenbegriff „Seifen“ schließt auch medizinische Seifen ein, so dass Überschneidungen oder jedenfalls deutliche Berührungspunkte zu „pharmazeutischen Erzeugnissen“ bestehen (vgl. so schon BPatG GRUR 1969, 221; BPatG, 25 W (pat) 308/71, juris; siehe auch Richter/Stoppel, a. a. O., Stichwort „Seifen“, S. 254 re. Sp., S. 255 re. Sp).

53

Der Sammelbegriff "ätherische Öle" bezeichnet aus Pflanzen gewonnene Konzentrate, die im Hinblick auf antiseptische, desinfizierende und entzündungshemmende Wirkungen auch für pharmazeutische Präparate verwendet werden (vgl. Hunnius, Pharmazeutisches Wörterbuch, 8. Aufl., S. 992 f.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts besteht daher eine enge Ähnlichkeit zu „pharmazeutischen Erzeugnissen“ (siehe etwa BPatG, a. a. O., 24 W (pat) 522/15, juris Rn. 31; vgl. auch Richter/Stoppel, a. a. O., S. 17).

54

Mittel zur Körper- und Schönheitspflege“, zu denen auch hautpflegende Produkte rechnen, können über eine weitgehend übereinstimmende Wirkstoffzusammensetzung wie pharmazeutisch erzeugte Dermatika verfügen, so dass sie sich in der Verwendungsweise sehr nahestehen und ggf. sogar substituierbar sind. Die Rechtsprechung geht daher seit langem von einer engen wirtschaftlichen Nähe zu „pharmazeutischen Erzeugnissen“ aus (vgl. BGH GRUR 1965, 670, 671 - Basoderm; BPatGE 38, 105, 109 - Lindora/Linola; BPatG, a. a. O., 24 W (pat) 522/15, Rn. 30).

55

„Haarwässer“ sind ebenso überdurchschnittlich ähnlich zu den Widerspruchswaren „pharmazeutische Erzeugnisse“ (BPatG, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen; BPatG 24 W (pat) 17/92; Richter/Stoppel, a. a. O., S. 120, re. Spalte und S. 121, li. Sp., Stichwort „Haarwasser“). Denn Haarwässer dienen häufig jedenfalls auch der Einwirkung auf die Kopfhaut und weisen damit nach Zweckbestimmung und Anwendungsweise eine deutliche Nähe zu Dermatika auf. Häufig handelt es sich dabei um Pflegemittel, die nach medizinischen Gesichtspunkten konzipiert sind und die über Vertriebswege und Verkaufsstätten angeboten werden, über die auch Dermatika bezogen werden können, so dass insoweit deutliche Anhaltspunkte für eine gemeinsame unternehmerische Verantwortung bestehen (BPatG, 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen).

56

Zwischen „Zahnputzmitteln“, die der Eindämmung gesundheitsbeeinträchtigender Bakterien dienen, und Mund- und Rachenarzneien mit therapeutischer oder vorbeugender Funktion ist ein enger sachlicher Zusammenhang gegeben, so dass auch insoweit eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit zu „pharmazeutischen Erzeugnissen“ besteht (vgl. BPatG, a. a. O., 24 W (pat) 522/15 - Diacaro Robugen, juris Rn. 32; BPatG 24 W (pat) 17/92).

57

d) Soweit die angegriffene Marke in Klasse 44 schließlich „Dienstleistungen eines Apothekers; Zubereitung von Rezepturen in Apotheken“ beansprucht, besteht eine enge Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren „pharmazeutische Erzeugnisse“, da die Waren und die Dienstleistungen regelmäßig nebeneinander angeboten werden und die Dienstleistungen genau auf diese speziellen Waren abgestimmt sein können und regelmäßig auch abgestimmt sind (vgl. BPatG, 30 W (pat) 52/06 - apotheke am dm / dm, juris Rn. 20).

58

e) Außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs zu den Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke liegen dagegen die für die angegriffene Marke registrierten „Parfümeriewaren“. Im Hinblick auf die unterschiedliche Zweckbestimmung besteht insbesondere keine Ähnlichkeit zu Arzneimitteln bzw. „pharmazeutischen Erzeugnissen“ (vgl. Richter/Stoppel, a. a. O., S. 210, Stichwort „Parfümeriewaren“, mittlere Sp., unter Hinweis auf BPatG 96, 24 W (pat) 248/95 sowie HABM 03, BK R 867/01-4). Daher ist die Annahme einer Verwechslungsgefahr insoweit von vornherein ausgeschlossen ist. Denn nach ständiger Rechtsprechung kann eine absolute Warenunähnlichkeit selbst bei (unterstellter) Identität der Zeichen nicht, selbst nicht durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke, ausgeglichen werden (vgl. EuGH, GRUR Int. 2009, 911 Rdnr. 34 - WATERFORD STELLENBOSCH; BGH, GRUR 2014, 488, Rdnr. 9 - DESPERADOS/ DESPERADO; GRUR 2012, 1145 Rdnr. 34 - Pelikan; GRUR 2009, 484, Rdnr. 25 - METROBUS).

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4. Die Widerspruchsmarke

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verfügt für die relevanten Widerspruchswaren über eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft (zu den Graden der Kennzeichnungskraft vgl. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 55 - Culinaria/Villa Culinaria).

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a) Dabei geht der Senat zunächst davon aus, dass die Widerspruchsmarke von Haus aus über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft verfügt.

62

Zwar unterliegt die Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils Malteser einer gewissen Schwächung, da beschreibende Anklänge im Hinblick auf die Einwohner Maltas bestehen, wenngleich das Wort im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang auch nicht glatt beschreibend ist. Jedoch bestimmt sich die Kennzeichnungskraft zusammengesetzter Zeichen (hier: eines Wort-/ Bildzeichens) nach deren Gesamteindruck, wobei es in der Regel so ist, dass das kennzeichnungsstärkste Element zugleich die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke bestimmt (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 136).

63

Vorliegend kommt dem Bildbestandteil („Malteserkreuz“) aufgrund der charakteristischen Form des achtspitzigen Kreuzes von Hause aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu (so schon ausdrücklich BGH GRUR 2010, 833, Nr. 16 - Malteserkreuz II), die auch grundsätzlich weder durch die Benutzungslage noch unter dem Aspekt schwächender Drittmarken geschwächt ist; nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes bewirkt insbesondere die Verwendung der in Rede stehenden Kreuzform auch durch den Johanniterorden, der aus historischen Gründen und nach den Grundsätzen des Gleichnamigenrechts ebenso wie die hiesige Widersprechende zur Zeichenführung berechtigt ist, keine generelle Schwächung der Marke gegenüber sonstigen Dritten (BGH GRUR 2010, 833, 834, Nr. 17 - Malteserkreuz II; vgl. auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 149, 177; zu der Frage einer Schwächung wegen der Existenz zahlreicher Malteser-Apotheken siehe im Folgenden unten 3 c). Auch im maßgeblichen Gesamteindruck bestimmt das nach alledem kennzeichnungsstärkere Bildelement die Kennzeichnungskraft der Gesamtmarke, so dass dem Gesamtzeichen von Hause aus eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzumessen ist.

64

b) Dem Senat ist weiterhin bekannt, dass die Widerspruchsmarke in ihrem Kernbereich - im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Rettungs- und Sanitätsdienste sowie in „Erster Hilfe“- langjährig umfassend benutzt wird und omnipräsent ist.

65

Tatsachen, aus denen sich die Bekanntheit einer Marke ergeben, können allgemein geläufig und deshalb offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sein. Dazu rechnet auch, dass die Marke während eines längeren Zeitraums in weitem Umfang auf dem Markt erscheint und jedermann gegenübertritt (vgl. BGH GRUR 2011, 1043 Rn. 49 - TÜV II; GRUR 2014, 378 Rn. 27 - OTTO Cap). Vorliegend handelt es sich offenkundig um eine überragend bekannte Marke. Aufgrund der langjährigen und intensiven Benutzung und der daraus folgenden allgemeinen Bekanntheit des Widerspruchszeichens innerhalb der für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr relevanten Verkehrskreise ist der Widerspruchsmarke in Bezug auf die genannten Dienstleistungen sowohl für den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im Jahr 2009 als auch im Entscheidungszeitpunkt eine weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzumessen.

66

Diese weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in ihrem Kernbereich strahlt auch auf die hier relevanten, eng verwandten Widerspruchswaren der Klasse 5 - namentlich auf „Pharmazeutische Erzeugnisse, Pflaster, Verbandmaterial; Desinfektionsmittel“, die vorliegend eine Warenidentität bzw. jedenfalls überdurchschnittliche Ähnlichkeit zu den Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke begründen - aus.

67

Zwar hat die Steigerung der Kennzeichnungskraft einer Marke infolge Benutzung vorrangig Bedeutung für denjenigen Waren- und Dienstleistungsbereich, in dem die umfangreiche Benutzung erfolgt ist. Allerdings ist anerkannt, dass die erhöhte Kennzeichnungskraft einer Marke auf eng verwandte Waren oder Dienstleistungen ausstrahlen kann, so dass auch insoweit - wenn auch in gewissen engen Grenzen - ein erweiterter Schutzumfang in Betracht kommt (vgl. BGH GRUR 2012, 930, Nr. 71 - Bogner B/Barbie B; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 171). Davon ist hier auszugehen, da die genannten Waren der Klasse 5 in unmittelbarem funktionellem Zusammenhang mit Rettungs- und Sanitätsdiensten stehen.

68

c) Eine Schwächung der nach alledem weit überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch benutzte Drittzeichen ist nicht ersichtlich; dies gilt auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Markeninhaberin zu der Duldung einer Mehrzahl von „Malteser Apotheken“ durch die Widersprechende.

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Eine solche Schwächung der Kennzeichnungskraft setzt voraus, dass die Drittkennzeichen in gleichen oder eng benachbarten Branchen und in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erscheint, die erforderliche Gewöhnung des Verkehrs an die Existenz weiterer Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken. Allein die Anzahl der Drittzeichen reicht zur Darlegung einer Schwächung der Kennzeichnungskraft nicht aus (BGH GRUR 2009, 685, Nr. 25 - adh.de). Daneben müssen der Umfang der Benutzung und die Bekanntheit der Marken am Markt im Einzelnen dargelegt werden (BPatG, 29 W (pat) 70/11- A1 A-One Consult/A1, juris).

70

Gemessen an diesen Maßstäben genügt der Vortrag der Markeninhaberin hierzu nicht. Der Umfang der Tätigkeit der Drittfirmen („Malteser Apotheken“) und die Bekanntheit ihrer jeweiligen Kennzeichnungen am Markt sind von der Markeninhaberin nicht näher dargelegt worden. Der vorgelegte Auszug aus einer Google-Recherche ist insoweit ohne Aussagekraft. Die weiteren Nachweise, insbesondere die 25 Treffer im „Apothekenfinder“ (www.aponet.de/apofinder), beziehen sich ausschließlich auf das Wortelement bzw. die Wortkombination „Malteser Apotheke“, während eine Drittbenutzung des - wie dargelegt von Hause aus kennzeichnungsstärkeren - Bildelementes (des achtspitzigen Kreuzes) nicht belegt ist. Insoweit gilt aber der Grundsatz, dass selbst eine durch häufige Verwendung bedingte Kennzeichnungsschwäche eines Markenbestandteils nicht die Annahme rechtfertigt, die Gesamtmarke sei in ihrer Kennzeichnungskraft geschwächt (vgl. m. w. N. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 176). Im Übrigen verweist die Widersprechende mit Recht darauf, dass die Benutzung der Geschäftsbezeichnung einer lokal operierenden Apotheke grundsätzlich örtlich eng begrenzt ist. Es bestehen ausgehend hiervon jedenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Malteser-Apotheken in einem Umfang in Erscheinung treten, der geeignet erschiene, eine umfassende Gewöhnung des Verkehrs an die Drittbenutzung von weiteren Malteser-Kennzeichnungen bzw. Kennzeichnungen im Ähnlichkeitsbereich zu bewirken.

71

d) Nach alledem ist von einer weit überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke für die relevanten Widerspruchswaren auszugehen.

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5. Die Vergleichszeichen weisen ferner eine überdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit auf.

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a) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. z. B. BGH GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Nr. 25 - pjur/pure; GRUR 2012, 930, Nr. 22 - Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 23 - MIXI). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-​)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr.15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60, Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei genügt für die Annahme einer Verwechslungsgefahr regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr. vgl. z. B. BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 - BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114, Nr. 23 - Springender Pudel; GRUR 2010, 235, Nr. 18 - AIDA/AIDU m. w. N.; vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 254 m. w. N.).

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b) Die angegriffene Marke enthält - über das Wort „Malteser“ und das achtspitzige Kreuz hinaus - weitere graphische Elemente und zusätzliche Wortbestandteile, nämlich „KUCHLER“, „Apotheke“ sowie den Werbespruch „Alles Gute zur Gesundheit“, so dass sich die Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit zunächst deutlich voneinander unterscheiden. Der rechtlich maßgebliche Gesamteindruck der angegriffenen Marke

Abbildung

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wird indessen alleine durch die Bestandteile Abbildunggeprägt, weil die weiteren Zeichenelemente als kennzeichnungsschwache Bestandteile in den Hintergrund rücken und sich zudem die weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auf die Prägung des angegriffenen Kombinationszeichens auswirkt, im Einzelnen:

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aa) Es ist allgemein anerkannt, dass ein oder mehrere Bestandteile eines zusammengesetzten Zeichens für den Gesamteindruck prägend sein und insoweit eine rechtlich relevante Verwechslungsgefahr begründen können (vgl. m. w. N. BGH GRUR 2013, 1239, Nr. 32 - VOLKSWAGEN/Volks.Inspektion; GRUR 2013, 833, Nr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2009, 772, Nr. 57 - Augsburger Puppenkiste). Voraussetzung hierfür ist, dass die anderen Bestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise weitgehend in den Hintergrund treten und den Gesamteindruck der Marke nicht mitbestimmen (vgl. BGH GRUR 2012, 64, Nr. 15 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2010, 729, Nr. 31 - MIXI; GRUR 2009, 1055, Nr. 23 - airdsl), so dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. EuGH GRUR 2007, 700, Nr. 42 - HABM/Shaker, GRUR Int. 2010, 129, Nr.62 - Carbonell/La Espanola; GRUR 2010, 1098, Nr. 56 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; GRUR 2008, 719, Nr. 37 - idw Informationsdienst Wissenschaft; GRUR2010, 828, Nr. 45 - DiSC).

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bb) Vorliegend wird die angegriffene Marke alleine durch die Bestandteile Abbildunggeprägt, weil die weiteren Zeichenelemente als kennzeichnungsschwache Bestandteile in den Hintergrund rücken.

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Das Wort „Apotheke“ ist im vorliegenden Waren- und Dienstleistungszusammenhang glatt beschreibend und tritt daher ohne weiteres in den Hintergrund (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 372). Die Wortfolge „Alles Gute zur Gesundheit“ erschöpft sich in einem anpreisenden Werbeslogan, welcher ebenso jeder individualisierenden Unterscheidungskraft entbehrt.

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Das Wort „KUCHLER“ schließlich erscheint bereits graphisch (aufgrund der geringen Schriftgröße) untergeordnet und erschließt sich dem Verkehr zudem unmittelbar als Eigenname des Apothekeninhabers; ist aber der Firmenname innerhalb einer Kombinationsmarke erkennbar, verlagert sich der prägende Charakter schon grundsätzlich auf den anderen Markenteil, hier also auf das Wortelement Malteser in Kombination mit dem achtspitzigen Kreuz (vgl. m. w. N. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 413), zumal Letzteres in ersichtlicher Anlehnung an das ®-Symbol in einen Kreis gefasst und hochgestellt ist und so die genannte Kombination als den eigentlichen „Markenkern“ besonders hervorhebt.

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cc) Dies gilt erst recht vor dem Hintergrund der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die sich ihrerseits zusätzlich auf die Prägung des angegriffenen Kombinationszeichens durch die Bestandteile Abbildung auswirkt.

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Grundsätzlich hat zwar die Prüfung der prägenden Eigenschaft eines Markenbestandteils unabhängig von der Gegenmarke lediglich anhand der Gestaltung der betreffenden Marke zu erfolgen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdnr. 383). Zu beachten ist jedoch, dass bei Ähnlichkeit oder Identität eines oder mehrerer Bestandteile der angegriffenen Marke mit der Widerspruchsmarke deren kraft Benutzung im Kollisionszeitpunkt erworbene Kennzeichnungskraft auch bei der Prüfung, welche Bestandteile den Gesamteindruck der angegriffenen Marke bestimmen, von Bedeutung sein und dazu führen kann, dass dem entsprechenden Bestandteil auch dann ein Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnommen wird, wenn er ihm nicht isoliert, sondern als Bestandteil des jüngeren Zeichens entgegentritt (vgl. BGH, GRUR 2003, 880 - City Plus). Dabei kommt ein solcher Hinweischarakter einem älteren Zeichen in der jüngeren Zeichenkombination umso eher zu, je stärker seine Kennzeichnungskraft ist (vgl. BPatG MarkenR 2005, 240 - Public Nation/PUBLIC).

82

Ausgehend davon besteht auch vorliegend aufgrund der weit überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die Gefahr, dass der Verkehr in den Bestandteilen Abbildungder angegriffenen Marke in Zusammenhang mit identischen oder eng ähnlichen Waren und Dienstleistungen einen Hinweis auf die Widersprechende sieht und es insoweit zu Verwechslungen kommt.

83

Denn während es sich bei der Widerspruchsmarke um eine überragend bekannte Marke handelt, übernimmt die angegriffene Marke sowohl deren Wortelement Malteser in identischer Form, wie sie auch von dem Bildelement („Malteserkreuz“) in sehr ähnlicher Form Gebrauch macht. Die entgegenstehende Argumentation der Markenstelle zu einer vermeintlichen Unähnlichkeit der Bildelemente vernachlässigt, dass das Charakteristische der Gestaltung des bekannten „Malteserkreuzes“ und seine Bedeutung gegenüber gängigen Kreuzformen gerade in der achtspitzigen Form liegt (so schon ausdrücklich BGH GRUR 2006, 859 - Malteserkreuz I sowie BGH GRUR 2010, 833 - Malteserkreuz II) und dass die jüngere Marke diese besondere Gestaltung des Kreuzes der Form nach identisch aufnimmt. Die Unterschiede in der „Einbettung“ des Kreuzes (in einem schildförmigen schwarzen Wappen in der Widerspruchsmarke bzw. in einer roten Kreisfläche in der angegriffenen Marke) fallen demgegenüber für den charakteristischen Eindruck des Zeichens ebenso wenig ins Gewicht wie seine „spiegelverkehrte“ Anordnung rechts von dem Wort Malteser (anstatt links davon wie in der Widerspruchsmarke). Aufgrund seiner charakteristischen Form und in der Zusammenschau mit dem Wortbestandteil Malteser wird der Verkehr das achtspitzige Kreuz auch in der angegriffenen Marke ohne weiteres als „Malteserkreuz“ erkennen.

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c) Bei dieser Sachlage besteht aber naheliegend die Gefahr, dass der Verkehr in den Bestandteilen Abbildungder angegriffenen Marke einen Hinweis auf die Widersprechende sieht und es zu Herkunftsverwechslungen kommt, wenn ihm diese Kennzeichnung auf Waren und Dienstleistungen begegnet, für welche die Widerspruchsmarke entweder seit längerem in Gebrauch ist oder die jedenfalls einen engen Bezug zu diesen Waren und Dienstleistungen haben.

85

Da die angegriffene Marke den Wortbestandteil der Widerspruchsmarke identisch und den Bildbestandteil (Malteserkreuz) in sehr ähnlicher Form übernimmt, ist von einer überdurchschnittlichen Zeichenähnlichkeit auszugehen, welche dazu führt, dass für die obengenannten Waren und Dienstleistungen, die identisch oder zumindest (überdurchschnittlich) ähnlich zu den Waren sind, für die die Widerspruchsmarke eine durch Benutzung erworbene, weit überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft besitzt, eine unmittelbare Verwechslungsgefahr anzunehmen ist. Dies trifft wie dargelegt auf alle für die angegriffene Marke registrierten Waren (mit Ausnahme der „Parfümeriewaren“) und Dienstleistungen zu.

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Insoweit war der Beschluss der Markenstelle aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr für alle genannten Waren und Dienstleistungen anzuordnen.

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B. Die Löschung der angegriffenen Marke war schließlich auch für die in Klasse 3 beanspruchten „Parfümeriewaren“ anzuordnen.

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Zwar ist hinsichtlich dieser Waren - und wegen der bestehenden Warenunähnlichkeit - die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausgeschlossen.

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Die angegriffene Marke nutzt jedoch insoweit in unlauterer Weise die Wertschätzung der Widerspruchsmarke 396 33 594 aus und ist daher gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG zu löschen.

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1. Der Gesichtspunkt, dass die Nutzung der angegriffenen Marke (für Parfümeriewaren) die Wertschätzung der Widerspruchsmarke ausnutzen werde, kann im vorliegenden Beschwerdeverfahren berücksichtigt werden.

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Die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG ist zeitlich anwendbar, weil die angegriffene Marke am 7. Oktober 2009 und damit nach dem Stichtag 1. Oktober 2009 zur Eintragung angemeldet worden ist (§ 165 Abs. 2 MarkenG).

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Soweit dabei vorliegend aus einem einzigen Schutzrecht (hier: der Widerspruchsmarke zu 2) vorgegangen wird, handelt es sich bei den Widerspruchsgründen der Verwechslungsgefahr sowie des Bekanntheitsschutzes um einen einheitlichen Verfahrensgegenstand (vgl. zum Verletzungsprozess BGH GRUR 2012, 621, 623, Nr. 32 - OSCAR; BGH GRUR 2012, 1145, 1146, Nr. 18 - Pelikan; Ströbele/ Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 457), so dass einer Berücksichtigung der Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG sowohl aufgrund des Vortrags in der mündlichen Verhandlung als auch von Amts wegen nichts entgegensteht.

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2. Bei der Widerspruchsmarke

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handelt es sich offenkundig um eine bekannte Marke im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG. Das Markenzeichen wird, wie bereits dargelegt, gerichtsbekannt in seinem Kernbereich - im Zusammenhang mit Dienstleistungen im Bereich der Rettungs- und Sanitätsdienste sowie der „Ersten Hilfe“ - umfassend benutzt und ist omnipräsent. Aufgrund dieser langjährigen und intensiven Benutzung ist es einem bedeutenden Teil des Publikums bekannt, was sowohl für den Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im Jahr 2009 als auch für den hiesigen Entscheidungszeitpunkt offensichtlich ist.

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3. Die Anwendung des § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG setzt ferner voraus, dass das angegriffene Zeichen - seine Benutzung im geschäftlichen Verkehr unterstellt - in relevantem Umfang gedanklich mit der bekannten Marke verknüpft wird. Die Frage, ob eine gedankliche Verknüpfung zwischen zwei Kennzeichen stattfindet, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des konkreten Falles zu beurteilen, zu denen der Grad der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Marken, die Art der fraglichen Waren und Dienstleistungen einschließlich des Grades ihrer Nähe, das Ausmaß der Bekanntheit der Widerspruchsmarke, ihre originäre oder durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft und das Bestehen von Verwechslungsgefahr zählen (vgl. EuGH, GRUR 2004, 58 Rn. 30 - Adidas/Fitnessworld; GRUR 2008, 503 Rn. 41 - adidas/Marca; GRUR 2009, 56 Rn. 41 f. - Intel/CPM; GRUR Int. 2011, 500 Rn. 56 - TiMi KINDERJOGHURT/KINDER).

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Vorliegend ist, wie dargelegt, unter dem Gesichtspunkt der Prägung der angegriffenen Marke durch den identisch übernommenen Wortbestandteil Malteser sowie das sehr ähnlich übernommene Bildelement („achtspitziges Kreuz“) eine überdurchschnittliche Ähnlichkeit zwischen den Vergleichszeichen festzustellen. Berücksichtigt man ferner den überragenden Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke, so ist davon auszugehen, dass der Verkehr beim Anblick der jüngeren Marke, welche auf „Parfümeriewaren“ angebracht ist, an das ihm bekannte Markenzeichen der Widersprechenden denkt.

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4. Die Wertschätzung der Widerspruchsmarke wird durch die jüngere Marke, wenn sie auf „Parfümeriewaren“ angebracht ist, ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt.

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Eine Ausnutzung der Wertschätzung einer bekannten Marke wird nach höchstrichterlicher Rechtsprechung angenommen, wenn sich ein Dritter mit der Kennzeichnung seiner Waren oder Dienstleistungen in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke begibt, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne eigene Anstrengungen zu profitieren oder auf andere Weise an der Aufmerksamkeit teilzuhaben, die mit der Verwendung eines der bekannten Marke ähnlichen Zeichens verbunden ist (s. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 14 Rn. 345 m. w. N.). Dabei handelt es sich vor allem um Fälle des Imagetransfers, bei denen der gute Ruf der bekannten Marke auf die ähnlich gekennzeichneten Produkte umgeleitet werden soll. Ob die Ausnutzung der Wertschätzung ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise erfolgt, ist auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung zu beurteilen (vgl. BPatG, 29 W (pat) 109/12 - juris - TÜg/TÜV).

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Vorliegend hat sich die Markeninhaberin mit ihrem Zeichen in den Bereich der Sogwirkung der bekannten Marke der Widerspruchsführerin begeben.

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Es war im Anmeldezeitpunkt und ist auch heute eindeutig, dass die Widerspruchsmarke über ein überragend hohes Maß an Bekanntheit verfügt und mit ihr sowohl hohe Gütevorstellungen als auch ein positives Image verbunden sind. Berücksichtigt man ferner den Grad der Zeichenähnlichkeit - wobei die angegriffene Marke sowohl den Wortbestandteil Malteser identisch als auch das berühmte Malteserkreuz, wenn auch in leicht abgewandelter Form, übernimmt - so liegt die Annahme der Ausnutzung von Wertschätzung auf der Hand.

101

Einen rechtfertigenden Grund dafür hat die Beschwerdegegnerin weder vorgetragen, noch ist er sonst ersichtlich. Die Tatsache alleine, dass die Markeninhaberin ihr Zeichen lange Zeit vor der Markenanmeldung und über Jahre hinweg von der Widersprechenden unbeanstandet benutzt haben will, begründet keine berechtigte Wahrnehmung eigener Interessen, zumal zu keinem Zeitpunkt eine Gleichgewichtslage zwischen den Kollisionszeichen bestand und auch im Übrigen keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Markeninhaberin einen schutzwürdigen Besitzstand erworben haben könnte (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 23 Rn. 53).

102

Ebensowenig kann es die Markeninhaberin entlasten, dass die Widersprechende in Einzelfällen die Namensführung „Malteser-Apotheke“ hingenommen hat. Denn zum einen betrifft dies nicht die hier fragliche Kombinationsbezeichnung (s. dazu schon oben 3 c), zum anderen rechtfertigt die Duldung einer Zeichennutzung generell nicht die Registrierung als Marke (vgl. BGH BlPMZ 2016, 19, 23 - Springender Pudel).

103

5. Daher ist die angegriffene Marke unter dem Gesichtspunkt des Bekanntheitsschutzes nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG auch für die in Klasse 3 beanspruchten „Parfümeriewaren“ zu löschen, so dass der angefochtene Beschluss der Markenstelle insgesamt aufzuheben war.

104

C. Da die Beschwerde im Hinblick auf die Widerspruchsmarke 396 33 594 in vollem Umfang Erfolg hat, ist sie wegen der weiteren Widersprüche aus den Marken 2 069 437 und 396 33 521 gegenstandslos.

105

D. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich sind.