Entscheidungsdatum: 17.02.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 307 42 983.0
hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 17. Februar 2011 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie der Richterinnen Winter und Hartlieb
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Zeichen
cover2dry
ist als Wortmarke für Waren der Klassen 9 und 11, unter anderem für
"Mess- und Kontrollapparate und -instrumente; Heizungs-, Kühl-, Trocken- und Lüftungsgeräte, insbesondere Heißluftapparate, Heizgeräte, Heizlüfter, Klimaapparate, Kühlapparate und -anlagen, Kühlräume, Kühlschränke, Kühlvitrinen, Luftbefeuchter, Lufterhitzer, Luftkühlgeräte, Luftreinigungsapparate und -maschinen, Lufttrockner, Trockenapparate und -anlagen, Trockengeräte, Ventilatoren“
zur Eintragung in das Register angemeldet worden.
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung mit Erstbeschluss vom 24. November 2008 wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG teilweise hinsichtlich der oben genannten Waren zurückgewiesen, weil cover2dry im Sinne von „Abdeckung zum Trocknen“ lediglich eine sachbezogene, für die Werbesprache typische schlagwortartige Aussage über Beschaffenheit oder Bestimmung dieser Waren ergebe. Die dagegen eingelegte Erinnerung wurde am 30. Oktober 2009 zurückgewiesen. Zusätzlich hat die Markenstelle ausgeführt, dass die Verwendung der Zahl 2 anstelle des englischen Wortes „to" üblich geworden und weltweit verbreitet sei.
Gegen diese Beurteilung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie hält die Betrachtung der Markenstelle für analysierend; die Marke werde nicht im genannten Sinn verstanden. Das Zeichen sei lexikalisch nicht nachgewiesen, mehrdeutig und interpretationsbedürftig und deshalb auch für die noch maßgeblichen Waren schutzfähig. Sie verweist ferner darauf, dass Marken mit der Zahl 2 als Bestandteil vom Deutschen Patent- und Markenamt und vom Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eingetragen worden seien.
Die Anmelderin beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. November 2008 und vom 30. Oktober 2009 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die angemeldete Marke cover2dry ist hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Waren wegen fehlender Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht insoweit zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 und 5 MarkenG).
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet nach ständiger Rechtsprechung, dass die Marke im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise geeignet sein muss, die Waren (oder Dienstleistungen), für die die Eintragung beantragt wird, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und somit dieses Produkt von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (st. Rspr.; EuGH GRUR 2008, 608 ff. - Rn. 66, 67 - EUROHYPO; GRUR 2006, 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 674 - Rn. 34 - POSTKANTOOR; BGH GRUR 2010, 935 - Rn. 8 - Die Vision; GRUR 2010, 825, 826 - Rn. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 952 - Rn. 9 - DeutschlandCard; GRUR 2006, 850, 854 - Rn. 18 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard; GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - anti KALK). Als beteiligte Verkehrskreise sind alle Kreise zu verstehen, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Die maßgeblichen Verkehrskreise definiert der EuGH als den Handel und/oder den normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 23 m. w. N.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 411, 413 - Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla).
Keine Unterscheidungskraft kommt Bezeichnungen zu, die einen beschreibenden Begriffsinhalt aufweisen, der für die in Frage stehenden Waren ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard). Darüber hinaus fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchten Waren zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu den betreffenden Waren hergestellt wird (BGH WRP 2010, 1504, 1506 - Rn. 23 - TOOOR!; GRUR 2009, 949, 951 - Rn. 20 - My World; GRUR 2009, 411 - Rn. 9 - STREETBALL; GRUR 2006, 850, 854 - Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006).
Nach diesen Grundsätzen kommt dem Zeichen cover2dry die erforderliche Unterscheidungskraft nicht zu.
Das englische Wort „cover“ bedeutet im Deutschen „Abdeckung, Deckel“; das englische Wort „dry“ bedeutet als Verb im Deutschen „trocknen“ (vgl. Duden Oxford, Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005, S. 1031, 1086; Ernst, Wörterbuch der industriellen Technik, 7. Aufl. 2007, S. 316, 432). Beide Begriffe haben als Fremdwort Eingang in die deutsche Sprache gefunden (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 4. Aufl., S. 285, 363). Die zwischen diesen Wörtern eingefügte Zahl „2“ wird im Englischen wie das Wort „to“ ausgesprochen und in dieser Bedeutung vielfach verwendet (vgl. Duden, Von HDL bis DUBIDODO, (K)ein Wörterbuch zur SMS, S. 27; M. Schmidt, SMS easy, S. 55). Hergeleitet aus dem Bereich der SMS ist diese Verwendung als Kurzform seit langem in der Werbung gebräuchlich und in diesem Sinn in Entscheidungen des Bundespatentgerichts gewürdigt worden (vgl. 30 W (pat) 42/00 - SCAN2Print; 25 W (pat) 21/01 - web2cad; 29 W (pat) 102/01 - Call 2 day; 24 W (pat) 197/03 - b2b-open; jeweils veröffentlicht auf der Homepage des Gerichts; vgl. auch HABM R 1120/05-1 - CLICK2CALL; R 1121/05-1 - CLICK2DIAL; jeweils veröffentlicht auf der Homepage des HABM, Zusammenfassungen veröffentlicht bei PAVIS). „To" bedeutet im Deutschen allgemein „zu, um … zu" und wird zur Bildung des Dativs (zum) verwendet (vgl. Langenscheidt, Muret-Sanders, Großwörterbuch Englisch, Teil 1 2010, S. 991, 992).
Die Kombination cover2dry bedeutet in der Gesamtheit damit „cover to dry" und ist mit „Abdeckung zum Trocknen" von der Markenstelle zutreffend in die deutsche Sprache übertragen worden.
Damit können, worauf auch der Senat mit dem Ladungszusatz hingewiesen hat, die hier maßgeblichen Waren nach ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung beschrieben werden. So können die Heizungs-, Kühl-, Trocken- und Lüftungsgeräte in Form einer Abdeckung mit einer Trocknungsfunktion zum Einsatz kommen. Die Mess- und Kontrollapparate und -instrumente können in solche Abdeckungen zum Trocknen integriert sein. Zur Veranschaulichung wird auf die von der Anmelderin angebotenen Abdeckungen Bezug genommen, die durch ihre technische Ausstattung für die Trockenlagerung feuchtigkeitsempfindlicher Produkte oder zur Aktivtrocknung feuchter Ware verwendet werden.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin sind für die Beurteilung die unter „insbesondere“ aufgeführten Waren nicht maßgeblich, da das Wort „insbesondere“ eine beispielhafte Aufzählung einleitet, nicht aber eine gegenständliche Beschränkung, wie etwa angezeigt durch das Wort „nämlich“.
Da die Bezeichnung cover2dry die genannten Waren nach ihrer Beschaffenheit oder Bestimmung aus den vorgenannten Gründen in naheliegender und im Vordergrund stehender Weise beschreibt, wird der Verkehr in dieser Bezeichnung keinen betrieblichen Herkunftshinweis für diese Waren erkennen. Zu berücksichtigen ist dabei, dass mit den hier maßgeblichen Waren der Klassen 9 und 11 allgemeine Verkehrskreise, aber auch Fachverkehrskreise angesprochen werden, wobei es sich um Spezialprodukte handelt, die mit Bedacht und nicht im Vorübergehen erworben werden.
Der angemeldeten Marke steht somit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Es kann dahingestellt bleiben, ob auch das Eintragungshindernis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt.
Entgegen der Auffassung der Anmelderin kann aus der Neuheit einer Bezeichnung oder aus ihrem fehlenden lexikalischen Eintrag nichts für ihre Schutzfähigkeit hergeleitet werden (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 8 Rdn. 66, 89, 117 m. w. N.). Die Ermittlung der Frage, ob der Verkehr die beanspruchte Marke als betrieblichen Herkunftshinweis auffasst, erfolgt im Wege einer Prognose, die zu dem oben dargestellten Ergebnis führt, dass die angemeldete Bezeichnung einen für die angesprochenen Verkehrskreise in Bezug auf die fraglichen Waren ohne weiteres und ohne Unklarheiten fassbaren beschreibenden Begriffsinhalt enthält.
Die Schutzfähigkeit des Zeichens ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der von der Anmelderin angeführten Voreintragungen, die ebenfalls mit der Zahl 2 gebildet sind. Die höchstrichterliche Rechtsprechung sowohl des Bundesgerichtshofes als auch des Europäischen Gerichtshofes geht davon aus, dass die Schutzfähigkeit einer neu angemeldeten Marke bezogen auf den konkreten Einzelfall und ausschließlich anhand der gesetzlichen Bestimmungen zu prüfen ist, die insoweit keinen Ermessensspielraum vorsehen; einer vorgängigen Amtspraxis kommt damit keine entscheidende Bedeutung zu (BGH GRUR 2008, 1093, 1095 - Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; EuGH MarkenR 2009, 478, 484 - Rn. 57 - American Clothing/HABM, jeweils m. w. N.; BGH I ZB 59/09 - Rn. 10, 12 - SUPERgirl).