Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 13.12.2012


BPatG 13.12.2012 - 30 W (pat) 1/12

Markenbeschwerdeverfahren – "viso clear (Wort-Bild-Marke)/VISIO (Gemeinschaftsmarke)" – zur rechtserhaltenden Benutzung – zur Kennzeichnungskraft – zur Warenidentität und -ähnlichkeit – teilweise klangliche Verwechslungsgefahr


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
30. Senat
Entscheidungsdatum:
13.12.2012
Aktenzeichen:
30 W (pat) 1/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 306 72 348

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker, der Richterin Winter und des Richters am Amtsgericht Backes

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Widersprechenden werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Juni 2010 und vom 27. Oktober 2011 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 21 352 für folgende Waren der angegriffenen Marke 306 72 348 zurückgewiesen worden ist:

„Seifen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege einschließlich nicht-medizinischer Hautreinigungs- und -pflegepräparate und Haarpflegemittel; pharmazeutische Präparate und Substanzen; medizinische Aufbau-Seren; Vitaminpräparate einschließlich Beauty-Kapseln; natürliche und homöopathische Erzeugnisse und Substanzen für medizinische Zwecke; Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Substanzen für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten“.

In dem genannten Umfang wird die Löschung der Marke 306 72 348 wegen des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 21 352 angeordnet.

Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 23. November 2006 mit den Farben blau, schwarz, weiß angemeldete Wort-/Bildmarke

Abbildung

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2

ist am 12. Januar 2007 unter der Nummer 306 72 348 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für zahlreiche Waren der Klassen 3, 5, 29 und 30 eingetragen worden, nämlich für:

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„Wasch- und Bleichmittel; Putz-, Polier-, Fettentfernungs- und Schleifmittel; Seifen; Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege einschließlich nicht-medizinischer Hautreinigungs- und -pflegepräparate und Haarpflegemittel; Haarwässer;

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pharmazeutische Präparate und Substanzen; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; medizinische Aufbau-Seren; Vitaminpräparate einschließlich Beauty-Kapseln; natürliche und homöopathische Erzeugnisse und Substanzen für medizinische Zwecke; Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Nährstoffe und Nahrungsmittelpräparate, Substanzen und Nahrungsmittelzusätze für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten; diätetische Präparate und Substanzen für medizinische Zwecke; medizinische Ergänzungsstoffe und Zusätze für Nahrungsmittel und Getränke;

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diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Eiweißen, Fette, Fettsäuren, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 29 enthalten;

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diätetische Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel für nichtmedizinische Zwecke auf der Basis von Kohlehydraten, Ballaststoffen, unter Beigabe von Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, entweder einzeln oder in Kombination, soweit in Klasse 30 enthalten.“

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Die Veröffentlichung erfolgte am 16. Februar 2007.

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Gegen die Eintragung ist am 4. Mai 2007 Widerspruch erhoben worden aus der am 13. Dezember 2000 eingetragenen Gemeinschaftsmarke 21 352

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VISIO

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die für folgende Waren geschützt ist:

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„Mittel zur Gesichtsreinigung und -pflege, insbesondere Gesichtswasser, Gesichtsreinigungs- und Gesichtspflegemittel in flüssiger und fester Form, in Form von Lotionen, Cremes und Gels, wässrigen und alkoholischen Lösungen“.

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Auf die von der Inhaberin der angegriffenen Marke mit Schriftsatz vom 13. August 2007 bestrittene Benutzung der Widerspruchsmarke hat die Widersprechende mit Schriftsatz vom 28. Januar 2008 Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke für den Zeitraum 2000 bis 2006 vorgelegt. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Nichtbenutzungseinrede aufrechterhalten.

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Mit Erstbeschluss vom 23. Juni 2010 hat die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamts eine Verwechslungsgefahr verneint und den Widerspruch zurückgewiesen, weil die Markenwörter „viso clear“ und „VISIO“ unter Zugrundelegung einer normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke selbst im Bereich identischer Waren in jeder Hinsicht deutlich verschieden seien.

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Die gegen diesen Beschluss eingelegte Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle in einem zweiten Beschluss vom 27. Oktober 2011 unter Bezugnahme auf die Gründe des Erstbeschlusses zurückgewiesen; ergänzend ist ausgeführt, dass der unterschiedliche Sinngehalt des Wortes „clear“ (= „klar“) der angegriffenen Marke gegenüber der Widerspruchsmarke „VISIO“ (= „Vision“) zur Unterscheidbarkeit der Marken beitrage.

15

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie hat im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2012 weitere Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Benutzung für den Zeitraum 2008 bis 2011 vorgelegt. Sie hält mit näheren Ausführungen die Benutzung für glaubhaft gemacht, insbesondere stehe die Verwendung als Zweitkennzeichen einer rechtserhaltenden Benutzung nicht entgegen. Weiter hält sie angesichts identischer und hochgradig ähnlicher Waren Verwechslungsgefahr für gegeben, da die jüngere Marke durch das mit ihrer Widerspruchsmarke fast identische, kennzeichnungskräftige und grafisch hervorgehobene Wort „viso“ geprägt werde; zumindest komme diesem Bestandteil eine selbständig kennzeichnende Stellung zu. Der durch die grafische Gestaltung zurücktretende Bestandteil „clear“ sei für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege ein Sachhinweis auf deren Wirkungsweise. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin handele es sich bei der Widerspruchsmarke um einen Phantasiebegriff.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

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die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben und die angegriffene Marke 306 72 348 zu löschen.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert und den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrgenommen. Im Patentamtsverfahren hat sie insbesondere die Auffassung vertreten, dass schon die Benutzung nicht glaubhaft gemacht sei, weil die nachgewiesene, von der eingetragenen Widerspruchsmarke abweichende Benutzungsform neben der hervorgehobenen Marke „seba med“ den kennzeichnenden Charakter verändere. Abgesehen davon bestehe aber wegen der in der jüngeren Wort-/Bildmarke enthaltenen weiteren Bestandteile in keiner Hinsicht Verwechslungsgefahr, insbesondere werde diese nicht durch den kennzeichnungsschwachen Bestandteil „viso“ (italienisch „Gesicht“) geprägt. Nur im Bereich der Waren der Klasse 3 könne es im Übrigen zu Überschneidungen kommen; bei den weiteren Waren bestünde allenfalls entfernte Ähnlichkeit. Auch wegen der unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, die bezüglich der Kosmetikprodukte im Hinblick auf Wörter wie „Visa, Visum, Visitation, Visage“ ohne weiteres mit „Gesicht“ in Verbindung gebracht werde, seien Verwechslungen nicht zu befürchten, zumal bei der Auswahl der einschlägigen Produkte ein aufmerksames Verbraucherleitbild zugrunde zu legen sei.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat teilweise auch in der Sache Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht in dem im Tenor dieses Beschlusses genannten Umfang für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen (§ 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125 b Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG). Daher sind die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke 306 72 348 ist im genannten Umfang anzuordnen (§ 125 b Nr. 1 i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet.

21

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 13. August 2007 die Benutzung der Widerspruchsmarke unbeschränkt bestritten. Nach § 125 b Nr. 4 MarkenG sind für den Fall, dass ein Widerspruch auf eine ältere Gemeinschaftsmarke gestützt wird (vgl. § 42 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 125 b Nr. 1 MarkenG), die Glaubhaftmachungsregeln des § 43 Abs. 1 MarkenG entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, dass an die Stelle der Benutzung der Marke gemäß § 26 MarkenG die Benutzung der Gemeinschaftsmarke gemäß Art. 15 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV) tritt.

22

Danach muss die Marke in der Gemeinschaft ernsthaft benutzt worden sein. Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren (oder Dienstleistungen), für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren (oder Dienstleistungen) einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die nur zu dem Zweck vorgenommen werden, die Marke um ihrer selbst willen zu erhalten. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören vor allem Dauer und Intensität der Benutzung sowie die Art der Waren bzw. Dienstleistungen (vgl. EuGH GRUR 2003, 425, 428, Nr. 38 - Ajax/Ansul; EuGH GRUR 2006, 582, 584, Nr. 70 - VITAFRUIT). Nach der europäischen Spruchpraxis ist davon jedenfalls auszugehen, wenn die Marke „tatsächlich, stetig und mit stabilem Erscheinungsbild auf dem Markt präsent ist" (vgl. EuGH GRUR 2008, 343, 346, Nr. 74 - Il Ponte Finanziaria SpA/HABM).

23

Dass die Markeninhaberin die Einrede nicht ausdrücklich auf einen der beiden Tatbestände des § 43 Abs. 1 MarkenG gestützt hat, spielt keine Rolle. In einem undifferenzierten Bestreiten der Benutzung ist regelmäßig die Erhebung beider Einreden zu sehen, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 43 Rdn. 18 m. w. N.). Das ist hier hinsichtlich beider Nichtbenutzungseinreden gem. §§ 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2, 125 b Nr. 4 MarkenG der Fall; denn die fünfjährige sogenannte Benutzungsschonfrist der am 13. Dezember 2000 eingetragenen Widerspruchsmarke war bei der am 16. Februar 2007 erfolgten Veröffentlichung der Eintragung der angegriffenen Marke abgelaufen.

24

Die Widersprechende ist ihrer Obliegenheit nachgekommen, für die registrierten Waren eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke 21 352 gemäß Art. 15 GMV in der Gemeinschaft für den Zeitraum Februar 2002 bis Februar 2007, wie er sich aus § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ergibt, und für den weiteren mittlerweile maßgeblichen Fünfjahreszeitraum Dezember 2007 bis Dezember 2012, wie er sich aus § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG ergibt, glaubhaft zu machen.

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Aus den in der eidesstattlichen Versicherung des T… M…, Geschäftsfüh- rer der Widersprechenden, vom 19. Dezember 2007 und in der weiter vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des R… K…, Exportleiter der Widersprechenden, vom 27. April 2012, genannten Mindestexportaufkommen und Mindestumsätzen, den vorgelegten Kopien von Produktaufmachungen und -verpackungen sowie Rechnungskopien ergibt sich, dass die Widerspruchsmarke VISIO in den Jahren 2000 bis 2006 und  2008 bis 2011, die einen wesentlichen Teil des relevanten Benutzungszeitraums abdecken, in der Gemeinschaft - nämlich in Deutschland - im ersten Zeitraum auf der Aufmachung/Verpackung von Gesichtswasser, Reinigungsmilch und Hydro-Gel (Tages-Gesichtspflege) bzw. im zweiten Zeitraum auf der Aufmachung/Verpackung von Gesichtswasser, Reinigungsmilch, Hydro-Gel (Tages-Gesichtspflege) und Tagescreme für den Export in die Länder Türkei und Taiwan bzw. Griechenland, Türkei, Taiwan und Serbien-Montenegro angebracht worden ist. Die Anbringung der Gemeinschaftsmarke auf Waren in der Gemeinschaft ausschließlich für den Export gilt nach Art. 15 Abs. 1 lit. b GMV ebenfalls als Benutzung.

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Unschädlich ist, dass die Widerspruchsmarke in der belegten Form der Benutzung (vgl. Annex 1 bis 7 zur eidesstattlichen Versicherung vom 19. Dezember 2007 und Annex 1 bis 3 zur eidesstattlichen Versicherung vom 27. April 2012), beispielsweise im ersten bzw. zweiten Zeitraum

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von der Form abweicht, in der sie eingetragen ist. Nach § 125 b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 2 lit. a GMV gilt als Benutzung der Gemeinschaftsmarke auch die Benutzung in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird. Davon ist auszugehen, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dieselbe Marke ansehen und der grafischen Veränderung keine eigene maßgeblich kennzeichnende Wirkung beimessen wird (vgl. zu § 26 Abs. 3 MarkenG: BGH GRUR 2008, 616, 617, Nr. 12 - AKZENTA; GRUR 2008, 719, 721, Nr. 24 - idw Informationsdienst Wissenschaft; GRUR 2009, 772, 775, Nr. 39 - Augsburger Puppenkiste; GRUR 2010, 729, 730, Nr. 17 - MIXI). Eine zulässige Veränderung ist beispielsweise anzunehmen, wenn es sich lediglich um Modernisierungen in Schrift und Bild handelt, welche die wesentlichen gestalterischen Elemente beibehalten. Im vorliegenden Fall handelt es sich bezüglich des ersten Benutzungszeitraums zwar um eine von der in Großbuchstaben eingetragenen Widerspruchsmarke abgewandelte Verwendungsform, bei der die Wiedergabe mit großem Anfangsbuchstaben und nachfolgender Kleinschrift sowie farblich gestaltetem, ersten Vokal „i“ erfolgt. Diese Abweichung ist indessen geringfügig und liegt vollkommen im Rahmen einer verkehrsüblichen Wiedergabe von Wortmarken. Sie wird vom Verkehr ohne weiteres mit der eingetragenen Widerspruchsmarke gleichgesetzt werden und verändert daher nicht deren Unterscheidungskraft. Im zweiten Zeitraum wird die Widerspruchsmarke in der eingetragenen Form verwendet. Die Hinzufügung von Angaben wie „Facial Care“, „Gentle Toner“, „Day Cream“, „Gentle Cleansing Milk“ oder die Skizze einer Gesichtshälfte (im ersten Zeitraum) beeinflussen die Unterscheidungskraft der registrierten Widerspruchsmarke 21 352 VISIO nicht, weil dies in der Bedeutung von „Gesichtspflege“, „sanfter Toner/Gesichtswasser“, „Tagescreme“, „sanfte Reinigungsmilch“, ebenso wie die Grafik, als Hinweise auf Art und Bestimmung der Produkte - für die auch angesprochenen fachkundigen Verkehrskreise ebenso wie für den Verbraucher ohne weiteres erkennbar - warenbeschreibende Angaben sind. Entsprechendes gilt für die Angabe „pH 5.5“, dem pH-Wert, mit dem der Säuregehalt des Produkts angegeben wird.

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Auch durch das über der Widerspruchsmarke angeordnete, optisch nach Größe, Farbe und Schriftzuggestaltung deutlich abgesetzte Zeichen

Abbildung

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tritt keine maßgebliche Veränderung ein. Vielmehr erscheint die Widerspruchsmarke daneben als eigenständige Zweitmarke (vgl. BGH GRUR 2005, 515, 516 - FERROSIL; GRUR 2007, 592, 593 - bodo Blue Night). Weitere Angaben treten schon in der Darstellung zurück. Von einer schädlichen Abweichung der Form der Benutzung der Widerspruchsmarke kann damit nicht ausgegangen werden.

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Die für Gesichtswasser, Reinigungsmilch und Hydro-Gel/Tagespflege sowie Tagescreme nachgewiesene Benutzung der Widerspruchsmarke als Exportmarke wird auch in Bezug auf die räumliche Verteilung den Anforderungen an eine ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft gerecht. Zwar kann im Rahmen von Art. 15 Abs. 1 Satz 1 GMV die Frage sein, wann eine ernsthafte Benutzung „in der Gemeinschaft“ vorliegt und dementsprechend auch im Rahmen von Art. 15 Abs. 1 lit. b GMV, wann dies beim Anbringen der Gemeinschaftsmarke auf Waren oder deren Aufmachung „in der Gemeinschaft“ ausschließlich für den Export der Fall ist. Wie den eingereichten eidesstattlichen Versicherungen zu entnehmen ist, hat die Anbringung der Gemeinschaftsmarke in der Bundesrepublik Deutschland, die gemessen am Bruttoinlandsprodukt die größte Volkswirtschaft in Europa ist, stattgefunden. Angesichts der genannten jährlichen Mindestexportaufkommen kann eine ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft im Sinne von Art. 15 Abs. 1 lit. b GMV bei Benutzung nur in diesem Mitgliedsstaat nicht in Frage gestellt werden (vgl. zur Benutzung gemäß Art.  15 Abs. 1 Satz 1 GMV OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 312, 314 - NEWS; OLG Düsseldorf GRUR-RR 2011, 172, 173 - ZAPPA; BPatG 24 W (pat) 35/07 - Stradivari; 30 W (pat) 1/10 - TOLTEC/TOMTEC; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 125 b Rdn. 20; vgl. ferner das nach Verkündung dieses Beschlusses erlassene Urteil des EuGH vom 19. Dezember 2012, Az: C-149/11 - OMEL/ONEL). Denn richtigerweise ist die Frage der rechtserhaltenden Benutzung einer Gemeinschaftsmarke, was die räumliche Ausdehnung der Benutzung angeht, generell nicht schematisch danach zu entscheiden, ob eine Benutzung in einem Mitgliedsstaat ausreicht oder nicht. Die Gemeinschaftsmarke ist ein supranationales Schutzrecht mit einheitlicher Wirkung (Art. 1 Abs. 2 GMV). Demzufolge ist ein Denken in mitgliedsstaatlichen, hoheitsgebietlichen Kategorien und eine Beurteilung der Benutzung einer Marke anhand mitgliedsstaatlicher Territorien letztlich verfehlt. Entscheidend ist - nicht anders als bei der Beurteilung der quantitativen Benutzung - allein, ob die in der Gemeinschaft erfolgte Benutzung insgesamt als ernsthaft einzustufen ist. Das kann ohne weiteres auch bei einer Benutzung in nur einem Mitgliedsstaat der Fall sein, muss aber nicht immer so sein. Im vorliegenden Fall kann - wie ausgeführt - eine hinreichende Benutzung auch insoweit nicht zweifelhaft sein.

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Da die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren Gesichtswasser, Reinigungsmilch und Hydro-Gel (Tages-Gesichtspflege) bzw. Tagescreme unter den registrierten Oberbegriff „Mittel zur Gesichtsreinigung und -pflege“ fallen, hat die Widersprechende die ernsthafte Benutzung in der Gemeinschaft für die registrierten Waren glaubhaft gemacht, so dass bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr diese Waren zu berücksichtigen sind (vgl. § 125 b Nr. 4, § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG).

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2. Ob Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist im Einzelfall unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren, insbesondere der Identität bzw. Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen, des Schutzumfangs der Widerspruchsmarke, des Grades der Ähnlichkeit der Zeichen sowie der Art der Waren/Dienstleistungen und der bei der Auswahl bzw. Auftragsvergabe zu erwartenden Aufmerksamkeit des beteiligten Verkehrs umfassend zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma; GRUR 2008, 343, Nr. 48 -Il Ponte Finanziaria SpA/HABM; GRUR 2006, 413 ff.,  Nr. 17 - ZIRH/SIR; GRUR 2006, 237 ff.,  Nr. 18 - Picaro/Picasso; BGH GRUR 2008, 903, Nr. 10 - SIERRA ANTIGUO; zur Wechselwirkung der genannten Einzelfaktoren vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 40, 41).

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Nach diesen Grundsätzen kann eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen in dem aus dem Beschlusstenor genannten Umfang nicht verneint werden.

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Die Widerspruchsmarke verfügt originär über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Anhaltspunkte dafür, dass dieser eine beschreibende, die Kennzeichnungskraft schwächende Bedeutung zukommen könnte, sind entgegen der Behauptung der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht ersichtlich. Die von ihr dazu angeführten Begriffe „Visa, Visum, Visitation, Visage“ weisen schon von der Wortbildung her keine ausreichende Nähe zur Widerspruchsmarke VISIO auf, abgesehen von der Frage, ob diese Begriffe überhaupt mit „Gesicht“ in Verbindung gebracht werden, was bei einer Ein- oder Ausreiseerlaubnis (Visum, Visa) oder einer Durchsuchung (Visitation) fernliegend ist, auch bei dem auf den lateinischen Begriff „visus“ (das Sehen, die Sehschärfe) zurückgehenden Wort „Visage“ (Anblick), das nur umgangssprachlich abwertend „Gesicht“ bedeutet (vgl. Duden, Das große Fremdwörterbuch, 7. Aufl., S. 1416, 1417). Beschreibende Anklänge lassen sich allenfalls erahnen. Ohne eingehende Analyse, die der Verkehr nicht vornimmt, stellt sich die Marke als normal kennzeichnungskräftiges Phantasiewort dar.

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Von einer Ähnlichkeit von Waren ist nach gefestigter Rechtsprechung dann auszugehen, wenn diese unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen, insbesondere ihrer Beschaffenheit, ihrer regelmäßigen betrieblichen Herkunft, ihrer regelmäßigen Vertriebs- oder Erbringungsart, ihrem Verwendungszweck und ihrer Nutzung, ihrer wirtschaftlichen Bedeutung oder ihrer Eigenschaft als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder anderer für die Frage der Verwechslungsgefahr wesentlicher Gründe so enge Berührungspunkte aufweisen, dass die beteiligten Verkehrskreise bei identischer Kennzeichnung der Meinung sein könnten, sie stammten aus denselben oder wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder würden zumindest unter einheitlicher Kontrolle hergestellt werden (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923f, Nr. 22 - 29 - Canon; GRUR 2006, 582, 584, Nr. 85 - VITAFRUIT; MarkenR 2009, 47, 53, Nr. 65 - Edition Albert René; BGH GRUR 2003, 428, 432 - BIG BERTHA; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 57 m. w. N.).

36

Auf dieser Grundlage ist davon auszugehen, dass die auf Seiten der Widerspruchsmarke zu berücksichtigenden Waren „Mittel zur Gesichtsreinigung und -pflege“ mit den Waren der jüngeren Marke „Seifen; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege einschließlich nicht-medizinischer Hautreinigungs- und -pflegepräparate und Haarpflegemittel; pharmazeutische Präparate und Substanzen; medizinische Aufbau-Seren; Vitaminpräparate einschließlich Beauty-Kapseln; natürliche und homöopathische Erzeugnisse und Substanzen für medizinische Zwecke; Erzeugnisse für die Gesundheitspflege; Substanzen für medizinische und/oder therapeutische Zwecke, soweit in Klasse 5 enthalten“ teils identisch sein, teils deutliche Berührungspunkte aufweisen können und deshalb teils enge Warenähnlichkeit besteht.

37

Bei dieser Ausgangslage hält die angegriffene Marke den zur Vermeidung von Verwechslungen erforderlichen, deutlichen Abstand im Umfang der genannten Waren in klanglicher Hinsicht nicht ein.

38

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (BGH GRUR 2008, 258, Nr. 26 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2008, 905, Nr. 12 - Pantohexal; GRUR 2008, 909, Nr. 13 - Pantogast). Eine markenrechtlich erhebliche Zeichenähnlichkeit kann sowohl in klanglicher wie auch in schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht vorliegen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 414, Nr. 19 - ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, 1044, Nr. 28 - THOMSON LIFE; GRUR Int. 2004, 843, Nr. 29 - MATRATZEN; BGH GRUR 2010, 235, Nr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, 487, Nr. 32 - METROBUS; GRUR 2006, 60 ff., Nr. 17 - coccodrillo; GRUR 2004, 779, 781 - Zwilling/Zweibrüder). Dabei kann schon die Ähnlichkeit in einer Wahrnehmungsrichtung eine Verwechslungsgefahr hervorrufen (vgl. BGH GRUR 2008, 903, Nr. 17 - SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 803, 804, Nr. 21 - HEITEC; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 224 m. w. N.).

39

Soweit bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf Fachkreise abzustellen ist, hier der beim Export beteiligte Fachhandel, ist zu bedenken, dass auch Fachleute nicht dagegen gefeit sind, insbesondere klanglich ähnliche Marken zu verwechseln. Zudem ist schon allgemein davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH MarkenR 2000, 140 - ATTACHÉ/TISSERAND; BGH GRUR 1998, 942, 943 li. Spalte - ALKA-SELTZER; EuGH MarkenR 1999, 236, 239, Nr. 24 - Lloyd/Loint’s).

40

Die Aufmerksamkeit des allgemeinen Publikums bei Auswahl und Erwerb von Waren der vorliegenden Art wird angesichts der Bestimmung für Körper, Schönheit sowie auch Gesundheit auf Seiten der angegriffenen Marke nicht nur flüchtig sein.

41

Die angegriffene Marke ist zwar grafisch gestaltet. Es bestehen jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend der (klangliche) Gesamteindruck der angegriffenen Marke aus Rechtsgründen nicht durch das Wort „viso“ geprägt wird, und dass die grafische Gestaltung der angegriffenen Marke einer kollisionsbegründenden Bedeutung des Wortes entgegenstehen könnte (vgl. BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT). Zudem ist bei Wort-Bild-Marken von dem allgemein anerkannten Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform die prägende Bedeutung zumisst (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 392 m. w. N).

42

Dem steht weder entgegen, dass die jüngere Marke auch das - die hier maßgeblichen Waren beschreibende - englische Wort „clear“ (deutsch „klar, rein“) enthält, noch dass „viso“ - wie die Markeninhaberin geltend macht - als das italienische Wort für „Gesicht“ eine die Waren der angegriffenen Marke beschreibende Angabe darstellt, was der Senat zu Gunsten der Markeninhaberin unterstellt. Denn dazu ist festzustellen, dass der Bestandteil „viso“ innerhalb der angegriffenen Marke in prägender und damit die Gefahr von Verwechslungen fördernder Weise herausgestellt ist. So sind das Wort „clear“ und das Wort „viso“ durch die zeilenversetzte Darstellung räumlich und durch die unterschiedliche Gestaltung wie Fettdruck gegenüber dünner Schreibweise, gerader Schrift gegenüber Kursivschrift sowie durch unterschiedliche Schriftfarben deutlich voneinander abgesetzt. Hinzu kommt, das für den Verkehr das auf blauem Untergrund in dunkler Farbe und dünnerer Schriftstärke gestaltete Wort „clear“ schlecht lesbar ist gegenüber dem auf dem blauen Untergrund in weißem Fettdruck dargestellten Wort „viso“ (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 393, 394). Dadurch tritt „viso“ optisch gegenüber „clear“ hervor.

43

Diese typographische Besonderheit ist zwar bei der klanglichen Wiedergabe nicht wahrzunehmen. Darauf kommt es aber nicht an. Denn bei der Ermittlung des klanglichen Gesamteindrucks ist zu bestimmen, wie der Verkehr die Marke phonetisch wiedergibt, wenn er sie so sieht, wie sie eingetragen ist. In der Gesamtschau spricht daher alles dafür, dass dem Verkehr der Bestandteil „viso“ als dominanter Bestandteil und nicht nur als sachbezogener Hinweis auf ein bestimmtes Warenangebot der Markeninhaberin nahe gebracht werden soll, dass er dementsprechend auch so aufgefasst wird und die klangliche Wiedergabe der Marke dahingehend beeinflusst.

44

Dieser Beurteilung kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass es sich bei „viso“ um eine schutzunfähige, beschreibende Angabe handelt, wie die Markeninhaberin geltend macht und was der Senat zu ihren Gunsten unterstellt. Zutreffend ist allerdings, dass solchermaßen schutzunfähige Elemente einer kombinierten Marke im Allgemeinen bereits aus Rechtsgründen nicht geeignet sind, den Gesamteindruck der Marke zu prägen (vgl. hierzu etwa BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB  DIREKT ; GRUR 2003, 1040, 1043 - Kinder). Zu berücksichtigen ist indessen, dass dieser Rechtssatz letztlich nur ein Ausfluss des allgemeineren Grundsatzes ist, dass aus schutzunfähigen Elementen einer kombinierten Marke keine Rechte hergeleitet werden können. Damit bezieht er sich in erster Linie auf die ältere Marke. Dagegen ist es keineswegs ausgeschlossen, einem schutzunfähigen oder kennzeichnungsschwachen Element der angegriffenen jüngeren Marke eine dominierende oder prägende Stellung zuzumessen, wenn gerade dieses Element durch die Gestaltung der Gesamtmarke dem Verkehr als das dominierende Element nahegebracht wird (vgl. BGH GRUR 1998, 930, 931 f. - Fläminger; insoweit nicht ganz zutreffend BPatG GRUR 2002, 68, 70 - COMFORT HOTEL; vgl. auch Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 339; 310, 311 m. w. N.). Denn auf das in dem genannten Rechtssatz zum Ausdruck kommende Freihaltebedürfnis kann sich derjenige nicht berufen, der - wie hier die Markeninhaberin - eine beschreibende Angabe selbst kennzeichenmäßig wie eine Marke verwendet (BGH GRUR 1998, 930, 931 f. - Fläminger; GRUR 1988, 542, 543 - ROYALE; BPatGE 51, 261, 270 - printnet/PRINECT; BPatG GRUR 2012, 527 - SOFTLINE/SOFTLAN). Dies kann jedenfalls dann zur Verwechslungsgefahr führen, wenn durch die dominante markenmäßige Herausstellung eines schutzunfähigen Bestandteils eine Kollision mit einer normal kennzeichnungskräftigen älteren Marke herbeigeführt wird, wie das hier der Fall ist (vgl. den Fall BGH GRUR 1998, 930 - Fläminger).

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Stehen sich danach „viso“ und „VISIO“ gegenüber, besteht unter Berücksichtigung der maßgeblichen Faktoren in klanglicher Hinsicht Verwechslungsgefahr. Die relativ kurzen Wörter stimmen bis auf den zusätzlichen Vokal „i“ in der zweiten Silbe der Widerspruchsmarke und damit in vier von fünf Buchstaben überein. Der zusätzliche Vokal „i“ in der Endsilbe der Widerspruchsmarke wirkt sich im Klang kaum differenzierend aus, zumal die Aussprache von Endsilben allgemein nicht deutlich artikuliert erfolgt, sondern „verschliffen“ wird. Eine unterschiedliche Betonung der Markenwörter, die dem entgegenwirken könnte, lässt sich nicht feststellen. Für beide Wörter gibt es keine feste Betonungsregel. Naheliegend erscheint bei beiden Wörtern eine Betonung auf der ersten Silbe. Der geringfügige Unterschied reicht beim Markenvergleich damit nicht aus, um die Gefahr klanglicher Verwechslungen zu verhindern.

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Es besteht nach alledem in klanglicher Hinsicht im genannten Umfang Verwechslungsgefahr, was - wie oben ausgeführt - bereits für eine Löschung der angegriffenen Marke ausreicht (vgl. BGH GRUR 2008, 714, 717, Nr. 37 - idw). Die Markenstelle hat den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 21 352 insoweit daher zu Unrecht zurückgewiesen.

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Vor allem in der europäischen Rechtsprechung finden sich zwar Erwägungen, dass die klangliche Zeichenähnlichkeit in der rechtlichen Beurteilung der Verwechslungsgefahr in den Hintergrund tritt, soweit die betreffenden Waren bzw. Dienstleistungen überwiegend auf Sicht gekauft bzw. in Anspruch genommen werden (EuG GRUR Int. 2003, 1017, 1019, Nr. 55 - BASS-PASH; EuGH GRUR 2006, 313, 414, Nr. 21 - ZIRH/SIR); hinsichtlich der hier vorliegenden Marken lässt sich indessen schon nicht feststellen, dass sie vor allem visuell wahrgenommen werden.

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Zudem wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hervorgehoben, dass auch dem „Kauf auf Sicht" häufig mündliche Nachfragen, Empfehlungen und auch Gespräche unter Verbrauchern vorausgehen, bei denen klangliche Verwechslungen von Marken stattfinden können (vgl. BGH GRUR 1999, 241, 244 - Lions) . Abgesehen davon wird erfahrungsgemäß selbst bei einer nur optischen Wahrnehmung einer Marke gleichzeitig der klangliche Charakter des den Gesamteindruck prägenden Markenwortes unausgesprochen mit aufgenommen und damit die Erinnerung an klanglich ähnliche Marken geweckt, die von früheren Begegnungen bekannt sind. Die klangliche Verwechslungsgefahr wird insoweit nicht durch ein unmittelbares Hören, sondern durch die ungenauen Erinnerungen an den Klang einer der beiden Marken ausgelöst (vgl. BPatGE 23, 176, 179 - evit/ELIT; Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 230 m. w. N.). Es bleibt daher bei dem Grundsatz, dass es für die Feststellung der Verwechslungsgefahr ausreichend ist, dass nur in einer Richtung Markenähnlichkeit besteht.

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3. Hinsichtlich weiterer Waren kann indessen eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden. Ob und in welchem Grad insoweit Ähnlichkeit besteht, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Insoweit ist jedenfalls ein deutlicher Warenabstand festzustellen, was in der Gesamtabwägung zu einem noch ausreichenden Abstand der Marken führt.

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4. Die Beschwerde hat daher zum Teil Erfolg; die angegriffene Marke ist im genannten Umfang zu löschen.

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5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch ersichtlich sind.