Entscheidungsdatum: 03.05.2018
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 16. Februar 2017 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Das Landgericht hat den Angeklagten von dem Vorwurf des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Dagegen wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer auf eine Verfahrensbeanstandung und die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat mit der Verfahrensrüge Erfolg.
I.
1. Dem Urteil des Landgerichts liegen im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen zugrunde:
a) Die Polizeibeamten V. und P. waren wegen einer bereits seit mehreren Stunden andauernden erheblichen Ruhestörung zu einem Mehrparteienhaus in W. gerufen worden, in dem sich die Wohnung des Angeklagten befand. Vor Ort stellten sie fest, dass aus der Wohnung des Angeklagten ein durchdringender Alarmton zu hören war. Nachdem sie abgeklärt hatten, dass der Angeklagte als alleiniger Wohnungsinhaber auf Klingeln nicht öffnete und auch kein Hausmeister für das Objekt vorhanden war, verschafften sie sich Zutritt zu der Wohnung, indem sie die Wohnungstür durch einen Mitarbeiter eines Schlüsseldienstes öffnen ließen. Beim Betreten der Wohnung fiel den Beamten im Flur des Eingangsbereichs eine mobile Alarmanlage auf, welche die Geräusche verursachte. Sie entnahmen dem Gerät die Batterien, woraufhin der Alarmton verstummte. Anschließend betraten sie die diversen Zimmer der Wohnung, um sich zu vergewissern, dass sich dort keine hilfsbedürftigen Personen aufhielten; das war nicht der Fall.
Bereits beim Betreten der Wohnung war den Beamten deutlicher Marihuanageruch aufgefallen. Während sie die Zimmer der Wohnung abschritten, stellten sie fest, dass sich der Geruch im Wohnzimmer intensivierte. Dort befand sich ein aus mehreren Elementen zusammengesetzter Schrank; dessen linkes Element bestand aus einer Vitrine mit geschlossener Glastür, das rechte Element aus einem Schrankteil mit geschlossenen Schranktüren. Bei näherem Herantreten an das Glasvitrinenelement fiel den Beamten auf, dass sich darin verschiedene Gegenstände befanden. So fanden sie zwei Schlagringe und zwei CO2-Pistolen vor, wobei allerdings nicht festgestellt werden konnte, ob sie diese Gegenstände schon bei geschlossener Tür oder erst nach anschließender Öffnung der Glastür als solche erkannten.
Die Beamten öffneten sowohl die Glastür des linken als auch die Schranktüren des rechten Schrankelements. Im linken Schrankelement fanden sie neben den beiden CO2-Pistolen und Schlagringen zwei PTB-Pistolen, einen Schalldämpfer, ein Butterflymesser, fünf Stück Munition und zwei Dosen Pfefferspray, im rechten Schrankelement entdeckten sie diverse Frischhaltedosen, in denen Cannabis und Amphetamin aufbewahrt wurde, sowie einen verschlossenen Tresor. Einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO versuchten die Beamten nicht einzuholen; die Gründe dafür ließen sich nicht aufklären.
Als der Angeklagte zu seiner Wohnung zurückkehrte, begab sich der Polizeibeamte V. mit ihm ins Wohnzimmer. Er klärte den Angeklagten über den Sachverhalt auf und belehrte ihn über seine Beschuldigtenrechte. Auf eine mögliche Unverwertbarkeit der aufgefundenen Beweismittel wies er den Angeklagten nicht hin. Da der Angeklagte davon ausging, dass die Polizei die Betäubungsmittel und gefährlichen Gegenstände auf rechtmäßigem Wege aufgefunden hatte, zeigte er sich kooperativ. Er räumte gegenüber V. und P. den Besitz der Gegenstände ein und erklärte, dass er die Betäubungsmittel erworben habe, um diese gewinnbringend weiter zu veräußern. Außerdem öffnete er den im rechten Schrankelement aufgefundenen Tresor und gab den Beamten dadurch die Möglichkeit, Kenntnis davon zu nehmen, dass sich darin weitere Frischhaltedosen mit Cannabis befanden.
Am nächsten Tag wurde der Angeklagte zunächst von dem Kriminalbeamten S. und später von dem Ermittlungsrichter Sd. als Beschuldigter vernommen. Beide belehrten ihn über seine Beschuldigtenrechte, ohne ihn auf eine mögliche Unverwertbarkeit der von den Polizeibeamten in seiner Wohnung aufgefundenen Beweismittel bzw. seiner Äußerungen gegenüber den Beamten hinzuweisen. Der Angeklagte wiederholte jeweils im Wesentlichen seine Angaben, die er bereits gegenüber V. und P. gemacht hatte.
b) Das Landgericht hat den Freispruch des Angeklagten, der in der Hauptverhandlung von seinem Schweigerecht Gebrauch gemacht und der Verwertung aller aufgrund der Durchsuchung erlangten Beweismittel sowie seiner Angaben bei den Vernehmungen widersprochen hat, damit begründet, dass ein Tatnachweis mangels verwertbarer Beweismittel nicht möglich sei. Die aufgrund der Durchsuchung erlangten Erkenntnisse über die aufgefundenen gefährlichen Gegenstände und Betäubungsmittel unterlägen wegen eines Verstoßes gegen den Richtervorbehalt gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO einem Beweisverwertungsverbot. Dies umfasse auch die Angaben der Zeugen V. und P. dazu, einzelne der im linken Schrankelement aufbewahrten Gegenstände bereits durch die Glastür hindurch wahrgenommen zu haben. Mangels qualifizierter Belehrung erstrecke sich das Beweisverwertungsverbot darüber hinaus auf die Angaben, die der Angeklagte bei seinen drei Vernehmungen gemacht habe. Auf die diesbezüglichen Bekundungen der Zeugen V. , P. , S. und Sd. könne eine Verurteilung des Angeklagten deshalb ebenfalls nichtgestützt werden.
2. Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Revision davon aus, dass das Landgericht hinsichtlich der aufgrund der Durchsuchung erlangten Erkenntnisse zu Recht ein Beweisverwertungsverbot angenommen hat. Mit der Verfahrensrüge wendet sie sich gegen die Annahme des Landgerichts, dass das Beweisverwertungsverbot auch die Angaben des Angeklagten bei seinen Vernehmungen umfasse. Darin, dass das Landgericht die darauf bezogenen Bekundungen der Vernehmungspersonen V. , P. , S. und Sd. als unverwertbar betrachtet hat, sieht die Staatsanwaltschaft eine Verletzung der §§ 261, 244 Abs. 2 StPO.
Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf, die der Revision der Staatsanwaltschaft beigetreten ist, macht darüber hinaus geltend, dass sich das Beweisverwertungsverbot nicht auf die von V. und P. durch die Glastür im linken Schrankelement wahrgenommenen Gegenstände sowie die darauf bezogenen Angaben der Beamten und des Angeklagten erstrecke.
II.
Die Verfahrensrüge dringt durch.
1. Die Rüge ist in zulässiger Weise erhoben worden (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO).
a) Gegenstand der Verfahrensrüge ist indes allein, dass das Landgericht ein Verwertungsverbot hinsichtlich der Angaben des Angeklagten bei seinen drei Vernehmungen bejaht hat. Eine revisionsrechtliche Prüfung der Frage, ob das Landgericht zu Recht von einem Beweisverwertungsverbot im Hinblick auf die durch die Durchsuchung erlangten Erkenntnisse ausgegangen ist, ist dem Senat hingegen verwehrt, weil sich die Stoßrichtung der Revision darauf nicht erstreckt. Insoweit gilt:
Der Umfang der Prüfung durch das Revisionsgericht wird durch die Angriffsrichtung der von der Revision erhobenen Verfahrensbeanstandung bestimmt (BGH, Beschluss vom 29. August 2006 - 1 StR 371/06, NStZ 2007, 161, 162; Urteil vom 3. September 2013 - 5 StR 318/13, NStZ 2013, 671). Das folgt aus der Dispositionsbefugnis des Revisionsführers, die sich aus § 352 Abs. 1 StPO ergibt. Danach unterliegen der Prüfung des Revisionsgerichts nur die gestellten Revisionsanträge und, soweit die Revision auf Mängel des Verfahrens gestützt wird, nur diejenigen Tatsachen, die bei Anbringung der Revisionsanträge bezeichnet sind. Dementsprechend steht es dem Revisionsführer frei, ein Prozessgeschehen nur unter einem bestimmten Gesichtspunkt zu rügen, einen etwa zusätzlich begangenen Verfahrensverstoß dagegen hinzunehmen (BGH, Urteile vom 28. Mai 2003 - 2 StR 486/02, NStZ-RR 2003, 268, 269; vom 3. September 2013 - 5 StR 318/13, NStZ 2013, 671; Sander/Cirener, NStZ-RR 2008, 1, 2).
Hier wendet sich die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision ausdrücklich nicht dagegen, dass das Landgericht die aufgrund der Durchsuchung erlangten Beweismittel wegen Verstoßes gegen den Richtervorbehalt (§ 105 Abs. 1 Satz 1 StPO) für unverwertbar erachtet hat. Sie beanstandet allein die Annahme des Landgerichts, dass sich aus der Unverwertbarkeit der bei der Durchsuchung erlangten Beweismittel das Erfordernis einer "qualifizierten" Belehrung ergebe und dass die Angaben des Angeklagten bei seinen Vernehmungen wegen eines Verstoßes gegen eine solche Belehrungspflicht ebenfalls unverwertbar seien.
Die Angriffsrichtung der Revision ist nicht erweitert worden, indem die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf dem Rechtsmittel - nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist - beigetreten ist und in ihrer Stellungnahme ausgeführt hat, dass auch ein Teil der bei der Durchsuchung erlangten Beweismittel verwertbar sei, weil insoweit kein Verstoß gegen den Richtervorbehalt vorliege. Denn die Angriffsrichtung einer Rüge bemisst sich allein nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers innerhalb der Revisionsbegründungsfrist (BGH, Beschluss vom 14. Juli 1998 - 4 StR 253/98, NStZ 1998, 636; Urteil vom 26. August 1998 - 3 StR 256/98, NStZ 1999, 94).
b) Im Hinblick auf den beschränkten Revisionsangriff genügt das Rügevorbringen den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Dazu gilt:
Das Revisionsgericht hat zu der Frage, ob ein Beweisverwertungsverbot vorliegt - anders als bei der revisionsrechtlichen Überprüfung der im Wege des Strengbeweises gewonnenen Umstände, auf deren Grundlage das Tatgericht über den Schuldspruch und die daran anknüpfenden Rechtsfolgen zu entscheiden hat -, nicht lediglich diese Würdigung auf Rechtsfehler zu überprüfen, sondern selbst im Wege des Freibeweises festzustellen, ob der behauptete Verfahrensfehler vorliegt (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - 3 StR 140/14, NStZ-RR 2014, 318, 319 mwN). Gemäß den danach geltenden allgemeinen Grundsätzen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO muss der Beschwerdeführer im Rahmen einer Verfahrensrüge die den geltend gemachten Verstoß enthaltenden Tatsachen grundsätzlich so vollständig und genau darlegen, dass das Revisionsgericht allein anhand der Revisionsbegründung in die Lage versetzt wird, über den geltend gemachten Mangel endgültig zu entscheiden. Für den Revisionsvortrag wesentliche Schriftstücke oder Aktenstellen sind im Einzelnen zu bezeichnen und - in der Regel durch wörtliche Zitate oder eingefügte Abschriften oder Ablichtungen - zum Bestandteil der Revisionsbegründung zu machen (vgl. BGH aaO).
Diesen Maßgaben wird das Revisionsvorbringen gerecht. Da sich die Revision allein gegen die Annahme des Landgerichts richtet, dass sich aus dem Verstoß gegen den Richtervorbehalt gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO eine Pflicht zur qualifizierten Belehrung des Angeklagten bei seinen anschließenden Vernehmungen ergeben habe, steht es der ordnungsgemäßen Erhebung der Verfahrensrüge nicht entgegen, dass die Staatsanwaltschaft es unterlassen hat, das Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokoll sowie die Protokolle über die Vernehmungen des Angeklagten mitzuteilen. Die Kenntnis des Durchsuchungs- und Sicherstellungsprotokolls ist allenfalls im Hinblick darauf bedeutsam, ob das Landgericht hinsichtlich der bei der Durchsuchung erlangten Beweismittel zu Recht von einem Beweisverwertungsverbot ausgegangen ist, nicht hingegen für die durch die Revision allein aufgeworfene Frage, ob sich das vom Landgericht angenommene Beweisverwertungsverbot mangels qualifizierter Belehrung auch auf die Angaben des Angeklagten bei seinen Vernehmungen erstreckt. Diese Frage lässt sich zudem ohne Kenntnis der Vernehmungsprotokolle beurteilen. Deren Inhalt ist nur für die Frage relevant, ob das Urteil auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß beruht (§ 337 Abs. 1 StPO). Hierzu bedarf es regelmäßig keines Vortrags der Revision (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 344 Rn. 27 mwN). Im Übrigen hat der Senat aufgrund der erhobenen Sachrüge von den Gründen des angefochtenen Urteils Kenntnis zu nehmen, aus denen sich der Inhalt der Angaben des Angeklagten bei den fraglichen Vernehmungen mit hinreichender Deutlichkeit ergibt (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, aaO Rn. 21 mwN).
2. Die Verfahrensrüge ist auch begründet.
a) Die Staatsanwaltschaft beanstandet im Ergebnis zu Recht, dass die Strafkammer die Angaben des Angeklagten bei seiner zweiten Vernehmung gegenüber dem Kriminalbeamten S. sowie bei seiner dritten Vernehmung gegenüber dem Ermittlungsrichter Sd. als unverwertbar angesehen hat. Demgegenüber hat die Rüge aufgrund ihrer beschränkten Stoßrichtung keinen Erfolg, soweit sie sich gegen das vom Landgericht in Bezug auf die erste Vernehmung des Angeklagten durch die Polizeibeamten V. und P. angenommene Beweisverwertungsverbot richtet. Im Einzelnen:
aa) Im Hinblick auf die Unverwertbarkeit der Aussage eines Beschuldigten gilt:
(1) Ein ausdrückliches Verwertungsverbot normiert § 136a Abs. 3 Satz 2 StPO für den Fall, dass bei der Vernehmung des Beschuldigten verbotene Vernehmungsmethoden im Sinne von § 136a Abs. 1 oder 2 StPO angewendet wurden. Das Verbot gilt ausnahmslos; für eine Abwägung des Verfahrensverstoßes mit dem staatlichen Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts ist in Fällen des § 136a StPO kein Raum.
Im Übrigen kennt das Strafverfahrensrecht keinen allgemein geltenden Grundsatz, wonach jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht. Ob ein solches eingreift, ist vielmehr jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, juris Rn. 121; BGH, Urteile vom 11. November 1998 - 3 StR 181/98, BGHSt 44, 243, 248 f.; vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289 f., jeweils mwN). Dabei ist zu beachten, dass die Annahme eines Verwertungsverbots eines der wesentlichen Prinzipien des Strafverfahrensrechts einschränkt, nämlich den Grundsatz, dass das Gericht die Wahrheit zu erforschen und dazu die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken hat, die von Bedeutung sind. Deshalb handelt es sich bei einem Beweisverwertungsverbot um eine Ausnahme, die nur nach ausdrücklicher gesetzlicher Vorschrift oder aus übergeordneten wichtigen Gründen im Einzelfall anzuerkennen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, juris Rn. 117; BGH, Urteile vom 11. November 1998 - 3 StR 181/98, BGHSt 44, 243, 249; vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289 f., jeweils mwN).
Maßgeblich beeinflusst wird das Ergebnis der danach vorzunehmenden Abwägung einerseits durch das Ausmaß des staatlichen Aufklärungsinteresses, dessen Gewicht im konkreten Fall vor allem unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit weiterer Beweismittel, der Intensität des Tatverdachts und der Schwere der Straftat bestimmt wird. Andererseits ist das Gewicht des in Rede stehenden Verfahrensverstoßes von Belang, das sich vor allem danach bemisst, ob der Rechtsverstoß gutgläubig, fahrlässig oder vorsätzlich begangen wurde. Schwerwiegende, bewusste oder willkürliche Verfahrensverstöße, bei denen grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen werden, verlangen von Verfassungs wegen die Unverwertbarkeit dadurch gewonnener Informationen (vgl. zu allem etwa BVerfG, Beschlüsse vom 12. April 2005 - 2 BvR 1027/02, BVerfGE 113, 29, 61; vom 7. Dezember 2011 - 2 BvR 2500/09, 2 BvR 1857/10, juris Rn. 121; BGH, Urteile vom 11. November 1998 - 3 StR 181/98, BGHSt 44, 243, 248 f.; vom 18. April 2007 - 5 StR 546/06, BGHSt 51, 285, 289 f.; Beschluss vom 30. August 2011 - 3 StR 210/11, NStZ 2012, 104, 105).
Vor diesem Hintergrund wird etwa eine Aussage des Beschuldigten grundsätzlich als nicht verwertbar angesehen, wenn er unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO vernommen worden ist. Denn dadurch wird das für ein faires Verfahren konstitutive Recht der Selbstbelastungsfreiheit entwertet (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91, BGHSt 38, 214, 218, 220 ff.; Urteile vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367, 376; vom 18. Dezember 2008 - 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112, 115; vom 30. Dezember 2014 - 2 StR 439/13, NStZ 2015, 291, 293).
Gleiches wird angenommen, falls der Beschuldigte seine Angaben unter dem Eindruck des Vorhalts von unzulässig erlangten Erkenntnissen gemacht hat, etwa solchen aus einer rechtswidrigen Telekommunikationsüberwachung; auch in derartigen Fällen ist der Beschuldigte - selbst wenn er gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO belehrt worden ist - nicht mehr frei in seiner Entschließung, ob und wie er sich zu einzelnen Punkten einlassen soll, die ihm aufgrund der unzulässig erlangten Beweismittel vorgehalten werden (vgl. BGH, Urteile vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, BGHSt 27, 355, 358; vom 24. August 1983 - 3 StR 136/83, BGHSt 32, 68, 70).
(2) Ein danach bestehendes Beweisverwertungsverbot gilt zunächst nur für diejenige Aussage, die durch den Verfahrensfehler herbeigeführt worden ist. Für Fälle einer Vernehmung des Beschuldigten unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs indes anerkannt, dass dieser Verfahrensfehler auch zur Unverwertbarkeit von dessen späteren Aussagen führen kann. Denn die unterbliebene Beschuldigtenbelehrung wirkt regelmäßig bei weiteren Vernehmungen in dem Sinne fort, dass der Beschuldigte glaubt, seine frühere, unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO zustande gekommene Selbstbelastung nicht mehr aus der Welt schaffen zu können. Deshalb ist der Beschuldigte in diesen Fällen zu Beginn einer späteren Vernehmung durch eine "qualifizierte Belehrung" auf die Unverwertbarkeit seiner früheren Aussage hinzuweisen (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112, 115 f.; vgl. auch BGH, Urteile vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, BGHSt 51, 367, 376; vom 30. Dezember 2014 - 2 StR 439/13, NStZ 2015, 291, 293).
Unterbleibt die gebotene qualifizierte Belehrung, folgt daraus jedoch wiederum nicht ohne Weiteres die Unverwertbarkeit der neuerlichen Aussage. Es ist vielmehr wie in anderen Fällen einer fehlerhaften Erkenntnisgewinnung eine Abwägung vorzunehmen. In deren Rahmen kommt dem Verstoß gegen die Pflicht zur qualifizierten Belehrung regelmäßig nicht dasselbe Gewicht zu wie der vorangegangenen Beeinträchtigung der Selbstbelastungsfreiheit durch den Verstoß gegen die Belehrungspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO, weil der Beschuldigte bei der späteren Vernehmung zumindest nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO auf sein Schweigerecht hingewiesen wurde. Im Übrigen ist - wie auch sonst - das staatliche Interesse an der Sachaufklärung zu berücksichtigen (vgl. BGH, Urteile vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07, StV 2007, 450, 452 - insoweit in BGHSt 51, 367 nicht veröffentlicht; vom 18. Dezember 2008 - 4 StR 455/08, BGHSt 53, 112, 116).
bb) Danach gilt in Bezug auf die Angaben des Angeklagten bei seinen drei Vernehmungen Folgendes:
(1) Die Annahme des Landgerichts, dass die Angaben des Angeklagten bei seiner ersten Vernehmung gegenüber den Polizeibeamten V. und P. unverwertbar seien, weil er nicht auf die Unverwertbarkeit der unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO aufgefundenen Beweismittel hingewiesen und in diesem Sinne qualifiziert belehrt worden sei, geht fehl. Das Erfordernis einer qualifizierten Belehrung findet seine Grundlage darin, dass die Selbstbelastungsfreiheit des Beschuldigten durch einen Verstoß gegen die Belehrungspflicht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO bei einer früheren Vernehmung verletzt wurde. In Bezug auf die erste Vernehmung des Angeklagten kommt ein Beweisverwertungsverbot unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen die Pflicht zur qualifizierten Belehrung deshalb nicht in Betracht.
Der Umstand, dass das Landgericht die Unverwertbarkeit der Angaben des Angeklagten bei seiner ersten Vernehmung zu Unrecht auf eine unterbliebene qualifizierte Belehrung gestützt hat, verhilft der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Verfahrensrüge indes nicht zum Erfolg. Denn die Angaben des Angeklagten gegenüber V. und P. könnten unter dem Gesichtspunkt des Vorhalts unzulässig erlangter Erkenntnisse unverwertbar sein. Nach der - von der Revision nicht beanstandeten - Auffassung des Landgerichts waren die bei der Durchsuchung aufgefundenen Gegenstände unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO erlangt worden. Der Angeklagte wurde zudem vor Ort vernommen und den Urteilsgründen zufolge dabei mit den aufgefundenen Gegenständen konfrontiert. Die Frage, ob sich daraus eine Unverwertbarkeit der Angaben des Angeklagten ergibt, hat das Landgericht nicht geprüft; es hat insbesondere nicht die insoweit erforderliche Abwägung vorgenommen. Eine Überprüfung des Urteils unter dem Gesichtspunkt einer Unverwertbarkeit der ersten Aussage des Angeklagten wegen des Vorhalts unzulässig erlangter Erkenntnisse ist dem Senat indes verwehrt, weil sich die Stoßrichtung der Revision darauf nicht erstreckt.
(2) Die Ansicht der Strafkammer, dass die Angaben des Angeklagten gegenüber dem Kriminalbeamten S. sowie dem Ermittlungsrichter Sd. mangels qualifizierter Belehrung unverwertbar seien, ist ebenfalls unzutreffend. Da die Polizeibeamten V. und P. den Angeklagten gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO belehrt hatten, bedurfte es bei seiner späteren Vernehmung durch S. keiner qualifizierten Belehrung. Entsprechendes gilt in Bezug auf die Vernehmung des Angeklagten durch Sd. , zumal der Angeklagte auch von S. über seine Aussagefreiheit belehrt worden war.
Es kann dahinstehen, ob sich die vom Landgericht angenommene Pflicht zur qualifizierten Belehrung des Angeklagten bei dessen späteren Vernehmungen darauf stützen lässt, dass der Angeklagte bei seiner ersten Befragung mit Beweismitteln konfrontiert wurde, die der Auffassung der Strafkammer zufolge einem Beweisverwertungsverbot unterlagen. Ob die insoweit zum Verstoß gegen die Belehrungspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO entwickelten Grundsätze auf Fälle des Vorhalts unzulässig erlangter Erkenntnisse zu übertragen sind, hat der Bundesgerichtshof - soweit ersichtlich - bislang nicht entschieden; es ist lediglich in einem Einzelfall in Betracht gezogen worden, dass ein durch den Vorhalt unzulässig erlangter Beweismittel begründetes Beweisverbot auch die Angaben des Beschuldigten bei späteren Vernehmungen umfassen kann (vgl. BGH, Urteil vom 22. Februar 1978 - 2 StR 334/77, BGHSt 27, 355, 358).
Die Frage, ob der Kriminalbeamte S. und der Ermittlungsrichter Sd. verpflichtet waren, den Angeklagten qualifiziert zu belehren, weil ihm bei seiner ersten Vernehmung unzulässig erlangte Erkenntnisse vorgehalten worden waren, kann letztlich offen bleiben. Denn selbst wenn S. und Sd. gegen eine daraus resultierende Pflicht zur qualifizierten Belehrung verstoßen hätten, hat dies nicht zur Folge, dass die Angaben, die der Angeklagte ihnen gegenüber gemacht hat, unverwertbar sind. Das ergibt sich aus der jeweils gebotenen Abwägung zwischen dem Gewicht des Verfahrensverstoßes und dem staatlichen Interesse an der Sachaufklärung.
Der Verfahrensverstoß hat in beiden Fällen nur verhältnismäßig geringes Gewicht. So wiegt die Verletzung der Pflicht zur qualifizierten Belehrung, auch wenn sie auf den Vorhalt unzulässig erlangter Beweismittel bei einer früheren Vernehmung gestützt wird, regelmäßig nicht so schwer wie der vorangegangene Verfahrensfehler. Insoweit gilt Entsprechendes wie in den Fällen eines Verstoßes gegen die Belehrungspflicht gemäß § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO. Da nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen unzulässig erlangter Beweismittel bislang keine Pflicht zur qualifizierten Belehrung bei späteren Vernehmungen angenommen worden ist, war zudem weder S. noch Sd. bekannt, dass es ihnen oblag, den Angeklagten qualifiziert zu belehren. Sie waren mithin gutgläubig und haben ihre Pflicht zur qualifizierten Belehrung des Angeklagten weder fahrlässig noch vorsätzlich verletzt. Von einem bewussten oder willkürlichen Handeln, bei dem grundrechtliche Sicherungen planmäßig oder systematisch außer Acht gelassen wurden, kann deshalb keine Rede sein.
Demgegenüber ist das staatliche Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts groß. Das Verfahren hat eine schwerwiegende Straftat zum Gegenstand. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass das dem Angeklagten zur Last gelegte bewaffnete Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG) im Regelfall mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bedroht ist. Selbst wenn sich die in Rede stehende Tat letztlich als minder schwerer Fall im Sinne des § 30a Abs. 3 BtMG darstellen sollte, sieht das Gesetz gleichwohl noch die Verhängung einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren vor.
Infolgedessen sind die Angaben, die der Angeklagte bei seiner zweiten und dritten Vernehmung gemacht hat, selbst dann verwertbar, wenn S. und Sd. es pflichtwidrig unterlassen hätten, ihn qualifiziert zu belehren.
b) Darauf, dass das Landgericht die Angaben des Angeklagten bei seinen Vernehmungen durch S. und Sd. rechtsfehlerhaft als unverwertbar angesehen hat, beruht das Urteil auch. Es ist nicht auszuschließen, dass die Strafkammer den Angeklagten aufgrund seiner Angaben gegenüber S. und Sd. wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt hätte - auch wenn sich die exakte Wirkstoffmenge der jeweiligen Drogen daraus nicht ergab.
So räumte der Angeklagte bei seiner polizeilichen Vernehmung durch S. unter anderem ein, seit Anfang des Jahres 2016 Drogen verkauft zu haben, um Schulden zu begleichen und seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Er habe von Anfang an "Gras", Haschisch, Amphetamin und Ecstasy-Pillen verkauft. Alle zwei bis drei Tage sei jemand zu ihm nach Hause gekommen; verkauft habe er von 1 g bis zu 100 g. Gekauft habe er die Drogen nur bei einer "Quelle". Insgesamt habe es sich um sechs oder sieben Käufe gehandelt. Es habe sich um unterschiedliche Mengen gehandelt, die sich gesteigert hätten. Je mehr Geld er gehabt habe, umso mehr habe er gekauft; angefangen habe es mit 1.200 Euro.
Gegenstand der Vernehmung waren auch die aufgefundenen "Waffen", insbesondere das Butterflymesser, die Schlagringe und das Pfefferspray. Deren Besitz räumte der Angeklagte ebenfalls ein.
Bei seiner Vernehmung durch den Ermittlungsrichter Sd. ließ sich der Angeklagte wiederum im Wesentlichen geständig ein.
3. Die Sache bedarf deshalb neuer Verhandlung und Entscheidung. Im Hinblick auf die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:
Die nunmehr zur Entscheidung berufene Strafkammer wird Gelegenheit haben, das Verhalten der Polizeibeamten V. und P. auch unter Berücksichtigung polizeirechtlicher Gesichtspunkte zu bewerten. Daraus könnte sich ergeben, dass jedenfalls das Betreten der Wohnung und das Absuchen der Räume nach hilfsbedürftigen Personen von einer Rechtsgrundlage gedeckt war. So kann die Polizei gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 1 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) eine Wohnung ohne Einwilligung des Inhabers betreten und durchsuchen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich in ihr eine Person befindet, die nach § 35 PolG NRW in Gewahrsam genommen werden darf. Das ist gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 PolG NRW unter anderem dann der Fall, wenn die Ingewahrsamnahme zum Schutz der Person gegen eine Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist, insbesondere weil sie sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst in hilfloser Lage befindet. § 41 Abs. 1 Nr. 3 PolG NRW erlaubt der Polizei das Betreten und Durchsuchen einer Wohnung dann, wenn von der Wohnung Immissionen ausgehen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer zu einer erheblichen Belästigung der Nachbarschaft führen. Durchsuchungen gemäß § 41 Abs. 1 PolG NRW bedürfen außer bei Gefahr im Verzug einer richterlichen Anordnung (§ 42 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW).
Sollte es demnach polizeirechtlich erlaubt gewesen sein, die Wohnungstür zur Gefahrenabwehr zu öffnen und die einzelnen Räumlichkeiten nach hilfsbedürftigen Personen abzusuchen, so könnte der wegen einer Missachtung des Richtervorbehalts gemäß § 105 Abs. 1 Satz 1 StPO verfahrensfehlerhaften Fortführung der Durchsuchung durch das Öffnen des Wohnzimmerschranks im Rahmen der gebotenen Abwägung ein minderes Gewicht zukommen.
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