Entscheidungsdatum: 07.09.2017
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 16. Februar 2017, soweit es ihn betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit das Landgericht von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgesehen hat.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.
Das Landgericht hat den Angeklagten - neben zwei Mitangeklagten - wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung zur Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Von seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat es mangels Erfolgsaussicht abgesehen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als offensichtlich unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zu Ungunsten des Angeklagten ergeben, insbesondere ist das Landgericht - wie der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt hat - rechtsfehlerfrei zu der Annahme gelangt, der Angeklagte habe die Tat als Mittäter begangen.
2. Das Urteil hält jedoch revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand, soweit die Strafkammer von der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) abgesehen hat.
a) Das Landgericht ist - sachverständig beraten - davon ausgegangen, dass der Angeklagte den Hang hat, Betäubungsmittel im Übermaß zu konsumieren, und dass zwischen diesem Hang und der abgeurteilten Tat ein symptomatischer Zusammenhang besteht. Auch hat es angenommen, bei dem Angeklagten liege die Gefahr vor, dass er infolge seines Hanges in Zukunft weitere erhebliche Straftaten begehen werde.
Die Strafkammer hat indes eine Erfolgsaussicht der Behandlung im Sinne des § 64 Satz 2 StGB verneint, weil eine "hinreichend konkrete Chance auf einen Behandlungserfolg innerhalb einer Behandlungsdauer von zwei Jahren" nicht bestehe. Die Sachverständige habe hervorgehoben, dass der Angeklagte "suchtspezifische Angebote (...) kategorisch ablehne." Es sei nicht zu erwarten, dass er sich gegen seinen Willen für eine Therapie motivieren lasse, zumal sich sein Selbstwertgefühl "weitgehend aus seinen durchgehenden und zuletzt festen Beschäftigungsverhältnissen" speise und er eine stationäre Therapie, die zum Verlust seiner Arbeitsstelle führen würde, deshalb ablehne. Jedenfalls bestehe keine Chance auf einen Behandlungserfolg "innerhalb einer Behandlungsdauer von zwei Jahren". Das Landgericht hat die Ausführungen der Sachverständigen seiner rechtlichen Würdigung zugrunde gelegt und ist ebenfalls zu dem Ergebnis gelangt, dass "keine hinreichend konkrete Aussicht auf einen Behandlungserfolg für eine Therapie i.S.d. § 64 StGB innerhalb einer Behandlungsdauer von zwei Jahren besteht, § 64 S. 2 i.V.m. § 67d Abs. 1 S. 1, S. 3 StGB."
b) Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand. Die Strafkammer hat zwar zutreffend die Vorschrift des § 64 Satz 2 StGB in ihrer seit dem 1. August 2016 geltenden Fassung zitiert, nach der ausreichend ist, wenn eine hinreichend konkrete Aussicht besteht, dass der Behandlungserfolg "innerhalb der Frist nach § 67d Abs. 1 Satz 1 oder 3" StGB zu erreichen ist. Andererseits hat das Landgericht mehrfach betont, dass es die Erfolgsaussicht verneine, weil ein Behandlungserfolg sich nicht innerhalb einer Behandlungsdauer von zwei Jahren erreichen lasse. Dies lässt besorgen, dass es gleichwohl von einem falschen Maßstab auf der Basis der früher geltenden Rechtslage ausgegangen ist.
Die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt ist nach nunmehr geltendem Recht, wenn - wie hier - daneben eine Freiheitsstrafe verhängt wird, nicht mehr von vornherein auf zwei Jahre beschränkt; die Höchstfrist der Unterbringung verlängert sich in diesen Fällen vielmehr nach Maßgabe des § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB um die Dauer des nach § 67 Abs. 4 StGB anrechenbaren Teils der Freiheitsstrafe. Durch den Verweis auf § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB sollte ausdrücklich klargestellt werden, dass die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt auch dann angeordnet werden kann, wenn ausnahmsweise eine notwendige Behandlungsdauer von mehr als zwei Jahren zu prognostizieren ist (BT-Drucks. 18/7244, S. 1, 2, 24 f.).
Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass die aktuelle Therapieunwilligkeit des Angeklagten seiner Unterbringung in einer Entziehungsanstalt selbst dann entgegensteht, wenn auf die gemäß § 67d Abs. 1 Satz 3 StGB verlängerte Höchstfrist abgestellt wird, die hier mit Blick auf die verhängte Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten vier Jahre und vier Monate beträgt (zwei Jahre gemäß § 67d Abs. 1 Satz 1 StGB zuzüglich zwei Drittel der verhängten Strafe gemäß § 67d Abs. 1 Satz 3, § 67 Abs. 4 StGB, mithin zuzüglich zwei Jahre und vier Monate). Im Gegenteil hat die Strafkammer letztlich offen gelassen, ob der Angeklagte bei längerer Therapiedauer erfolgreich behandelt werden könnte, weil sie mehrfach hervorgehoben hat, dass dies jedenfalls in der Frist von zwei Jahren nicht gelingen werde.
In diesem Zusammenhang weist der Senat zudem darauf hin, dass die Verneinung der Erfolgsaussicht auch insoweit Rechtsbedenken begegnet, als das Landgericht die nicht zu weckende Behandlungsmotivation des Angeklagten damit begründet hat, dass er durch eine stationäre Therapie seine Anstellung verlieren würde. Dieses Argument trägt in der gegebenen Situation jedenfalls nicht ohne Weiteres, weil nicht dargelegt oder sonst ersichtlich ist, warum die Vollstreckung der gegen den Angeklagten verhängten Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten nicht auch zum Verlust seiner Arbeitsstelle führt.
c) Über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt muss deshalb - wiederum unter Hinzuziehung eines Sachverständigen (§ 246a StPO) - neu verhandelt und entschieden werden. Dem steht nicht entgegen, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO; BGH, Urteil vom 10. April 1990 - 1 StR 9/90, BGHSt 37, 5, 9; Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 5 StR 485/07, NStZ-RR 2008, 107); er hat die Nichtanwendung des § 64 StGB durch das Tatgericht auch nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen.
Becker |
Gericke |
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