Entscheidungsdatum: 26.11.2013
1. Auf die Revisionen der Angeklagten B. und Y. wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 21. Dezember 2012, soweit es diese Angeklagten betrifft, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel der Angeklagten, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
2. Auf die Revision des Angeklagten W. wird das vorbezeichnete Urteil dahin geändert, dass der Angeklagte im Tatkomplex 2 wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung verurteilt ist.
3. Die weitergehende Revision des Angeklagten W. sowie die Revision des Angeklagten S. werden verworfen.
Die Angeklagten W. und S. haben die Kosten ihrer Rechtsmittel und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren dadurch entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Landgericht hat die Angeklagten B. , Y. und W. "wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit schwerer räuberischer Erpressung in drei tateinheitlichen Fällen, wobei es in einem Fall beim Versuch blieb, und in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung" (Tatkomplex 2) sowie "wegen versuchter besonders schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit gefährlicher Köperverletzung und Freiheitsberaubung" (Tatkomplex 1) zu Gesamtfreiheitsstrafen von acht Jahren (B. ), fünf Jahren und zehn Monaten (Y. ) sowie vier Jahren und drei Monaten (W. ) verurteilt. Den Angeklagten S. hat es wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Freiheitsberaubung und Beihilfe zur versuchten schweren räuberischen Erpressung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Es hat außerdem gegen B. und Y. eine Adhäsionsentscheidung getroffen. Die hiergegen gerichteten Revisionen der Angeklagten B. und Y. führen zur Aufhebung des Urteils hinsichtlich dieser beiden Beschwerdeführer. Die Revision des Angeklagten W. führt zu einer Änderung des Schuldspruchs. Im Übrigen bleibt sie - ebenso wie die Revision des Angeklagten S. - ohne Erfolg.
Nach den Feststellungen des Landgerichts wurde der Nebenkläger H. zuerst vom Angeklagten S. und in der Folgezeit auch von den anderen Angeklagten geschlagen, gefesselt und in einen Wagen verbracht. Der Angeklagte B. wollte auf diese Weise den Nebenkläger zu Schutzgeldzahlungen bewegen, womit auch die Angeklagten Y. und W. einverstanden waren. Dem Angeklagten S. ging es lediglich darum, den Nebenkläger aus einem Lokal zu werfen. Es kam ihm gelegen, dass die anderen Angeklagten den Nebenkläger in ihre Gewalt bringen wollten, um von diesem Schutzgeld zu erpressen, wobei er sich allerdings nicht vorstellte, dass diese dabei auch gefährliche Werkzeuge verwenden würden. Die Angeklagten B. , Y. und W. verbrachten den Nebenkläger H. daraufhin in ein andernorts gelegenes Anwesen. Dort verlangten sie von ihm die Zahlung von 2.000 €, wobei sie ihn wechselweise und einvernehmlich schlugen oder mit dem Tod bedrohten. Der Nebenkläger wurde dabei auch mit einem Besenstiel geschlagen, der dadurch in zwei Teile zerbrach (Tatkomplex 1).
In seiner Todesangst gab der Nebenkläger H. vor, von dem Nebenkläger K. Geld zu bekommen, und erzählte den drei Angeklagten, dieser verfüge über einen Wagen von erheblichem Wert. Die Angeklagten beschlossen daraufhin, die Erpressung auf K. zu erstrecken und sich auch in den Besitz des Wagens zu bringen. Mit Hilfe des H. lockten sie K. auf einen Parkplatz, erlangten unter Bedrohung mit körperlicher Misshandlung das Auto und die Autoschlüssel, fesselten ihn mit Kabelbindern und verbrachten ihn ebenfalls zu dem Anwesen. Dort zwangen sie ihn durch Schläge, bei seiner Lebensgefährtin anzurufen und diese zu beauftragen, dem Nebenkläger H. den Kraftfahrzeugbrief auszuhändigen. Dementsprechend erhielten die Angeklagten alsbald auch die Wagenpapiere. Darüber hinaus forderten die Angeklagten von K die Zahlung von 15.000 €. Als den Angeklagten bewusst wurde, dass es keine erfolgversprechende Möglichkeit mehr gab, die beiden Nebenkläger zur Übergabe weiterer Vermögenswerte zu bringen, ließen sie diese frei (Tatkomplex 2).
1. Revisionen der Angeklagten B. und Y.
Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachbeschwerde Erfolg, so dass es auf die erhobenen Verfahrensrügen nicht ankommt. Die Beweiswürdigung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Die Würdigung der Beweise ist Sache des Tatrichters, dem es obliegt, das Ergebnis der Hauptverhandlung festzustellen und zu würdigen. Die revisionsgerichtliche Überprüfung ist darauf beschränkt, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist in sachlich-rechtlicher Hinsicht der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist, gegen Denk- oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn das Tatgericht zu hohe Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt hat (BGH, Urteil vom 7. Februar 2013 - 3 StR 503/12, juris Rn. 10 mwN). Nach diesen Maßstäben ist die Beweiswürdigung rechtsfehlerhaft, denn sie unterlässt die hier notwendige Erörterung eines naheliegenden Falschbelastungsmotivs des Angeklagten W.
Der Angeklagte B. hat keine Angaben zur Sache gemacht und im letzten Wort seine Anwesenheit am Tatort bestritten. Der Angeklagte Y. hat den Tatvorwurf ebenfalls bestritten. Das Landgericht stützt seine Überzeugung im Wesentlichen auf die Aussage des Mitangeklagten W. . Dieser hatte bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens im Rahmen einer mündlichen Haftprüfung ein umfassendes Geständnis abgelegt und die Mitangeklagten B. und Y. als Mittäter benannt. Im Anschluss an die Aussage war er vom weiteren Vollzug der Untersuchungshaft verschont worden. Im Hinblick auf diese Angaben des Angeklagten W. hat das Landgericht jeweils die Voraussetzungen des § 46b Abs. 1 StGB angenommen (UA S. 7, 23, 25, 51, 53).
Unter diesen Umständen hätte sich das Landgericht bei der Beweiswürdigung mit dem naheliegenden, für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Aussage wesentlichen Gesichtspunkt auseinandersetzen müssen, dass sich der Angeklagte W. mit seiner Aussage die Voraussetzungen und Vorteile der Kronzeugenregelung (§ 46b StGB) sichern wollte und damit der Versuchung ausgesetzt war, Dritte deswegen wahrheitswidrig zu belasten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2003 - 1 StR 464/02, BGHSt 48, 161, 168; Beschluss vom 23. Oktober 1991 - 5 StR 455/91, StV 1992, 98). Die Verurteilung der Angeklagten B. und Y. kann daher deinen Bestand haben.
Damit ist die sofortige Beschwerde des Angeklagten Y. gegen die Kostenentscheidung gegenstandslos.
2. Revision des Angeklagten W.
Die auf die allgemeine Sachbeschwerde gestützte Revision des Angeklagten führt lediglich zur Änderung des Schuldspruchs im Tatkomplex 2.
Die Angeklagten brachten den Nebenkläger K. in ihre Gewalt, misshandelten und bedrohten ihn, um von ihm dessen Kraftwagen, die dazugehörenden Fahrzeugpapiere und auch Geld zu erlangen. Im Verlauf des länger andauernden Tatgeschehens fesselten sie ihn mit Kabelbindern. Aufgrund der Nötigungshandlungen übergab ihnen der Nebenkläger den Wagen und veranlasste die Übergabe der Wagenpapiere. Lediglich mit dem Bemühen, Bargeld zu erlangen, blieben die Angeklagten erfolglos. Diese Teilakte einer sukzessiven Tatausführung stellen eine Tat im Rechtssinne dar. Der Angeklagte hat sich deshalb einer (vollendeten) schweren räuberischen Erpressung schuldig gemacht, die in Tateinheit mit dem erpresserischen Menschenraub, der gefährlichen Körperverletzung und der Freiheitsberaubung steht.
Ansonsten hat die Nachprüfung des Urteils keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. Zwar hat das Landgericht, wie der Generalbundesanwalt im Einzelnen ausgeführt hat, bei der Strafzumessung im Fall 1 der Urteilsgründe die Prüfung einer Strafrahmenverschiebung gemäß § 46b StGB unterlassen. Indes schließt der Senat aus, dass die für diese Tat gefundene Freiheitsstrafe hierauf beruht.
Der Erfolg der Revision ist nicht so wesentlich, dass es unbillig wäre, den Angeklagten mit den gesamten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu belasten (§ 473 Abs. 4 StPO).
3. Revision des Angeklagten S.
Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat.
Becker Pfister Schäfer
Mayer Spaniol