Entscheidungsdatum: 20.11.2014
1. Besteht zwischen einem Hersteller von E-Zigaretten mit Sitz in einem anderen EU-Mitgliedstaat und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Streit über die rechtliche Einstufung der Produkte, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO vor.
2. Nikotinhaltige Liquids, die zum Verdampfen in E-Zigaretten bestimmt sind und nicht als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder vermarktet werden, sind keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG (wie Urteile vom selben Tag in den Parallelverfahren BVerwG 3 C 25.13 und BVerwG 3 C 27.13).
3. E-Zigaretten sind keine Medizinprodukte im Sinne des Medizinproduktegesetzes (wie Urteil vom selben Tag in dem Parallelverfahren BVerwG 3 C 27.13).
Die Klägerin zu 2, deren Firmensitz in Belgien liegt, stellt unter dem Markennamen „SuperSmoker“ elektronische Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) und mit so genannten Liquids befüllte Filterkartuschen her. Die Flüssigkeiten enthalten Propylenglykol, Glycerin und Aromastoffe und werden in verschiedenen Geschmacksrichtungen mit und ohne Nikotin angeboten. Mit der E-Zigarette lassen sich die Liquids erhitzen („verdampfen“) und inhalieren. Die Klägerin zu 1 mit Firmensitz in Deutschland vertreibt die Produkte der Klägerin zu 2 europaweit einschließlich des Bundesgebiets.
Mit Schreiben vom 1. März 2010 teilte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (im Folgenden: BfArM) der Klägerin zu 2 auf ihre Anfrage vom Februar 2009 mit, dass die nikotinhaltige Variante ihrer E-Zigarette als ein zulassungspflichtiges Arzneimittel einzustufen sei. Das Verdampfungsgerät (Applikator) sei als Medizinprodukt anzusehen. Es handele sich hierbei um eine vorläufige und nicht rechtsverbindliche Einschätzung. Eine verbindliche Entscheidung ergehe erst im Rahmen eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsverfahrens oder der Überwachungstätigkeit der Landesbehörden.
Unter dem 23. Dezember 2010 beantragte die Klägerin zu 2 beim BfArM unter Bezugnahme auf den bisherigen Schriftwechsel die Feststellung, dass die von ihr hergestellte E-Zigarette kein Arzneimittel sei. Der Antrag blieb auch nach mehrfacher Erinnerung unbeschieden.
Die Klägerin zu 1 erhielt von dem Regierungspräsidium Freiburg im Mai 2011 die Mitteilung, die von ihr vertriebene nikotinhaltige E-Zigarette „SuperSmoker“ dürfe nicht ohne Arzneimittelzulassung in den Verkehr gebracht werden. Stelle sie den Vertrieb nicht ein, müsse sie mit einer Untersagungsverfügung rechnen. Zur Begründung verwies das Regierungspräsidium auf einen bestandskräftigen Bescheid des BfArM vom Juli 2009, mit dem die E-Zigarette eines anderen Herstellers auf Anfrage einer für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Landesbehörde als zulassungspflichtiges Fertigarzneimittel eingestuft worden war. Vergleichbar äußerte sich die Regierung von Niederbayern mit Schreiben vom März und April 2011.
Mit ihren im Juni 2011 erhobenen Klagen haben die Klägerinnen die Feststellung begehrt, dass die E-Zigarette „SuperSmoker“ sowie die Filterkartuschen „NORMAL“, „MENTHOL“ (Nikotingehalt jeweils: 1,9 %) und „LIGHT“ (1,45 %) keine Arzneimittel oder Medizinprodukte seien. Sie haben geltend gemacht, die pharmakologische Wirkung ihrer Produkte sei deutlich geringer als bei herkömmlichen Tabakzigaretten, deren Nikotingehalt um ein Vielfaches höher liege. Die Erzeugnisse seien auch nicht zur Nikotinentwöhnung bestimmt, sondern würden ganz überwiegend als Genussmittel verwendet. Die Gebrauchsmodalitäten ähnelten dem Zigarettenrauchen. Die Gesundheitsrisiken seien erheblich geringer.
Die Beklagte hat die Klagen bereits für unzulässig gehalten, weil die Voraussetzungen des § 21 Abs. 3 oder Abs. 4 AMG nicht vorlägen. Nach § 21 Abs. 3 AMG bedürfe es für das Tätigwerden des BfArM eines Antrags des pharmazeutischen Unternehmers auf Zulassung eines Arzneimittels. Gemäß § 21 Abs. 4 AMG entscheide das BfArM ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels. Unternehmern oder sonstigen Dritten stehe dieses Antragsrecht nicht zu. Im Übrigen liege die Zuständigkeit für die arzneimittelrechtliche Einstufung von Erzeugnissen bei den jeweiligen Überwachungsbehörden der Länder. Die Klagen hätten aber auch in der Sache keinen Erfolg. Nikotinhaltige Liquids könnten zur Behandlung von Nikotinsucht eingesetzt werden und seien daher als Funktionsarzneimittel einzustufen.
Das Verwaltungsgericht hat den Klagen mit Urteil vom 20. März 2012 stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 17. September 2013 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Es bestehe ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte vertrete gegenüber den Klägerinnen und den für die Arzneimittelüberwachung zuständigen Landesbehörden nachdrücklich die Auffassung, dass die streitigen Erzeugnisse den arzneimittel- und medizinprodukterechtlichen Vorschriften unterfielen. Das BfArM habe in zwei Fällen auf Antrag einer Landesbehörde entschieden, dass es sich bei nikotinhaltigen Liquids anderer Hersteller um Arzneimittel handele. Die Bundesregierung sei im Februar 2012 in ihrer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage davon ausgegangen, dass die Rechtsauffassung des BfArM auf nikotinhaltige E-Zigaretten sonstiger Hersteller übertragbar sei. Diese Äußerung wirke sich auf das Vollzugsverhalten der Überwachungsbehörden faktisch ähnlich aus wie ein die Arzneimitteleigenschaft feststellender Bescheid nach § 21 Abs. 4 AMG. Der Mitteilung des BfArM vom 1. März 2010 fehle nicht die Rechtsverbindlichkeit. Gemäß § 11 Satz 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Arzneimittelgesetzes (AMGVwV) sei das BfArM für die Beantwortung der Anfrage zuständig gewesen. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergebe sich aus den gesetzlichen Beschränkungen für das Inverkehrbringen der Erzeugnisse, die eine Einstufung als Arzneimittel und Medizinprodukt zur Folge habe. Die Klägerinnen könnten ihr Begehren auch nicht durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen. Ihnen sei weder ein Antrag auf arzneimittelrechtliche Zulassung nach § 21 Abs. 3 AMG und im Falle eines ablehnenden Bescheids die Erhebung einer Verpflichtungsklage zuzumuten, noch das Abwarten einer Ordnungsverfügung und deren Anfechtung. Die Feststellungsklagen seien auch begründet. Die streitigen nikotinhaltigen Liquids seien keine Arzneimittel. Sie erfüllten nicht die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Weder die Liquids noch die E-Zigarette würden als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung der Nikotin- oder Tabaksucht vermarktet. Auch durch die Aufmachung der Produkte entstehe beim Verbraucher nicht der Eindruck, dass sie zu arzneilichen Zwecken bestimmt seien. Ebenso wenig handele es sich um Funktionsarzneimittel nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass die Liquids bei bestimmungsgemäßer Anwendung angesichts ihres nicht unerheblichen Nikotingehalts den Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, für arzneiliche Zwecke eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall. Mangels Arzneimitteleigenschaft der Liquids sei die E-Zigarette kein Medizinprodukt im Sinne von § 2 Abs. 3, § 3 Nr. 1 bis 3 MPG.
Mit ihrer Revision vertieft die Beklagte ihr bisheriges Vorbringen. Die Klagen seien unzulässig. Mit der Annahme eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses verletze das Berufungsurteil Art. 83 GG und § 21 Abs. 4 AMG. Außer nach § 21 Abs. 3 AMG sei das BfArM nur nach Maßgabe von § 21 Abs. 4 AMG zur Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft und Zulassungspflicht eines Produkts berufen. Ansonsten seien die Arzneimittelüberwachungsbehörden der Länder zuständig. § 11 AMGVwV richte sich an dieser Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern aus. Aus § 11 Satz 4 AMGVwV ergebe sich nichts Abweichendes. Im Unterschied zu § 13 Abs. 3 MPG sei die Antragsberechtigung eines Unternehmers im Fall von § 21 Abs. 4 AMG nicht bezweckt. Darüber hinaus fehle es an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis zwischen ihr, der Beklagten, und der Klägerin zu 1 auch deshalb, weil diese erstmals mit der Klageerhebung gegenüber dem BfArM in Erscheinung getreten sei. Zudem greife die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO. Die Klägerin zu 1 hätte vorrangig gegenüber dem Regierungspräsidium Freiburg die Feststellung begehren können, dass es sich bei den von ihr vertriebenen Produkten nicht um Arzneimittel oder Medizinprodukte handele. Zu der Klägerin zu 2 bestehe ebenfalls kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Nach dem Arzneimittelgesetz könne diese nicht die Feststellung beantragen, dass ein Produkt kein Arzneimittel sei. Eine Rechtsbeziehung entstehe erst mit der von einer Landesbehörde eingeholten Stellungnahme nach § 21 Abs. 4 AMG, die gegenüber dem betreffenden Unternehmer die Wirkungen eines Verwaltungsakts habe. Die Feststellungsklagen seien auch unbegründet. Die Liquids seien als Funktionsarzneimittel einzustufen. Sie seien objektiv geeignet, therapeutische Zwecke zu erfüllen. Das Berufungsgericht habe das vorgelegte Erkenntnismaterial fehlinterpretiert und sei bei der Subsumtion zu falschen Schlussfolgerungen gelangt. E-Zigaretten könnten das Rauchverlangen und die mit einem sinkenden Nikotinspiegel verbundenen Entzugssymptome lindern und die Rauchentwöhnung gleichermaßen fördern wie die zur Nikotinersatztherapie zugelassenen Arzneimittel. Die von dem Berufungsgericht angestellte Gesamtbetrachtung überzeuge nicht. Die E-Zigarette ähnele nicht Tabakzigaretten, sondern sei vielmehr mit den Nikotinersatzpräparaten, insbesondere dem Nicorette® Inhaler, vergleichbar. Die erheblichen Gesundheitsrisiken, die mit der Aufnahme von Nikotin verbunden seien, sprächen ebenfalls für die Einstufung als Arzneimittel. Zudem beschränke das angegriffene Urteil den Begriff des Funktionsarzneimittels zu Unrecht auf Stoffe oder Erzeugnisse, die eine therapeutische Zweckbestimmung aufwiesen. Ausreichend sei, wenn der Anwendungsnutzen wie hier in einer nervenberuhigenden, gehirnanregenden Wirkung oder in der Linderung von Entzugssymptomen liege. Das Berufungsgericht hätte zumindest die Zweifelsfallregelung des § 2 Abs. 3a AMG anwenden müssen. Die Medizinprodukteeigenschaft der E-Zigarette ergebe sich aus § 2 Abs. 3 Satz 1 MPG.
Die Klägerinnen verteidigen das angegriffene Urteil.
Die Revision der Beklagten hat zum Teil Erfolg. Das angefochtene Berufungsurteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), soweit es die zugunsten der Klägerin zu 1 ergangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt hat. Die Feststellungsklage der Klägerin zu 1 ist unzulässig (1.). Die Urteile der Vorinstanzen waren daher insoweit aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Im Übrigen ist die Revision unbegründet. Das Oberverwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Klägerin zu 2 einen Anspruch auf die begehrten Feststellungen hat (2.).
1. Das Feststellungsbegehren der Klägerin zu 1 ist unzulässig, weil zwischen ihr und der Beklagten kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO besteht.
Unter einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis sind die rechtlichen Beziehungen zu verstehen, die sich aus einem konkreten Sachverhalt aufgrund einer diesen Sachverhalt betreffenden öffentlich-rechtlichen Norm für das Verhältnis mehrerer (natürlicher oder juristischer) Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben, kraft derer eine der beteiligten Personen etwas Bestimmtes tun muss, kann oder darf oder nicht zu tun braucht (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 17 und Beschluss vom 26. Juli 2007 - 6 B 25.07 - Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2 Rn. 3, jeweils m.w.N.). Rechtliche Beziehungen eines Beteiligten zu einem anderen haben sich nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einen bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (BVerwG, Urteile vom 13. Januar 1969 - 1 C 86.64 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 31 S. 1 und vom 30. November 2011 - 6 C 20.10 - BVerwGE 141, 223 Rn. 12 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen in Bezug auf den Feststellungsantrag der Klägerin zu 1 nicht vor. Zwar lassen sich die Bedenken an der Antragsformulierung, die auf das Nichtbestehen der Arzneimittel- und Medizinprodukteeigenschaft und damit auf nicht feststellungsfähige Tatbestandsmerkmale abhebt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18 und Beschluss vom 26. Juli 2007 - 6 B 25.07 - Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 2 Rn. 4), ausräumen. Das Antragsbegehren zielt sinngemäß auf die Klärung der Frage, ob die von der Klägerin zu 1 vertriebenen Filterkartuschen und E-Zigaretten der Zulassungspflicht nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 27. März 2014, BGBl. I S. 261) und der Kennzeichnungspflicht nach dem Medizinproduktegesetz (MPG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. I S. 3146; zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juli 2014, BGBl. I S. 1133) unterliegen. So verstanden richtet sich das Begehren auf die Feststellung des Nichtbestehens der sich aus bestimmten Normen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 AMG, §§ 6 ff. MPG) ergebenden Pflichten. Im Verhältnis zwischen der Klägerin zu 1 und der Beklagten fehlt es aber an einem konkreten, durch diese Normen gekennzeichneten Sachverhalt.
a) Die Klägerin zu 1 hat im Vorfeld der Klageerhebung keine Anfragen oder Anträge an die Beklagte gerichtet. Die Anfrage vom Februar 2009 und die Antwort des BfArM vom 1. März 2010 betrafen allein die Klägerin zu 2. Dasselbe gilt für den Antrag an das BfArM vom 23. Dezember 2010, festzustellen, dass es sich bei der E-Zigarette „SuperSmoker“ um kein Arzneimittel handele. Auch die weiteren Schreiben vom 15. Februar, 29. März und 12. April 2011, mit denen die Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen an die noch ausstehende Antragsbescheidung erinnert hatten, bezogen sich nur auf Klägerin zu 2.
Die Klägerin zu 1 hat erstmals mit Erhebung der Klage ein Begehren gegenüber der Beklagten und dem BfArM geltend gemacht. Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist damit nicht begründet worden. Das Prozessverhältnis selbst ist kein Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO. Abzustellen ist vielmehr auf den zugrunde liegenden Streitgegenstand. Aber auch durch das Vorbringen im gerichtlichen Verfahren haben sich zwischen der Klägerin zu 1 und der Beklagten keine rechtlichen Beziehungen konkretisiert, die ihrem Feststellungsbegehren entsprechen. Die Beklagte hat stets in Abrede gestellt, dass das BfArM gegenüber der Klägerin zu 1 für eine inhaltliche Äußerung über die Arzneimitteleigenschaft und Zulassungspflicht der E-Zigarette „SuperSmoker“ zuständig sei, und auf die Kompetenz der Arzneimittelüberwachungsbehörden der Länder verwiesen. Die dadurch aufgeworfene Frage nach der sachlichen Zuständigkeit oder Unzuständigkeit des BfArM ist der mit der Klage verfolgten Klärung der Zulassungs- und Kennzeichnungspflicht der streitigen Produkte vorgelagert und begründet ein selbstständiges Rechtsverhältnis.
b) Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ergibt sich auch nicht aufgrund von § 21 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 AMG. Die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG begründet ein Rechtsverhältnis zwischen dem BfArM als der für die Zulassungserteilung zuständigen Behörde (vgl. § 77 Abs. 1 AMG) und demjenigen, dessen Produkt der Zulassung bedarf. Das ist nach § 21 Abs. 3 Satz 1 AMG in der Regel der pharmazeutische Unternehmer. Nach § 4 Abs. 18 Satz 2 und § 9 Abs. 1 Satz 1 AMG ist als pharmazeutischer Unternehmer derjenige anzusehen, der das Arzneimittel unter seinem Namen in den Verkehr bringt. Weder ist die Klägerin zu 1 gegenüber dem BfArM als Unternehmerin aufgetreten, die die streitigen Produkte unter ihrem Namen in Verkehr bringt und danach als potentielle Antragstellerin nach § 21 Abs. 3 AMG in Betracht kommen kann, noch will sie das BfArM als solche behandeln. Soweit das Schreiben des BfArM vom 1. März 2010 auf eine pharmazeutische Unternehmerschaft abhebt, betrifft das allein die Klägerin zu 2.
c) Auch aus den medizinprodukterechtlichen Vorschriften ergeben sich keine verdichteten rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und dem BfArM. Nach § 13 Abs. 3 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 4 MPG entscheidet das BfArM auf Antrag einer zuständigen Behörde oder des Herstellers über die Klassifizierung einzelner Medizinprodukte oder über die Abgrenzung von Medizinprodukten zu anderen Produkten. Hersteller im Sinne des Medizinproduktegesetzes ist die natürliche oder juristische Person, die für die Auslegung, Herstellung, Verpackung und Kennzeichnung eines Medizinproduktes im Hinblick auf das erstmalige Inverkehrbringen im eigenen Namen verantwortlich ist (§ 3 Nr. 15 und § 5 MPG). Inverkehrbringen ist jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe von Medizinprodukten an andere (§ 3 Nr. 11 Satz 1 MPG), und erstmaliges Inverkehrbringen meint die erste Abgabe von neuen oder als neu aufbereiteten Medizinprodukten an andere im Europäischen Wirtschaftsraum (§ 3 Nr. 11 Satz 2 MPG). Danach steht der Klägerin zu 2 als Herstellerin der streitigen E-Zigarette das Antragsrecht nach § 13 Abs. 3 MPG zu. Dass die Klägerin zu 1 ebenfalls als Herstellerin im Sinne des Medizinproduktegesetzes anzusehen wäre, ist nicht erkennbar. Sie hat bei dem BfArM auch keinen Antrag nach § 13 Abs. 3 MPG gestellt oder sich einer Antragsbefugnis berühmt.
d) Ebenso wenig wird ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis dadurch begründet, dass das BfArM mit Bescheiden vom 22. Juli 2009 und 29. Februar 2012 vergleichbare Produkte anderer Hersteller als zulassungspflichtige Arzneimittel eingestuft hat. Nichts anderes gilt für die Äußerungen der Bundesregierung zur Arzneimitteleigenschaft von E-Zigaretten in ihrer Stellungnahme auf eine parlamentarische Anfrage vom 29. Februar 2012 (vgl. BT-Drs. 17/8772 S. 2). Diese Umstände mögen die Klägerin zu 1 zwar besorgen lassen, dass sie mit einem ordnungsbehördlichen Einschreiten der zuständigen Landesbehörde nach § 69 Abs. 1 AMG rechnen muss, falls sie die streitigen Produkte weiterhin in den Verkehr bringt. Sie rechtfertigen aber nicht die Annahme eines Rechtsverhältnisses zu der Beklagten. Zeichnet sich - wie hier durch die Mitteilung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 10. Mai 2011 - ein behördliches Tätigwerden ab, bestehen die rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 1 und der betreffenden Ordnungsbehörde. Daraus mag sich von Fall zu Fall die Zulässigkeit einer Feststellungsklage gegen die Arzneimittelüberwachungsbehörde ergeben (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Mai 1985 - 3 C 53.84 - BVerwGE 71, 318 ff. sowie - 3 C 28.84 - Buchholz 310 § 43 VwGO Nr. 85 S. 24 f. und vom 20. November 2003 - 3 C 44.02 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 37 S. 18), nicht jedoch gegen die Beklagte und das BfArM, die an jenem Rechtsverhältnis nicht beteiligt wären. Aus dem Recht auf effektiven Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG und Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union folgt nichts Gegenteiliges; denn gegen konkret drohende ordnungsrechtliche Maßnahmen kann die Klägerin zu 1 ihre Rechte hinreichend und zumutbar mit einer Klage unmittelbar gegen die zuständige Landesbehörde bzw. deren Rechtsträger verfolgen.
e) Für die Statthaftigkeit der Feststellungsklage streitet entgegen dem Oberverwaltungsgericht auch nicht die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum wettbewerbswidrigen Verhalten desjenigen, der ein zulassungspflichtiges, aber nicht zugelassenes Arzneimittel im Vertrauen auf die (vermeintliche) Richtigkeit der ihm von einer Landesbehörde erteilten günstigen Auskunft in den Verkehr bringt (vgl. dazu BGH, Urteile vom 2. Oktober 2002 - I ZR 177/00 - NVwZ 2003, 503 <504> und vom 24. Juni 2010 - I ZR 166/08 - GesR 2011, 62 Rn. 19, 21). Aus den Entscheidungen lässt sich wegen ihrer anders gelagerten tatsächlichen Umstände und Rechtsgrundlagen für die Frage des Bestehens eines feststellungsfähigen Rechtsverhältnisses im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO nichts ableiten. Bei den wettbewerbsrechtlichen Sachverhalten stand anders als hier eine die Verkehrsfähigkeit bejahende Auskunft einer Überwachungsbehörde in Rede. Im Lichte dessen ist auch die auf § 3, § 4 Nr. 11 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bezogene Annahme des Bundesgerichtshofs einzuordnen, allein das BfArM sei für Entscheidungen und Auskünfte über die Zulassungspflicht von Arzneimitteln zuständig (vgl. BGH, Urteil vom 24. Juni 2010 - I ZR 166/08 - GesR 2011, 62 Rn. 19). Die Bewertung verwaltungsrechtlicher Beziehungen, die sich aufgrund arzneimittel- und medizinprodukterechtlicher Vorschriften ergeben, wird davon nicht berührt.
2. Die Klage der Klägerin zu 2 hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend als zulässig (a) und begründet (b) angesehen.
a) aa) Soweit der Antrag der Klägerin zu 2 darauf gerichtet ist, festzustellen, dass die von ihr hergestellten nikotinhaltigen Filterkartuschen nicht den Vorschriften des Arzneimittelrechts unterliegen, kann sie ihr Begehren mit der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO verfolgen. Das erforderliche feststellungsfähige Rechtsverhältnis ergibt sich aus dem Streit mit der Beklagten über die Arzneimitteleigenschaft der Nikotin-Liquids. Das BfArM hat mit Schreiben vom 1. März 2010 gegenüber der Klägerin zu 2 die Auffassung vertreten, dass sie diese Erzeugnisse nicht ohne Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz in den Verkehr bringen darf, und dabei zur Frage der Arzneimittel- und Medizinprodukteeigenschaft der Liquids und der E-Zigarette ausführlich Stellung genommen. Seine Zuständigkeit zur Abgabe der Stellungnahme hat das BfArM aus § 11 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Arzneimittelgesetzes (AMGVwV) vom 29. März 2006 (BAnz. Nr. 63 S. 2287) entnommen. Nach § 11 Satz 1 AMGVwV sind Anfragen zur Zulassungspflicht eines Arzneimittels von der zuständigen Behörde des Landes zu beantworten, in dem der pharmazeutische Unternehmer seinen Sitz hat oder begründen will. Hat der pharmazeutische Unternehmer wie im Fall der Klägerin zu 2 seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, ist das BfArM für die Beantwortung der Anfrage zuständig (§ 11 Satz 4 AMGVwV).
Des Weiteren hat die Klägerin zu 2 mit ihrem Schreiben vom 23. Dezember 2010 sinngemäß (auch) eine Entscheidung des BfArM nach § 13 Abs. 3 MPG beantragt. Das Antragsschreiben knüpft an die vorausgegangene Mitteilung des BfArM vom 1. März 2010 an, die sich auch zu der Frage der Einstufung der E-Zigarette als Medizinprodukt verhält. Die Klägerin zu 2 hat vollumfänglich Bezug genommen auf den bisherigen Schriftwechsel mit dem BfArM und ihn zum Gegenstand des Antrags gemacht. Wörtlich heißt es: „Käme es entsprechend dieser Auskunft zu einem feststellenden Verwaltungsakt, wäre dies ... keinesfalls eine rechtlich und sachlich gebotene Entscheidung“. Danach ist ihr Begehren dahin auszulegen, dass sie durch das BfArM auch klargestellt wissen möchte, dass die von ihr hergestellte E-Zigarette nicht als Medizinprodukt einzustufen sei. § 13 Abs. 3 MPG räumt ihr eine solche Antragsbefugnis ein. Die Vorschrift ist mit Wirkung vom 21. März 2010 dahingehend ergänzt worden, dass neben den zuständigen Landesbehörden auch der Hersteller eine Entscheidung über die Medizinprodukteeigenschaft seines Erzeugnisses beanspruchen kann (Art. 1 Nr. 10 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2326; BT-Drs. 16/12258 S. 28). Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 MPG gilt das Medizinproduktegesetz auch für Produkte, die dazu bestimmt sind, Arzneimittel zu verabreichen. § 2 Abs. 3 Satz 2 MPG regelt die Anwendung des Gesetzes auf Erzeugnisse, bei denen Medizinprodukt und Arzneimittel ein einheitliches, miteinander verbundenes Produkt bilden. Demgemäß erstreckt sich die Prüfung des BfArM nach § 13 Abs. 3 MPG auch auf die Abgrenzung zwischen Medizinprodukt und Arzneimittel (vgl. BT-Drs. 16/12258 S. 28) sowie darauf, ob das fragliche Produkt dazu dient, ein Arzneimittel zu verabreichen. Das bringt es mit sich, dass das BfArM bei seiner Entscheidung gegebenenfalls auch darauf eingehen muss, ob die verabreichten Stoffe Arzneimittel sind. So verhält es sich hier. Die Einstufung der E-Zigarette als Medizinprodukt setzt nach § 2 Abs. 3 Satz 1 MPG voraus, dass es sich bei den nikotinhaltigen Liquids um Arzneimittel handelt.
Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob nach § 21 Abs. 4 AMG eine Entscheidung des BfArM über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels nur auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde herbeigeführt werden kann oder die Vorschrift dahin auszulegen ist, dass entsprechend § 13 Abs. 3 MPG auch ein Produkthersteller das BfArM in Zweifelsfällen um eine Entscheidung über das (Nicht-)Bestehen der Zulassungspflicht ersuchen kann. Der Wortlaut und die Gesetzesmaterialien weisen auf eine abschließende Regelung hin (vgl. BT-Drs. 13/11020 S. 25; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: April 2014, § 21 AMG Rn. 75). Andererseits hat der Gesetzgeber im Interesse der Rechtsklarheit und der Schaffung einer einheitlichen Rechtspraxis bei der Abgrenzung von Medizinprodukten zu Arzneimitteln und anderen Produkten das Bedürfnis gesehen, dem Hersteller eine Antragsbefugnis einzuräumen. Das kann dafür sprechen, dass ein Antragsrecht des Unternehmers durch § 21 Abs. 4 AMG nicht generell ausgeschlossen werden soll. Das lässt sich zumindest für Fälle erwägen, in denen wie hier die Zuständigkeit des BfArM für eine inhaltliche Befassung wegen § 11 Satz 4 AMGVwV ohnehin gegeben ist. Kompetenzrechtliche Bedenken lassen sich insoweit nicht ausmachen, weil die Befugnis des BfArM zu einer verbindlichen Stellungnahme durch die Regelung in § 11 Satz 4 AMGVwV vorgezeichnet scheint. Unabhängig davon kommt in Betracht, dass sich aus der Kompetenz des BfArM, über einen Zulassungsantrag nach § 21 Abs. 3 AMG zu befinden, auch die Zuständigkeit für einen Antrag auf negative Feststellung der Arzneimitteleigenschaft und Feststellung des Nichtbestehens der Zulassungspflicht ableiten ließe; denn im Zulassungsverfahren ist stets zu prüfen, ob das beantragte Mittel die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. § 2 Abs. 4 Satz 2 AMG). Diese Fragen bedürfen indes keiner abschließenden Klärung. § 21 Abs. 4 AMG steht der Statthaftigkeit der Feststellungsklage der Klägerin zu 2 auch dann nicht entgegen, wenn dadurch das Antragsrecht eines Unternehmers gegenüber dem BfArM ausgeschlossen wäre. Die sich aus § 13 Abs. 3 MPG und § 11 Satz 4 AMGVwV ergebenden rechtlichen Beziehungen zwischen der Klägerin zu 2 und der Beklagten sind hinreichend verdichtet, um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO zu begründen.
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage begegnet auch im Übrigen keinen Bedenken. Wegen der mit einer Arzneimitteleigenschaft verbundenen gesetzlichen Beschränkungen für die Verkehrsfähigkeit der nikotinhaltigen Filterkartuschen (§ 21 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 AMG, § 96 Nr. 5 AMG) hat die Klägerin zu 2 ein berechtigtes Feststellungsinteresse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO. Durch eine Gestaltungs- oder Leistungsklage könnte sie ihre Rechte nicht gleichermaßen effektiv verfolgen (§ 43 Abs. 2 VwGO). Insbesondere ist ihr nicht zuzumuten, die streitige Rechtsfrage im Zuge eines Zulassungsantrags nach § 21 Abs. 3 Satz 1 AMG klären zu lassen.
bb) Hinsichtlich der weiter begehrten Feststellung, dass es sich bei der E-Zigarette „SuperSmoker“ nicht um ein Medizinprodukt handelt, ist der Klageantrag in ein Verpflichtungsbegehren umzudeuten (§ 88 VwGO). Nach § 13 Abs. 3 MPG „entscheidet“ das BfArM über die Einstufung eines Erzeugnisses als Medizinprodukt, das heißt, es hat einen feststellenden Bescheid (§ 35 Satz 1 VwVfG) zu erlassen. Statthafte Klageart ist daher die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2, § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO) steht der Umdeutung nicht entgegen. Eine Klageänderung im Sinne von § 91 VwGO liegt nicht vor, da der Klagegrund im Wesentlichen unverändert ist. Die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage ist auch sonst nicht zweifelhaft. Den von der Klägerin zu 2 mit Schreiben vom 23. Dezember 2010 gestellten Antrag nach § 13 Abs. 3 MPG hat das BfArM nicht beschieden, so dass die Klage insoweit als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) zulässig ist.
b) Die Klage ist begründet. Das Oberverwaltungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass es sich bei den streitigen Liquids nicht um Arzneimittel handelt (aa) und die E-Zigarette kein Medizinprodukt ist (bb).
aa) Die nikotinhaltigen Liquids erfüllen weder die Merkmale eines sog. Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. L 299 S. 1), noch handelt es sich bei ihnen um sog. Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG.
(1) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).
Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) werden die Liquids und die E-Zigarette nicht als Mittel präsentiert, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen die Erzeugnisse in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen.
(2) Die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels liegen ebenfalls nicht vor. Hierzu zählen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).
Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>.; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.
Gemessen daran sind die in Rede stehenden Nikotin-Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen. Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den Liquids der Klägerin zu 2 in einer Dosierung vorhanden ist, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Produktmerkmale ist das Oberverwaltungsgericht aber zu dem Schluss gelangt, dass die Erzeugnisse nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Gegen diese Würdigung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.
Für die Genussmitteleigenschaft spricht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Einen solchen therapeutischen Nutzen weisen die streitigen Liquids nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf. Es hat angenommen, dass sich die Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Die von dem Oberverwaltungsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen hat die Beklagte nicht erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen; sie sind daher der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO). Das Vorbringen der Beklagten erschöpft sich in der Kritik an der berufungsgerichtlichen Würdigung, ohne dass sie, wie es § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt, einen Verfahrensmangel rügt und darlegt.
Danach lässt sich die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründen, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden gesundheitlichen Gefahren noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG
(3) § 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).
(4) Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).
bb) Fehlt den Liquids die Arzneimitteleigenschaft, handelt es sich bei den E-Zigaretten, mittels derer sie verdampft und inhaliert werden, auch nicht um Medizinprodukte. Sie sind weder im Sinne von § 2 Abs. 3 MPG dazu bestimmt, Arzneimittel zu verabreichen, noch liegt ein Fall des § 3 Nr. 1 bis 3 MPG vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO.