Entscheidungsdatum: 28.04.2010
Der Widerruf einer Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde wegen Unzuverlässigkeit kann nicht auf die Behandlung weiblicher Patienten beschränkt werden.
Der 1954 geborene Kläger erhielt im Oktober 1986 die Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Er betreibt gemeinsam mit seiner Ehefrau eine logopädische Praxis. Die Staatsanwaltschaft leitete gegen ihn wegen des Verdachts, im Mai 2003 ein damals fünfjähriges Mädchen in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben, ein Ermittlungsverfahren ein. Nach Erhebung der Anklage stellte die Staatsanwaltschaft ein weiteres gegen den Kläger geführtes Ermittlungsverfahren nach § 154 StGB ein. Es betraf den Verdacht, im Jahr 2001 eine damals 28jährige, am Down-Syndrom leidende Patientin in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht zu haben. Mit Urteil vom 7. Januar 2004 verurteilte das Amtsgericht den Kläger wegen des Vorfalls vom Mai 2003 nach § 176 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt wurde, und verbot ihm für die Dauer von drei Jahren, Kinder und Jugendliche weiblichen Geschlechts unter 16 Jahren als Logopäde zu behandeln.
Der Beklagte widerrief, gestützt auf § 3 Abs. 2 des Gesetzes über den Beruf des Logopäden (LogopG), mit Bescheid vom 3. Juni 2004 die Erlaubnis des Klägers zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde. Der Kläger habe sich durch den sexuellen Missbrauch einer minderjährigen Patientin eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem die Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs folge. Er habe das ihm entgegengebrachte Vertrauen in verwerflicher Weise missbraucht und die ihm als Logopäden obliegenden Pflichten schwerwiegend verletzt. Der hiergegen erhobene Widerspruch des Klägers blieb erfolglos.
Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Widerruf der Berufserlaubnis erhobene Klage mit Urteil vom 16. Mai 2006 abgewiesen.
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit Urteil vom 20. Mai 2009 teilweise geändert und den Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde aufgehoben, soweit er die Behandlung männlicher Patienten erfasst. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger nicht mehr die Gewähr dafür biete, seine Berufspflichten künftig zuverlässig zu erfüllen. Dabei könne offenbleiben, ob auch der Vorfall aus dem Jahr 2001 in die Beurteilung einzubeziehen sei. Schon durch die Tat vom Mai 2003 habe der Kläger sich eines Verhaltens schuldig gemacht, aus dem sich seine Unzuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs ergebe. Der Ausschluss unzuverlässiger Personen von der Berufsausübung diene der Abwehr von Gefahren. Wegen der besonderen Tätigkeit in Einzelsitzungen und weil der Patientenkreis eines Logopäden hauptsächlich aus Kindern und Jugendlichen bestehe, müsse erwartet werden, dass der Kläger sich im sexuellen Bereich jederzeit in der Gewalt habe. Sei dies nicht der Fall und komme es zu sexuellen Entgleisungen, begründe dies die Unzuverlässigkeit. Dass es sich bei dem Geschehen nach den Angaben des Klägers um einen einmaligen und unerklärbaren Vorfall gehandelt habe, ändere daran nichts. Auch ein einmaliges Fehlverhalten könne nach den Umständen die Prognose rechtfertigen, der Betreffende werde seine beruflichen Pflichten in Zukunft nicht zuverlässig erfüllen.
Der uneingeschränkte Widerruf der Berufserlaubnis sei aber mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG nicht vereinbar; er verstoße gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Niemand dürfe nach einer begangenen Straftat lebenslang von der gewählten Berufstätigkeit ausgeschlossen werden. Im Fall des Klägers sei ein Schutz der Patienten bereits dadurch zu erreichen, dass ihm als weniger belastende Maßnahme nur die Behandlung weiblicher Patienten untersagt werde. Nach dem im Berufungsverfahren eingeholten psychiatrischen Gutachten könne bei der auf den Kläger als Ersttäter bezogenen Prognose hinsichtlich der Rückfallgefahr differenziert werden. In Bezug auf Frauen und Mädchen bestehe ein Rückfallrisiko; hingegen habe der Sachverständige eine erhöhte Wahrscheinlichkeit homopädophiler oder homosexueller Handlungen verneint. Demnach reiche eine Beschränkung des Widerrufs auf die Behandlung weiblicher Patienten aus. Dem stehe nicht entgegen, dass die ärztliche Approbation nicht teilbar sei und auch nicht mit Nebenbestimmungen versehen werden könne. Entscheidend sei allein die Erforderlichkeit des Widerrufs zum ausreichenden Rechtsgüterschutz. Zudem gebe es im Berufsrecht der Logopäden anders als nach der Bundesärzteordnung kein Nebeneinander von Approbation und Berufserlaubnis, so dass eine differenzierende Betrachtung der Geltungsbereiche bei der Berechtigung für die Heilkundeausübung nicht möglich sei. Ähnlich den auf bestimmte Patientengruppen beschränkten Berufen, etwa Altenpfleger, Kinderkrankenpfleger oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, müsse eine Beschränkung der Logopäden-Erlaubnis unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit möglich sein. Da bei der Erteilung der Erlaubnis eine Beschränkung der Tätigkeit auf bestimmte Patientengruppen durch Auflage nach § 36 VwVfG zulässig erscheine, könne und müsse gegebenenfalls auch der Widerruf der Berufserlaubnis entsprechend beschränkt werden. Eine noch weitere Differenzierung nach Alter oder Art der Erkrankung der Patientinnen sei allerdings nicht angezeigt, weil auch der Sachverständige sich hierzu nicht in der Lage gesehen habe; eine zu starke Zersplitterung der Erlaubnis sei außerdem nicht zweckmäßig.
Mit der Revision rügte der Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht. Das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Widerruf der Erlaubnis bei Unzuverlässigkeit eine gebundene Entscheidung sei. Verwaltung und Gerichte könnten sich der Bindung an Recht und Gesetz nicht unter Berufung auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entziehen. Weil der Gesetzgeber den Widerruf als zwingende Rechtsfolge der Tatbestandserfüllung angeordnet habe, stehe kraft Gesetzes auch die Verhältnismäßigkeit dieser Rechtsfolge fest. Hätte das Berufungsgericht § 3 Abs. 2 LogopG für unvereinbar mit Art. 12 Abs. 1 GG gehalten, hätte es das Verfahren aussetzen und die Sache gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorlegen müssen. Hierzu habe indes kein Anlass bestanden, weil der Widerruf der Berufserlaubnis bei Unzuverlässigkeit mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar sei. Es gehe nicht darum, den Kläger für immer von logopädischen Behandlungen fernzuhalten. Einer späteren Neuerteilung stehe nichts im Wege, sofern der Kläger dann die Erteilungsvoraussetzungen wieder erfülle. Die Berufserlaubnis eines Logopäden sei allerdings ebenso wie die ärztliche Approbation nicht teilbar, sondern könne nur insgesamt erteilt und widerrufen werden. Soweit andere Heilhilfsberufe auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt seien, handele es sich um eigenständige Berufe mit einer eigenen Berufsausbildung. Der Beruf oder die Ausbildung zum Jungen- und Männerlogopäden existiere aber nicht.
Der Kläger tritt der Revision entgegen. Das Berufungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eine grundrechtskonforme Auslegung im Sinne der Möglichkeit eines Teilwiderrufs gebiete. Die Unteilbarkeit einer Approbation stehe dem nicht entgegen. Ärzte unterlägen der Berufsgerichtsbarkeit der Landesärztekammern. Ein unangemessenes Verhalten könne durch abgestufte Sanktionen beantwortet werden. Im Unterschied zum Widerruf der Erlaubnis des Klägers komme ein Entzug der Approbation nur als letztes Mittel innerhalb eines umfangreichen Kataloges von Sanktionen in Betracht. Die Logopäden-Erlaubnis entspreche der in der Bundesärzteordnung geregelten Berufserlaubnis, die für eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Ausübung des Arztberufs erteilt werden könne. Für die Beurteilung der Zuverlässigkeit komme es im Übrigen nicht auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an; vielmehr müsse auch berücksichtigt werden, dass er seinen Beruf seit Mai 2003 beanstandungsfrei ausübe.
Die Revision ist begründet und führt zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der mit den angefochtenen Bescheiden ausgesprochene Widerruf der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, als die Behandlung männlicher Patienten in Rede steht. Die gegenteilige Annahme des Berufungsgerichts verstößt gegen § 3 Abs. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG.
Die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde setzt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 LogopG voraus, dass der Antragsteller sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt. Fällt diese Voraussetzung nachträglich weg, ist die Erlaubnis gemäß § 3 Abs. 2 LogopG zu widerrufen.
1. Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass Unzuverlässigkeit im Sinne der Ermächtigungsgrundlage vorliegt, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, der Logopäde werde in Zukunft die Vorschriften und Pflichten nicht beachten, die sein Beruf mit sich bringt. Dem Begriff der Unzuverlässigkeit wohnt ein prognostisches Element inne. Es geht um die Beantwortung der Frage, ob der Logopäde nach den gesamten Umständen des Falles willens oder in der Lage sein wird, künftig seine beruflichen Pflichten zuverlässig zu erfüllen. Maßgeblich für die Prognose der Zuverlässigkeit ist die jeweilige Situation des Logopäden im Zeitpunkt des Abschlusses des Widerspruchsverfahrens sowie sein vor allem durch die Art, die Schwere und die Zahl der Verstöße gegen die Berufspflichten manifest gewordener Charakter. Ausschlaggebend für die Prognose der Zuverlässigkeit ist somit die Würdigung der gesamten Persönlichkeit des Logopäden und seiner Lebensumstände auf der Grundlage der Sachlage im Zeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens. Insoweit gilt hier nichts anderes als im Berufsrecht der Ärzte und Angehörigen sonstiger Heil- und Heilhilfsberufe (s. dazu Beschluss vom 10. Dezember 1993 - BVerwG 3 B 38.93 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 5; Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - BVerwGE 105, 214 <220> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 96 S. 36 m.w.N.; Beschluss vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 10).
Danach hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der Zuverlässigkeit mit Recht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger auch noch nach dem Widerruf der Berufserlaubnis als Logopäde tätig gewesen ist, ohne dass es zu weiteren Beanstandungen gekommen ist. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist durch das materielle Recht vorgegeben. Der Widerruf der Berufserlaubnis ist ein auf den Abschluss des Verwaltungsverfahrens bezogener rechtsgestaltender Verwaltungsakt (Beschluss vom 22. Juli 1982 - BVerwG 3 B 36.82 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 4 S. 3). Vor allem aber sieht das materielle Recht ein eigenständiges Wiedererteilungsverfahren vor, in dem alle nachträglichen Umstände Berücksichtigung finden (vgl. nur Beschluss vom 4. August 1993 - BVerwG 3 B 5.93 - Buchholz 418.20 Allg. Apothekenrecht Nr. 28 S. 28 f.). Ein solches Verfahren ist in dem Berufsrecht der Logopäden zwar nicht ausdrücklich vorgesehen, ergibt sich aber ohne Weiteres aus dem Umstand, dass bei Wiedervorliegen der Voraussetzungen ein Anspruch auf erneute Zuerkennung der Erlaubnis besteht. Der Abschluss des behördlichen Widerrufverfahrens bewirkt eine Zäsur, durch die eine Berücksichtigung danach eintretender Umstände einem späteren Wiedererteilungsverfahren zugewiesen wird. Diese Trennung gilt auch für das verwaltungsgerichtliche Verfahren. Die von dem Kläger demgegenüber angeführte Rechtsprechung betrifft die Rechtslage bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, die von der besonderen Wirkung einer solchen Behördenentscheidung und vor allem von hier nicht maßgeblichen Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zum Aufenthaltsrecht geprägt ist (vgl. Urteil vom 15. November 2007 - BVerwG 1 C 45.06 - BVerwGE 130, 20
2. Das Berufungsgericht hat aber zu Unrecht angenommen, dass die berufsrechtliche Zuverlässigkeit eines Logopäden nach dem Geschlecht der Patienten aufgeteilt werden und ein Widerruf der Berufserlaubnis deshalb nur teilweise rechtmäßig sein könne. Diese Annahme verstößt gegen das durch das Gesetz über den Beruf des Logopäden und die entsprechende Ausbildungsordnung vorgegebene Berufsbild.
a) Der Gesetzgeber ist im Rahmen des Art. 12 Abs. 1 GG befugt, neue Berufsbilder zu fixieren und dabei den Umfang der beruflichen Tätigkeit in bestimmter Weise festzuschreiben (Urteil vom 30. April 2009 - BVerwG 3 C 4.08 - Buchholz 418.1 Heilhilfsberufe Nr. 8
Eine andere Beurteilung wäre nur dann angebracht, wenn das vom Gesetzgeber umschriebene Berufsbild seinerseits nicht von einem im gemeinen Wohl liegenden Zweck getragen wäre, der geeignet ist, die grundrechtsbeschränkenden Rechtsfolgen zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber darf nicht ohne Weiteres Berufstätigkeiten zu einem einheitlichen Berufsbild zusammenfassen, wenn sachliche Gründe für eine Aufteilung in verschiedene Berufe sprechen, sei es, dass solche Gründe bereits ursprünglich bestanden haben, sei es, dass sich nach dem Inkrafttreten des Berufsgesetzes eigenständige Teilberufe herausgebildet haben, die eine aus Art. 12 Abs. 1 GG folgende Anpassungspflicht des Gesetzgebers begründen. Dafür ist bezogen auf die in Rede stehende Unterscheidung nach dem Geschlecht des Patienten bei der Behandlung von Sprachstörungen indes nichts ersichtlich. Auch der Kläger behauptet nicht, dass damit ein aus Sachgegebenheiten der Logopädie folgender Grund für eine Differenzierung bezeichnet ist, etwa weil bei männlichen Patienten andersartige Störungen oder Behandlungsmethoden in Betracht kämen als bei weiblichen. Deshalb greift auch der Hinweis auf die Teilbarkeit der Heilpraktikererlaubnis nicht. Die Zuerkennung einer sektoralen Heilpraktikererlaubnis ist nur möglich, soweit sich auf dem Gebiet der Heilkunde ein eigenständiges und abgrenzbares Berufsbild herausgebildet hat (s. dazu zuletzt Urteil vom 26. August 2009 - BVerwG 3 C 19.08 - NVwZ-RR 2010, 111 <113>). Entsprechendes gilt für den Umstand, dass andere Heilhilfsberufe eine Beschränkung auf bestimmte Patientengruppen vorsehen. Soweit etwa die Berufsbilder des Altenpflegers, des Kinderkrankenpflegers oder des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten die Behandlung auf Patienten bestimmter Altersgruppen beschränken, liegen dem jeweils aus der Art der Erkrankungen, den Bedürfnissen der Patienten oder den Therapieformen resultierende Besonderheiten zugrunde, die zu einem eigenständigen Berufsbild mit einer eigenen Berufsausbildung geführt haben.
b) Eine Beschränkbarkeit des Berufsbilds zur Überwindung persönlicher Eignungshindernisse lässt sich ebenso wenig aus einem Vergleich mit dem ärztlichen Berufsrecht herleiten, das neben der Approbation eine beschränkbare Berufserlaubnis vorsieht (§ 2 Abs. 1 und 2 BÄO). Das Berufsrecht der Logopäden kennt neben der uneingeschränkten Erlaubnis zum Führen der Bezeichnung Logopäde (§ 1 Abs. 1 LogopG) keine mindere Form der Erlaubnis, die eine vorübergehende oder auf bestimmte Tätigkeiten beschränkte Berufsausübung betrifft. Im Übrigen ist auch die Beschränkbarkeit der ärztlichen Berufserlaubnis kein Mittel zur Überwindung von Zuverlässigkeitsmängeln; sie setzt nicht anders als die Approbation die Zuverlässigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs voraus (§ 10 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO). Über Auflagen oder sonstige Nebenbestimmungen könnte eine Berufserlaubnis als Logopäde gleichfalls nicht auf die Behandlung bestimmter Patientengruppen beschränkt werden, weil dadurch die mit der Hauptregelung zugesprochene unbeschränkte Erlaubnis teilweise wieder aufgehoben würde. Zu einer solchen Modifikation berechtigt § 36 Abs. 1 VwVfG nicht.
c) Angesichts der strikten Rechtsfolge des § 3 Abs. 2 LogopG muss dem mit dem Widerruf bewirkten Eingriff in die Berufsfreiheit bereits bei der Auslegung des Begriffs der Unzuverlässigkeit hinreichend Rechnung getragen werden, um das Übermaßverbot zu wahren (vgl. Urteil vom 26. September 2002 - BVerwG 3 C 37.01 - NJW 2003, 913 <914>). Der Widerruf ist im Lichte des Art. 12 Abs. 1 GG nur dann gerechtfertigt, wenn der mit der Maßnahme bezweckten Abwehr von Gefahren für das Gemeinwohl ein Gewicht zukommt, das in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere des damit verbundenen Grundrechtseingriffs steht. Das setzt voraus, dass der Betreffende wesentliche Berufspflichten missachtet hat und die anzustellende Prognose eine hinreichende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er auch künftig seine Berufspflichten nicht beachten wird. Liegen diese Voraussetzungen für die Bejahung der Unzuverlässigkeit vor, so ergibt sich die Verhältnismäßigkeit des Widerrufs aus der vom Gesetzgeber selbst mit § 3 Abs. 2 LogopG getroffenen Wertung, dass in einem solchen Fall der Widerruf der unteilbaren Erlaubnis das erforderliche und angemessene Mittel ist, um die damit verbundenen Gefahren von der Bevölkerung abzuwenden. Andernfalls muss der Widerruf unterbleiben. Der Hinweis des Klägers, dass das Berufsrecht der Logopäden anders als das ärztliche Berufsrecht für Fehlverhalten unterhalb der Schwelle der Unzuverlässigkeit kein abgestuftes Sanktionssystem bereithalte, führt deshalb nicht weiter. Dieser Umstand begründet keine Unverhältnismäßigkeit der Widerrufsregelung, sondern führt lediglich dazu, dass auf derartiges Fehlverhalten eines Logopäden nicht mit den Mitteln des Berufsrechts reagiert werden kann. Bei diesem Verständnis kann § 3 Abs. 2 LogopG mit dem Grundrecht auf Berufsfreiheit nicht in Konflikt geraten.
3. Der Kläger ist unzuverlässig zur Ausübung des Berufs des Logopäden. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, deren Richtigkeit er nicht in Abrede stellt, hat er im Mai 2003 ein fünfjähriges Mädchen, das ihm von den Eltern für eine Heilbehandlung anvertraut war, in seinen Praxisräumen sexuell missbraucht. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre, zumal von Kindern, zählt zu den wesentlichen Berufspflichten eines Logopäden; die sorgfältige und gewissenhafte Heilbehandlung der Patienten bildet den Kern seiner beruflichen Verantwortung. Der Kläger hat in diesen Punkten gegenüber dem betroffenen Kind vollständig versagt. Hinzu treten die weiteren Umstände der Tat, die das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, namentlich das geringe Alter des Kindes, die Ausnutzung seiner Schutzlosigkeit und des Vertrauens der Eltern in eine ordnungsgemäße Heilbehandlung ihres Kindes.
Eine neuerliche Verletzung der Berufspflichten gegenüber Patienten ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht ausgeschlossen, sondern mit der im Sachverständigengutachten beschriebenen Wahrscheinlichkeit unter Berücksichtigung des dieser Art von Prognosen unvermeidbar anhaftenden gewissen Maßes an Unsicherheit anzunehmen. Die entsprechenden Feststellungen sind, soweit sie jedenfalls eine Wiederholungsgefahr in Bezug auf weibliche Patienten betreffen, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden und vom Kläger nicht mit Gegenrügen angegriffen worden. Sein in den Vorinstanzen erhobener Einwand, dass es sich um eine unerklärliche Einzeltat handele, die nicht auf einer krankhaften Veranlagung oder Störung beruhe, weshalb von ihm kein anderes Risiko ausgehe als von jedem anderen Menschen, geht an den Annahmen des Berufungsgerichts vorbei. Es hat ebenso wie der Sachverständige, auf dessen Gutachten es sich bezieht, nicht unberücksichtigt gelassen, dass bei dem Kläger weder eine homopädophile noch überhaupt eine sexuelle Deviation festgestellt worden ist, und sich deshalb auf allgemeine statistische Erfahrungen zur Rückfallwahrscheinlichkeit und auf die konkreten Lebensumstände des Klägers gestützt, wobei es zu dessen Gunsten noch unterstellt hat, dass die Tat vom Mai 2003 tatsächlich eine Ersttat war. Dass die vom Sachverständigen zugrunde gelegten Rückfallraten nur für Ersttäter mit einer festgestellten krankhaften Veranlagung Geltung beanspruchen, ist weder ersichtlich noch vom Kläger behauptet worden. Wollte man aus dem Umstand, dass bei dem Kläger in keiner Richtung krankhafte sexuelle Veranlagungen festgestellt worden sind, überhaupt eine Folgerung ziehen, dann allenfalls diejenige, dass in einem solchen Fall allein das Fehlen (auch) einer homopädophilen Veranlagung an sich kein Grund sein kann, in Bezug auf männliche Patienten auf ein geringeres Rückfallrisiko zu schließen als in Bezug auf weibliche. Das bedarf jedoch keiner Vertiefung, weil die Annahmen des Berufungsgerichts, der Kläger stelle jedenfalls für weibliche Patienten auch künftig eine Gefahr dar, nicht zu beanstanden sind.
Neben den Aspekt der Vermeidung konkreter Gefahren durch künftige Pflichtverletzungen des Klägers tritt, wenn auch nicht mit ausschlaggebendem Gewicht, so doch zusätzlich, der weitergreifende berufsrechtliche Aspekt des Schutzes des Vertrauens der Bevölkerung in die Integrität der Personen, denen die staatliche Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung Logopäde verliehen ist. Eine fortdauernde Berufstätigkeit von Logopäden, die ihre Pflichten gegenüber ihren Patienten gröblich verletzt haben, ist geeignet, das für jede Heilbehandlung notwendige Vertrauen der Patienten in die Zuverlässigkeit der Berufsangehörigen über die Person des Klägers hinaus zu beeinträchtigen.
4. Unter diesen Umständen ist ein Widerruf der Berufserlaubnis kein unverhältnismäßiger Eingriff in die Berufsfreiheit des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Achtung der körperlichen Integrität, der sexuellen Selbstbestimmung und der persönlichen Ehre der Patienten dient ebenso wie die Pflicht zur sorgfältigen und gewissenhaften Durchführung der Heilbehandlung dem Schutz besonders gewichtiger Individualrechtsgüter. Die mit dem Widerruf bezweckte Abwendung von Gefahren für diese Rechtsgüter steht nicht in einem unangemessenen Verhältnis zu den allerdings einschneidenden Folgen, die der Widerruf für den Kläger zeitigt. Angesichts der Gefahren, die von ihm ausgehen, ist es nicht unzumutbar, ihn von dem Beruf des Logopäden fernzuhalten. Dass der Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts für einen Teil der Patienten keine oder nur eine geringere Gefahr bedeutet, kann daran nichts ändern. Solange er keine Gewähr dafür bietet, dass er wesentliche Pflichten, die der Beruf des Logopäden mit sich bringt, künftig zuverlässig erfüllt, ist der Schluss auf seine Unzuverlässigkeit gerechtfertigt. Davon muss ausgegangen werden, wenn zu besorgen ist, dass er nicht alle Patienten gleich welchen Geschlechts mit derselben Zuverlässigkeit behandelt, sondern für jeden weiblichen Patienten, der sich in seine Behandlung begibt, ein Risiko darstellt.
Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wird außerdem dadurch Rechnung getragen, dass das Gesetz die Möglichkeit eröffnet, einen Antrag auf Wiedererteilung der Erlaubnis zu stellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. September 1997 - BVerwG 3 C 12.95 - a.a.O. S. 222 bzw. S. 38; Beschluss vom 14. April 1998 - BVerwG 3 B 95.97 - Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 100; s. auch BVerfG, Beschluss vom 4. April 1984 - 1 BvR 1287/83 - BVerfGE 66, 337 <358>). Der Kläger muss nicht länger von der Berufsausübung ausgeschlossen bleiben, als es die den Widerruf tragenden Gründe erfordern. Wenn er die Zuverlässigkeit wiedererlangt hat, ist er unter den Voraussetzungen des § 2 LogopG auf seinen Antrag hin erneut zuzulassen.
5. Dem Widerruf der Berufserlaubnis steht schließlich nicht entgegen, dass das Amtsgericht gegen den Kläger wegen der Tat vom Mai 2003 ein beschränktes und befristetes Berufsverbot nach § 70 StGB verhängt hat. Der Beklagte ist nicht an die diesbezügliche Beurteilung durch das Amtsgericht gebunden; insbesondere findet § 35 Abs. 3 GewO keine Anwendung (vgl. § 6 Abs. 1 Satz 2 und § 35 Abs. 8 GewO; s. dazu Urteil vom 14. Februar 1963 - BVerwG 1 C 98.62 - BVerwGE 15, 282 <285> = Buchholz 418.01 Zahnheilkunde Nr. 5 S. 13). Er darf allerdings in den Fällen, in denen das Strafgericht im Rahmen einer Maßregel zur Frage der weiteren Berufsausübung bereits Stellung genommen hat, nur tätig werden, soweit der Zweck im Strafverfahren noch nicht erreicht worden und im Sinne eines "Überhangs" tatübergreifender Aspekte noch zusätzlich eine berufsrechtliche Reaktion erforderlich ist (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 286 ff. bzw. S. 14 ff.; Beschlüsse vom 25. Februar 1969 - BVerwG 1 B 26.68 - BVerwGE 31, 307 <312 f.> = Buchholz 418.00 Ärzte Nr. 7 S. 19 und vom 9. November 2006 - BVerwG 3 B 7.06 - juris Rn. 9). Dafür kommt es maßgeblich darauf an, ob das Strafgericht im Rahmen der Prüfung des Berufsverbots den Sachverhalt unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten erschöpfend gewürdigt, alle bedeutsamen Aspekte bereits geprüft und damit die maßgeblichen berufsrechtlichen Erwägungen im Kern vorweggenommen hat (Urteil vom 14. Februar 1963 a.a.O. S. 287 bzw. S. 15).
Das ist hier nicht der Fall. Das Amtsgericht hat in dem Strafurteil zwar auch eine Gefahrenprognose angestellt, soweit es den Umfang des Berufsverbots auf weibliche Patienten unter 16 Jahren beschränkt hat. Es hat diese Prognose aber entsprechend dem Charakter des Berufsverbots nach § 70 StGB als tatbezogene Maßregel der Besserung und Sicherung allein darauf gestützt, dass nach den Umständen der konkreten Tat nur eine Gefährdung dieses Personenkreises zu besorgen sei. Die berufsrechtliche Entscheidung knüpft demgegenüber daran an, dass unter tatübergreifenden Aspekten die Zuverlässigkeit zur weiteren Ausübung des Berufs (insgesamt) entfällt, wenn der Betreffende auch nur für einen Teil seiner Patienten eine Gefahr bedeutet. Die Gefahrenprognose der Widerrufsentscheidung wird zudem, anders als das vom Strafgericht im Januar 2004 ausgesprochene beschränkte Berufsverbot, nicht allein von dem Umstand getragen, dass der Kläger ein Kind sexuell missbraucht hat, sondern von einer umfassenden Würdigung seiner konkreten Lebensumstände und einer auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bezogenen Abwägung der für und gegen die Annahme einer erhöhten Wahrscheinlichkeit einer Wiederholungstat sprechenden Aspekte, wie sie in dem Gutachten des Sachverständigen im Einzelnen angeführt sind, auf das sich das Berufungsgericht gestützt hat. Soweit es die zeitliche Befristung des Berufsverbots betrifft, hat das Strafgericht überhaupt keine Gefahrenprognose angestellt. Die Begrenzung der Maßregel auf einen Zeitraum von drei Jahren beruhte nicht auf der Erwartung, von dem Kläger werde danach keine Gefahr mehr ausgehen, sondern auf der Erwägung, ein dreijähriges Berufsverbot sei der Schwere der Tat angemessen. Damit war der Beklagte an einer umfassenden Beurteilung des Verhaltens des Klägers unter berufsrechtlichen Gesichtspunkten nicht gehindert.