Entscheidungsdatum: 01.02.2010
Alle am 3. Oktober 1990 als Eigentum des Volkes eingetragenen Gegenstände des Verwaltungs- und Finanzvermögens (Art. 21, 22 EV
Der Kläger wendet sich als Gesamtvollstreckungsverwalter gegen die Zuordnung eines zur Wohnungswirtschaft genutzten und von kommunalen Wohnungsunternehmen verwalteten Grundstücks, als dessen Eigentümerin die Gemeinschuldnerin im Grundbuch eingetragen ist, an die beigeladene Stadt. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen, weil die Beigeladene nach Art. 22 des Einigungsvertrages - EV - i.V.m. § 1a Abs. 4 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - einen Anspruch auf Zuordnung habe. Dieser Anspruch werde unter anderem nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beschluss des staatlichen Notariats aus dem Jahre 1956, mit dem das Fiskalerbrecht festgestellt und aufgrund dessen das Grundstück in Volkseigentum überführt worden sei, im Jahre 2000 aufgehoben und ein Erbschein an eine private Erbin erteilt worden sei; denn für die Vermögenszuordnung sei die Situation am Stichtag des 3. Oktober 1990 maßgeblich, ohne dass es auf die Rechtmäßigkeit des vermögensrechtlichen Zustandes zu diesem Zeitpunkt ankomme.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.
Der Kläger hält sinngemäß für klärungsbedürftig, ob zum zuordnungsfähigen Vermögen auch als Eigentum des Volkes eingetragenes Grundvermögen gehöre, wenn diese Eintragung auf einem Beschluss des staatlichen Notariats über eine - mangels zu ermittelnder Erben - bestehende Fiskalerbschaft beruhe und dieser Beschluss im Zeitpunkt der Zuordnungsentscheidung von Amts wegen aufgehoben worden sei. Da der seinerzeitige Beschluss des Notars nach § 1964 Abs. 2 BGB nur eine Vermutung für das Fiskalerbrecht begründet habe, die im Falle der Aufhebung des Beschlusses zu einer Berichtigung des Grundbuchs von Amts wegen nach § 22 der Grundbuchordnung - GBO - führe, erscheine es widersinnig und mit dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung nicht vereinbar, noch Zuordnungsentscheidungen zu treffen, obwohl mittlerweile offensichtlich sei, dass Eigentum des Volkes nicht bestanden habe.
Die aufgeworfene Frage kann der Rechtssache schon deswegen keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO verleihen, weil sie sich in einem Revisionsverfahren so nicht stellen würde; denn sie vernachlässigt die in Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch - EGBGB - geregelte Ausschlussfrist. Nach dieser Vorschrift erwirbt die nach den Vorschriften über die Abwicklung des Volkseigentums berechtigte juristische Person des öffentlichen oder des Privatrechts das Eigentum an einem Grundstück, wenn im Grundbuch Eigentum des Volkes eingetragen ist, ohne dass Volkseigentum entstanden ist, wenn die Eintragung vor dem 3. Oktober 1990 erfolgt ist und sie bis zum Ablauf des 30. September 1998 nicht durch eine rechtshängige Klage des wirklichen Eigentümers oder einen beim Grundbuch eingereichten und durch eine Bewilligung des eingetragenen Eigentümers oder des Verfügungsberechtigten oder die einstweilige Verfügung eines Gerichts begründeten Antrag auf Eintragung eines Widerspruchs angegriffen worden ist. Diese Vorschrift gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 14. März 2003 - V ZR 280/02 - VIZ 2003, 344 ff., sowie Urteil vom 17. Oktober 2003 - V ZR 91/03 - VIZ 2004, 128 ff.), die sich der Senat zu eigen macht, auch im Falle der "widerlegten" Fiskalerbschaft. Da die wirkliche Erbin hier nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts erst nach Ablauf dieser Frist Grundbuchberichtigungsansprüche verfolgt und darüber hinaus in der Folgezeit sogar anerkannt hat, keinen Grundbuchberichtigungsanspruch zu haben, ist somit der Zuordnungsberechtigte Eigentümer geworden, wenn nicht vor Ablauf der Ausschlussfrist ein Dritter wirksam Eigentum erworben hat, vgl. Art. 237 § 2 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EGBGB. Da es einen solchen wirksamen Zwischenerwerb eines Dritten hier nicht gegeben hat und insbesondere die Privatisierung der als Eigentümerin eingetragenen Treuhandgesellschaft nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts erst am 7. August 1992 und damit nach Inkrafttreten des mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz eingefügten § 1a Abs. 4 VZOG geschah, hat das Verwaltungsgericht die Beigeladene zutreffend als Eigentümerin des Grundstücks und damit als Zuordnungsberechtigte nach Art. 22 EV i.V.m. § 1a Abs. 4 VZOG angesehen (vgl. Urteil des Senats vom 18. Juni 2008 - BVerwG 3 C 4.07 - Buchholz 428.2 § 1a VZOG Nr. 17).
Der vom Kläger seiner Grundsatzfrage zugrunde gelegte Widerspruch zwischen materieller Rechtslage und Zuordnungsberechtigung entfällt hier somit schon deswegen, weil die Erbin ihre Rechte nicht gewahrt hat und daher über keine private Rechtsposition mehr verfügt, die der Zuordnungsfähigkeit des Grundstücks entgegengehalten werden kann.
Unabhängig von den vorstehenden Erwägungen ist es aber auch offenkundig und bedürfte keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, dass zu dem den Vorschriften der Vermögenszuordnung unterliegenden Vermögen das bei Wirksamwerden des Beitritts vorhandene Volkseigentum selbst für den Fall gehört, dass eine für den Fiskus streitende Erbvermutung, die Grundlage für die Überführung des Vermögensgegenstandes in Volkseigentum war, nachträglich widerlegt wird. Maßgeblich ist allein, dass ein als Eigentum des Volkes eingetragener Vermögensgegenstand am 3. Oktober 1990 dem Verwaltungsvermögen oder dem Finanzvermögen unterfiel (Art. 21, 22 EV), unabhängig davon, ob das Volkseigentum rechtmäßig begründet worden war (Beschluss vom 4. Juli 1995 - BVerwG 7 B 255.95 - Buchholz 111 Art. 21 EV Nr. 10), aber auch unabhängig davon, ob diese Grundbucheintragung richtig war; denn die Vermögenszuordnung bezweckt die Abwicklung des gesamten zum Stichtag tatsächlich vorgefundenen volkseigenen Verwaltungs- und Finanzvermögens. Es regelt insbesondere, wem die (vorläufige) Verfügungsbefugnis über die betreffenden Gegenstände zusteht, und muss schon deswegen umfassend sein. Entschieden wird im Vermögenszuordnungsverfahren jedoch nur, welcher heutigen staatlichen oder sonst zuordnungsfähigen Stelle ein Vermögenswert des ehemaligen Staatsvermögens zu Eigentum zusteht oder zu Eigentum übertragen wird. Die Rechte privater Dritter an dem Vermögenswert sind nicht Gegenstand der Entscheidung. Deshalb ist in § 2 Abs. 1 Satz 5 VZOG geregelt, dass der Vermögenszuordnungsbescheid solche Rechte unberührt lässt. Sie können unbeschadet der Zuordnung weiterverfolgt werden. An diese Rechtslage knüpft auch die erwähnte Regelung über die Ausschlussfrist in Art. 237 § 2 Abs. 2 EGBGB an, der in seinem Satz 2 ausdrücklich voraussetzt, dass bereits ein Zuordnungsbescheid hinsichtlich des umstrittenen Grundstücks ergangen sein kann.
Die vom Kläger befürchteten Verwerfungen zwischen einer in dieser Weise umfassend verstandenen Vermögenszuordnung und den Interessen privater Berechtigter bestehen daher nicht.