Entscheidungsdatum: 10.10.2012
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. April 2012 wird zurückgewiesen.
Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Die Klägerin verlangt vom beklagten Land die anteilige Erstattung der für das Jahr 2004 entrichteten Grundsteuer für ein Grundstück, welches dem Beklagten aufgrund einer Vereinbarung mit der Klägerin gemäß § 2 Abs. 1 Satz 6 i.V.m. § 7 Abs. 4 Satz 2 des Vermögenszuordnungsgesetzes - VZOG - übertragen wurde, wobei Besitz und Lasten vereinbarungsgemäß am 1. Februar 2004 auf den Beklagten übergingen. Zusätzlich ist im Vertrag bestimmt, dass der Beklagte der Klägerin auf deren Anforderung Abgaben und Gebühren zu erstatten hat, die diese für einen Zeitraum nach dem Lastenwechsel bereits entrichtet hat. Mit notariellem Vertrag vom 16. Februar 2004 bestellte der Beklagte zugunsten der Beigeladenen ein Erbbaurecht an dem Grundstück. Im Erbbaurechtsvertrag ist geregelt, dass die Erbbauberechtigte die auf das Erbbaugrundstück entfallenden Abgaben ab dem Übergabetag trägt, und zwar für das Jahr 2004 anteilig; als Tag der Übergabe ist der 1. Februar 2004 bestimmt.
Das Verwaltungsgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, an die Klägerin die Klagesumme nebst 8 % Verzugszinsen über dem Basiszinssatz seit dem 21. November 2006 zu zahlen. Zur Begründung hat es - soweit hier von Belang - ausgeführt, dass sich der Anspruch aus der Vermögenszuordnungsvereinbarung ergebe. Der Einwand des Beklagten, dass die Klägerin gegen ihre Pflicht zur ordnungsgemäßen Grundstücksbewirtschaftung verstoßen habe, weil sie die - seiner Meinung nach - nicht berechtigte Grundsteuerforderung ohne Einlegung von Rechtsbehelfen hingenommen habe, sei als Aufrechnung mit einem entsprechenden Schadensersatzanspruch anzusehen, der jedoch nicht bestehe, weil dem Beklagten kein Schaden entstanden sei; denn die Zahlung auf die vermeintlich nicht berechtigte Steuerforderung sei ihm selbst zugeflossen. Es könne daher offenbleiben, ob die Vermögenszuordnungsvereinbarung überhaupt eine Verpflichtung der Klägerin begründet habe, im Interesse des Beklagten gegen die Abgabenbescheide vorzugehen. Selbst wenn aber eine solche Pflicht bestanden haben sollte, habe die Klägerin diese nicht schuldhaft verletzt, weil die Bescheide jedenfalls nicht erkennbar rechtswidrig gewesen seien.
Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Zwar ist die Beigeladene beschwerdebefugt (1.), die geltend gemachten Beschwerdegründe liegen jedoch nicht vor (2.).
1. Die Beschwerdeberechtigung eines Beigeladenen erfordert trotz seiner Beteiligtenstellung eine materielle Beschwer (grundlegend Urteil vom 31. Januar 1969 - BVerwG 4 C 83.66 - BVerwGE 31, 233 <234 f.>; stRspr). Sie setzt daher voraus, dass der Beigeladene durch die angegriffene Entscheidung in seinen Rechten verletzt sein kann. Die Beschwerdeführerin leitet ihre Beschwerdebefugnis im Anschluss an das Urteil des Senats vom 12. März 1987 - BVerwG 3 C 2.86 - (BVerwGE 77, 102 <105 f.>) daraus ab, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgrund ihrer Beiladung Bindungswirkung für das durch den Erbbaurechtsvertrag begründete zivilrechtliche Verhältnis zwischen ihr und dem Beklagten habe. Da sie in jenem Vertrag die Verpflichtung eingegangen sei, nach Besitzübergang angefallene Grundsteuer zu erstatten, habe die Entscheidung über die Frage, ob eine solche Steuer angefallen sei, präjudizielle Wirkung für ihr Rechtsverhältnis zum Beklagten.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das angegriffene Urteil unmittelbare Rechtswirkungen für die Beigeladene begründet. Allerdings hat das Verwaltungsgericht nicht entschieden, dass für das Grundstück im Jahre 2004 Grundsteuern zu zahlen waren. Diese Pflicht ergibt sich bereits aus den gegenüber der Klägerin ergangenen und von ihr nicht angegriffenen Steuerbescheiden. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr den Beklagten verurteilt, der Klägerin die gezahlten Steuern vereinbarungsgemäß zu erstatten, weil er mangels Schadens keine aufrechnungsfähige Gegenforderung habe; nur hilfsweise wird ausgeführt, dass die Steuerbescheide nicht erkennbar rechtswidrig gewesen seien. Präjudizielle Wirkung für die Beigeladene hat das Urteil daher, wenn es für ihr Rechtsverhältnis zum Beklagten darauf ankommt, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen Anspruch auf Erstattung der tatsächlich gezahlten Steuern hat. Entscheidend für mögliche unmittelbare Rechtswirkungen gegenüber der Beigeladenen ist somit, ob der Erbbaurechtsvertrag sie gegenüber dem Beklagten verpflichtet, die der Klägerin zu erstattenden Steuerzahlungen zu übernehmen. Dies liegt jedenfalls nicht fern, so dass zumindest möglich ist, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil bindende Wirkung im Rechtsverhältnis zwischen dem Beklagten und der Beigeladenen äußert und sie daher materiell beschwert.
2. Die somit zulässige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts weicht weder im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (a), noch lässt es einen Verfahrensfehler nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erkennen (b). Schließlich weist die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung auf, die die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnte (c).
a) Die Beigeladene rügt eine Divergenz zu dem Urteil des Senats vom 30. Juni 2011 - BVerwG 3 C 30.10 - (Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 13). Diese Abweichung soll darin liegen, dass das Verwaltungsgericht der Klägerin Verzugszinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz zugesprochen habe, obwohl in dem herangezogenen Urteil des Senats entschieden worden sei, dass eine analoge Anwendung des § 288 BGB und insbesondere des Absatzes 2 dieser Vorschrift für öffentlich-rechtliche Geldforderungen nur in Betracht komme, wenn es sich dabei um eine Entgeltforderung, also um eine Forderung handele, die in einem Gegenseitigkeitsverhältnis zur Leistungspflicht des anderen Vertragspartners stehe, während es sich hier um einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gehandelt habe.
Die gerügte Divergenz ergibt sich aus den Ausführungen des angegriffenen Urteils nicht; denn das Verwaltungsgericht hat keinen Rechtssatz aufgestellt, der dem dargelegten Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts widerspricht. Zwar hat es der Klägerin Verzugszinsen gemäß § 288 BGB zugesprochen; auf welchen Erwägungen diese Nebenentscheidung beruht - ob es die zu verzinsende Geldforderung als eine synallagmatische angesehen hat oder ob es der Klägerin zu Unrecht Verzugszinsen für eine als öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch beurteilte Geldforderung gewährt hat -, erschließt sich aus seinen Ausführungen jedoch nicht. Es ist daher allenfalls ein Subsumtionsmangel erkennbar, der einen Revisionszulassungsanspruch nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht begründet.
b) Auch die nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gerügten Verfahrensmängel sind nicht feststellbar.
Soweit die Beigeladene einen Verstoß gegen die Denkgesetze und damit einen Mangel der richterlichen Überzeugungsbildung nach § 108 Abs. 1 VwGO darin sieht, dass das Verwaltungsgericht einen Schaden des Beklagten infolge des Unterlassens von Rechtsbehelfen gegen die Abgabenbescheide verneint habe, ist ihr Vortrag nicht nachvollziehbar. Es liegt im Gegenteil auf der Hand, dass der Beklagte durch die von der Klägerin gezahlten Grundsteuern sogar finanziell besser dasteht, als wenn die Klägerin sich erfolgreich gegen die Steuerbescheide gewehrt hätte; denn dann hätte der Beklagte der Klägerin zwar keine Steuern erstatten müssen, hätte aber auch keine Einnahmen gehabt, während ihm jetzt zusätzlich die Grundsteuerzahlungen für den Januar 2004 verbleiben. Der weitere Einwand der Beigeladenen, dass die Steuern ungeachtet von Rechtsmitteln in jedem Fall zunächst hätten gezahlt werden müssen, geht daran vorbei, dass es für die Frage des Schadens allein darauf ankommt, ob der Beklagte die zunächst eingenommenen Steuern hätte behalten dürfen, was bei einem erfolgreichen Rechtsbehelf der Klägerin ausgeschlossen gewesen wäre.
Die zweite Verfahrensrüge, die darauf zielt, dass das Verwaltungsgericht sich nicht für eine bestimmte Auslegung des § 8 Abs. 2 des Grundsteuergesetzes - GrStG - entschieden habe, hat eine das angegriffene Urteil nicht in erster Linie tragende Hilfserwägung zum Gegenstand und kann schon deswegen die Zulassung der Revision nicht rechtfertigen. Abgesehen davon verkennt die Beigeladene, dass aus der maßgeblichen materiellrechtlichen Sicht des Verwaltungsgerichts allein entscheidungserheblich war, ob der Steuerbescheid erkennbar rechtswidrig, also die Auslegung der betreffenden Norm durch die Finanzbehörde vertretbar war.
c) Aus dem zuvor Erörterten ergibt sich zugleich, dass sich die von der Beigeladenen als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage,
ob § 8 Abs. 2 GrStG zwingend so auszulegen sei, dass bei der Frage, ob steuerbegünstigte Zwecke überwögen, als Maßstab sowohl räumliche als auch zeitliche Komponenten zu kombinieren seien,
in einem Revisionsverfahren nicht stellen würde, so dass eine Zulassung des angestrebten Rechtsmittels auch nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausscheidet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostenpflicht des Beklagten kommt nicht in Betracht. Er hat sich zwar die Beschwerdebegründung der Beigeladenen zu eigen gemacht, ist aber - anders als offenbar die Klägerin meint - nicht selbst als Beschwerdeführer aufgetreten.
Gerichtskosten werden gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 VZOG nicht erhoben. Wegen des Gegenstandswerts wird auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG hingewiesen.