Entscheidungsdatum: 18.11.2010
1. Die vom Bund zu tragenden Aufwendungen zur Durchführung einer von den Besatzungsmächten angeordneten Entmilitarisierung (hier einer ehemaligen Sprengstofffabrik) schließen die Beseitigung von Folgeschäden ein, wenn diese mit der Entmilitarisierung zwangsläufig oder typischerweise verbunden sind.
2. Der Zurechnungszusammenhang wird unterbrochen, wenn ein Folgeschaden durch ein Verhalten herbeigeführt wird, das von der Entmilitarisierungsanordnung nicht mehr umfasst ist. Das ist bei Folgeschäden anzunehmen, die durch eine grob unsachgemäße Ausführung einer angeordneten Maßnahme eingetreten sind.
3. Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG bietet eine unmittelbare Grundlage für Erstattungsansprüche eines Landes gegen den Bund, wenn die in der Vorschrift vorgegebene Lastenverteilung im einfachen Gesetzesrecht nicht verfassungskonform ausgestaltet ist (Fortführung der Rechtsprechung in den Urteilen vom 14. Juni 2006 - BVerwG 3 A 6.05 - Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 8 und vom 20. Februar 1997 - BVerwG 3 A 2.95 - Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 5).
Die Beteiligten streiten um Kosten, die dem klagenden Land für die Beseitigung von Bodenverunreinigungen am ehemaligen Rüstungsstandort Stadtallendorf entstanden sind.
Während des Zweiten Weltkriegs betrieb die Dynamit AG (DAG) im hessischen Ort Allendorf eines der größten Sprengstoffwerke Europas. Ab 1941 wurde dort Trinitrotoluol (TNT) hergestellt. Die für die Produktion benötigten flüssigen Ausgangsstoffe waren in unterirdischen Tanks gelagert. Deren Befüllung und Entleerung sowie die Weiterleitung der Chemikalien an die Produktionsstätten erfolgte über ein unterirdisches Rohrleitungsnetz. Die Fließrichtung konnte mithilfe von Absperrschiebern gesteuert werden, die in Schieberschächten eingebaut waren. Das Tanklager II mit einer Kapazität von 6 000 Tonnen in Einzeltanks à 100 cbm befand sich im Bereich der heutigen Kinzigstraße von Stadtallendorf. Die Produktion dort wurde im März 1945, kurz vor der Besetzung des Ortes durch amerikanische Panzerverbände, eingestellt. Zu diesem Zeitpunkt waren im Werk noch umfangreiche Bestände an Munition, Sprengstoffen, Vor- und Zwischenprodukten sowie Hilfsstoffen vorhanden. Die Militärregierung Groß-Hessen erteilte dem Hessischen Wirtschaftsminister unter dem 19. Januar 1946 den Befehl, sofortige Anweisungen zur nachhaltigen Zerstörung des Werkes zu erlassen. Der Betrieb sei durch Einstellung jeglicher Herstellung völlig stillzulegen, alle brauchbaren Rohstoffe seien zu entfernen und die nicht brauchbaren zu vernichten, alle größeren Zu- und Ableitungen trockenzulegen und zu zerstören. Das Ministerium kam dem Demontagebefehl mit Anordnungen an die Geschäftsleitung des Werks vom 24. Januar 1946 nach. Die Demontagearbeiten begannen im Juni 1946 und zogen sich bis Ende Januar 1949 hin. Dabei wurden unter anderem die Rohrleitungen entleert und unbrauchbar gemacht und die Tanklager ausgebaut. Auf dem Gelände wurden später Betriebe angesiedelt und Wohnnutzung zugelassen.
Ab 1988 wurden die Verunreinigungen des Bodens durch schädliche Vorprodukte der Sprengstoffherstellung auf dem Gelände des Sprengstoffwerkes systematisch erkundet. Im Bereich des Schieberschachts des Tanklagers II bis südlich der Kinzigstraße wurden im Jahr 2003 hohe Konzentrationen von Mono-Nitrotoluol (MNT) festgestellt. Der Kläger sanierte das Gelände in den Folgejahren im Wesentlichen durch den Austausch von Erdreich. Verhandlungen des Klägers mit dem Bund über eine Kostenübernahme verliefen erfolglos.
Mit seiner am 24. Dezember 2009 erhobenen Klage verlangt das Land die Erstattung eines Teils dieser Sanierungskosten. Es macht eine Einstandspflicht der Bundesrepublik nach dem Ersten Überleitungsgesetz und aus Art. 120 GG geltend. Das Schadensbild und die Feststellungen bei der Sanierung zeigten, dass die massiven Bodenverunreinigungen im Bereich des Tanklagers II nur durch den Ausbau der Absperrschieber entstanden sein könnten; eine Schadensentstehung während der Betriebsphase des Werkes sei praktisch ausgeschlossen, wie auch ein Gutachten des TÜV Hessen vom 11. Januar 2010 bestätige. Die Sanierungskosten seien Aufwendungen zur Entmilitarisierung im Sinne des Ersten Überleitungsgesetzes, dessen Fortgeltung der Gesetzgeber wiederholt bestätigt habe. Das Werk Allendorf sei auf Anordnung der Besatzungsmächte abgebaut und zerstört worden. Die dazu erforderlichen Aufwendungen umfassten auch die Beseitigung notwendig auftretender Folgeschäden. Um solche habe es sich gehandelt. Die Arbeiten hätten unter hohem Zeitdruck, mit einfachsten Mitteln und angeworbenen Hilfskräften ausgeführt werden müssen; Schäden seien unvermeidlich gewesen und von den Besatzungsmächten in Kauf genommen worden. Dass bei dem Entfernen der Schieber Flüssigkeit aus den Rohrleitungen auslaufen würde, sei nicht absehbar gewesen und nicht vorwerfbar. Unabhängig davon ergebe sich der Anspruch unmittelbar aus Art. 120 Abs. 1 GG. Die Beklagte habe in der Vergangenheit Aufwendungen nicht nur für die Entmilitarisierungsmaßnahmen selbst übernommen, sondern auch für die Abwehr der dadurch verursachten Gefahren und Schäden an den Rechtsgütern Dritter. Die Staatspraxis der Beklagten sei daher nicht nur durch die Beseitigung reichseigener Munition geprägt gewesen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2 858 957 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie betrachtet die tatsächlichen Abläufe als nicht hinreichend geklärt. Das TÜV-Gutachten beruhe nur auf Angaben des Klägers und auf Vermutungen. Die angeführten Umstände und Unterlagen ließen nicht erkennen, dass ein bei der Entmilitarisierung angeordneter Abbau von Absperrschiebern die Unterbrechung des Leitungsnetzes verursacht habe. Auch sei unklar, wer und zu welchem Zeitpunkt Absperrschieber ausgebaut habe und ob zum Zeitpunkt des Ausbaus die Rohrleitungen noch befüllt gewesen seien. Als Schadensursache denkbar sei auch etwa eine Leckage während des Betriebs des Werkes. Jedenfalls aber seien die Aufwendungen nicht bei der Durchführung der Entmilitarisierung im Sinne des Überleitungsgesetzes entstanden. Eine Entmilitarisierung in diesem Sinne gebe es seit Ende der Besatzungszeit nicht mehr, die Vorschrift sei obsolet geworden. Im Übrigen würden nur notwendig entstehende Schäden erfasst. Das Entfernen der Schieber ohne Nachprüfung, ob sich noch Flüssigkeit in den Rohrleitungen befunden habe, sei aber nachlässig gewesen. Die Absicht des Gesetzes gehe nicht dahin, dem Bund eine Einstandspflicht für Folgeschäden aufzuerlegen, die infolge von Pflichtverstößen eingetreten seien. Aus Art. 120 GG ergebe sich der Anspruch ebenfalls nicht. Die Vorschrift biete schon keine Grundlage für unmittelbare Ansprüche. Davon abgesehen handele es sich um Kosten einer Altlastensanierung, die nach Art. 104a Abs. 1 GG zum Aufgabenbereich der Länder gehöre. Den Begriff der Kriegsfolgelasten habe das Bundesverfassungsgericht dahin definiert, dass es sich um die Lasten solcher Kriegsfolgen handeln müsse, deren entscheidende und alleinige Ursache der Zweite Weltkrieg sei. Die Sanierungsbedürftigkeit beruhe aber auf einem Fehlverhalten bei der Demilitarisierung. Es sei schon damals bekannt gewesen, dass die Einleitung hochgiftiger Stoffe in den Boden erhebliche Schäden mit sich bringen könne. Der Kläger könne sich auch nicht auf eine ihm günstige Staatspraxis berufen. Sie, die Beklagte, habe bisher nur solche Aufwendungen getragen, die der Beseitigung ehemals reichseigener Kampfmittel auf nicht bundeseigenen Grundstücken oder solcher Schäden gedient hätten, die direkt durch den Ausbau oder den Abtransport von Kampfmitteln entstanden seien. Die streitigen Bodenverunreinigungen seien aber durch Vorprodukte der TNT-Herstellung verursacht worden, die sich noch im Eigentum der DAG befunden hätten.
1. Die Klage ist zulässig. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO in erster und letzter Instanz zuständig. Der Rechtsstreit betrifft eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art. Maßgeblich ist die Rechtsnatur des geltend gemachten Erstattungsanspruchs, den der Kläger aus öffentlich-rechtlichen Normen herleitet, indem er sich auf das Erste Überleitungsgesetz und auf Art. 120 Abs. 1 GG beruft. Dieser Erstattungsanspruch ist dem Verwaltungsrecht zuzurechnen (vgl. Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 3 A 2.03 - Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 7 S. 5 = NVwZ 2004, 1125 m.w.N.).
2. Die Klage ist nicht begründet.
a) Das Erste Gesetz zur Überleitung von Lasten und Deckungsmitteln auf den Bund (Erstes Überleitungsgesetz) vom 28. November 1950, zuletzt geändert durch Art. 2 Nr. 13 des Gesetzes vom 20. Dezember 1991 (BGBl I S. 2317; bereinigte Fassung in BGBl III, Gliederungsnummer 603-3), rechtfertigt den Erstattungsanspruch nicht. Gemäß § 1 Nr. 2 dieses Gesetzes trägt der Bund die in § 6 bezeichneten Aufwendungen. Zu diesen zählen nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Aufwendungen "zur Durchführung der Entmilitarisierung". Diese gehen allerdings nach § 6 Abs. 2 nur insoweit auf den Bund über, als sie durch Anordnungen der Besatzungsmacht verursacht sind. Die Schäden, deren Beseitigung die Sanierung des Geländes an der Kinzigstraße diente, sind zwar auf die Entmilitarisierung des Werkes in Allendorf zurückzuführen; sie sind jedoch keine der Besatzungsmacht zurechenbare Folge der Entmilitarisierungsmaßnahmen.
Aufwendungen zur Durchführung der Entmilitarisierung schließen die Beseitigung von Folgeschäden wie Bodenverunreinigungen ein, wenn diese mit einer von der Entmilitarisierungsanordnung umfassten Maßnahme zwangsläufig oder typischerweise verbunden sind. Das trifft etwa auf Schäden zu, die Dritten infolge nicht zu kontrollierender Wirkungen einer angeordneten Sprengung von Militäranlagen entstehen. Deshalb hat der Senat die Erstattungspflicht für notwendige Vor- und Nacharbeiten der Kampfmittelbeseitigung bejaht (Urteil vom 14. Juni 2006 - BVerwG 3 A 6.05 - Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 8 Rn. 16). Der damit vorausgesetzte Zurechnungszusammenhang wird jedoch unterbrochen, wenn ein Folgeschaden durch ein Verhalten herbeigeführt wird, das von der Entmilitarisierungsanordnung nicht mehr gedeckt ist. Das ergibt sich aus § 6 Abs. 2 des Ersten Überleitungsgesetzes, der dem Bund die Aufwendungen für die Entmilitarisierung nur in dem Umfang zuordnet, in dem sie durch Anordnungen der Besatzungsmacht verursacht worden sind. Damit ist keine schlichte Ursächlichkeit im Sinne einer "conditio sine qua non" gemeint; ebenso wenig reicht es aus, dass die Schäden adäquate, also nicht außerhalb der Lebenserfahrung liegende Folgen der Anordnungen waren. Vielmehr will die Vorschrift dem Bund nur solche Aufwendungen aufbürden, deren entscheidende - und in diesem Sinne alleinige - Ursache der zweite Weltkrieg ist. Dieses Normverständnis legt der in derselben Weise auszulegende Begriff der Kriegsfolgelasten im Sinne des Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG nahe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 - 2 BvF 5/56 - BVerfGE 9, 305 <323>), zu dessen Konkretisierung das Erste Überleitungsgesetz ergangen ist (vgl. Sturm, DVBl 1965, 719). Dementsprechend scheiden solche Aufwendungen aus, die durch eine grob unsachgemäße, in dieser Art von der Besatzungsmacht nicht vorgegebene Durchführung einer Entmilitarisierungsanordnung verursacht worden sind. In solchen Fällen wird der für eine Verpflichtung des Bundes notwendige Zurechnungszusammenhang zur Besatzungsmacht durch eine selbständige, ihr nicht anzulastende Zwischenursache unterbrochen.
So verhält es sich hier; denn auch und gerade unter Berücksichtigung des Klagevorbringens liegt eine grob unsachgemäße Ausführung der Demontage im Bereich des Schieberschachtes vor. Das Gutachten des TÜV Hessen, dessen Inhalt sich der Kläger zu eigen gemacht hat, bestätigt seine Behauptung, dass die Bodenverunreinigungen durch den Abbau der Schieber und das dadurch ermöglichte Leerlaufen der Leitungen verursacht worden sind. Zwar beschränkt sich der Sachverständige darauf darzulegen, dass aus seiner Sicht eine große Wahrscheinlichkeit für diesen Schadensverlauf spreche; er schließt jedoch andere Kontaminationswege insbesondere wegen des Ortes und des Umfangs der Verunreinigungen praktisch aus.
Diese Art der Beseitigung von im Tank- und Rohrleitungssystem noch befindlichen Betriebsstoffen war in fachlicher Hinsicht grob fehlerhaft und darüber hinaus offensichtlich rechtswidrig. Dass sich ein Versickernlassen hochgradig wassergefährdender Stoffe wie Toluol oder MNT prinzipiell verbot, verstand sich - ungeachtet der von den Chemikalien ausgehenden Explosionsgefahr - auch seinerzeit von selbst. Das Einbringen oder Einleiten solcher das Grundwasser verunreinigender Stoffe in den Boden war daher auch durch § 202 Abs. 1 des Preußischen Wassergesetzes vom 7. April 1913 (GS S. 53) untersagt. Dementsprechend wurden auch, wie sich aus den Ausführungen des Sachverständigen ergibt, während des Betriebs der Anlage offenbar Vorkehrungen gegen Stoffaustritte getroffen. Umso mehr musste es der Geschäftsleitung des Werkes, der die Ausführung der Demontage vom Ministerium aufgegeben worden war, ebenso wie den Überwachungsbevollmächtigten des Ministeriums klar sein, dass die Tanks und die Leitungen vollständig entleert worden sein mussten, bevor die Schieber entfernt werden durften.
Die Bodenverunreinigungen fallen damit in die Verantwortung des Landes, das die Entmilitarisierung weisungsgemäß durchzuführen hatte. Der Demontagebefehl der Militärregierung forderte derart unfachgemäße Abbaumaßnahmen weder ausdrücklich noch mittelbar. Insbesondere konnte die Anweisung, größere Zu- und Ableitungen trockenzulegen, nicht ernstlich dahin verstanden werden, die Schadstoffe ungehindert in den Untergrund laufen zu lassen. Jedenfalls hat der Kläger nicht einmal im Ansatz nachvollziehbar dargetan, dass die vorgegebenen Bedingungen der Demontage solche Pflichtverletzungen und die dadurch eintretenden Schäden faktisch erzwungen haben. Der dafür geltend gemachte Zeitdruck rechtfertigt diese Annahme nicht. Zwar sah der Demontagebefehl vor, dass der Abbau des Werkes bis zum 15. März 1946, also innerhalb von knapp zwei Monaten, vollendet sein musste. Tatsächlich aber begannen die Arbeiten auch nach dem eigenen Vortrag des Klägers erst im Juni und zogen sich über mehr als zwei Jahre hin. Es spricht nichts dafür, dass in dieser Zeit oder aus sonstigen Gründen eine fachgerechte Beseitigung der Betriebsstoffe aus den Leitungen nicht möglich gewesen wäre.
b) Auch aus Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG kann der Kläger keine Erstattung verlangen.
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass diese Vorschrift in bestimmten Fällen unmittelbar Grundlage für Erstattungsansprüche eines Bundeslandes gegen den Bund sein kann (vgl. Urteile vom 14. Juni 2006 a.a.O. Rn. 9 und vom 20. Februar 1997 - BVerwG 3 A 2.95 - Buchholz 11 Art. 120 GG Nr. 5). Die Kritik der Beklagten hieran überzeugt nicht. Die Möglichkeit verfassungsunmittelbarer Ansprüche folgt aus dem Umstand, dass dem Gesetzgeber die Befugnis zu einer Legaldefinition der vom Bund zu tragenden Kriegsfolgelasten nicht zusteht. Der Begriff ist vielmehr unmittelbar anhand der Verfassung auszulegen, und er ist hinreichend bestimmt, um Maßstäbe für die Entscheidung zu geben, ob bestimmte Aufwendungen zu erstatten sind. Dass der Bund nach Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG die Aufwendungen für Kriegsfolgelasten "nach näherer Bestimmung eines Bundesgesetzes" trägt, besagt nur, dass der Bundesgesetzgeber die Auswirkungen eines schon in der Verfassung enthaltenen Rechtssatzes im Einzelnen festlegen, das Verfahren zum Vollzug der Verfassungsnorm ordnen und Zweifelsfragen bei der Abgrenzung der Kriegsfolgelasten entscheiden soll (BVerfG, Beschluss vom 16. Juni 1959 a.a.O. S. 325). Fehlt jedoch ein solches Gesetz oder erweist es sich gemessen an Art. 120 GG als lückenhaft, so ist auf die von der Verfassung vorgegebene Lastenverteilung zurückzugreifen. Darin ist die Befugnis der Fachgerichte eingeschlossen, unzureichend ausgestaltete Ansprüche entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben unmittelbar aus Art. 120 Abs. 1 GG zuzusprechen. Wenn das Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 24. Juli 1962 - 2 BvL 15, 16/61 - (BVerfGE 14, 221 <233>) ausführt, aus Art. 120 Abs. 1 GG könnten Ansprüche gegen die öffentliche Hand wegen Schäden nicht hergeleitet werden, die durch den Krieg oder durch Kriegsfolgen verursacht wurden, zielt das lediglich auf die in jenem Verfahren betrachteten Ansprüche Dritter, betrifft aber nicht die in Art. 120 Abs. 1 GG geregelte finanzwirtschaftliche Verteilung der Kriegsfolgelasten zwischen dem Bund und den Ländern.
Eines unmittelbaren Rückgriffs auf Art. 120 Abs. 1 Satz 1 GG bedarf es aber nicht, wenn die durch ihn begründeten Ansprüche im einfachen Gesetzesrecht verfassungskonform ausgestaltet sind. Das ist für Aufwendungen, die einem Land infolge einer Anordnung der Besatzungsmächte zur Entmilitarisierung entstanden sind, in § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 des Ersten Überleitungsgesetzes in der gebotenen Weise geschehen.
c) Auch die von Art. 120 Abs. 1 Satz 3 GG in Bezug genommene Staatspraxis (dazu Urteil vom 14. Juni 2006 a.a.O. Rn. 10) ergibt keinen Anspruch des Klägers. Eine Übung des Bundes, auch Aufwendungen zu tragen, die durch ein dem jeweiligen Land zuzurechnendes Fehlverhalten verursacht worden sind, behauptet auch der Kläger nicht.