Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 17.04.2019


BPatG 17.04.2019 - 29 W (pat) 562/17

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
17.04.2019
Aktenzeichen:
29 W (pat) 562/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:170419B29Wpat562.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 048 893

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. Februar 2019 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber, der Richterin Akintche und der Richterin Seyfarth

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Februar 2017 insoweit aufgehoben, als der Widerspruch aus der Marke UM 003 494 408 zurückgewiesen wurde für die Waren

Klasse 30: Traubenzucker für Nahrungszwecke in flüssiger, gepresster, pulverisierter oder dragierter Form, auch als Bestandteil für Nahrungsmittel und/oder nicht-alkoholische Getränke; Kohlenhydrate, auch mit Vitaminen und/oder Mineralstoffen und/oder Koffein angereichert, für nicht medizinische Zwecke in flüssiger, gepresster, pulverisierter, gelförmiger und/oder dragierter Form, auch als Bestandteil für Nahrungsmittel und/oder nicht alkoholische Getränke; die vorgenannten Waren in Klasse 30 auch als Diäterzeugnisse für nicht-medizinische Zwecke;

Klasse 32: nicht-alkoholische Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtsäfte; Fruchtgetränke; Gemüsesäfte; flüssiges Kohlenhydratgel, Pulver und Präparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken; alle Waren in Klasse 32 auch als Diäterzeugnisse für nicht-medizinische Zwecke.

Im Umfang der vorgenannten Waren wird wegen des Widerspruchs aus der Marke UM 003 494 408 die Löschung der Marke 30 2015 048 893 angeordnet.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wortmarke

2

BKM

3

ist am 6. August 2015 angemeldet und am 18. Februar 2016 unter der Nummer 30 2015 048 893 als Marke in das beim Deutschen Patent und Markenamt (DPMA) geführte Register eingetragen worden für die Waren der

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Klasse 25: Sport- und Freizeitbekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen, soweit in Klasse 25 enthalten;

5

Klasse 28: Trainingsausrüstungen für den Kampfsport, soweit in Klasse 28 enthalten, insbesondere Boxhandschuhe, Kampfhandschuhe, Sandsäcke, Standboxsäcke, Punchingbälle, Schutzpolster, Schlagpolster, Trittpolster, Geräte für Körperübungen, Trainingsgeräte, Springseile, Boxringe, Schienbeinschützer, Kopfschützer, Fußschützer, Mundschützer;

6

Klasse 30: Snacks und Knusperriegel, jeweils auf Getreidebasis, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Kohlenhydratriegel; proteinreiche Getreideriegel; Traubenzucker für Nahrungszwecke in flüssiger, gepresster, pulverisierter oder dragierter Form, auch als Bestandteil für Nahrungsmittel und/oder nicht-alkoholische Getränke; Kohlenhydrate, auch mit Vitaminen und/oder Mineralstoffen und/oder Koffein angereichert, für nicht medizinische Zwecke in flüssiger, gepresster, pulverisierter, gelförmiger und/oder dragierter Form, auch als Bestandteil für Nahrungsmittel und/oder nicht alkoholische Getränke; alle Waren in Klasse 30 auch als Diäterzeugnisse für nicht-medizinische Zwecke;

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Klasse 32: nicht-alkoholische Getränke; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtsäfte; Fruchtgetränke; Gemüsesäfte; flüssiges Kohlenhydratgel, Pulver und Präparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken; alle Waren in Klasse 32 auch als Diäterzeugnisse für nicht-medizinische Zwecke.

8

Gegen die Eintragung dieser Marke, die am 24. März 2016 veröffentlicht wurde, hat die Beschwerdeführerin aus ihrer am 24. Januar 2005 eingetragenen Unionswortmarke UM 003 494 408

9

BPM

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Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke ist für folgende Waren geschützt:

11

Klasse 32: Getränke, nämlich Trinkwasser, aromatisierte Wässer, Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer; und andere alkoholfreie Getränke, nämlich Erfrischungsgetränke, Energiegetränke und Sportgetränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe, Konzentrate und Pulver für die Zubereitung von Getränken, nämlich aromatisierten Wässern, Mineralwässern und kohlensäurehaltigen Wässern, Erfrischungsgetränken, Energiegetränken, Sportgetränken, Fruchtgetränken und Fruchtsäften.

12

Mit Beschluss vom 7. Februar 2017 hat die Markenstelle für Klasse 28 des DPMA den Widerspruch vollumfänglich zurückgewiesen. In ihrer Begründung hat sie ausgeführt, Kennzeichnungskraft und Schutzumfang der Widerspruchsmarke seien als durchschnittlich anzusehen. Die Widerspruchsmarke sei von Haus aus zur Unterscheidung der Waren und Dienstleistungen ihres Inhabers von solchen anderer Unternehmen uneingeschränkt geeignet. Allerdings werde die Widerspruchsmarke lediglich in Irland benutzt und damit nicht im Kollisionsgebiet; die von der Widersprechenden behauptete Verkehrsbekanntheit sei daher in Deutschland nicht gegeben. Hinsichtlich der sich gegenüberstehenden Waren der Klasse 32 liege hochgradige Ähnlichkeit bis hin zur Warenidentität vor. Für die Waren der Klassen 25, 28 und 30 im Verzeichnis der angegriffenen Marke sei eine Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren jedoch zu verneinen. Zwar könnten sich die Vergleichswaren zum Beispiel in Sportgeschäften begegnen und die gleichen Endabnehmer haben. Die Herstellungsstätten für die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der Klassen 25, 28 und 30 seien jedoch völlig unterschiedlich zu denen der Widerspruchwaren. Die Annahme gemeinsamer oder zumindest miteinander verbundener Ursprungsstätten liege daher nicht nahe.

13

Selbst bei teilweiser Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft bestehe zwischen den beiderseitigen Marken aber keine Verwechslungsgefahr, weil die Marken in jeder Richtung ausreichende Unterschiede aufwiesen. Da die beiden Vergleichsmarken aus jeweils nur drei Buchstaben bestünden, fielen einzelne Abweichungen stärker auf als bei längeren Wortmarken. Der im Vergleich zu der Widerspruchsmarke unterschiedliche mittlere Buchstabe der angegriffenen Marke sei hinreichend, um eine Verwechslung der Marken sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht zu verhindern. Ferner sei eine mittelbare Verwechslungsgefahr von der Widersprechenden nicht schlüssig dargelegt worden. Insbesondere sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, wieso die angesprochenen Verkehrskreise davon ausgehen sollten, dass die angegriffene Marke eine Abwandlung bzw. eine besondere Form der älteren Marke der Widersprechenden sein solle.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden.

15

Sie trägt vor, dass auch die von der angegriffenen Marke in den Klassen 25, 28 und 30 beanspruchten Waren ähnlich seien zu den Widerspruchswaren. Die angegriffenen Waren der Klassen 25 und 28 hätten gemeinsame Vertriebs- und Ursprungsstätten wie Erfrischungsgetränke, Energiegetränke und Sportgetränke, für die die Widerspruchsmarke geschützt sei. Ferner bestehe für die angegriffenen Waren der Klasse 30 ein offensichtlicher und zwingender Zusammenhang mit den Waren der Klasse 32 der Widerspruchsmarke, da diese in denselben Betrieben hergestellt würden, denselben Vertriebsweg nähmen und sich an dieselben Endverbraucher richteten. Außerdem handele es sich bei sämtlichen der angegriffenen Waren der Klasse 30 um Ersatzprodukte für die Waren der älteren Marke in Klasse 32, beide Produktgruppen seien auf die Lieferung von Energie ausgelegt. Die Beschwerdeführerin trägt weiterhin vor, dass die Vergleichszeichen hochgradig ähnlich seien. Die Marken würden sich nur im mittleren der drei Buchstaben unterscheiden; dieser Unterschied in der Wortmitte falle dem angesprochenen Verbraucher aber regelmäßig nicht auf. Hinzu komme, dass die einzigen sich unterscheidenden Buchstaben „P“ der Widerspruchsmarke und „K“ der angegriffenen Marke beide in ähnlicher Weise tief und dunkel ausgesprochen würden.

16

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

17

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. Februar 2017 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke in vollem Umfang anzuordnen.

18

Der Inhaber der angegriffenen Marke ist in der mündlichen Verhandlung nicht erschienen. Ferner hat er sich weder im Verfahren vor dem DPMA noch im Beschwerdeverfahren geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

19

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

20

Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache im tenorierten Umfang Erfolg.

21

Zwischen den Vergleichsmarken besteht für das angesprochene Publikum insoweit eine klangliche Verwechslungsgefahr, §§ 125b Nr. 1, 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Im Übrigen ist aber eine Verwechslungsgefahr nicht zu bejahen und daher die Beschwerde diesbezüglich zurückzuweisen.

22

Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Heranziehung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist von einer Wechselwirkung zwischen der Identität oder der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen, dem Grad der Ähnlichkeit der Marken und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. EuGH MarkenR 2014, 245 ff. – Bimbo/HABM [BIMBO DOUGHNUTS/ DOGHNUTS]; GRURInt. 2012, 754 Rn. 63 – XXXLutz Marken GmbH./.HABM [Linea Natura Natur hat immer Stil]; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/ HABM [CK CREATIONES KENNYA/CK CALVIN KLEIN]; GRUR-RR 2009, 356 Rn. 45 f. – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; BGH GRUR 2018, 79 Rn. 9 – OXFORD/Oxford Club; WRP 2017, 1104 ff. - Medicon-Apotheke/MediCo Apotheke; GRUR 2016, 1301 Rn. 44 – Kinderstube; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie unter anderem etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

23

1. Da Benutzungsfragen vom Inhaber der angegriffenen Marke nicht aufgeworfen wurden, ist bei der Prüfung der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Danach beanspruchen die Vergleichsmarken unter anderem Schutz für identische und hochgradig ähnliche, teilweise auch gering ähnliche Waren. Ein weiterer Teil der angegriffenen Waren liegt außerhalb des Ähnlichkeitsbereichs zu den Widerspruchswaren. Eine gänzlich fehlende Warenähnlichkeit kann nicht durch die jeweils anderen maßgeblichen Faktoren ausgeglichen werden, so dass der Widerspruch und mithin die Beschwerde im Bereich der unähnlichen Waren bereits aus diesem Grund erfolglos bleiben muss.

24

Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen sind alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das Verhältnis zwischen den Waren oder Dienstleistungen kennzeichnen. Hierzu gehören insbesondere die Art der Waren und Dienstleistungen, ihr Verwendungszweck, ihre Nutzung sowie die Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder Dienstleistungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist, ob die Waren oder Dienstleistungen regelmäßig von denselben Unternehmen oder unter ihrer Kontrolle hergestellt oder erbracht werden oder ob sie beim Vertrieb Berührungspunkte aufweisen (EuGH GRUR-RR 2009, 356 Rn. 65 – Éditions Albert René/HABM [OBELIX/MOBILIX]; GRUR 1998, 922 Rn. 15 – CANON; BGH GRUR 2015, 176 Rn. 16 – ZOOM/ZOOM; GRUR 2014, 488 Rn. 12 – DESPERADOS/DESPERADO). Von einer absoluten Warenunähnlichkeit kann nur dann ausgegangen werden, wenn die Annahme einer Verwechslungsgefahr trotz (unterstellter) Identität der Marken wegen des Abstands der Waren von vornherein ausgeschlossen ist (BGH a. a. O. – DESPERADOS/DESPERADO; a. a. O. Rn. 17 – ZOOM).

25

a) Die Waren der angegriffenen Marke aus der Klasse 32 sind überwiegend identisch zu den Widerspruchswaren, weil sie entweder wortgleich im Verzeichnis enthalten oder von den Warenbegriffen der Widerspruchsmarke umfasst sind. Im Umfang der „Gemüsesäfte“ der angegriffenen Marke liegt zwar keine Identität vor, weil es sich hierbei nicht um Erfrischungsgetränke (vgl. zu diesem Begriff: Wikipedia Online-Enzyklopädie) und auch nicht um Fruchtsäfte handelt; sie sind allerdings wegen gemeinsamer Produktions- und Vertriebsstätten sowie gleichen Verwendungszwecks hochgradig ähnlich zu „Fruchtsäften“.

26

b) Die angegriffenen Waren der Klassen 25 und 28 „Sport- und Freizeitbekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen“ sowie „Trainingsausrüstungen für den Kampfsport“ werden zwar in Sportgeschäften und auch Fitnessclubs neben Erfrischungsgetränken, Energiegetränken und Sportgetränken angeboten. Der Gesichtspunkt der funktionellen Ergänzung darf aber nicht zur Vernachlässigung der weiteren Faktoren verleiten, die im Rahmen der Prüfung der Produktähnlichkeit relevant sein können. Entsprechendes gilt für die Verhältnisse beim Vertrieb der Waren, denen bei der Beurteilung der Frage, ob die Waren einander ähnlich sind, häufig nur ein geringeres Gewicht zukommt (vgl. BGH GRUR 2014, 488 – DESPERADOS/DESPERADO). Die vorgenannten Waren unterscheiden sich im Hinblick auf ihre Beschaffenheit und ihre regelmäßige betriebliche Herkunft derart grundlegend von den Waren der Widerspruchsmarke, dass eine Ähnlichkeit nicht angenommen werden kann.

27

Insoweit scheidet eine Verwechslungsgefahr schon wegen Warenunähnlichkeit aus.

28

c) Soweit die Beschwerdeführerin geltend macht, die angegriffenen Waren der Klasse 30 stellten Ersatzprodukte zu den Getränken dar, weil diese Produkte jeweils auf die Lieferung von Energie ausgelegt seien, so dass zwischen ihnen eine hohe Ähnlichkeit vorliege, kann dem nicht zugestimmt werden. Nahezu alle Nahrungsmittel dienen u. a. der Zufuhr von Energie und Nährstoffen; allein dieser Aspekt kann nicht zur Annahme einer Produktähnlichkeit führen. Außerdem können feste Nahrungsmittel kaum ein Ersatzprodukt für Getränke darstellen, da sie nur in weit geringerem Maße Flüssigkeit bereitstellen.

29

Aus den genannten Gründen liegen die angegriffenen Waren „Snacks und Knusperriegel, jeweils auf Getreidebasis, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Kohlenhydratriegel; proteinreiche Getreideriegel; alle – bzw. diese – Waren in Klasse 30 auch als Diäterzeugnisse für nicht-medizinische Zwecke“ – wenn überhaupt – allenfalls im Randbereich der Ähnlichkeit zu den Widerspruchswaren. Sie unterscheiden sich in der stofflichen Beschaffenheit, in den Produktions- und Vertriebsstätten sowie im Verwendungszweck von Getränken deutlich.

30

Die übrigen angegriffenen Waren der Klasse 30 „Traubenzucker für Nahrungszwecke in flüssiger, gepresster, pulverisierter oder dragierter Form, auch als Bestandteil für Nahrungsmittel und/oder nicht-alkoholische Getränke; Kohlenhydrate, auch mit Vitaminen und/oder Mineralstoffen und/oder Koffein angereichert, für nicht medizinische Zwecke in flüssiger, gepresster, pulverisierter, gelförmiger und/oder dragierter Form, auch als Bestandteil für Nahrungsmittel und/oder nicht alkoholische Getränke; alle Waren in Klasse 30 auch als Diäterzeugnisse für nicht-medizinische Zwecke“ sind dagegen hochgradig ähnlich zu den „Pulvern und Präparaten für die Herstellung von alkoholfreien Getränken“, für die die Widerspruchsmarke geschützt ist. Insbesondere kann es sich in beiden Fällen um Konzentrate zur Herstellung von Energiegetränken handeln.

31

2. Der Widerspruchsmarke kommt von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft und damit ein normaler Schutzumfang zu. Ausreichende Anhaltspunkte für eine Schwächung oder eine Steigerung der Kennzeichnungskraft sind nicht erkennbar.

32

Die Buchstabenkombination „BPM“ verfügt für die Widerspruchswaren nicht über einen die Kennzeichnungskraft schwächenden beschreibenden Begriffsinhalt bzw. -anklang. Sie kann zwar vielfältige Bedeutungen haben (vgl. www.abkuerzungen.woxikon.de und www.acronyms.thefreedictionary.com). So ist „BPM“ unter anderem als Abkürzung für „Beats Per Minute“, „Breath per Minute“, „Best Practice Model“ oder „Business Process Management“ und „Business Process Modeling“ erfasst. Eine Abkürzung ist aber nur dann nicht schutzfähig, wenn sie im Verkehr als solche gebräuchlich oder aus sich heraus verständlich ist sowie von den beteiligten Verkehrskreisen ohne weiteres der betreffenden Sachangabe gleichgesetzt und insoweit verstanden werden kann. Bei keinem der Bedeutungsinhalte der Abkürzung „BPM“ ist jedoch von einer für die Widerspruchswaren der Klasse 32 im Vordergrund stehenden Sachaussage, einer engen Anlehnung an eine solche oder einer feststehenden beschreibenden Abkürzung auszugehen.

33

Da die Widerspruchsmarke bisher nicht in Deutschland benutzt wurde, kann ihr auch keine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommen (vgl. BGH GRUR 2018, 79 Rn. 28 – OXFORD/Oxford Club; GRUR 2017, 75 Rn. 42 – Wunderbaum II).

34

3. Die hier relevanten eher niedrigpreisigen Vergleichswaren – also diejenigen im Ähnlichkeits- oder Identitätsbereich – richten sich über den Lebensmittel- und Getränkefachhandel hinaus an den Endverbraucher; die Aufmerksamkeit und Sorgfalt beim Kauf wird daher durchschnittlich bis geringer sein (vgl. BPatG, Beschluss vom 30.11.2016, 26 W (pat) 92/13).

35

4. Bei Identität und hochgradiger Ähnlichkeit der Waren sowie durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind strenge Anforderungen an den Zeichenabstand zu stellen, der zur Vermeidung einer Verwechslungsgefahr zu wahren ist. Diesen hält die jüngere Marke nicht ein. Im Übrigen – also soweit nur eine geringe Warenähnlichkeit vorliegt und damit etwas weniger strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen sind – ist eine Verwechslungsgefahr dagegen nicht zu besorgen.

36

Bei der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist grundsätzlich vom jeweiligen Gesamteindruck der einander gegenüberstehenden Zeichen auszugehen (vgl. BGH GRUR 2013, 833 Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2012, 930 Rn. 22 – Bogner B/Barbie B; GRUR 2012, 64 Rn. 15 – Maalox/Melox-GRY). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass der Verkehr eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, (Schrift-)Bild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in klanglicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413 Rn. 19 – ZIRH/SIR; GRUR Int. 2004, 843 Rn. 29 – MATRATZEN; BGH GRUR 2015, 1009 Rn. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235 Rn. 15 – AIDA/AIDU).

37

Für die Annahme einer Verwechslungsgefahr genügt regelmäßig bereits die hinreichende Übereinstimmung in einer Richtung (st. Rspr.; z. B. BGH GRUR 2015, 1009 Rn. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2015, 1114 Rn. 23 – Springender Pudel; GRUR 2010, 235 Rn. 18 – AIDA/AIDU).

38

Die Vergleichszeichen „BKM“ und „BPM“ sind in begrifflicher Hinsicht nicht ähnlich, beide Marken weisen keine konkrete Bedeutung auf.

39

In schriftbildlicher Hinsicht liegt nur eine sehr geringe Ähnlichkeit vor. Aufgrund der Kürze der Vergleichszeichen sind die schriftbildlich unterschiedlichen Buchstaben „P“ und „K“ hier noch ausreichend, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen.

40

Klanglich ist davon auszugehen, dass die drei Buchstaben der Vergleichsmarken jeweils einzeln und um Vokale ergänzt ausgesprochen werden. Es stehen sich daher die Buchstabenkombinationen „BKM“ – ausgesprochen: „be-ka-em“ – und „BPM“ – ausgesprochen: „be-pe-em“ – gegenüber. Die Vokalfolge ist etwas verändert und lautet „e-a-e“ und „e-e-e“. Die Vergleichsmarken sind jedoch jeweils dreisilbig und die Anfangs- wie auch die Endsilben sind identisch. Zu berücksichtigen ist zudem, dass für den Gesamteindruck eines Wortzeichens dem Wortanfang ein größeres Gewicht zukommen kann als den nachfolgenden Wortbestandteilen, weil der Verkehr dem Beginn eines Wortzeichens im Allgemeinen größere Aufmerksamkeit schenkt (vgl. BGH GRUR 1992, 110 – dipa/ dib). Das gilt auch für Drei-Buchstaben-Kürzel (vgl. BGH GRUR 2002, 1067, 1070 – DKV/OKV). Dieser Erfahrungssatz gilt allerdings nicht, wenn der Zeichenanfang beschreibend oder sonst kennzeichnungsschwach ist. Das kann auch der Fall sein, wenn der Anfangsbuchstabe einer Buchstabenfolge für den Verkehr ersichtlich als Abkürzung für eine beschreibende Sachangabe verwendet wird (vgl. allgemein zu Buchstaben innerhalb von Buchstabenfolgen BGH a. a. O. – DKV/OKV). Dass der jeweilige Anfangsbuchstabe „B“ im hier relevanten Warenbereich kennzeichnungsschwach oder schutzunfähig ist, kann aber nicht festgestellt werden. Gleiches gilt für den Endbuchstaben „M“.

41

Der Unterschied in der Mittelsilbe „Ka“ einerseits und „Pe“ andererseits tritt nicht derart markant in Erscheinung, dass bei Übereinstimmung im Übrigen eine Unähnlichkeit der Gesamtklangbilder angenommen werden und so ein Verhören zwischen den Marken auch bei eher ungünstigeren Übermittlungsbedingungen ausgeschlossen werden kann.

42

Nach alledem führt die hier vorliegende – wenn auch eher geringere – klangliche Ähnlichkeit der Marken bei identischen und hochgradig ähnlichen Waren zu einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, im Übrigen ist eine solche zu verneinen.

43

Auf die Beschwerde der Widersprechenden war der Beschluss der Markenstelle daher teilweise aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang anzuordnen. Im Übrigen war die Beschwerde zurückzuweisen.

44

Zur Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 MarkenG besteht kein Anlass.