Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 23.01.2019


BPatG 23.01.2019 - 29 W (pat) 551/18

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
23.01.2019
Aktenzeichen:
29 W (pat) 551/18
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:230119B29Wpat551.18.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

…       

betreffend die Markenanmeldung 30 2018 209 305.5            

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 23. Januar 2019 durch die Richterin Akintche als Vorsitzende, die Richterin Seyfarth sowie den Richter Dr. Meiser

beschlossen:

Die Beschwerde des Anmelders wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildgestaltung

Abbildung
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ist am 22. März 2018 vom Beschwerdeführer angemeldet worden für die nachfolgenden Waren der

3

Klasse 16: Kreide in Sprayform; Schablonen [Papier- und Schreibwaren];

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Klasse 28: Spiele.

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Mit Beschluss vom 22. August 2018 hat die Markenstelle für Klasse 28 die Anmeldung zurückgewiesen, weil der Eintragung des angemeldeten Wort-/Bildzeichens die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG entgegenstünden. Zur Begründung hat die Markenstelle auf ihre Ausführungen in dem Beanstandungsbescheid vom 22. Mai 2018 Bezug genommen, zu dem der Anmelder keine Stellung genommen hat. In dem amtlichen Beanstandungsbescheid ist ausgeführt, dass das Anmeldezeichen lediglich Sachinformationen in Bezug auf die Offerte übermittle. „STREET ART“ bezeichne eine nicht kommerzielle moderne Kunstrichtung, die seit 2005 verschiedene Techniken, Materialien, Gegenstände und Formen der Kunst im frei zugänglichen öffentlichen Raum umfasse. Die angemeldete Kennzeichnung „STREET ART GAMES“ mit der entsprechenden Gesamtbedeutung „Straßen Kunst Spiele“ bzw. „Street Art Spiele“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen daher lediglich als sachbezogene Information über die Art und Thematik der darunter angebotenen und vertriebenen „Spiele“ und über den möglichen Verwendungszweck der Waren „Kreide in Sprayform; Schablonen [Papier- und Schreibwaren]“ verstanden. Ein individualisierendes Betriebskennzeichen sei dem Gesamtzeichen nicht zu entnehmen, weshalb ihm daher bereits die erforderliche Unterscheidungskraft abzusprechen sei. Zudem bestünden Anhaltspunkte dafür, dass die Kennzeichnung als Warenbeschreibung auch einem Freihaltebedürfnis zugunsten der Mitbewerber auf dem Markt unterliege. Auch die grafische Ausgestaltung des angemeldeten Zeichens vermöge die markenrechtliche Unterscheidungskraft nicht zu begründen. An die grafische Ausgestaltung seien nämlich umso höhere Anforderungen zu stellen, je beschreibender und allgemein verständlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren erkennbar sei. Werbeübliche Schriftformen, die sich nicht wesentlich von den Standardschriftarten unterschieden sowie einfache und gebräuchliche Gestaltungen und Verzierungen des Schriftbildes seien nicht geeignet, herkunftshinweisend zu wirken. Die Anordnung der drei zentriert untereinander angebrachten Wortelemente „STREET“, „ART“ und „GAMES“ sei nicht hinreichend eigenwillig, um allein darin einen Unternehmenshinweis zu erkennen.Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Anmelders, mit der er beantragt:

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Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 28 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 22. August 2018 wird aufgehoben.

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Er ist der Auffassung, dass das angemeldete Zeichen bereits im Hinblick auf die kennzeichnungskräftige grafische Ausgestaltung über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge. Jedes der Wortelemente setze sich aus individuell designten Einzelbuchstaben zusammen, die eine Aufmerksamkeit erzeugende Originalität des grafischen Gesamteindrucks der Marke bewirkten. Dem maßgeblichen Durchschnittsverbraucher falle zum Beispiel sofort das prägnante Schriftbild der Buchstaben „R“, „e“, „A“ und „G“ mit den massiv ausgefüllten Innenflächen auf, wodurch sich das Zeichen bereits maßgeblich von einer werbetypischen Schriftform markant abhebe. Des Weiteren sei erkennbar, dass sich das Bild sämtlicher Buchstaben voneinander unterscheide sowie dass diese jeweils unterschiedliche Schriftrichtungen bzw. Neigungswinkel und auch wechselnde Laufweiten des Schriftbildes aufwiesen, was charakteristisch in Erscheinung trete. Die grafische Ausgestaltung sei so prägnant, dass der Aussagegehalt der Wortbestandteile selbst für den Durchschnittsverbraucher in den Hintergrund trete. Schließlich komme den ohnehin sprachunüblich zusammengesetzten Wortbestandteilen selbst in ihrer Bedeutung „Street Art Spiele“ bzw. „Straßen Kunst Spiele“ keine Sachaussage in Bezug auf die beanspruchten Waren zu; hierfür bedürfe es vielmehr einer näheren Analyse. Deshalb liege auch keine unmittelbar beschreibende Angabe vor. Der Beschwerdeführer ist ferner der Auffassung, dass bereits der Wortbestandteil „Games“ innerhalb des Anmeldezeichens ohne weiteres als Herstellerhinweis erkannt werde. Denn bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft eines Zeichens sei maßgeblich auf den branchenüblichen Einsatz von Zeichen der in Rede stehenden Art als Herkunftshinweis für die beanspruchten Waren abzustellen. Das Wort „Games“ in Pluralform sei im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Waren als Herstellerbezug seit langer Zeit üblich; dies werde beispielsweise durch die Liste der Ausstellerfirmen auf der Spielemesse „Spiel '17“ belegt; in dieser Liste seien 244 konkrete Aussteller mit dem Wort „Games“ bezeichnet. Die bereits zum Anmeldezeitpunkt bestehende Kennzeichnungsgewohnheit des relevanten Verkehrs, in der Verwendung der Pluralform „Games“ bzw. „Spiele“ einen betrieblichen Herkunftshinweis zu sehen, werde auch deutlich durch die weiteren Verwendungsbeispiele, in denen auf Spielen Hinweise auf den Spielehersteller gegeben würden durch die Verwendung der „von“-Formulierungen, so z. B. „…von SK Games“, „…von Lookout Games“, „…von Eagle Games“, „…von Pegasus Spiele“.

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Zudem werde der Verkehr dem Begriff „Street Art Games“ keinen eindeutigen Aussagegehalt entnehmen. Bei „Street Art“ handle es sich um einen Fachbegriff aus dem Kunstbereich, so dass sich für den hier relevanten Durchschnittsverbraucher die Bedeutung nicht ohne weiteres ergebe. Bereits aus diesem Grund könne es sich nicht um einen sprachüblichen Hinweis handeln. Die reine Tatsache, dass ein solcher Fachbegriff lexikalisch belegt sei, zeige keinesfalls, dass sich damit auch für den Durchschnittsverbraucher dessen Bedeutung ohne weiteres erschließe. Wäre dem so, wären Lexika an sich obsolet. Schließlich sei dem Verkehr zum hier maßgeblichen Anmeldezeitpunkt im März 2018 ein wie auch immer geartetes „Street Art Game“ unbekannt gewesen. Bei den nunmehr recherchierbaren Spielen in Bezug zu Street Art würden die Begriffe jeweils in Singularform oder markenmäßig verwendet.

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Mit dem Ladungszusatz sind dem Beschwerdeführer vorab Recherchebelege zugesandt worden (Bl. 35-80 d. A.); ferner wurden in der mündlichen Verhandlung ergänzend Unterlagen (Bl. 166-202 d. A.) übergeben, zu denen der Beschwerdeführer nach Erörterung mit dem Senat erklärt hat, dass auf eine Schriftsatzfrist verzichtet werde.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die Beschwerde des Anmelders ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 MarkenG zulässig.

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Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg, weil das angemeldete Wort-/Bildzeichen nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher zu Recht zurückgewiesen (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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1. Das Anmeldezeichen Abbildung verfügt in Bezug auf die hier beanspruchten Waren nicht über die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rn. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rn. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rn. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rn. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rn. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rn. 11 – grill meister).

16

Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rn. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rn. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rn. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rn. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rn. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rn. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 16 – Düsseldorf Congress).

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Besteht eine Marke aus mehreren Elementen - wie im vorliegenden Fall aus Wortbestandteilen und einer grafischen Ausgestaltung -, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (BGH a. a. O. Rn. 9 – DüsseldorfCongress). Dabei hat sich die Prüfung darauf zu erstrecken, ob die Marke als solche, jedenfalls mit einem ihrer Elemente, den Anforderungen an die Unterscheidungskraft genügt (BGH GRUR 2014, 872 Rn. 13 – Gute Laune Drops). Bei solchen aus mehreren Bestandteilen kombinierten Marken ist es schließlich zulässig, zunächst die Bestandteile getrennt zu betrachten, sofern die Beurteilung des Schutzhindernisses auf einer sich anschließenden Prüfung der Gesamtheit dieser Bestandteile beruht (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 – SAT.2; GRUR 2006, 229 – BioID).

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b) Diesen vorgenannten Anforderungen an die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das angemeldete Zeichen nicht. Denn das hier durch die Waren der Klasse 16 und die Spiele der Klasse 28 neben den Fachverkehrskreisen angesprochene allgemeine Publikum wird das Zeichen nur als werbeüblich gestaltete Sachaussage, nicht jedoch als betrieblichen Herkunftshinweis verstehen.

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aa) Die Wortbestandteile des Zeichens „Street Art Games“ erschöpfen sich in einem sachlichen Hinweis auf Street-Art Spiele.

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Bei „Street Art“ (Schreibweise auch „Streetart“, „Street-Art“) handelt es sich um einen Begriff englischsprachiger Herkunft, dessen unmittelbare deutsche Übersetzung „Straßenkunst“ ist. „Street-Art“ hat sich aber darüber hinaus zu einem Fachbegriff aus dem Kunstbereich entwickelt und bezeichnet eine „[nicht kommerzielle] moderne Kunstrichtung, deren [vor allem grafische] Werke im öffentlichen Raum frei zugänglich sind“ (vgl. DUDEN Online unter www.duden.de). Wie die dem Anmelder vorab mit der Ladung übermittelten bzw. in der mündlichen Verhandlung übergebenen Rechercheunterlagen zeigen, findet der Begriff „Street-Art“ in dieser Bedeutung bereits umfangreich auch in allgemeinen Medien sachbeschreibende Verwendung; häufig wird auch über den wohl bekanntesten Streetart-Künstler Banksy berichtet. Ferner existieren Street Art-Projekte in Schulen sowie Messen, Ausstellungen und Events zu dieser Kunstrichtung, wie beispielsweise die Street-Art-Ausstellung in der ehemaligen Tengelmann-Zentrale, das „Xi’an Classics Meet Berlin Street Art“-Event oder das Areal des ehemaligen Schlachthofs in München, dessen Außenwände als Fläche für die Kunstwerke dienen, zeigen. Auch Street Art-Touren zum Ablaufen gibt es bereits in einigen Städten wie in Hamburg, München (so z. B. unter dem Titel „O´gsprüht is´“), London, Melbourne und Basel.

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Selbst wenn ein Teil des angesprochenen Publikums die Kunstrichtung der „Street Art“ nicht kennen mag – wovon im Hinblick darauf, dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher zugrunde zu legen ist, kaum ausgegangen werden kann – werden die Wortbestandteile „Street Art“ ohne besondere Schwierigkeiten jedenfalls mit „Straßenkunst“ übersetzt werden.

22

Games“ als Plural von „game“ im Sinne von „Spiel“ gehört zum Grundwortschatz der englischen Sprache (vgl. Leo Online Wörterbuch Englisch-Deutsch unter www.leo.org; PONS Online Wörterbuch Englisch-Deutsch unter de.pons.com) und wird vom inländischen Verkehr ohne weiteres verstanden.

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Das Anmeldezeichen insgesamt bedeutet „Street Art-Spiele“ bzw. „Straßenkunst-Spiele“; die sprachüblich gebildete Gesamtbezeichnung vermittelt keinen anderen Eindruck als die Summe ihrer Einzelbedeutungen. Das durch die Waren angesprochenen allgemeine Publikum versteht die Wortbestandteile des Anmeldezeichens damit ohne weiteres als Hinweis auf Spiele, die sich mit Street Art bzw. Straßenkunst beschäftigen.

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bb) In der zuvor dargelegten Bedeutung weist die Wortfolge in Bezug zu den hier beanspruchten Waren einen beschreibenden Begriffsinhalt auf; dieser Begriffsinhalt erschließt sich - anders als der Beschwerdeführer meint - den angesprochenen Verkehrskreisen sofort und ohne besonderen analytischen Aufwand.

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Denn insbesondere sind und waren vor dem Anmeldezeitpunkt Kunst-Spiele (z. B. das Kinderkunst-Spiel von Prestel; Pop-Art Memory, Bl. 198 d. A.) und auch spezielle Street Art-Spiele bereits auf dem Markt. Wie die Rechercheunterlagen zeigen, gibt es ein „STREET ART MEMORY GAME“ (Erscheinungsdatum: 21.12.2014; Bl. 201 d. A.) oder das „Street-Art-Game VANDALS“, ein Stealth-Computerspiel für Smartphone und PC, bei dem Spieler in fünf Street-Art-Metropolen eintauchen und dort nach freien Flächen, die es zu verschönern gilt, suchen (Bl. 70-72 d. A.). Ferner gibt es ein Street Art-Projekt „Chicago als Monopoly-Spiel“, bei dem die Straßen Chicagos mit überdimensionalen Monopoly-Elementen bestückt wurden (Bl. 73-76 d. A.); außerdem ein „Paris Street Art Game“ für Kinder, bei dem Street Art-Werke, die sich in der Stadt befinden, mit Fehlern versehen werden, die die Kinder suchen können (Bl. 77 d. A.). Vergleichbare Angebote fanden sich bereits im Jahr 2016 in Berlin („Lernerlebnis Street Art Memory“, Bl. 190-192 d. A.) und in Dortmund („Street Art Bingo“ ein „Urban Game im Dortmunder Unionsviertel“, Bl. 193-197 d. A.). Auch im Internet sind Street Art-Spiele beliebt und werden von unterschiedlichen Anbietern präsentiert (vgl. Bl. 78-80 und 200 d. A.).

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In Bezug auf die Waren der Klasse 28 „Spiele“ gibt die Angabe „Street Art Games“ damit klar und deutlich einen beschreibenden Hinweis darauf, dass es sich um Street Art-Spiele handelt. Die Waren der Klasse 16 „Kreide in Sprayform; Schablonen [Papier- und Schreibwaren]“ sind zwar selbst keine Spiele, gleichwohl verfängt der Einwand des Beschwerdeführers nicht, die Angabe „Street Art Games“ habe keinen beschreibenden bzw. direkten Bezug hierzu. Denn bei Street Art werden verschiedene hierfür typische Hilfsmittel eingesetzt (wie z. B. Sprühdosen, Marker, Schablonen, Pinsel etc.), was auch für entsprechende Spiele gilt. Dass für Spiele statt der üblichen Graffiti-Sprayfarbe eher (abwaschbare) Sprühkreide angeboten wird und zum Einsatz kommt, dürfte im Hinblick auf die häufig strafrechtliche Relevanz der Street Art bzw. des Graffiti nachvollziehbar sein. Die angemeldete Bezeichnung gibt mithin einen Hinweis auf die Bestimmung der Waren der Klasse 16, nämlich dass diese zum Einsatz in Street Art-Spielen bestimmt und geeignet sind (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 22.06.2015, 25 W (pat) 513/13 – Street Tattoo).

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Dass die Angabe in Pluralform gehalten ist und der Bezeichnung nicht zu entnehmen ist, um welche Spiele es sich dabei konkret handelt (z. B. Ratespiel, Lernspiel, Gedächtnisspiel oder Kreativ- bzw. Malspiel), steht der Annahme einer Sachangabe nicht entgegen. Denn diese Unbestimmtheit kann tatsächlich gewollt sein, um einen möglichst weiten Bereich an verschiedenen Produkten zu umfassen (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt, u. a. für „Bücher“). Zudem kommt es nicht darauf an, ob der Verkehr mit der Bezeichnung eine konkrete Vorstellung über besondere Eigenschaften der Waren hat, die unter der Bezeichnung angeboten werden. Eine beschreibende Benutzung als Sachangabe für die Waren und Dienstleistungen setzt nicht voraus, dass die Bezeichnung feste begriffliche Konturen erlangt und sich eine einhellige Auffassung zum Sinngehalt herausgebildet hat. Von einem beschreibenden Begriff kann vielmehr auch dann auszugehen sein, wenn das Markenwort verschiedene Bedeutungen hat, sein Inhalt vage ist oder nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibt (BGH GRUR 2014, 569 Rn. 18 – HOT).

28

cc) Der Auffassung des Anmelders, dass die Angabe „Street Art Games“ wegen der Verwendung der Pluralform „Games“ vom Verkehr als betriebliches Unterscheidungsmittel wahrgenommen werde, kann nicht gefolgt werden. Der Beschwerdeführer meint, dass bereits zum Anmeldezeitpunkt eine entsprechende Branchenübung bestanden habe, durch Verwendung der Pluralform „Games“ bzw. „Spiele“ einen betrieblichen Herkunftshinweis zu geben, so dass der relevante Verkehr wegen dieser Kennzeichnungsgepflogenheiten auch der angemeldeten Wortfolge einen solchen beimessen werde. Zum Beleg dafür verweist er u. a. auf eine Liste der Ausstellerfirmen der Spielemesse „Spiel ´17“, auf der Anbieter wie beispielsweise AllGames4you, Rightgames, Geek Attitude Games, Artipia Games, Unique Games, Hot Games, Voodoo Games u. v. m. aufgeführt sind. Aus dem Umstand, dass zahlreiche Spielehersteller in ihrer Unternehmensbezeichnung den Bestandteil „Games“ bzw. „Spiele“ führen, kann aber nicht allgemein und uneingeschränkt auf die markenrechtliche Schutzfähigkeit geschlossen werden. Die namensmäßige Unterscheidungskraft nach § 5 Abs. 2 MarkenG kann nämlich der konkreten Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht gleichgesetzt werden, dem steht schon die unterschiedliche Funktion von Unternehmenskennzeichen und Marke entgegen (vgl. Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 5 Rn. 4 und 40 ff.). Zudem enthalten die meisten der aufgeführten Firmennamen neben der glatt beschreibenden Angabe „Games“ - anders als im Streitfall - einen unterscheidungskräftigen weiteren Bestandteil. Nicht zuletzt ist der Bezeichnung „Hot Games“ vom EUIPO bereits die markenrechtliche Unterscheidungskraft u. a. für „Spiele“ abgesprochen worden (AZ: UM 010211738).

29

Der Wortbestandteil des Anmeldezeichens beschränkt sich nach alledem auf eine rein sachbezogene Aussage ohne erkennbaren herkunftshinweisenden Gehalt.

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dd) Das Zeichen Abbildung erhält auch durch seine grafische Ausgestaltung nicht die Funktion eines Unterscheidungsmittels, vielmehr hebt diese den sachbeschreibenden Charakter des Zeichens lediglich hervor und ist ein gängiges Werbemittel.

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Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke, unbeschadet der fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (EuGH GRUR 2006, 229 Rn. 73, 74 – BioID/HABM [BioID]; BGH GRUR 2010, 640 f. – hey!; GRUR 2001, 1153 – antiKalk). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können (vgl. BGH WRP 2014, 573 Rn. 32 – HOT; GRUR 2014, 376 Rn. 18 – grill meister). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die grafische Ausgestaltung einer Wortmarke in einer naheliegenden Form umso weniger die erforderliche Unterscheidungskraft begründen kann, je deutlicher ein unmittelbarer Bezug der Bezeichnung zu den beanspruchten Waren/ Dienstleistungen erkennbar ist (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – antiKALK). Denn je unmittelbarer die Sachaussage hervortritt, umso mehr wird sie sich in den Augen des angesprochenen Verkehrs gegenüber der grafischen Gestaltung in den Vordergrund drängen. Die Unterscheidungskraft eines solchen Kombinationszeichens kann daher nur bejaht werden, wenn der Verkehr in der bildlichen Ausgestaltung oder in dem von ihr mitbestimmten Gesamteindruck der Marke eine betriebliche Herkunftskennzeichnung sieht. Dies ist hier aber nicht der Fall.

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Denn gerade Ausgestaltungen, die den Sinngehalt der Aussage grafisch unterstützen, sind werbeüblich, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen mögen:

Abbildung Abbildung Abbildung Abbildung

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So wird hier für entsprechende Veranstaltungen, die u. a. mit „Street Art“ näher beschrieben werden, mit Street Art-typischen individuellen Schriftzügen oder Schablonengraffitis geworben und auch Bücher, die sich inhaltlich-thematisch mit Street Art beschäftigen, werden derart gestaltet (Bl. 171-175 d. A.).

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Die gewählte typische Graffiti- bzw.- Street-Art-Grafik des Anmeldezeichens konkretisiert und unterstreicht damit den sachlichen Bedeutungsgehalt der Angabe in Bezug zu den hier in Rede stehenden Waren. Die grafische Ausgestaltung reicht daher nicht, um einen über die sachliche Aussage „Street Art Games“ hinausgehenden schutzfähigen Gesamteindruck zu bewirken.

35

ee) Der Hinweis des Anmelders auf die BPatG-Entscheidung zu der grafisch ausgestalteten Wort-/BildmarkeAbbildung – 28 W (pat) 534/14, führt zu keinem anderem Ergebnis. Denn zum einen war dort – anders als bei dem hier verfahrensgegenständlichen Zeichen - kein im Vordergrund stehender Begriffsinhalt der Angabe „Cool Kitchen“ zu den beanspruchten Waren feststellbar, so dass insbesondere in Kombination mit der Grafik dem Zeichen die Schutzfähigkeit nicht abgesprochen werden konnte.

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Zum anderen entfalten Voreintragungen ungeachtet der hier ohnehin fehlenden Vergleichbarkeit in rechtlicher Hinsicht keine Bindungswirkung (vgl. EuGH GRUR 2009, 667 Rnr. 18 – Bild-digital und ZVS Zeitungsvertrieb Stuttgart m. w. N.; BGH, a. a. O. Rn. 45 - Gute Laune Drops; GRUR 2014, 376 Rn. 19 – grill meister; GRUR 2011, 230 Rn. 12 – SUPERgirl; BGH MarkenR 2011, 66 Rn. 12 – Freizeit Rätsel Woche). Die Frage der Schutzfähigkeit einer angemeldeten Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein anhand des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist.

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Dem Verkehr erschließt sich nach alledem aus dem Gesamtzeichen nur eine im Vordergrund stehende Sachangabe, so dass dem Zeichen damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt.

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2. Die Frage, ob auch ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann bei dieser Sachlage dahingestellt bleiben.