Entscheidungsdatum: 08.05.2013
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2010 071 752.1
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 8. Mai 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterinnen Kortge und Uhlmann
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Das Bildzeichen (weißes Kreuz auf blauem Grund im abgerundeten Rechteck)
ist am 7. Dezember 2010 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Beschaffungsdienstleistungen für Dritte, insbesondere im Bereich der Energie- und Wasserversorgung; Organisationsberatung in Geschäftsangelegenheiten; Vermittlung von Handelsgeschäften und Verträge für Dritte über den An- und Verkauf von Waren sowie über die Inanspruchnahme von Dienstleistungen; Vermittlung von Verträgen Dritter über die Lieferung von elektrischer und thermischer Energie, Gas und Wasser; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); betriebswirtschaftliche Beratung insbesondere auf dem Gebiet der Energieversorgung; Personalmanagementberatung; werbefachliche Beratung; Erstellung von betriebswirtschaftlichen Studien im Bereich der Energiewirtschaft; Verbrauchsabrechnung auf dem Gebiet der Energie- und Wasserversorgung und Abwasserentsorgung;
Klasse 36:
Gebäudeverwaltung; Grundstücksverwaltung; Immobilienverwaltung sowie Vermittlung, Vermietung und Verpachtung von Immobilien (Facility-Management); Immobilienwesen; Vermietung von Büros (Immobilien); Vermögensverwaltung; Verpachtung von Immobilien; Vermittlung von Versicherungen; Versicherungsberatung; Versicherungswesen;
Klasse 37:
Bauwesen, insbesondere Bau von technischen Anlagen; Reparaturwesen, nämlich Instandhaltung von technischen Anlagen; Reparatur- und Wartungsarbeiten an Versorgungsanlagen für elektrische und thermische Energie sowie Gas; Klempnerarbeiten, Elektroinstallation; Installation, Demontage, Reparatur und Instandhaltung von Leitungen und Zählern für elektrische und thermische Energie sowie Gas;
Klasse 42:
Dienstleistungen von Ingenieuren, insbesondere auf den Gebieten des Transports von elektrischer und thermischer Energie sowie Gas, der Versorgung mit elektrischer und thermischer Energie sowie Gas; technische Energieberatung; technische Überwachung von Leitungen mittels wissenschaftlicher und technischer Untersuchungen; technische Messungen von Strom; Vermietung von Messgeräten, insbesondere Messgeräten für den Stromverbrauch; Vermietung von Kontrollgeräten, insbesondere Kontrollgeräten für den Stromverbrauch; Beratung im Zusammenhang mit energiesparenden Maßnahmen, insbesondere durch Auswertung von Messdaten von Stromzählern, auch online; Beratung zu technischen Fragen; Installation und Wartung von Computersoftware für den Datentransfer zur Fernablesung von Stromzählern; Erstellung von Programmen für Datenverarbeitung, insbesondere von Programmen auf den Gebieten des Gastransportes, der Versorgung mit elektrischer und thermischer Energie sowie Gas;
Klasse 45:
Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit; juristische Dienstleistungen; Sicherheitsdienstleistungen zum Schutz von Sachwerten oder Personen; Überprüfung der Sicherheit von Fabriken; Vergabe von Lizenzen in gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Verwaltung von Urheberrechten.
Mit Beschluss vom 4. Dezember 2012 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung wegen Nachahmung eines Hoheitszeichens gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Bildzeichen stelle eine Nachahmung der Schweizer Flagge dar. Es enthalte die wesentlichen Merkmale des Schweizer Wappens im Bundesbeschluss der Schweizer Bundesversammlung vom 12. Dezember 1889, nämlich ein aufrechtes, freistehendes weißes Kreuz mit Armen gleicher Länge in einem dunklen quadratischen Feld. Dass beim vorliegenden Bildzeichen die Kannten des Rechtecks abgerundet seien und das weiße Kreuz nicht die korrekten geometrischen Abmessungen des Schweizer Kreuzes aufweise, führe nicht von der Auffassung weg, dass es sich um das Staatssymbol der Schweiz handele. Denn selbst dem Teil des Publikums, dem die exakten Proportionen des Kreuzes bekannt seien, werde der geringe Unterschied nicht auffallen, weil ein „Nachmessen“ fern liege. Trotz seiner vom Original abweichenden Farbgebung fassten die angesprochenen Verkehrskreise das Bildzeichen als Schweizer Kreuz bzw. Schweizer Fahne auf. Beim Publikum rufe es daher den Eindruck hervor, die so gekennzeichneten Dienstleistungen stünden im Zusammenhang mit der Schweiz, deren Hoheitszeichen die sog. „Swissness“ symbolisierten, d. h. hohe Glaubwürdigkeit, Umweltschutz, Sicherheit, Eleganz, Innovation, Fairness, Präzision, Zuverlässigkeit, politische Stabilität, Natürlichkeit und Genauigkeit (Anlage A 1 zum angefochtenen Beschluss). Wie eine Internetrecherche gezeigt habe, würden auf den einschlägigen Dienstleistungsgebieten entsprechende Leistungen auch von Schweizer Unternehmen angeboten (Anlagen A 2 und A 3 zum angefochtenen Beschluss) oder könnten in einem sachlichen Bezug zur Schweiz stehen (Anlagen A 4 und A 5 zum angefochtenen Beschluss).
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,
den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. Dezember 2012 aufzuheben.
Sie trägt vor, bei dem Anmeldezeichen handele es sich um ein weißes Pluszeichen auf blauem abgerundetem Rechteck. Die Proportionen dieses Pluszeichens seien nicht wie das Schweizer Kreuz im Verhältnis 1 : 6 (Länge gegenüber Breite der Arme des Kreuzes) ausgestaltet. Es sei im Verhältnis zur Fläche des Rechtecks deutlich kleiner als das Schweizer Kreuz. Darüber hinaus seien die Ecken des Rechtecks deutlich wahrnehmbar abgerundet, so dass die streng quadratische Form der Schweizer Flagge fehle. Auch die Farbgebung in Blau verhindere, dass die angesprochenen Verkehrskreise in dem Zeichen eine Nachahmung der in roter Farbe gehaltenen Schweizer Flagge erkennen. Vorliegend wichen die Größenverhältnisse und die Kreuzdarstellung deutlich von der Schweizer Flagge ab. Auch die bisherige Eintragungspraxis des DPMA zeige, dass in der Vergangenheit und auch nach der vorliegenden Markenanmeldung eine Vielzahl von Marken als eintragungsfähig erachtet worden seien, die ein Kreuz oder Pluszeichen auf quadratischem oder fast quadratischem Hintergrund aufwiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagenkonvolute BE 3 und BE 8 Bezug genommen. In der Entscheidung zu (25 W (pat) 64/11) habe das BPatG die Auffassung vertreten, dass das dort im angemeldeten Zeichen enthaltene weiße Kreuz auf andersfarbigem Hintergrund nicht als Nachahmung eines Hoheitszeichens anzusehen sei. Auch das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum habe in seinen „Richtlinien in Markensachen“ (Anlage BE 4, Bl. 68 GA) u. a. ausgeführt, dass ein weißes Kreuz auf andersfarbigem Grund nicht mit dem Schweizer Kreuz verwechselt werde. Das Zeichen sei mehrdeutig, weil es sowohl als Kreuz als auch als Pluszeichen aufgefasst werden könne. Ferner eigne es sich aufgrund seiner grafischen Gestaltung als Herkunftshinweis. Dem Bildzeichen der Anmelderin, die ein Verbund lokaler und regionaler Energieversorger in Deutschland sei, komme bereits jetzt auf dem Energiemarkt maßgebliche Unterscheidungskraft zu. Das DPMA habe zahlreiche Zeichen, die aus einem Kreuz bzw. einem Pluszeichen bestünden, ebenfalls für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 42 und/oder 45 für eintragungsfähig gehalten. Wegen der einzelnen Marken wird auf die Seiten 4 und 5 des Schriftsatzes vom 2. Mai 2013 sowie das Anlagenkonvolut BE 5 Bezug genommen. Die beiden vergleichbaren Bildmarken 1025864 und 1035109 seien für die vorgenannten Dienstleistungsklassen mit Wirkung für die Europäische Union international registriert (Anlagenkonvolut BE 6). Ferner gebe es viele ähnlich gebildete Gemeinschaftsbildmarken. Wegen der Einzelheiten wird auf die Seiten 6 ff. des Schriftsatzes vom 2. Mai 2013 sowie die Anlagenkonvolute BE 7 und BE 9 Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die nach § 66 Abs. 1 i. V. m. § 64 Abs. 6 MarkenG statthafte Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Das angemeldete Bildzeichen ist zwar keine Nachahmung eines Hoheitszeichens gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 MarkenG, aber ihm steht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen hat.
1.
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG sind Zeichen, die Staatswappen, Staatsflaggen oder andere staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Ortes oder eines inländischen Gemeinde- oder Kommunalverbandes enthalten, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG gilt dies auch für Zeichen, die Abbildungen enthalten, welche zwar mit den in § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG genannten Staatssymbolen und anderen Hoheitszeichen nicht identisch sind, diese aber nachahmen.
Der gesetzgeberische Zweck des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG liegt darin zu verhindern, dass öffentliche Hoheitszeichen für geschäftliche Zwecke ausgenutzt oder gar missbraucht werden, zumal sie auch nicht Gegenstand von Monopolrechten einzelner Privater werden dürfen (BPatG GRUR 2005, 679 (680) - Bundesfarben; BPatG GRUR 2009, 495 (496) - Flaggenball). Es ist daher zu prüfen, ob das beanspruchte Zeichen in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise geeignet ist, als Hoheitszeichen in Erscheinung zu treten (BPatG GRUR 2009, 495, 496 – Flaggenball).
Ob in der Marke ein staatliches Hoheitszeichen nachgeahmt wird, ist dabei nicht durch Rückgriff auf die allein das Markenkollisionsrecht regelnden Vorschriften in § 9 Abs. 1 Nr. 2 und § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG mittels der Prüfung einer etwaigen Ähnlichkeit oder einer Gefahr der Verwechslung der betreffenden Marke mit staatlichen Hoheitszeichen zu ermitteln (vgl. amtl. Begr. MarkenG, BT-Drucks. 12/6581 vom 14.1.1994, S. 71). Der Begriff der Nachahmung im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG knüpft vielmehr an den in Art. 6ter Abs. 1 Buchst. a der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums (PVÜ) enthaltenen Begriff der „Nachahmung im heraldischen Sinn“ an (vgl. amtl. Begr., a. a. O.). Hierunter fallen solche Nachahmungen, die gerade die charakteristischen heraldischen Merkmale aufweisen, die das Hoheitszeichen von anderen Zeichen unterscheidet. Bei dem Vergleich „im heraldischen Sinne” ist auf die (offizielle) heraldische und nicht auf die geometrische Beschreibung des Hoheitszeichens abzustellen, die ihrem Wesen nach wesentlich detaillierter ist Eine Nachahmung im heraldischen Sinne wird nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass das Hoheitszeichen in bestimmter Weise stilisiert oder dass nur ein Teil von ihm verwendet worden ist (EuGH GRUR Int 2010, 45 Rdnr. 50 ff. - Ahornblatt).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ahmt das angemeldete Bildzeichen kein Hoheitszeichen in Form des Schweizer Wappens oder der Nationalflagge der Schweiz nach.
Art. 1 des Bundesbeschlusses der Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend das eidgenössische Wappen vom 12. Dezember 1889 lautet wie folgt:
„Das Wappen der Eidgenossenschaft ist im roten Felde ein aufrechtes, freistehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind.“
In gleicher Weise ist die Nationalflagge der Schweiz gestaltet. Die Form der Schweizer Fahne ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Da sie aber auf ein militärisches Feldzeichen zurückgeht, hat sie eine quadratische Form (vgl. Erläuternder Bericht – Schutz der Herkunftsbezeichnung Schweiz und des Schweizerkreuzes (Swissness-Vorlage) vom 28. November 2007 zu Art. 3, Bl. 63 VA im Parallelverfahren 29 W (pat) 510/13). Der Farbton wurde am 1. Januar 2007 festgelegt. Das Rot entspricht der Pantonezahl 485 und besteht aus einer Mischung von je 100 % Magenta und Gelb (http://www.swissworld.org/de/kultur/swissness/geschichte_der_schweizer_flagge/).
Das Bildzeichen ist in blau-weißer Farbe angemeldet. In dieser Farbgebung zieht der Verkehr wegen der entscheidenden Bedeutung der Farbe für den Gesamteindruck keinen Rückschluss auf die rot-weiße Schweizerfahne. Vielmehr steht das Bildzeichen im starken Kontrast zur Schweizer Flagge, die maßgeblich durch die rote Farbe charakterisiert ist. Dem angemeldeten Bildzeichen fehlt daher ein für den Betrachter ganz entscheidendes heraldisches Merkmal des Schweizer Hoheitszeichens, nämlich der rote Hintergrund.
2.
Der Eintragung des Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen aber das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.
a)
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH MarkenR 2012, 19, Rdnr. 8 - Link economy; GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 - TOOOR!; GRUR 2010, 825, 826, Rdnr. 13 - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854, Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411, 412, Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944, Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Die Unterscheidungskraft von Bildmarken bemisst sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Soweit die Elemente eines Bildzeichens nur die typischen Merkmale der in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen darstellen bzw. die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen inhaltlich beschreiben und/oder sich in einfachen dekorativen Gestaltungsmitteln erschöpfen, an die sich der Verkehr etwa durch häufige Verwendung gewöhnt hat, wird einem Zeichen im Allgemeinen wegen seines bloß beschreibenden Inhalts die konkrete Eignung fehlen, die mit ihm gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen von denjenigen anderer Herkunft zu unterscheiden. Weist das in Rede stehende Zeichen dagegen nicht nur die Darstellung von Merkmalen, die für die Ware oder Dienstleistung typisch bzw. beschreibend oder lediglich von dekorativer Art sind, sondern darüber hinausgehende charakteristische Merkmale auf, in denen der Verkehr einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sieht, so kann die Unterscheidungskraft nicht verneint werden (BGH GRUR 2011, 158 Rdnr. 8 – Hefteinband; GRUR 2005, 257, 258 – Bürogebäude; GRUR 2004, 683, 684 - Farbige Arzneimittelkapsel; GRUR 2001, 239, 240 – Zahnpastastrang; GRUR 2001, 1153 - antiKalk).
b)
Nach diesen Grundsätzen verfügt das angemeldete Bildzeichen nicht über das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft, da es für die angemeldeten Dienstleistungen nur eine bildliche Sachangabe enthält.
aa)
Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Bezeichnung Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Mit den vorliegenden Dienstleistungen werden sowohl Unternehmensinhaber und Angehörige der unternehmerischen Führungsebene bzw. des Managements als auch der Endverbraucher angesprochen.
bb)
Das angemeldete Bildzeichen stellt ein weißes Kreuz mit gleich langen Armen auf blauem Grund im abgerundeten Quadrat dar. Diese Abbildung stellt zugleich, wie auch die Anmelderin selbst vorgetragen hat, ein Pluszeichen (+) dar.
aaa)
„plus“ bedeutet „zuzüglich, und, Mehrbetrag, Überschuss, Vorteil, Vorzug, Positivum (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]) und zählt als gängige Anpreisung und Qualitätsberühmung in den unterschiedlichsten Waren- und Dienstleistungsbereichen zum elementaren Grundwortschatz der Werbesprache im Sinne eines irgendwie gearteten, positiven Überschusses oder zusätzlichen Vorteils bzw. im Sinne eines „Mehr an Qualität oder Komfort“ im Vergleich zum üblichen Standard, den die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen bieten (BPatG 30 W (pat) 70/10 – be Well energy+; 28 W (pat) 503/10 – Premium PLUS+; 28 W (pat) 2/10 – Naturplus; 26 W (pat) 81/07 – FRUTA PLUS; 33 W (pat) 47/04 – BUZPlus; 28 W (pat) 296/03 - Plus; 24 W (pat) 51/04 - PROTECTION PLUS; 25 W (pat) 310/03 - medizin plus; 29 W (pat) 38/11 – FairGasPlus; 29 W (pat) 144/10 - Fairplus). Der Verbraucher kennt „plus“ im Zusammenhang mit vielfältigen Produkten und Dienstleistungen daher als allgemeinen Hinweis darauf, dass hierbei ein „mehr“ an Inhalt, Leistungen oder Neuerungen geboten wird.
bbb)
Diese Vorstellungen verbindet er auch mit dem grafischen Pluszeichen (vgl. Agnes Berreth, Das Pluszeichen – ein Multitalent, in strichwerk 2009, S. 36, 39, 41, 45 - Anlage A im Parallelverfahren 29 W (pat) 509/13, Bl. 72 – 87 GA).
cc)
Die Bedeutung eines (positiven) Mehrwerts kommt dem verfahrensgegenständlichen Bildzeichen für alle angemeldeten Dienstleistungen zu. Die angesprochenen Verkehrskreise werden aufgrund dieses farbig dargestellten Pluszeichens davon ausgehen, dass sie bei der Inanspruchnahme dieser Dienstleistungen einen zusätzlichen Vorteil im Sinne eines „Mehr an Qualität oder Komfort“ im Vergleich zu anderen Dienstleistern erhalten. Damit handelt es sich beim Anmeldezeichen nur um eine bildhafte Angabe des Inhalts und der Art der beanspruchten Dienstleistungen. Die Recherche des Senats hat zudem ergeben, dass ein weißes Kreuz auf blauem, meist kreisförmigem Grund häufige Verwendung findet (vgl. Pluszeichen unter www.google.de; „WOCHENEND-PLUS“ in „Die Welt“ vom 18. April 2013, S. 5).
aaa)
Hinsichtlich der Dienstleistungen der Klasse 35 weist das angemeldete Bildzeichen daher einen im Vordergrund stehenden Begriffsinhalt auf.
Im Bereich der „Werbung; werbefachliche Beratung“ wird „Plus“ und/oder das entsprechende Zeichen häufig benutzt, um Vorteile des jeweiligen Werbedienstleisters anzupreisen:
- „UNSER PLUS - … Neben individueller Beratung stehen fachliche Kompetenz und Professionalität. … Das macht Stein-Werbung GmbH zum idealen Partner für den Mittelstand und Kleinbetriebe (http://www.stein-werbung.de/plus.php);
- Internetauftritt der Werbeagentur Emmerich mit Pluszeichen und dem Wort „plus“ (http://www.werbungplus.de/);
- „Unser Plus – Ihr Vorteil“ (http://www.martin-reklamen.ch/unserplus_de.cfm);
- „Unser Plus: Wir verfügen über langjährige Erfahrung in nahezu allen Bereichen der Druckwerbung. … (http://www.printexwerbung.de/).
Ein „Mehrwert“ wird mit Hilfe des Wortes „Plus“ und dem damit gleichzusetzenden Pluszeichen auch bei den Dienstleistungen „Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung“ sowie den Unternehmensberatungs- und Personaldienstleistungen zum Ausdruck gebracht, wie die Leistungsbeschreibungen entsprechender Dienstleister zeigen:
- „Unser Plus – Vertrauen und Stärke“ (http://www.management-link.de/WerWirSindPartner/);
- „Doppelte Kernkompetenz ist unser Plus und ihr Vorteil. Neben den klassischen Ingenieurleistungen bietet Ihnen unser Unternehmen … Unternehmensberatung …“ (Unternehmensberatung Gernsheim);
- „Unser Plus 6 Konzept für Arbeitgeber … Nach einem gemeinsam erarbeiteten Stellenprofil suchen wir bundesweit Ihr Personal …“ (Unternehmensberatung Metterhauser);
- „!!! Unser Plus !!! Hervorragende Mitarbeiter – Elektronische Zeiterfassung – Persönliche Kundenbindung“ (http://adhocpersonal.de).
Im hier betroffenen Bereich der Energiewirtschaft wird das Pluszeichen auch vielfach als Hinweis auf bestimmte Tarifarten („StadtwerkePlus“ [Stadtwerke Bochum]; „strom PLUS“ [Stadtwerke Elmshorn; Stadtwerke Peine]; „FEST STROM Plus“ [Stadtwerke Elmshorn]; „Halplus Strom Spar+“ [EVH]) oder als dekoratives Element in den jeweiligen Internetauftritten („E… GmbH“; „Stadtwerke Bochum“) genutzt (Anlagen 1 – 5 in 29 W (pat) 509/13, Bl. 88 – 93 GA, auch alle nachfolgend genannten Anlagen befinden sich in der Parallelverfahrensakte 29 W (pat) 509/13).
„Plus“ in der Bedeutung besonderer, über den üblichen Standard hinausreichender Dienstleistungen wird auch in der Branche der Energieberater und –versorger häufig verwendet:
- „Unser Plus für Sie – Wir versorgen Sie nicht nur mit Energie, sondern unterstützen Sie auch in wichtigen Energiefragen. … (http://www.koethenergie.de/privatkunden/service-beratung/);
- „Energiesparberatung + Energie-Check … Unser Plus: Wir sind als Energieausweis-Aussteller bei der dena und als Vor-Ort-Berater bei der BAFA zugelassen …“ (http://www.sanieren-profitieren.de);
- „E5plus – die Energieberater – bieten Leistungen in den Bereichen Energieberatung und Energiemanagement. … Unser Plus – das One-Stop-Shop-Prinzip …“ (http://www.e5plus.at/);
- „PROGAS plus ist das Plus an Wohlgefühl: ein Servicepaket, das Ihnen alle Wünsche rund um Ihre Energieversorgung erfüllt (www.progas.de/downloads.html).
bbb)
Dies gilt auch in Bezug auf die in Klasse 36 beanspruchten Dienstleistungen aus den Bereichen des Immobilien- und Versicherungswesens sowie der Vermögensverwaltung: Sowohl das Wort „plus“ als auch das Pluszeichen als Symbol dafür werden hier als sachliche Angabe einer positiven Eigenschaft der Dienstleistung im Sinne eines zusätzlichen Vorteils bei deren Inanspruchnahme verstanden:
- Immobilienwesen:
- „+ Wir sind erfolgreich in der Langzeitvermietung …“ (Internetauftritt der Agentur Plus, Anlage 9, Bl. 97 GA);
- „Das plus an Service“ (Anlage 10, Bl. 98 GA);
- „Ihr Plus bei Immobilien“ (Anlage 11, Bl. 99 GA);
- „Plus + Verkaufsgarantie …“ (Anlage 13, Bl. 101 GA);
- Internetauftritt der Plusbau GmbH (mit Pluszeichen, Anlage 14, Bl. 102 GA);
- „ACP - das Plus am Bau“ (Anlage 15, Bl. 103 GA);
- „Beratung ist unser Plus – Kneilmann – Immobilien und Hausverwaltung (http://www.kneilmann.de);
- „Unser Plus, wir optimieren Ihre Immobilie auch in den Bereichen Strom, Gas, Heizung- und Energieersparnis …“ (http://www.tuk-dresden.de/verwlten-a-vermieten);
- Ihre Aufgaben rund um die Immobilie können Sie getrost uns überlassen. … Unser Plus an Leistungen: … (http://www.hennecke-immobilien.de/Verkauf.html);
- „Das ist unser Plus an Service. Das ist ‚Echt‘ Distler“ (http://www.distler24/de/);
- Vermögensverwaltung:
- Internetauftritt der vier plus GbR (mit Pluszeichen, Anlage 15a, Bl. 104 GA);
- „Mein PLUS an Sicherheit“ (Anlage 15b, Bl. 105 GA);
- „Großes Plus für alle Kunden: Ihr Vermögen ist absolut sicher …“ (Anlage 15c, Bl. 106 GA);
- „Unser großes Plus …“ (Anlage 15d, Bl. 107 GA);
- „Ihr großes Plus an Leistung - GiroPlus“ (Anlage 15e, Bl. 108 GA);
- „+ Die Chancen im Einzelnen: Chancen der europäischen Renten- und Aktienmärkte …“ (Produktinformation UniBalancePlus der Union Investment Privatfonds GmbH, Anlage 15f, Bl. 109 GA);
- Versicherungswesen:
- „IHR PLUS AN ÜBERBLICK – Mit dem R-V-VersicherungsCheck“ (mit Pluszeichen, Anlage 16, Bl. 110 GA);
- „Ein Plus für Ihre Gesundheit“ (mit Pluszeichen, Anlage 17, Bl. 111 GA);
- „Gesundheitskarte Plus+ für mehr Gesundheit“ (Anlage 18, Bl. 112 GA);
- „Ihre Vorteile + “ „… Sie gewinnen an Lebensqualität und werden gleichzeitig durch unser BonusPlus von uns belohnt“ (Anlage 19, Bl. 113 GA);
- „Das Plus an Leistung - Das Plus an Gesundheit - Das Plus an Sicherheit“ (Anlage 20, Bl. 114 GA);
- „Unser Plus für gesetzlich Versicherte“ (LVM Versicherung).
ccc)
Auch hinsichtlich der in Klasse 37 angemeldeten Dienstleistungen aus den Bereichen Bau- und Reparaturwesen sowie Installationsarbeiten wird mit dem Wort „Plus“ bzw. dem entsprechenden Zeichen nur darauf hingewiesen, dass deren Inanspruchnahme dem Kunden einen zusätzlichen Vorteil verschafft:
- Bauwesen
- „Das Energie PLUS Haus“ (Anlage 21, Bl. 115 GA)
- „Plus-Energie-Haus“ (Anlage 22, Bl. 116 GA)
- „Familienhaus Plus“ & „Effizienzhaus PLUS (Anlage 23, Bl. 117 GA)
- „Internetauftritt der Contract Vario GmbH (Pluszeichen neben Hausfotos, Anlage 24, Bl. 118 GA);
- „+ UNSER PLUS FÜR SIE – ENTWICKLUNG UND BERATUNG … Die WOLFF & MÜLLER Gruppe ist eine der führenden Bauunternehmungen Deutschlands (http://www.wolff-mueller.de/assets/files/Publikationen/Downloads/WM_NachhaltigBauen.pdf);
- Instandhaltung
- „Unser Plus – Ob modern oder nicht mehr ganz neu: Auch für Aufzugsanlagen mit Baujahr vor 1960 können wir noch vielfach Ersatzteile liefern …“ (http://www.aufzugswartungsdienst.de/);
- „Werkstatt, Kundendienst & TÜV – Alles unter einem Dach … Unser Plus: Rundum-Service und Fachwissen (http://www.dietrich-scheurle.de/);
- Klempnerarbeiten, Installation
- „E. + K. Lang – Sanitär und Heizung … Unsere Vielseitigkeit ist unser PLUS und unsere Kompetenz ist über Bremens Grenzen bekannt … (http://www.hls-portal.de/HLS/Bremen/1080/Sanit...);
- Elektroinstallation
- „Unser Plus: Elektro Ullrich verfügt über einen Liefer- und Installationsservice … (http://www.euronics.de/weikersheim/info/Ueber-Uns).
Der Umstand, dass sich die angemeldeten Dienstleistungen teilweise auch auf Versorgungsanlagen sowie Leitungen und Zähler für elektrische und thermische Energie sowie Gas beziehen, ist dabei unerheblich, da es sich um einen von den Oberbegriffen erfassten Teilbereich handelt und für die Oberbegriffe Verwendungsbelege vorhanden sind.
ddd)
Auch bei den in Klasse 42 beanspruchten technischen Dienstleistungen wird das Wort „Plus“, dem das angemeldete Bildzeichen entspricht, verwendet, um eine größere Leistungsfähigkeit der Erbringer in den Vordergrund zu stellen:
- „Unser Plus – Ihr Vorteil … Verbindung von Ingenieurleistungen und Sachverständigentätigkeit … Technische Prüfung … Überwachung der technischen … Komponenten … Unser zusätzliche Plus … Technische Beratung (http://www.oschim.de/ingenieur/service.htm);
- „Unser Plus: + Beratung, Planung, Montage und Service – alles aus einer Hand … (http://www.lebensgerecht.de/liftsysteme.html);
- „Experts of Photovoltaic … Unser Plus: Fundiertes Fachwissen (http://pvexperts.de/das-netzwerk/4/Vorteile).
Für die Energieberatungsdienstleistungen sind bereits Verwendungsnachweise für „Plus“ bzw. das entsprechende Zeichen erörtert worden.
Was die Messdienstleistungen und die im Zusammenhang mit Messgeräten stehenden Dienstleistungen Vermietung, Softwareinstallation und –wartung für die Fernablesung betrifft, ist zu berücksichtigen, dass die Strommessgeräte regelmäßig mit einem Kreuz zur Kennzeichnung des Pluspols versehen sind. (vgl. Anlagen 25 – 29, Bl. 119 – 132 GA). Das angemeldete „Pluszeichen“ gibt somit nur ein Merkmal der Messgeräte wieder, die Gegenstand dieser Dienstleistungen sind, so dass es sich insoweit ebenfalls nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eignet.
eee)
Im Zusammenhang mit den in Klasse 45 angemeldeten Sicherheitsdienstleistungen und juristischen Dienstleistungen nehmen die angesprochenen Verkehrskreise das vorliegende Bildzeichen ebenfalls nur als Pluszeichen wahr. Denn auch in diesen Bereichen ist es üblich, mit „Plus“ im oben bereits dargelegten Sinne die besondere Qualität der Dienstleistungen oder Dienstleister hervorzuheben:
- Sicherheits-(beratungs)Dienstleistungen
- „DAS PLUS AN SICHERHEIT“ … „Mit dem Plus an Sicherheit sorgen wir für einen reibungslosen Ablauf eines Vorhabens und stehen Ihnen auch bei der Planung mit unserer Kompetenz beratend zur Seite (Anlage 30, Bl. 124 GA);
- „“Mehr als nur ein Sicherheitsdienst oder Detektei – Schl. - das Plus an Leistung und Service“ (Anlage 31, Bl. 125 GA);
- „Technische Unterstützung gibt ein Plus an Sicherheit“ (Anlage 32, Bl. 126 GA);
- „Unser Plus gegenüber anderen Sicherheitsdienstleistern ist besonders unsere Flexibilität. … (http://www.netuschil-sicherheit.de/);
- Juristische Dienstleistungen
- „Das Plus an Hilfe: Juracare“ (Anlage 34, Bl. 128 GA);
- „das plus an Service“ (Anlage 35, Bl. 129 GA);
- „Wir schaffen Mehrwerte - Starke Partner für Ihr Plus an Leistung“ (Anlage 36, Bl. 130 GA);
- „Unsere 7 Pluspunkte …“ (Anlage 37, Bl. 131 GA).
fff)
Eine besonders eigentümliche oder charakteristische grafische Ausgestaltung, die dem Zeichen Unterscheidungskraft verleihen könnte, weist das angemeldete Bildzeichen weder in einzelnen Bestandteilen noch in seiner Gesamtheit auf. Die Verwendung einer rechteckigen bzw. quadratischen Form, der farbige Hintergrund und die inverse Darstellung des Kreuzes sind werbeübliche grafische Gestaltungsmittel. Mit den abgerundeten Ecken wird eine Kreisform und damit wieder eine einfache geometrische Form angedeutet. Ferner unterscheidet sich das weiße Kreuz nicht von der herkömmlichen Darstellung in anderen Pluszeichen, was anhand der bereits erwähnten Internetrecherche unter www.google.de zu Pluszeichen festgestellt wurde.
2.
Da es dem angemeldeten Bildzeichen hinsichtlich der in Rede stehenden Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob seiner Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an seiner freien Verwendbarkeit entgegen steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
3.
Soweit sich die Anmelderin auf mehrere Voreintragungen beruft, können diese ebenfalls keinen Eintragungsanspruch begründen.
Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des DPMA, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 GG darstellen. Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich herausstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche rechtswidrig waren (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 15 – print24). Allein aus einer oder wenigen vorangegangenen Entscheidungen lässt sich jedoch noch nicht der Vorwurf einer willkürlichen Ungleichbehandlung ableiten, zumal es sich um rechtswidrig vorgenommene Eintragungen oder Eintragungen vor Eintritt einer Richtlinien- oder Rechtsprechungsänderung handeln kann. Niemand kann sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (EuGH GRUR 2009, 667, 668 Rdnr. 18 – Volks.Handy, Volks.Camcorder, Volks.Kredit und SCHWABENPOST). Für die erforderliche Bereinigung des Markenregisters sieht das Gesetz das Löschungsverfahren vor, das von jedermann eingeleitet werden kann.
Bei den Voreintragungen (30 2010 047 829), (30 2010 065 765), (30781229), (30 2008 025 044) und (30 2009 033 926) handelt es sich um Wort-/Bildmarken, so dass es insoweit an einer Vergleichbarkeit mit dem hier vorliegenden reinen Bildzeichen fehlt. Die am 10. April 2007 registrierte Bildmarke (30672537) unterscheidet sich schon durch die Schrägstellung des Kreuzes deutlich von dem hier angemeldeten Pluszeichen. Ferner liegt die Eintragung schon zu lange zurück und ist für völlig andere Waren und Dienstleistungen erfolgt. Da auch die übrigen durch Vorlage von Registerauszügen ins Verfahren eingeführten Voreintragungen (Anlagenkonvolut BE 3) Wort-/Bildmarken sind, können auch diese nicht herangezogen werden, um eine willkürliche Eintragungspraxis des DPMA zu belegen.
Soweit die Anmelderin auf mehrere deutsche Bildmarken mit Kreuzdarstellungen vor überwiegend dunklem Hintergrund hinweist (Anlagenkonvolut BE 5), ist festzustellen, dass diese schon von der grafischen Ausgestaltung her deutliche Unterschiede aufweisen. Das Gleiche gilt für die angeführten deutschen Marken mit Schweizer Bezug (Anlagenkonvolut BE 8), zumal es sich dabei um Wort-/Bildmarken handelt, die mit dem vorliegenden Bildzeichen nicht vergleichbar sind.
Was die von der Anmelderin angeführten mit Wirkung für die Europäische Union international registrierten Bildmarken (Anlagenkonvolut BE 6) und die Gemeinschaftsmarken (Anlagenkonvolute BE 7 und BE 9) betrifft, reichen diese Eintragungen nicht aus, um das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Inland auszuräumen. Die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union auf der Grundlage des harmonisierten Markenrechts oder vom Harmonisierungsamt aufgrund der Gemeinschaftsmarkenverordnung getroffenen Entscheidungen über absolute Eintragungshindernisse sind für nachfolgende Verfahren in anderen Mitgliedstaaten unverbindlich (EuGH GRUR 2004, 428, 432, Nr. 63 – Henkel; GRUR 2004, 674 Rdnr. 43 f. - Postkantoor). Sie vermögen nicht einmal eine Indizwirkung zu entfalten (BGH GRUR 2009, 778, 779 Rdnr. 18 – Willkommen im Leben).