Entscheidungsdatum: 25.04.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2009 032 317.8
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich am 25. April 2012
beschlossen:
1. Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Oktober 2009 und vom 22. Februar 2011 werden aufgehoben, soweit die Markenanmeldung 30 2009 032 317.8 hinsichtlich der Waren
"Schutzhelme für den Sport"
zurückgewiesen worden ist.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Anmelderin zurückgewiesen.
I.
Das nachfolgend abgebildete Zeichen
ist am 2. Juni 2009 als Marke zur Eintragung in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister mit der Farbangabe "silber und schwarz" für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 9 angemeldet worden:
"Optische Geräte und Gegenstände, nämlich Brillen, Brillenetuis, Brillengläser, Brillenfassungen, Kneifer, Blendschutzbrillen, Sonnenbrillen, Sportbrillen; Schutzhelme für den Sport."
Die Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2009 032 317.8 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 14. Oktober 2009 und vom 22. Februar 2011, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.
Aus Sicht der Markenstelle steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG in Verbindung mit § 8 Abs. 4 Satz 1 MarkenG entgegen. Der ein gleichseitiges weißes Kreuz vor einem linsenförmigen, silberfarbenen Hintergrund enthaltende Zeichenbestandteil sei zwar nicht mit der Schweizer Bundesflagge bzw. dem Schweizer Bundeswappen identisch. Er stelle jedoch eine Nachahmung der Bundesflagge bzw. des Bundeswappens der Schweiz dar, da er charakteristische heraldische Merkmale der Bundesflagge bzw. des Bundeswappens der Schweiz aufweise. Dessen Merkmale bestünden aus einem aufrechten, freistehenden weißen Kreuz auf rotem Grund. In gleicher Weise enthalte das angemeldete Zeichen ein freistehendes weißes Kreuz in den dem Schweizerkreuz entsprechenden Größenverhältnissen. Daher weise dieses Zeichen einen für die angesprochenen Verkehrskreise zweifelsfrei erkennbaren hoheitlichen Bezug auf. Dieser Eindruck sei angesichts des Wortbestandteils "Swiss" offenbar auch beabsichtigt. Daran ändere die Farbgebung des angemeldeten Zeichens (weißes Kreuz auf silberfarbenem Grund) nichts, da der Verkehr dies als eine schwarz/weiße Darstellung der Schweizer Bundesflagge bzw. des Schweizer Bundeswappens auffassen werde.
Dagegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde.
Sie ist der Auffassung, dass das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG nicht erfüllt sei. Das angemeldete Zeichen enthalte als grafisches Element die Abbildung eines "Plus-Zeichens (+-Zeichen)" auf silberfarbenem Grund. Es sei ausgeschlossen, dass das Zeichen mit einem roten Hintergrund dargestellt werde. Ferner weise die grafische Gestaltung des Zeichens erkennbar weder die Form eines Wappens noch einer Flagge auf. Eine Verwechslungsmöglichkeit mit dem Schweizer Staatswappen sei daher ausgeschlossen.
Zu dem Senatshinweis vom 11./12. Januar 2012 (Bl. 17 ff. /20 ff. d. A.), dass zwar das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG nicht erfüllt sein dürfte, jedoch für einen überwiegenden Teil der beanspruchten Waren die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG in Betracht kommen könnten, hat die Anmelderin inhaltlich nicht Stellung genommen.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. Oktober 2009 und vom 22. Februar 2011 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den weiteren Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch weitgehend, nämlich in Bezug auf die Waren "Optische Geräte und Gegenstände, nämlich Brillen, Brillenetuis, Brillengläser, Brillenfassungen, Kneifer, Blendschutzbrillen, Sonnenbrillen, Sportbrillen" unbegründet. Zwar ist das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG nicht erfüllt, jedoch steht der Eintragung des angemeldeten Zeichens insoweit das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen. Begründet ist die Beschwerde lediglich hinsichtlich eines Teils der beanspruchten Waren, nämlich in Bezug auf die Waren "Schutzhelme für den Sport", da insoweit weder das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG, noch die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG erfüllt sind, so dass die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle insoweit aufzuheben waren.
1. Entgegen der Auffassung der Markenstelle ist das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG im vorliegenden Fall hinsichtlich aller beanspruchten Waren zu verneinen.
Das angemeldete Zeichen ist mit dem Schweizer Bundeswappen bzw. der Schweizer Bundesflagge nicht identisch. Es enthält auch keine Nachahmung des Schweizer Bundeswappens bzw. der Schweizer Bundesflagge, da es charakteristische heraldische Merkmale dieses Wappens bzw. dieser Flagge nicht wiedergibt.
Gemäß dem Bundesbeschluss der Schweizer Bundesversammlung vom 12. Dezember 1889 ist die Form des Schweizer Wappens wie folgt bestimmt worden:
"Das Wappen der Eidgenossenschaft ist im roten Felde ein aufrechtes, frei stehendes weisses Kreuz, dessen unter sich gleiche Arme je einen Sechstel länger als breit sind". Für die – konkrete - Farbgebung des roten Grundes enthält diese Bestimmung keine näheren Vorgaben.
Demgegenüber weist das grafische Element des angemeldeten Zeichens gemäß der in der Anmeldung enthaltenen Farbangaben - Schwarz und Silber - eine gegenüber dem Schweizer Wappen deutlich abweichende Farbgestaltung auf (vgl. zur Relevanz abweichender Farbgestaltungen bei der Beurteilung nach § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 MarkenG: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 636 m. w. N.). Vorliegend besteht das grafische Element des angemeldeten Zeichens aus einem linsenförmigen und- gemäß der in der Anmeldung enthaltenen Farbangabe - in der Farbe Silber gehaltenen Feld, welches ein weißes Kreuz umgibt. Dieses grafische Element wird von seinem Gesamteindruck her nicht als eine andersfarbige Darstellung eines ansonsten rot-weiß gestalteten Bildelements aufgefasst werden, zumal die Umrisscharakteristik des grafischen Elements allenfalls sehr entfernt an ein Schild oder Wappen erinnert. Vielmehr legt dieser linsenartige Umriss eine Assoziation mit einem Auge nahe. Aufgrund der vorgenannten Umstände erscheint die Ausgestaltung des grafischen Elements des angemeldeten Zeichens in erster Linie als ein dekorativer Hinweis, der keinen hoheitlichen Bezug vermittelt, was ebenfalls gegen die Annahme einer Nachbildung eines Hoheitszeichens spricht (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 644 m. w. N.).
2. Jedoch ist vorliegend in Bezug auf die Waren
"Optische Geräte und Gegenstände, nämlich Brillen, Brillenetuis, Brillengläser, Brillenfassungen, Kneifer, Blendschutzbrillen, Sonnenbrillen, Sportbrillen"
das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben.
a) Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind Zeichen von der Eintragung als Marke ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Der Zweck dieses Schutzhindernisses besteht vor allem darin, beschreibende Angaben oder Zeichen vom markenrechtlichen Schutz auszuschließen, weil ihre Monopolisierung einem berechtigten Bedürfnis der Allgemeinheit an ihrer ungehinderten Verwendbarkeit widerspricht, wobei bereits eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten ausreichen kann (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 265). Es genügt also, wenn die angemeldete Marke in Bezug auf die konkret beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als beschreibende Angabe geeignet ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 31 - Chiemsee; GRUR 2004, 674, Tz. 56 - Postkantoor). Für die Eignung als beschreibende Angabe ist auf das Verständnis des Handels und/oder des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers als maßgebliche Verkehrskreise abzustellen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 29 - Chiemsee; GRUR 2006, 411, Tz. 24 - MatratzenConcord).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen besteht das angemeldete Zeichen ausschließlich aus Angaben, die geeignet sind, Merkmale der vorgenannten, beanspruchten Waren (Optische Geräte und Gegenstände) zu beschreiben.
Der Bestandteil "Swiss" ist das englischsprachige Wort für "schweizerisch; Schweizer". Er ist mithin als Hinweis auf die geografische Herkunft der damit gekennzeichneten Waren geeignet. Der weitere Zeichenbestandteil "eye" ist das englischsprachige Wort für "Auge" und damit ebenfalls als Angabe eines Merkmals der vorliegend beanspruchten optischen Geräte und Gegenstände, nämlich ihrer Bestimmung und ihres Einsatzzwecks, geeignet.
Das grafisch gestaltete Element, und zwar ein linsenförmiger Rand mit silbernem Feld und weißem Kreuz, führt von der dargelegten beschreibenden Bedeutung der Wortbestandteile "Swiss" und "Eye" des angemeldeten Zeichens in keiner Weise fort. Denn auch wenn entsprechend den o. g. Ausführungen die charakteristischen heraldischen Merkmale der Schweizer Hoheitszeichen hier nicht wiedergegeben werden, erinnert das weiße Kreuz innerhalb des angemeldeten Zeichens jedenfalls von seiner konkreten Formgebung her an das Schweizer Kreuz und weckt damit im Zusammenhang mit dem Wortelement "Swiss" in naheliegender Weise Assoziationen mit dem geographischen Begriff "Schweiz". In vergleichbarer Weise weckt der linsenförmige Umriss Assoziationen mit dem Begriff "Auge". Mithin führen die vorgenannten grafischen Elemente gerade nicht von der beschreibenden Bedeutung der Wortbestandteile "Swiss" bzw. "Eye" weg, sondern unterstreichen diese eher noch. In ihrer Gesamtheit bzw. im Zusammenspiel der Wort- und Bildbestandteile weist das angemeldete Zeichen damit ausschließlich warenbeschreibende Angaben auf.
Bei der Beurteilung der Frage, ob eine merkmalsbeschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so auffasst, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 298 m. w. N.). Jedoch liegt es hier fern, dass der Verkehr nach den vorgenannten Grundsätzen das angemeldete Zeichen als Gesamtbegriff "Schweizer Auge" und diesen als phantasievollen und die betriebliche Herkunft der damit gekennzeichneten Waren individualisierenden Gesamtbegriff auffassen wird. Dagegen spricht, dass innerhalb des angemeldeten Zeichens die Wortbestandteile durch den grafischen Bestandteil deutlich getrennt sind. Zudem sind die Wortbestandteile in ihrer warenbeschreibenden Bedeutung ohne weiteres erkennbar. Es ist dabei davon auszugehen, dass der Verkehr in dem angemeldeten Zeichen insoweit nichts anderes wahrnimmt als die Summe der warenbeschreibenden Einzelbestandteile, nämlich als Angaben über die geografische Herkunft und die Bestimmung bzw. den Einsatzzweck der vorgenannten Waren. Geht ein Zeichen aber in seinem Gesamteindruck nicht über die glatt beschreibenden Einzelelemente hinaus, werden Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG regelmäßig zu bejahen sein (vgl. dazu Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8, Rdn. 146 ff. und 405 ff., insbesondere Rdn. 411 und 415, unter Bezugnahme auf EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 98 ff. - Postkantoor; GRUR 2004, 680, Tz. 39 ff. - BIOMILD; GRUR 2006, 229, Tz. 34 ff. - BioID).
c. Nach alledem spricht einiges dafür, dass in Bezug auf die vorgenannten Waren auch das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfüllt ist. Da aber bereits das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen ist, kann dies letztlich dahingestellt bleiben.
3. In Bezug auf die weiteren beanspruchten Waren, nämlich
"Schutzhelme für den Sport"
ist hingegen weder das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, noch dasjenige des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfüllt.
a) Insoweit besteht das angemeldete Zeichen nicht ausschließlich aus Angaben, welche im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG diese Waren oder deren Merkmale beschreiben. Denn das Wortelement "eye" stellt in Bezug auf diese Waren keine Bestimmungsangabe dar. Anders als bei den oben genannten optischen Geräten und Gegenständen schließt der Verkehr aus der Sachangabe "Eye" nicht auf den Einsatzzweck der damit gekennzeichneten "Schutzhelme für den Sport". Zwar kann es auch Schutzhelme geben, die etwa mit entsprechenden Visieren auch eine Schutzfunktion für die Augen erfüllen. Anders als bei den vorgenannten optischen Gegenständen erschließt sich diese Möglichkeit aber nicht ohne weiteres, sondern erst aufgrund mehrerer Gedankenschritte.
b) Das angemeldete Zeichen weist in Bezug auf "Schutzhelme für den Sport" auch Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf. Eine unmittelbar beschreibende Sachangabe liegt – wie ausgeführt – insoweit nicht vor. Über die Fälle unmittelbar beschreibender Sachangaben hinaus kann die erforderliche Unterscheidungskraft auch dann fehlen, wenn keine unmittelbar beschreibende Sachangabe vorliegt, das angemeldete Zeichen aber einen engen beschreibenden Bezug zu den beanspruchten Waren aufweist (vgl. BGH 2006, 850, 854, Tz. 19 - "FUSSBALL WM 2006"). "Schutzhelme für den Sport" stehen aber in keinem engen sachlichen Zusammenhang mit optischen Geräten oder sonstigen für die Augen bestimmten Gegenständen (z. B. als typische oder üblicherweise ergänzende Produkte wie dies etwa bei Brillenputztüchern im Verhältnis zu Brillen der Fall wäre). Mithin ist in Bezug auf die Ware "Schutzhelme für den Sport" auch kein enger beschreibender Bezug im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu bejahen.
4. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Anmelderin hat keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung gestellt (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Es waren ferner keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedurft hätten, so dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch aus anderen Gründen nicht geboten war (§ 69 Nr. 3 MarkenG).