Entscheidungsdatum: 27.06.2012
In der Beschwerdesache
……
betreffend die Marke 303 20 703
(Löschungsverfahren S 84/06, S 121/06, S 314/07)
hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 27. Juni 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker sowie der Richterin Kortge und der Richterin am Landgericht Uhlmann
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 15. Dezember 2010 wird aufgehoben, soweit die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden ist für Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, nämlich Testmagazine und Verbraucherinformationen;
Klasse 41:
Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen;
Klasse 42:
Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen; Information über Rechts- und Steuerfragen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die Wort-/Bildmarke
wurde am 10. Januar 2004 unter der Nummer 303 20 703 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register als verkehrsdurchgesetztes Zeichen für die Klassen 16, 35, 41 und 42 eingetragen. Nach Beschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses durch Teilverzicht im Beschwerdeverfahren, zuletzt in der mündlichen Verhandlung, bezieht sich diese Eintragung nur noch auf folgende Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, nämlich Testmagazine und Verbraucherinformationen;
Klasse 41:
Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen;
Klasse 42:
Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen; Information über Rechts- und Steuerfragen.
Am 13. März 2006, 25. April 2006 und 17. Oktober 2007 sind die Löschungsanträge der drei Antragstellerinnen beim DPMA eingegangen mit der Begründung, eine Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke sei nicht belegt. Das Gutachten des I… vom 11. Dezember 2003 weise gravierende methodische Mängel auf. Zum einen seien die Verkehrskreise nicht richtig ermittelt worden, und zum anderen liege die mit 43 % ermittelte Verkehrsbekanntheit unterhalb des Mindestdurchsetzungsgrades von 50 %. Das Verkehrsgutachten dieses Instituts vom 11. Januar 2010 über eine im Dezember 2009 durchgeführte Verkehrsbefragung zu "speziellen Zeitschriften für Testberichte und Verbraucherinformationen", das auf den Zwischenbescheid des DPMA vom 13. Juli 2009 eingeholt worden sei, reiche zum Nachweis einer Verkehrsdurchsetzung ebenfalls nicht aus. Die beteiligten Verkehrskreise seien zu eng definiert worden, weil keine Leser, sondern nur Käufer und Abonnenten einbezogen worden seien. Fehlzuordnungen seien nicht vom Kennzeichnungsgrad abgezogen worden, und angesichts des glatt beschreibenden Markenbegriffs reiche ein Durchsetzungsgrad von 58 % nicht aus.
Die Beschwerdeführerin und Antragsgegnerin hat den Löschungsanträgen mit am 18. Mai 2006, 15. September 2006 und 4. Dezember 2007 beim DPMA eingegangenen Schriftsätzen widersprochen und vorgetragen, die Marke als erster Verlag seit 1968 als Titel eines monatlich erscheinenden Verbrauchermagazin zu verwenden, das mit großem Abstand Marktführer unter den Verbraucherzeitschriften sei und umfangreich beworben werde. Der Gebrauch im Singular und die untypische Kleinschreibweise stellten ein Novum dar und begründeten damit die Unterscheidungskraft des Wortelements. Bei Verbraucherzeitschriften handele es sich nicht um Waren des täglichen Bedarfs bzw. des Massenkonsums, so dass nicht auf die Gesamtbevölkerung, sondern auf Personen abzustellen sei, die - wenigstens gelegentlich - Testberichte oder Warentests in Zeitungen oder Zeitschriften läsen. Gemäß der Prüferrichtlinie des DPMA sei bei der Ermittlung von Verkehrsbeteiligten nur auf Käufer abzustellen und die ermittelten Fehlzuordnungen rechtfertigten keine schematischen Abzüge. Schließlich sei bei der Frage der Verkehrsdurchsetzung nicht nur auf den Prozentsatz der Bekanntheit abzustellen, sondern alle Umstände des Einzelfalls seien zu berücksichtigen, wie die gutachterlichen Stellungnahmen von Frau Dr. N… vom 26. Oktober 2006 und 6. März 2007 ergeben hätten. Es lägen hier besondere Umstände vor, die ein Abweichen von der 50 %-Grenze rechtfertigten. Die Vermarktungsmöglichkeiten einer Stiftung seien nicht mit denjenigen einer gewöhnlichen Publikumszeitschrift vergleichbar, bei denen Gewinnerzielung und Werbung im Mittelpunkt des unternehmerischen Handelns stünden. Aufgrund des harten Konkurrenzkampfes im deutschen Zeitschriftenmarkt sei schon der Ausgangswert an erzielbarer Bekanntheit ungleich niedriger als in anderen Märkten, so dass für Marken von Monatszeitschriften Durchsetzungsgrade um 50 % in der Gesamtbevölkerung kaum je erzielbar seien.
Die Markenabteilung hat nach einer Anhörung der Verfahrensbeteiligten und der Sachverständigen Dr. N… sowie einem Zwischenbescheid vom 13. Juli 2009 mit Beschluss vom 15. Dezember 2010 die Löschungsverfahren verbunden, die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und Kostenanträge der Antragstellerinnen zu 2.) und 3.) sowie der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass der angegriffenen Marke bereits zum Eintragungszeitpunkt die erforderliche Unterscheidungskraft gefehlt und sie sich auch nicht im Verkehr durchgesetzt habe. Dem Wortelement "test" würden die Verkehrskreise lediglich den schlagwortartig verkürzten Hinweis entnehmen, dass sich die so bezeichneten Waren und Dienstleistungen thematisch mit "Tests", also mit Prüfungen zur Feststellung der Eignung, der Eigenschaften, der Leistung o. Ä. einer Person oder einer Sache befassten. Der Markenbegriff eigne sich daher bei Druckereierzeugnissen als Sachtitel, was sich auch auf die Dienstleistungen auswirke, die auf die Produktion und Veröffentlichung dieser Werke und deren Inhalte gerichtet seien. Der Begriff "test" beschreibe ferner unmittelbar auch den (möglichen) Gegenstand der Dienstleistungen "Information über Rechts- und Steuerfragen". Die Verwendung des Begriffes "test" in der Singularform werde nur als werbeübliche Verkürzung wahrgenommen. Die teilweise Verbindung bzw. Überlappung des dritten und vierten Buchstabens falle bei der optischen Wahrnehmung kaum ins Gewicht, zumal auch die ersten beiden Buchstaben untereinander verbunden seien, und der Abstand zwischen dem zweiten und dritten Buchstaben sehr gering sei. Sowohl bei der Kleinschreibung als auch bei der schlichten rechteckigen roten Unterlegung des in weißen Drucklettern wiedergegebenen Wortbestandteils mit angedeutetem Schattenwurf handele es sich nur um werbeübliche Gestaltungsmittel, so dass auch die Grafik keine Unterscheidungskraft zu begründen vermöge. Die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke habe sich nicht im Verkehr durchgesetzt. Auch wenn aufgrund der eingereichten Benutzungsunterlagen kein Zweifel an einer langjährigen Verwendung des streitgegenständlichen Zeichens, vor allem als Titelangabe eines seit 1968 monatlich erscheinenden Testmagazins sowie entsprechender Sonderhefte und Buchpublikationen, bestehe und ein sehr hohes Werbeaufkommen sowie eine Marktführerschaft der Zeitschrift "test" unter den Verbrauchermagazinen in Deutschland belegt sei, bedürfe es zusätzlich einer Verkehrsbefragung. Denn das Zeichen sei in der Vergangenheit überwiegend nicht isoliert, sondern seit Mitte der 1970er Jahre in unterschiedlicher Weise zusammen mit dem Unternehmenskennzeichen "Stiftung Warentest" benutzt worden. Eine Verkehrsdurchsetzung sei ohne Verkehrsbefragung daher allenfalls für diese Kombination, aber nicht für die in Rede stehende Wort-/Bildmarke belegt. Beim demoskopischen Gutachten vom 11. Dezember 2003 sei den befragten Personen eine Karte mit einer abweichenden Zeichendarstellung präsentiert worden. Ferner habe es unzutreffender Weise nur den Teil der Bevölkerung als verkehrsbeteiligt betrachtet, der wenigstens gelegentlich Testberichte oder Warentests in Zeitungen oder Zeitschriften lese, obwohl sich die Druckereierzeugnisse an die Gesamtbevölkerung richteten. Zudem könne das Gutachten allenfalls eine Verkehrsdurchsetzung für die Ware "Zeitschriften" belegen, nicht aber für den weiten Oberbegriff der Druckereierzeugnisse. Aber selbst bei einem entsprechend eingeschränkten Waren-/Dienstleistungsverzeichnis sowie einer Anerkennung der konkret gewählten Fragestellung reichte der erzielte Kennzeichnungsgrad von 45 % bei den Verkehrsbeteiligten angesichts des glatt beschreibenden Charakters des Begriffes "test" für die Waren "Zeitschriften" in keinem Falle aus, um eine Verkehrsdurchsetzung anzunehmen. Auch der im Verkehrsgutachten des I… vom 11. Januar 2010 gewählte Verkehrskreis sei zu eng, weil (bloße) Leser solcher Testmagazine nicht ausgenommen werden dürften. Neben den Käufern von Testmagazinen seien zumindest auch die gelegentlichen Leser und potentiellen Käufer solcher Magazine zu berücksichtigen. Aber auch hier wäre der ermittelte Kennzeichnungsgrad von 47 % der Gesamtbevölkerung in Anbetracht des glatt beschreibenden Begriffsinhalts unzureichend. Umstände, die abweichend vom Grundsatz, dass jeder seine eigenen Kosten trage, eine Kostenauferlegung rechtfertigten, seien von den Parteien dieses Löschungsverfahrens weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 15. Dezember 2010 aufzuheben.
Sie ist der Ansicht, dass der Wortbestandteil orthografisch/grammatikalisch "falsch" gebildet und damit sprachunüblich sei. Von einem Verständnis von "test" als Substantiv werde durch die Verwendung des Anfangsbuchstabens "t" in Kleinschreibweise abgerückt. Glatt beschreibend wäre das Wortelement nur in Großschreibung und in der Pluralform "Tests". Auch als Verb fordere "test" nicht imperativ zum Testen auf; in diesem Fall müsste es vielmehr "teste" heißen. Die Markenabteilung habe weder die Gewöhnung der Verkehrskreise an diesen ungewöhnlichen Begriff noch die Werbeüblichkeit der grafischen Gestaltungsmittel zum Eintragungszeitpunkt nachgewiesen. Der einzigartige Schriftzug sei bereits im April 1966 im Fotosatz von dem Grafiker M… erstellt und 1969 modifiziert worden. 1978 habe er seine typische Verbindung der Buchstaben "te" einerseits und "st" andererseits vom Grafiker M1… erhalten. 1999 sei er mit einem roten Fond verbunden worden. Wegen der Einzelheiten der Grafikentwicklung wird auf die Seiten 7 bis 9 der Beschwerdebegründung (Bl. 28 – 30 GA) Bezug genommen. Die Typographie der Wort-/Bildmarke zeichne sich durch die ungewöhnliche, deutlich ausgeprägte Krümmung der beiden Buchstaben "t" am jeweiligen unteren Ende aus, die an den Griff eines Regenschirms erinnere. Eine weitere individuelle künstlerische Eigenart sei die Verschmelzung von "te" einerseits und "st" andererseits, die gerade dadurch hervortrete, dass die jeweils verbundenen Buchstabenpaare wiederum voneinander getrennt seien. Ferner werde die streitgegenständliche Marke seit 1968 mit einer variierenden farblichen Gestaltung als Werktitel benutzt, mit dem das Publikum, da es sich um einen bekannten Titel einer regelmäßig erscheinenden periodischen Druckschrift handele, auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbinden könne. Ein Freihaltebedürfnis könne schon aufgrund der grafischen Ausgestaltung nicht angenommen werden. Eine etwaige Schutzunfähigkeit von Hause aus werde durch nachgewiesene Verkehrsdurchsetzung überwunden. Zwischen Zeitschriften und Druckereierzeugnissen bzw. der Herausgabe von Zeitschriften bestehe ein derart großes Näheverhältnis, dass die nur auf Zeitschriften bezogene Verkehrsbefragung im Jahre 2003 auch die Verkehrsdurchsetzung der Marke für die registrierten Dienstleistungen belege. Schon aufgrund des hohen Werbeaufkommens, der langjährigen Benutzung des Zeichens als Titel einer Zeitschrift seit 1968 und deren Marktführerschaft unter den Verbrauchermagazinen in Deutschland genüge ein Kennzeichnungsgrad von 45 % im Verkehrskreis zur Annahme der Verkehrsdurchsetzung. Es sei eine Besonderheit des Zeitschriftenmarktes, dass sich die Verbraucher beim Kauf nicht an den die Zeitschriften herausgebenden Verlagen, sondern am Titel orientierten. Auch die dem zweiten Gutachten zugrunde liegende Verkehrskreisabgrenzung sei lege artis vorgenommen worden. Dabei sei sogar ein Kennzeichnungsgrad von 58 % der Verkehrsbeteiligten ermittelt worden. Aber auch wenn man auf den dort erzielten Kennzeichnungsgrad von 47 % in der Gesamtbevölkerung abstelle, genüge dieser, um ein etwaiges Eintragungshindernis zu überwinden. Denn von einem glatt beschreibenden Charakter könne bei einer Wort-/Bildmarke nicht ausgegangen werden. Die Beschwerdeführerin regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage an, welche Voraussetzungen an die Unterscheidungskraft einer Marke zu stellen seien, die mit einem bekannten Werktitel einer periodisch erscheinenden Zeitschrift identisch sei, und ob bei unterstellter Schutzunfähigkeit aufgrund der Besonderheiten des Zeitschriftenmarktes ein geringerer Grad der Verkehrsdurchsetzung zur Überwindung eines Eintragungshindernisses ausreiche.
Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin zu 2.) beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt die Auffassung, der Wortbestandteil der Marke sei eine glatte Beschreibung des Inhalts der registrierten Waren und Dienstleistungen. Die angesprochenen Verkehrskreise seien daran gewöhnt, ohne gedanklichen Zwischenschritt von der Singularform auf eine Mehrzahl zu schließen. Gegenstand einer Veröffentlichung könne auch nur ein einziger "Test" sein. Die Kleinschreibung sei eine werbeübliche Schreibweise. Auch der Aufwärtshaken des Buchstabens "t" in der Schriftart "Times New Roman" wirke wie der Griff eines Regenschirms. Das teilweise ineinander Übergehen der Buchstaben werde erst bei näherem Hinsehen wahrgenommen. An den Erwerb einer Herkunftsfunktion bei bekannten Titeln periodisch erscheinender Werke stelle die Rechtsprechung hohe Anforderungen, die hier nicht erfüllt seien. Die beiden Verkehrsgutachten seien methodisch fehlerhaft, wie bereits im Amtsverfahren dargelegt worden sei. Selbst mit diesen Fehlern werde die Schwelle eines Durchsetzungsgrades von 50 % deutlich verfehlt. Aufgrund des glatt beschreibenden Wortbestandteils müsse der Durchsetzungsgrad zudem sogar deutlich über 50 % liegen.
Die Antragstellerinnen zu 1.) und 3.) haben sich weder im Beschwerdeverfahren geäußert noch an der mündlichen Verhandlung teilgenommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist nach Beschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses begründet.
Soweit nach Schluss der mündlichen Verhandlung verkündet worden ist, dass die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen wird, ist der Tenor wegen offensichtlicher Unrichtigkeit gemäß § 80 Abs. 1 MarkenG von Amts wegen zu berichtigen. Denn aufgrund der im Beschwerdeverfahren, zuletzt in der mündlichen Verhandlung, vorgenommenen Einschränkung des Waren-/Dienstleistungsverzeichnisses ist die Beschwerde der Markeninhaberin in vollem Umfang begründet und für eine (Teil-)Zurückweisung besteht kein Raum mehr.
1.
Die drei Löschungsanträge waren zulässig.
a)
Einen Löschungsantrag kann jedermann stellen (§ 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Die drei Beschwerdegegnerinnen haben ihre am 13. März 2006, 25. April 2006 und 17. Oktober 2007 beim DPMA eingegangenen Löschungsanträge innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG gestellt, da die angegriffene Marke seit dem 30. Januar 2004 eingetragen ist.
b)
Die Antragsgegnerin hat den ihr am 17. Mai 2006, 17. Juli 2006 und 30. November 2007 zugestellten Löschungsanträgen mit am 18. Mai 2006, 15. September 2006 und 4. Dezember 2007 beim DPMA eingegangenen Schriftsätzen fristgerecht widersprochen.
2.
In Bezug auf das beschränkte Waren-/Dienstleistungsverzeichnis lag und liegt entgegen der Ansicht der Markenabteilung ein Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 MarkenG nicht vor.
Nach §§ 54, 50 Abs. 1 MarkenG kann eine Marke auf Antrag nur gelöscht werden, wenn zum Zeitpunkt der Eintragung ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 MarkenG bestand und im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbesteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). In Bezug auf die in Klasse 42 eingetragene Dienstleistung "Information über Rechts- und Steuerfragen" kann der streitgegenständlichen Wort-/Bildmarke nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen ist die angegriffene Marke zwar weder heute von Haus aus schutzfähig noch zum Eintragungszeitpunkt schutzfähig gewesen, weil ihr jedenfalls das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen stand und steht. Dieses Schutzhindernis ist aber nachträglich durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden.
a)
Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; 935 Rdnr. 8 – Die Vision; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 - FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2006, 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; a. a. O. Rdnr. 66 - EUROHYPO; BGH GRUR 2008, 710 Rdnr. 12 - VISAGE; GRUR 2009, 949 Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 - BerlinCard;). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH MarkenR 2012, 19 Rdnr. 8 – Link economy; GRUR 2010, 1100 Rdnr. 10 – TOOOR!; a. a. O. - Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 - STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 - My World; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006).
Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/Hukla; GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - SAT 2; BGH a. a. O. – Die Vision; 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; a. a. O. - FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - Henkel; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; MarkenR 2000, 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Ausgehend hiervon haben Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 - DeutschlandCard; a. a. O. 854 Rdnr. 19 - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti KALK) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH a. a. O. - FUSSBALL WM 2006; GRUR 2003, 1050, 1051 - Cityservice; GRUR 2001, 1043, 1044 - Gute Zeiten – Schlechte Zeiten).
Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit nicht als betrieblicher Herkunftshinweis eignen, weil sie wegen der funktionellen Nähe vom Publikum nur als Sachangabe (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 13 f. – print24) oder als beschreibende Angabe wahrgenommen werden (BGH a. a. O. 1102 Rdnr. 23 – TOOOR!; a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. - FUSSBALL WM 2006). Dabei gilt, dass je bekannter der beschreibende Begriffsgehalt für die Waren oder Dienstleistung ist, desto eher wird er auch nur als solcher erfasst, wenn er im Zusammenhang mit der Kennzeichnung der Ware oder Dienstleistung in Erscheinung tritt (BPatG GRUR 2007, 58, 60 – BuchPartner).
b)
Zu den maßgeblichen inländischen Verkehrskreisen zählt hier die Allgemeinheit. Testmagazine und Verbraucherinformationen einschließlich der damit zusammenhängenden Herausgabe- und Veröffentlichungsdienstleistungen richten sich an jeden erwachsenen Durchschnittsverbraucher und können für die Kaufentscheidung eines jeden Haushalts von Interesse sein.
c)
Der Eintragung des Wort/Bildzeichens als Marke gemäß §§ 33 Abs. 2, 41 MarkenG hat in Bezug auf die in Klasse 42 eingetragene Dienstleistung "Information über Rechts- und Steuerfragen" zu keinem Zeitpunkt ein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 MarkenG, entgegengestanden.
aa)
Dem Wortelement "test", das bis auf die Großschreibung des ersten Buchstabens dem deutschen Substantiv "Test" entspricht, kommt die Bedeutung "nach einer genau durchdachten Methode vorgenommener Versuch, Prüfung zur Feststellung der Eignung, der Eigenschaften, der Leistung o. Ä. einer Person oder Sache" zu (Duden – Das Fremdwörterbuch, 9. Aufl. 2007 [CD-ROM]; Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]; www.duden.de). Auch wenn man aufgrund der Schreibweise in Kleinbuchstaben vom englischen Substantiv "test" ausginge, würde es mit "Test, Prüfung, Klassenarbeit oder Klausur" übersetzt (Duden-Oxford – Großwörterbuch Englisch, 3. Aufl. 2005 [CD-ROM]).
bb)
Unter Zugrundelegung dieser Bedeutung weist die angegriffene Marke die erforderliche Eigenart auf, um vom Verkehr als Unternehmenshinweis für die Dienstleistung "Information über Rechts- und Steuerfragen" aufgefasst zu werden. Ihr Aussagegehalt entbehrt insoweit jeglichen beschreibenden Charakters. Die "Information über Rechts- und Steuerfragen" stellt weder selbst eine Prüfung im vorgenannten Sinne dar, noch pflegt ihr ein Eignungs-, Eigenschafts- oder Leistungstest zugrunde zu liegen. Die streitgegenständliche Marke kann daher nicht einmal einen beschreibenden Bezug zu dieser Dienstleistung herstellen.
cc)
Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung dieser Dienstleistung kann auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.
d)
Für die übrigen beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen enthält der Wortbestandteil des angegriffenen Wort-/Bildzeichens entweder eine im Vordergrund stehende Sachaussage oder er stellt einen engen funktionalen Bezug zu ihnen her.
aa)
In Bezug auf die in Klasse 16 registrierten "Druckereierzeugnisse, nämlich Testmagazine und Verbraucherinformationen" weist der Wortbestandteil darauf hin, dass deren Inhalt auf der Auswertung einer vorausgegangenen Eignungs-, Eigenschafts- oder Leistungsprüfung einer Person oder Sache beruht. Damit enthält der Wortbestandteil eine im Vordergrund stehende Sachaussage, was für die Annahme der Schutzunfähigkeit von Hause aus bereits ausreicht. Er eignet sich aber nicht zur unmittelbaren – glatten – Beschreibung eines Merkmals der vorgenannten Waren. Denn der angesprochene Verbraucher erwartet in gedruckten "Testmagazinen und Verbraucherinformationen" Berichte über Auswertungsergebnisse durchgeführter Prüfungen bzw. Tests und nicht, dass das Druckereierzeugnis selbst eine Prüfung bzw. einen Test darstellt oder dass es nur über das Ergebnis einer einzigen Prüfung oder eines einzigen getesteten Produkts berichtet. Auch als Verb fordert "test" nicht imperativ zum Testen auf; in diesem Fall müsste es vielmehr "teste" heißen.
bb)
Für die in Klasse 41 eingetragenen Dienstleistungen "Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen" stellt das Wortelement der streitgegenständlichen Kennzeichnung einen engen funktionalen Bezug her.
Denn die Tätigkeit der Herausgabe setzt zu verlegende Werke voraus. Wegen dieses engen funktionalen Zusammenhangs (BPatG 29 W (pat) 43/04 – juris Tz. 14 – print24) zwischen den eingetragenen Verlagsdienstleistungen und den herauszugebenden "Testzeitschriften und Verbraucherinformationen" werden die angesprochenen Verkehrskreise das Wortelement "test" als reinen Sachhinweis auf die in Rede stehenden Druckereierzeugnisse und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffassen.
cc)
Das Gleiche gilt für die in Klasse 42 registrierten Dienstleistungen "Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen".
e)
Die angegriffene Wort-/Bildmarke erhält auch nicht durch die grafische Ausgestaltung die Funktion eines Unterscheidungsmittels von Hause aus im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.
aa)
Grundsätzlich kann einer Wortelemente enthaltenden Bildmarke, unbeschadet der Freihaltebedürftigkeit oder fehlenden Unterscheidungskraft dieser Wortelemente, als Gesamtheit Unterscheidungskraft zugesprochen werden, wenn die grafischen Elemente ihrerseits charakteristische Merkmale aufweisen, in denen der Verkehr einen Herkunftshinweis sieht (BGH GRUR 1991, 136, 137 - NEW MAN; GRUR 2001, 1153 - anti Kalk; EuGH GRUR 2006, 229, 233 Rdnr. 73, 74 - BioID). Dabei vermögen allerdings einfache grafische Gestaltungen oder Verzierungen des Schriftbilds, an die sich der Verkehr etwa durch häufige werbemäßige Verwendung gewöhnt hat, eine fehlende Unterscheidungskraft der Wörter ebenso wenig aufzuwiegen, wie derartige einfache grafische Gestaltungselemente auch für sich wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht als Marke eingetragen werden können. Es bedarf vielmehr eines auffallenden Hervortretens der grafischen Elemente, um sich dem Verkehr als Herkunftshinweis einzuprägen (BGH a. a. O. 1153, 1154 – anti Kalk; GRUR 2008, 710, 711 Rdnr. 20 - VISAGE). Dies ist vorliegend aber nicht der Fall.
bb)
Abgesehen davon, dass der beschreibende Wortbestandteil "test" im Vordergrund des Gesamtzeichens steht, kann die einfache bildliche Ausgestaltung nicht als Herkunftshinweis dienen.
Die streitgegenständliche Marke zeigt das aus Kleinbuchstaben bestehende Wortelement "test" in einer gängigen Schriftart in weißem Fettdruck vor rotem Hintergrund, wobei die Buchstabenpaare "te" und "st" jeweils eng und leicht überlappend nebeneinander stehen und durch eine kleine Lücke getrennt werden.
Diese Typographie weist keine hinreichend charakteristischen Merkmale auf.
aaa)
Die Kleinschreibung ist werbeüblich. Der wie der Griff eines Regenschirms wirkende Aufwärtshaken des Buchstabens "t" findet sich auch in anderen Schriftarten, wie z. B. AmerType Md BT, Century, Century Schoolbook und Cupertino. Das teilweise ineinander Übergehen der Buchstaben "te" und "st" wird erst bei näherem Hinsehen überhaupt wahrgenommen.
bbb)
Die Hinterlegung des in weißer, fetter Druckschrift wiedergegebenen Wortelements "test" mit einer roten Hintergrundfarbe verbessert zwar als einfaches bildliches Hintergrund- und Hervorhebungsmuster die visuelle Wahrnehmung des Wortbestandteils, tritt aber aufgrund ihrer Werbeüblichkeit gegenüber dem Wortelement im Gesamteindruck der angegriffenen Marke zurück und bleibt nicht prägnant als betriebskennzeichnend in Erinnerung (vgl. auch BGH a. a. O. - anti Kalk).
Damit fehlt der angegriffenen Wort-/Bildmarke die erforderliche Eignung, die Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
f)
Da es der in Rede stehenden Wort-/Bildmarke hinsichtlich der vorgenannten Waren und Dienstleistungen bereits an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob ihrer Eintragung auch ein schutzwürdiges Interesse der Mitbewerber an ihrer freien Verwendbarkeit entgegen gestanden hat oder steht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
g)
Nach § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG kann eine Marke jedoch nicht gelöscht werden, wenn das Schutzhindernis jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag nicht mehr besteht. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 - 3 MarkenG zu diesem Zeitpunkt durch Verkehrsdurchsetzung gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG nachweislich überwunden worden ist (BGH GRUR 2009, 954, 955 Rdnr. 18 – Kinder III). So liegt der Fall hier.
Es kann dahingestellt bleiben, ob das der Eintragung der angegriffenen Marke am 10. Januar 2004 als verkehrsdurchgesetztes Zeichen zugrunde liegende Gutachten des I… vom 11. Dezember 2003 Mängel aufweist. Denn es reicht aus, wenn - wie hier - die Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschungsanträge festgestellt wird.
Vorliegend kommt der Senat aufgrund einer Gesamtschau der von der Inhaberin der angegriffenen Marke vorgelegten und von Amts wegen ermittelten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass der Nachweis einer Durchsetzung der Wort-/Bildmarke für die Waren und Dienstleistungen "Druckereierzeugnisse, nämlich Testmagazine und Verbraucherinformationen; Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen; Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen" in den maßgeblichen Verkehrskreisen jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt erbracht worden ist.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 3 Abs. 3 MarkenRL ist Voraussetzung für eine durch Benutzung erlangte Unterscheidungskraft, dass ein wesentlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise die Marke mit einem konkreten Marktteilnehmer und mit keinem anderen Unternehmen in Verbindung bringt (GRUR 2002, 804, 808, Rdnr. 65 - Philips). Die Prüfung, ob das Vorliegen dieser Voraussetzungen durch konkrete und verlässliche Informationen belegt ist, obliegt dem nationalen Gericht, d. h. hier dem zur Entscheidung berufenen Senat, wobei eine Gesamtschau sämtlicher relevanter Gesichtspunkte geboten ist (EuGH GRUR 1999, 723, 727, Rdnr. 49, 54 - Chiemsee). In die Prüfung einzubeziehen sind u. a. der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Markenbenutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke sowie der Teil der beteiligten Verkehrskreise, der die Waren und Dienstleistungen auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt (EuGH, a. a. O., Rdnr. 51 - Chiemsee; Rdnr. 60 - Philips). Dabei kommt es nicht allein auf generelle und abstrakte Angaben, z. B. bestimmte Prozentsätze, an (EuGH, a. a. O., Rdnr. 62 - Philips), wenngleich in schwierig zu beurteilenden Fällen auch Verbraucherbefragungen nach Maßgabe des nationalen Rechts zusätzlich Berücksichtigung finden können (EuGH, a. a. O., Rdnr. 53 - Chiemsee).
Der Bundesgerichtshof hat ferner festgestellt, dass "der Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen - beispielsweise bei bekannten Titeln regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften - mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbinden kann" (BGH GRUR 1999, 235, 237 - Wheels Magazine; GRUR 1999, 581, 582 - Max; GRUR 2000, 504, 505 - FACTS; GRUR 2000, 70, 73 - SZENE). Als Folge der Bekanntheit eines solchen Titels und des regelmäßigen Erscheinens im selben Verlag liege es nämlich nahe, dass er in den angesprochenen Verkehrskreisen "jedenfalls teilweise auch als betrieblicher Herkunftshinweis" verstanden werde (BGH GRUR 1993, 692, 693 - Guldenburg).
aa)
Es ist durch Vorlage von Titelblättern, "test"-Heften und "test"-Sonderpublikationen (Anlagen 1 bis 17 zum Schriftsatz vom 3. September 2007, Bl. S. 121 ff. VA [Aktenordner]) belegt und allgemein bekannt, dass der Wortbestandteil der angegriffene Marke seit 1968, also seit mehr als vier Jahrzehnten, als Titel eines monatlich erscheinenden Verbrauchermagazins sowie für Sonderveröffentlichungen der Beschwerdeführerin im gesamten Bundesgebiet benutzt wird (http://de.wikipedia.org/wiki/test (Zeitschrift)). Der Schriftzug wurde bereits im April 1966 im Fotosatz von dem Grafiker M… erstellt und 1969 modifiziert. 1978 erhielt er seine typische Verbindung der Buchstaben "te" einerseits und "st" andererseits vom Grafiker M1… und im Jahre 1999 wurde er mit einem roten Fond verbunden. Wegen der Einzelheiten der Grafikentwicklung wird auf die Seiten 7 bis 9 der Beschwerdebegründung (Bl. 28 – 30 GA) Bezug genommen. Wie der Senat bei einer Internetrecherche unter www.test.de festgestellt hat, ist die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke in ihrer konkreten Ausgestaltung noch bis zum Aprilheft 2008 verwendet worden. Seit dem Maiheft 2008 bestehen zwischen den Kleinbuchstaben des Wortelements gleichmäßige Zwischenräume und die Wort-/Bildmarke steht nicht mehr allein im Vordergrund, sondern wird unterhalb der auch bisher üblichen Angabe des Namens der Markeninhaberin "Stiftung Warentest" links oberhalb eines halben, stark vergrößerten Kleinbuchstabens "t" in weißen Druckbuchstaben vor rotem Hintergrund abgebildet . Obwohl die angegriffene Marke in ihrer konkreten Ausgestaltung also seit Mai 2008 nicht mehr verwendet wird, hat die Beschwerdeführerin eine Benutzung der Streitmarke hinreichend dargelegt. Denn deren geringfügige Abweichung ist kaum erkennbar. Hinzu kommt, dass die Benutzung mehrerer Marken neben- oder untereinander im Verlags- und Zeitschriftenbereich üblich und das Publikum daran gewöhnt ist, so dass die nur ganz unwesentlich abgewandelte Streitmarke weiterhin zumindest als Zweitmarke, wenn nicht gar als eigentliche Dachmarke wahrgenommen wird. Eine so verwendete Kennzeichnung kann daher Gegenstand einer eigenständigen Verkehrsdurchsetzung sein. Besondere Schwierigkeiten bei der Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung, die zwingend eine Klärung durch eine Verkehrsbefragung erfordern würden (BGH GRUR 2010, 138, 141 Rdnr. 38 f. – ROCHER-Kugel), sind somit vorliegend nicht gegeben.
bb)
Die mit der angegriffenen Marke gekennzeichnete Zeitschrift war bis April 1985 im Bereich der Verbraucherzeitschriften konkurrenzlos und hat von 1968 bis 2006 ihre jährliche durchschnittliche Druckauflage von … auf … steigern können, in den Jahren 1984 bis 2003 lag sie zwischen … und über und 1991 erreichte sie den Spitzenwert von 980.512, wie die eidesstattliche Versicherung des Vertriebsleiters … vom 8. September 2006 (Anlage AG 1 zum Schriftsatz vom 31. Oktober 2006, Bl. S. 72 ff. VA – S. 121/06) belegt. Auf der Homepage der Markeninhaberin www.test.de/unternehmen/zahlen (Bl. 114 GA) wird für das Jahr 2010 eine monatlich verkaufte Druckauflage im Schnitt von … und für das Jahr 2011 von … ausgewiesen, was eine Jahresauflage von … im Jahr 2010 und … im Jahr 2011 ausmacht.
Demgegenüber erreichte die vom stärksten Konkurrenten, der 1985 gegründeten Ö… AG, im April 1985 herausgegebene Zeitschrift "Ökotest" im Jahr 2010 nur eine jährliche Druckauflage von … und im Jahr 2011 von … (Bl. 113, 117 ff. GA). Die sich daraus ergebende Marktführerschaft zeigt sich auch in den unterschiedlich hohen Zahlen der Besucher auf den entsprechenden Internetplattformen: Während die Internetseite der Beschwerdeführerin im Jahre 2010 von … Mio. und 2011 von … Mio. Besuchern aufgerufen wurde, hatte "Ökotest" 2010 nur …Mio. Besucher und 2011 nur … Mio. Aufrufe. Das mit der angegriffenen Marke bzw. in geringfügig abgewandelter Form gekennzeichnete Testmagazin ist daher seit 1968 unangefochtener Marktführer unter den Test- und Verbraucherzeitschriften mit weitem Abstand von "Ökotest" und dem 1991 herausgegebenen Ratgebermagazin "Guter Rat!".
cc)
Die Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse (AWA) weist für 2009 einen Bekanntheitswert der Zeitschrift "test" in Höhe von 60 % nach (Bl. S. 277 ff. VA – S. 121/96). Damit liegt sie gleichauf mit bekannten Zeitschriften wie z. B. "Essen & Trinken (61 %), "Eltern" (60 %) und "Petra" (59 %).
dd)
Die Beschwerdeführerin hat ferner hinreichend glaubhaft gemacht, dass die angegriffene Marke für die Testmagazine sehr stark beworben wurde. Dies ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung des bei der Markeninhaberin tätigen Leiters der Abteilung C…, Herrn G…, vom 28. August 2006 (Anlage AG 2 zum Schriftsatz vom 31. Oktober 2006, Bl. S. 72 ff. VA – S. 121/06). Danach sind von 1987 bis 2005 insgesamt fast … Mio. € Werbungskosten für D… für die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten "test"-Hefte aufgewandt worden.
ee)
Die Markeninhaberin nimmt ferner eine einzigartige Sonderstellung unter den Verbrauchermagazinen ein, weil es sich bei ihr um eine Verbraucherschutzorganisation handelt, die 1964 vom Bund als Stiftung bürgerlichen Rechts gegründet wurde, um mit staatlichem Auftrag unter Aufsicht des Verbraucherschutzministeriums Waren und Dienstleistungen verschiedener Anbieter zu untersuchen und zu vergleichen. Um eine absolute Unabhängigkeit und Neutralität zu gewährleisten, wird sie mit Steuermitteln gefördert und darf keine Einnahmen durch Werbeanzeigen in ihren Publikationen erzielen. In den über 40 Jahren hat sie sich mit ihren Publikationen unter dem streitgegenständlichen Kennzeichen einen hohen Bekanntheitsgrad und eine hohe Wertschätzung in der Bevölkerung erworben. Sie nimmt mit ihren Bewertungen signifikanten Einfluss auf das Kaufverhalten der Verbraucher. Gute Bewertungen von ihr nehmen oft einen prominenten Platz in der Produktwerbung oder auf Verpackungen ein (http://de.wikipedia.org/wiki/Stiftung_Warentest).
ff)
Den Senatsmitgliedern als Teil der angesprochenen Verkehrskreise ist die seit mehreren Jahrzehnten erfolgte Verwendung des streitgegenständlichen Kennzeichens für Testmagazine und Verbraucherinformationen im gesamten Bundesgebiet selbst bekannt, so dass die hohe Bekanntheit in einem erheblichen Teil der Gesamtbevölkerung als gerichtskundig angesehen werden kann.
gg)
Nach dem von der Beschwerdeführerin auf Anforderung der Markenabteilung ein geholten Gutachten des I… vom 11. Januar 2010 über eine im Dezember 2009 durchgeführte Verkehrsbefragung zu "speziellen Zeitschriften für Testberichte und Verbraucherinformationen" hat die streitgegenständliche Wort-/Bildmarke in der hier allein maßgeblichen Gesamtbevölkerung einen Bekanntheitsgrad von 77 % und einen Kennzeichnungsgrad, d. h. ein Verständnis als Hinweis auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen, von 47 %. Zieht man zur Ermittlung des Zuordnungsgrades hiervon den Prozentsatz der Antworten der Befragten ab, die auf die Frage nach dem Namen des betreffenden Unternehmens ausdrücklich mit Fehlzuordnungen (hier: Ökotest, ADAC, Bild, Burda, Springer) geantwortet haben, so verbleibt ein Zuordnungsgrad von 43 % (47 % - 4 %). Berücksichtigt man weiter die Fehlertoleranz von 3,3 % so liegt der Abweichungswert bei einem Zuordnungsgrad von 43 % zwischen 39,7 % und 46,3 %. Wenn eine Fehlertoleranz überhaupt zu berücksichtigen ist, was der Bundesgerichtshof bisher ausdrücklich offen gelassen hat (BGH GRUR 2009, 954, 957, Rdnr. 37 - Kinder III), kann sie im vorliegenden Löschungsverfahren ausschließlich zugunsten der Markeninhaberin einbezogen werden, so dass letztlich von einem Durchsetzungsgrad von 46,3 %, also dicht an der geforderten Untergrenze von 50 %, auszugehen ist.
hh)
Da nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die erforderlichen Feststellungen nicht nur aufgrund von generellen und abstrakten Prozentsätzen demoskopischer Untersuchungen möglich sind, vielmehr auch andere Umstände, wie der jeweilige Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den angesprochenen Verkehrskreisen von Bedeutung sein können (EuGH, a. a. O. - Chiemsee), sind hier vor allem zu berücksichtigen die 40-jährige Benutzung der angegriffenen Marke bis April 2008 im gesamten Bundesgebiet, die unangefochtene Marktführerschaft der mit der streitgegenständlichen bzw. nur geringfügig abgewandelten Wort-/Bildmarke gekennzeichneten Testmagazine bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt sowie die außergewöhnliche und vom angesprochenen Publikum deutlich wahrgenommene Sonderstellung. Es ist ferner als allgemeinkundig i. S. d. § 291 ZPO anzusehen, dass eine Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise einschließlich der Senatsmitglieder dieses Kennzeichen des den Markt beherrschenden und in seiner Neutralität einzigartigen Herausgebers von Testmagazinen kennt und auch lange Zeit im Gedächtnis behält. Der Senat sieht damit bei einer Gesamtschau aller Umstände die Verkehrsdurchsetzung für die in Klasse 16 eingetragenen Waren "Druckereierzeugnisse, nämlich Testmagazine und Verbraucherinformationen" als gegeben an.
ii)
Die Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Wort-/Bildmarke für die vorgenannten Waren rechtfertigt auch den Schluss auf die Verkehrsdurchsetzung der mit dieser Marke gekennzeichneten Dienstleistungen in Klasse 41 "Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen" und in Klasse 42 "Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen". Die "Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen" ist eine den Produkten "Testmagazine und Verbraucherinformationen" notwendig vorgeschaltete Dienstleistung, und die "Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen" setzt ebenfalls die vorgenannten Waren voraus. Die Herausgabe und die Veröffentlichung stehen mit den Waren "Druckereierzeugnisse, nämlich Testmagazine und Verbraucherinformationen" in einem so engen tatsächlichen funktionalen und wirtschaftlichen Zusammenhang, dass die Verkehrsdurchsetzung für die "Herausgabe von Testzeitschriften und Verbraucherinformationen" und die "Veröffentlichung von Warentests und Dienstleistungsuntersuchungen" logische Folgen der Verkehrsdurchsetzung der Wort-/Bildmarke für Testmagazine und Verbraucherinformationen sind (vgl. DPA Mitt 1989, 56, 57 – UNIVERSAL).
Angesichts dieser Umstände sind weitere Zweifel an der Verkehrsdurchsetzung der angegriffenen Marke schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil deren Löschung den vollen Nachweis erfordert, dass im Zeitpunkt der Entscheidung über die Löschungsanträge ein Schutzhindernis vorliegt. Hierfür aber trifft die Antragstellerinnen des Löschungsverfahrens die Feststellungslast (BGH a. a. O. Rdnr. 48 – ROCHER-Kugel m. w. N.), der sie nicht nachgekommen sind.
3.
Die im Verfahren vor dem DPMA gestellten Kostenanträge der Antragstellerinnen zu 2.) und 3.) sowie der Antragsgegnerin haben keinen Erfolg.
Im markenrechtlichen Verfahren gilt nach § 63 Abs. 1 S. 3 MarkenG der Grundsatz, dass jeder der Beteiligten die ihm entstandenen Kosten selbst trägt. Allein der Gesichtspunkt des Unterliegens rechtfertigt eine Kostenauferlegung noch nicht. Besondere Umstände, die eine Kostenauferlegung rechtfertigen würden (BGH GRUR 1972, 600, 601 - Lewapur) sind von den Beteiligten dieses Löschungsverfahrens weder vorgetragen worden noch ersichtlich.
4.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zuzulassen, weil bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob die Verkehrsdurchsetzung eines Zeichens für bestimmte Waren oder Dienstleistungen auf besonders nahe bzw. in engem tatsächlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang stehende Waren oder Dienstleistungen ausstrahlen und deren Verkehrsdurchsetzung deshalb vermutet werden kann, wie es bei der Kennzeichnungskraft in gewissen engen Grenzen anerkannt ist (BGH, Urt. v. 2. Februar 2012 – I ZR 50/11 Rdnr. 71 – Bogner B/Barbie B).