Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 08.04.2015


BPatG 08.04.2015 - 29 W (pat) 118/11

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - „Nationale Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik FILM STUDIO (Wort-Bildmarke)“ – keine Unterscheidungskraft - Bösgläubigkeit


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
29. Senat
Entscheidungsdatum:
08.04.2015
Aktenzeichen:
29 W (pat) 118/11
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 57 998

(Löschungsverfahren S 284/09 und S 101/10)

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2014 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie der Richterinnen Uhlmann und Akintche

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Dem Beschwerdeführer werden die Kosten des Verfahrens auferlegt.

Gründe

I.

1

Der Beschwerdeführer und Markeninhaber wehrt sich gegen die Löschung der Wort-/Bildmarke 307 57 998

Abbildung

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die am 4. September 2007 angemeldet und am 18. Januar 2008 für die Waren und Dienstleistungen der

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Klasse 16: Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate);

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Klasse 41: Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung;

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Klasse 42: wissenschaftliche Dienstleistungen;

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in das Markenregister beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eingetragen worden ist.

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Die Antragstellerin zu 1) und Beschwerdegegnerin zu 1) hat durch Antrag vom 26. Oktober 2009 die Löschung der Marke gemäß §§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG beantragt.

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Sie hat vorgetragen, die Marke sei rechtsmissbräuchlich angemeldet worden. Ihr Aussehen entspreche dem Logo des Filmstudios der Nationalen Volksarmee der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, das seit 1984 folgendes Aussehen gehabt habe:

Abbildung

Abbildung in Originalgröße in neuem Fenster öffnen

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und das urheberrechtlich geschützt sei. Das zuvor von der NVA bis 1972 benutzte Logo habe sich von dem abgebildeten nur durch die Verwendung des Wortes „Armeefilm“ statt „Film“ und die Worte „der Nationalen“ statt „Nationale“ unterschieden. Das Element „Armee“ sei seit 1972 nicht mehr benutzt worden, der Artikel „der“ sei 1984 weggefallen. Die Nutzungsrechte an den Filmen dieses Filmstudios seien nach der Wiedervereinigung Deutschlands auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen und würden von dem Bundesarchiv im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags verwaltet. Dieses habe der Progress F… GmbH im Jahr 1999 die Nutzungsrechte zur gewerblichen Verwertung übertragen. Das Logo sei als Einzelbild urheberrechtlich geschützt. Die Antragstellerin zu 1) habe an dem Zeichen einen schutzwürdigen Besitzstand, die Anmeldung diene ausschließlich dazu, diesen Besitzstand zu stören. Der Markeninhaber verfüge über keinerlei Nutzungsrechte an diesen Filmen und habe auch kein Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung des Logos erworben. Er benutze die Marke nur, um Nutzungsberechtigten den Vertrieb des Filmmaterials unter Verwendung des Logos zu untersagen.

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Die Antragstellerin zu 2) und Beschwerdegegnerin zu 2) hat am 23. März 2010 ebenfalls Löschungsantrag gemäß §§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 MarkenG gestellt.

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Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

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Die Antragstellerin zu 2) erwarb durch Verträge mit der P… GmbH und der Verlag B… GmbH, die ihrerseits ihre Rechte von der Antragstellerin zu 1) herleiten, im Oktober 2008 und April 2009 deren Vertriebsrechte für mehrere Filme, die von dem Armeefilmstudio der Nationalen Volksarmee der DDR vor 1989 hergestellt worden waren. Sie vertrieb in den Jahren 2008 bis 2010 Datenträger mit Kopien dieser Ausbildungs- und Dokumentationsfilme der Nationalen Volksarmee der DDR (NVA). Auf den bis März 2009 verkauften Datenträgern und deren Hüllen war das schwarz-weiße Abbildung

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Logo

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angebracht.

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Mit Anwaltsschreiben vom 2. Februar 2010 mahnte der Beschwerdeführer die Beschwerdegegnerin zu 2) wegen Verletzung seiner Schutzrechte aus der angegriffenen Marke durch die Verwendung des Logos ab und forderte sie unter Fristsetzung zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf.

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Zur Begründung des Löschungsantrags hat die Antragstellerin zu 2) vorgetragen, sie sei aufgrund der Lizenzverträge mit dem B… in B1… und der P… GmbH in B1… zu Produktion und Vertrieb von Videofilmen aus de historischen Filmmaterial der NVA berechtigt. Dazu gehöre auch das Logo des Armeefilmstudios der Nationalen Volksarmee der Deutschen Demokratischen Republik, das im Vorspann dieser Filme erscheine. Es handele sich bei dem Logo um ein ehemaliges Staatssymbol bzw. Hoheitszeichen einer Abteilung der regulären Streitkräfte der DDR. Die Eintragung der angegriffenen Marke verstoße daher gegen § 8 Abs. 2 Nr. 6 MarkenG. Zudem sei das Symbol durch die Darstellung der Gewehre gewaltverherrlichend und kriegstreiberisch. Außerdem fehle dem Zeichen die Unterscheidungskraft. Es sei auch wegen bösgläubiger Anmeldung zu löschen, weil die Anmeldung nur dazu diene, den schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin zu 2) an dem Logo zu stören.

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Der Inhaber der angegriffenen Marke und Beschwerdeführer hat dem an ihn durch Aufgabe zur Post am 22. Januar 2010 versendeten Löschungsantrag der Antragstellerin zu 1) am 22. März 2010 und dem ihm am 12. April 2010 zugestellten Löschungsantrag der Antragstellerin zu 2) am 8. Juni widersprochen.

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Zur Begründung hat er ausgeführt, es sei nicht erkennbar, dass die Antragstellerin zu 1) Nutzungsrechte an den Filmen oder an dem Logo erworben habe. Diese könnten mit dem Ende der DDR und ihrer Volksarmee untergegangen sein. Im Zeitpunkt der Markeneintragung sei das Logo nicht benutzt worden. Die Anmeldung sei nicht bösgläubig erfolgt. Denn die bloße Anmeldung eines Zeichens in Kenntnis der Tatsache, dass ein anderer dieses oder ein ähnliches Zeichen für ähnliche Waren und Dienstleistungen ohne formalen Kennzeichenschutz benutze, genüge für die Annahme einer bösgläubigen Anmeldung nicht. Ein schutzwürdiger Besitzstand sei weder den Antragstellern noch Dritten erwachsen, weil die Antragsteller bei Anmeldung noch keine Filme unter Verwendung des Zeichens vertrieben hätten.

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Der Beschwerdeführer hatte neben der Anmeldung der angegriffenen Marke weitere Zeichen angemeldet. Am 14. November 2006 hatte er die Wortmarke 306 694 786 „Filmstudio der Nationalen Volksarmee“ für die Dienstleistungen der Klasse 41 „Aufzeichnung von Videobändern“ und „Erstellen von Bildreportagen“, am 10. Juli 2008 die Wort-Bildmarke 3020080442204

Abbildung

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und ebenfalls am 10.07.2008 die Wort-Bildmarke 3020080442212

Abbildung

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sowie – mit Datum vom selben Tag – das Wort-/Bildzeichen 3020080442220

Abbildung

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angemeldet.

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Die Dienstleistungsverzeichnisse sind mit dem der verfahrensgegenständlichen Marke identisch.

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Bis auf die Wort-/Bildmarke Abbildung sind die Anmeldungen nicht zur Eintragung gelangt. Der „Progress Filmverleih“ war der Monopolfilmverleih der DDR und ist vom Bundesarchiv, der Antragstellerin zu 1), mit der kommerziellen Auswertung der Filmrechte des Armeefilmstudios beauftragt worden. Die Verlag B… GmbH ist lizenzrechtlich mit der P… GmbH verbunden und hat einen militärischen Themenschwerpunkt. Sie veröffentlichte im März 2008 unter dem Begriff Mediabörse eine Filmsammlung „Damals bei der NVA“ mit 157 NVA-Filmen. „NVA in Wort und Bild“ war dagegen eine Schriftenreihe des Ministeriums für Verteidigung der DDR.

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Mit Beschluss vom 21. September 2011 hat die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamtes die Löschungsverfahren verbunden und die Marke wegen bösgläubiger Anmeldung gelöscht. Die Kosten des Verfahrens wurden dem Markeninhaber auferlegt.

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Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, der Inhaber der angegriffenen Marke habe bei Anmeldung bösgläubig gehandelt, weil er Markenschutz für ein urheberrechtlich geschütztes Zeichen erlangt habe, ohne hierzu durch den Urheber oder Inhaber des Nutzungsrechts ermächtigt worden zu sein oder hieran ein eigenes schutzwürdiges Interesse geltend gemacht zu haben. Die Marke stelle eine leichte Abwandlung des Logos des Filmstudios der Nationalen Volksarmee der DDR dar. Dieses sei Teil zahlreicher urheberrechtlich geschützter Filme, da es in deren Vorspann eingeblendet sei. Das Filmstudio der Nationalen Volksarmee sei dem Staatsministerium der DDR unterstellt gewesen, sodass die Rechte an Filmen und Logo ursprünglich bei diesem gelegen hätten. Sie seien im Zuge der Wiedervereinigung als Teil des Vermögens der Deutschen Demokratischen Republik gemäß Art. 21 des Einigungsvertrages als Verwaltungsvermögen in das Eigentum der Bundesrepublik Deutschland übergegangen, stellten Unterlagen im Sinne von § 2 Abs. 8 Bundesarchivgesetz dar und gehörten zum Bestand des Bundesarchivs in Koblenz. Dieses nehme die Aufgabe wahr, das Archivgut zu sichern, nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. Die Lizenzgeberin der Antragstellerin zu 2), die P… GmbH, verwerte die Produktio- nen im Auftrag des Bundesarchivs kommerziell. Ob das Bundesarchiv das Logo markenmäßig genutzt habe, könne dahingestellt bleiben, weil schon die Anmeldung eines urheberrechtlich geschützten Logos ohne entsprechende Gestattung in die Rechte der Inhaberin eingreife und deshalb bösgläubig sei. Es sei unwahrscheinlich, dass der Markeninhaber bei Anmeldung keine Kenntnis von der Bedeutung des Filmbestandes und dessen Übergang auf das Bundesarchiv gehabt habe. Jedenfalls habe er wissen können, dass das Zeichen nach der Wiedervereinigung nicht herrenlos geworden sei, sondern die Nutzungsrechte durch den Einigungsvertrag in das Vermögen der Bundesrepublik Deutschland übergegangen seien. Auch der Löschungsantrag der Antragstellerin zu 2) sei begründet. Aus der Übersendung einer Abmahnung gehe hervor, dass der Markeninhaber mit der Anmeldung letztlich gegen den Inhaber der Nutzungsrechte an den Filmen einschließlich des Logos vorgehen wolle. Die Missachtung dieser Rechte stelle eine zweckfremde Verwendung des Markenschutzes dar, die Anmeldung sei angesichts dieser Gesamtumstände als bösgläubig zu bewerten. Ob weitere Löschungsgründe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2, 5 und 6 MarkenG vorlägen, könne deshalb dahingestellt bleiben.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke, mit der er beantragt (Bl. 68 d. A.),

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der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. September 2011 wird aufgehoben.

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Er trägt vor, die Markenanmeldung sei nicht bösgläubig, sondern zur legitimen Selbstbehauptung erfolgt. Er habe als Berufsoffizier der NVA und Spezialist für Raketentechnik vor 1989 in Kontakt zum Filmstudio der NVA gestanden und als technischer Berater bei der Filmproduktion mitgewirkt. Die Filmstudios der NVA seien noch vor der Wende aufgelöst worden und seien insbesondere nicht von der BRD übernommen worden. Ihm persönlich als Ausbildungsoffizier seien bei der Schließung im Oktober 1989 50 Ausbildungsfilme übergeben worden. Mit deren Inhalt habe er sich in der Folgezeit hobbymäßig beschäftigt, sie im Jahr 2002 digitalisiert und über das Internet vertrieben. Unter Vorlage vielfältiger Unterlagen trägt er vor, er habe ein Gewerbe angemeldet und derartige Filme durch die Teilnehmer seiner EDV-Seminare zu Übungs- und Ausbildungszwecken über e… vertrieben. Erst 17 Jahre später sei die Beschwerdegegnerin zu 2) auf den Plan getreten und habe plötzlich Urheberrechte geltend gemacht. Das Urheberrecht der Schöpfer dieser Filme sei schon von den Institutionen der DDR rechtsmissbräuchlich missachtet worden. Er wolle verhindern, dass diese Enteignung sich in der Bundesrepublik fortsetze. Die Lizenzverträge zwischen dem Bundesarchiv und der P… GmbH müssten daher vorgelegt werden, desgleichen Unter- lagen, aus denen hervorgehe, dass das Bundesarchiv Rechtsnachfolger des Filmstudios der NVA sei.

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Die angegriffene Marke habe er eintragen lassen, um die Filme der NVA als authentisch zu kennzeichnen, ausschließlich dazu solle sie verwendet werden. Die anderen Marken habe er angemeldet, da er sich in einer Findungsphase befunden habe. Mit der Wort-Bildmarke „Breucom Verlag-Breucom-Medien und Media-Börse“ habe er verhindern wollen, dass die Verlag B… GmbH im Wettbewerb tätig werde. Diese Firma habe mit konstruierten Sachverhalten und der Behauptung, über entsprechende Urheberrechte zu verfügen, versucht, die Nutzung seiner Marke zu stören. Er habe nur seine eigene Marke verteidigen wollen.

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Bei dem Logo handele es sich im Übrigen nicht um ein Staatssymbol der regulären Streitkräfte der DDR, es habe ausschließlich als Filmlogo Verwendung gefunden und keine Außenwirkung außerhalb der DDR entfaltet. Die Behauptung, es wirke kriegstreiberisch und gewaltverherrlichend, verkenne, dass die Aufgabe der NVA in der Friedenssicherung bestanden habe. Zudem seien große Teile der NVA in die Bundeswehr integriert worden. Die dargestellten Waffen seien Muster von Repräsentationswaffen. Militärische Ehrenbezeigungen mit derartigen Waffen seien auch in der Bundeswehr üblich. Die Verunglimpfung von allem, was mit der DDR zusammenhänge, als sittenwidrig sei keine juristische, sondern eine persönliche und politische Kategorisierung, die als Begründung für ein deutsches Gericht nicht zulässig sei. Der Löschungsantrag durch die beiden Antragstellerinnen sei aus niedrigen Beweggründen gestellt worden, jede Unterstützung dafür sei Beihilfe zu den betrügerischen Handlungsweisen der Gegenseite.

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Die Beschwerdegegnerin zu 1) stellt sinngemäß den Antrag,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

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Sie trägt vor, es könne dahinstehen, ob die angegriffene Marke gegen das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG verstoße. Der Übergang der Nutzungsrechte auf die Bundesrepublik Deutschland ergebe sich aus Art. 21 des Einigungsvertrages, weiterer Vereinbarungen über den Übergang der Nutzungsrechte bedürfe es nicht. Die Beschwerdegegnerin als Inhaberin der Nutzungsrechte müsse jedenfalls berechtigt bleiben, das zeitgeschichtliche Filmmaterial authentisch zu sichern und nutzbar zu machen. Es werde insbesondere bestritten, dass der Antragsgegner Lehr- und Unterrichtsmaterialien oder Dienstleistungen unter der angegriffenen Marke vertreibe. Falls er es tatsächlich tue, verletze er damit die Urheber– bzw. Nutzungsrechte der Beschwerdegegnerinnen. Mit der Übergabe von Filmmaterial sei auch nach seinem eigenen Vorbringen keine Übertragung der Nutzungsrechte verbunden gewesen. Deshalb könne sich aus dem rechtswidrigen Vertrieb nicht das Recht an der Nutzung des Logos herleiten lassen.

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Die Beschwerdegegnerin zu 2) hat sich im Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

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Zum weiteren Vortrag wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

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Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist unbegründet. Die Streitmarke ist zu Recht gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG gelöscht worden, weil der Eintragung bei Anmeldung des Zeichens das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegenstand und noch immer entgegensteht und die Marke zudem gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG bösgläubig angemeldet worden ist.

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A. Beide Löschungsanträge sind gemäß § 54 Abs. 1 MarkenG zulässig.

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1. Dabei kann grundsätzlich dahinstehen, ob die Löschungsantragstellerinnen Inhaberinnen von urheberrechtlichen Nutzungsrechten an dem angegriffenen Zeichen sind. Denn ein Löschungsantrag kann gemäß § 54 Abs. 1 Satz 2 MarkenG von jeder Person gestellt werden. Ein besonderes Rechtsschutzinteresse etwa dergestalt, dass die Marke eigene Rechte des Antragstellers verletzt, ist nicht erforderlich. Das Löschungsverfahren ist als Popularverfahren ausgestaltet, weil es dem Interesse der Allgemeinheit an der Bereinigung des Markenregisters von Marken dient, denen absolute Schutzhindernisse entgegenstehen (BPatG GRUR 2006, 155 – Salatfix).

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2. Für die Antragslöschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 MarkenG besteht eine Zehnjahresfrist, deren Laufzeit mit der Eintragung des angegriffenen Zeichens am 18. Januar 2008 in Gang gesetzt wurde. Diese ist noch nicht abgelaufen. Für die Antragslöschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG besteht keinerlei Ausschlussfrist.

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Anders als der Beschwerdeführer bereits im Amtsverfahren und in der mündlichen Verhandlung vom 5. November 2014 vorgetragen hat, gilt im vorliegenden Fall nicht die Zweijahresfrist gem. § 50 Abs. 3 Nr. 1 MarkenG. Es liegt kein „Amtslöschungsverfahren“ im Sinne von § 50 Abs. 3 MarkenG vor, sondern ein – durch die Löschungsanträge der beiden Antragstellerinnen in Gang gesetztes – Löschungsverfahren im Sinne von § 50 Abs. 2 MarkenG. Umgangssprachlich mag zwar – wie der Beschwerdeführer meint – auch die Antragstellerin zu 1) möglicherweise als „Amt“ bezeichnet werden. § 50 Abs. 3 MarkenG bezieht sich aber ausschließlich auf das Deutsche Patent- und Markenamt, nicht auf irgendeine andere Behörde des Bundes.

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3. Der Beschwerdeführer hat den Löschungsanträgen jeweils innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG widersprochen.

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4. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kam es im Übrigen nicht darauf an, ob der Beschwerdegegnerin zu 2) der Vortrag ihrer Rechtsanwälte nach dem 25.09.2014 – nach der konkludent erklärten Niederlegung des Mandats – noch zurechenbar war. Gem. § 73 Abs. 1 MarkenG hat das Bundespatentgericht den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (Knoll in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2014, § 73 Rn. 2). Vorliegend damit die Frage, ob die vom Deutschen Patent- und Markenamt im Beschlusswege angeordnete Löschung der für den Markeninhaber eingetragenen Marke rechtmäßig war oder nicht. Das Bundespatentgericht hat die inhaltliche Prüfung auf den Antrag des Beschwerdeführers vorgenommen. Einer irgendwie gearteten Beteiligung der Beschwerdegegnerin zu 2) bedurfte es daher nicht mehr.

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B. Die Löschungsanträge sind auch begründet, da die angegriffene Marke nicht unterscheidungskräftig und ferner bösgläubig angemeldet ist.

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I. Der Eintragung der Marke stand bereits bei Anmeldung das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen.

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1. Nach § 50 Abs. 1 MarkenG ist eine Marke zu löschen, wenn sie entgegen §§ 3, 7 oder 8 MarkenG eingetragen worden ist. Im Falle eines Eintragungshindernisses nach §§ 3, 7 oder 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 MarkenG muss dieses noch im Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde fortbestehen (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG). Maßgeblich für die Frage, ob der Eintragung ein Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 9 MarkenG entgegenstand, ist der Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens (BGH GRUR 2013, 1143 Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).

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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und sie damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (st. Rspr.; BGH, Beschluss vom 10.07.2014, I ZB 81/13 Rn. 15 - for you; GRUR 2014, 565 Rn. 12 - smartbook; GRUR 2014, 376 Rn. 11 - grill meister).

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Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Maßgeblich ist die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (EuGH GRUR 2008, 608 Rn. 67 - EUROHYPO; BGH a. a. O., Rn. 16 - for you; a. a. O., Rn. 13 - smartbook). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH GRUR 2012, 270 Rn. 12 - Link economy). Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 943 Rn. 28 - Sat.2).

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Diese Grundsätze gelten unterschiedslos für Marken, die für Waren eingetragen werden sollen, wie für solche, deren Anmeldung sich auf Dienstleistungen bezieht. Das Markengesetz geht ebenso wie das Gemeinschaftsmarkenrecht grundsätzlich von einer rechtlichen Gleichbehandlung von Waren- und Dienstleistungsmarken aus. Allerdings unterscheiden sich die Möglichkeiten zur Benutzung von Waren- und Dienstleistungsmarken, weil eine Benutzung in Form einer körperlichen Verbindung zwischen Zeichen und Produkt bei Dienstleistungsmarken nicht in Betracht kommt (BGH GRUR 2014, 1204 Rn. 10 – DüsseldorfCongress).

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2. Die Wortelemente der Marke Abbildung „FILM STUDIO NATIONALE VOLKSARMEE DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK“ sind unmittelbar verständlich in der beschreibenden Bedeutung einer „Einrichtung zur Herstellung von Filmmaterial der bzw. über die militärischen Streitkräfte der ehemaligen DDR“. Die Grafik besteht aus einem schwarzen Quadrat mit einem weißen Innenrahmen, der abgerundete Ecken aufweist, sowie inversen Schrift- und Bildelementen. Die inneren Bildelemente bestehen aus zwei parallel angeordneten nach schräg oben gerichteten Gewehren mit aufgesetztem Bajonett und zwei waagrecht von den Gewehren zum Außenrand verlaufenden weißen Streifen mit schwarzen Randpunkten, die als eine stilisierte Darstellung von Filmmaterial wahrgenommen werden und in denen die Worte „FILM“ und „STUDIO“ in schwarzen Blockbuchstaben erscheinen. Diese Grafik ist nicht geeignet, der Wortfolge Unterscheidungskraft zu verleihen. Ein eigenständiger betrieblicher Herkunftshinweis kann zwar durch eine besondere bildliche und grafische Ausgestaltung nicht unterscheidungskräftiger Wortbestandteile erreicht werden, die Ausgestaltung muss aber eine kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken, die den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile bedeutungslos macht (BGH GRUR 2008, 710 Rn. 20 – VISAGE; vgl. Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, a. a. O., § 8 Rn. 1190 m. w. N.). Hier wiederholt und unterstreicht die Grafik lediglich die Bedeutung der beschreibenden Wortelemente, weil die Gewehre symbolisch auf eine Armee und die Filmbänder auf die Filmproduktion verweisen. Derartige sachbezogene Abbildungen werden lediglich als Hinweis auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen, nicht dagegen auf deren betriebliche Herkunft verstanden (BGH GRUR 2005, 257, 258 – Bürogebäude; BPatG, Beschluss vom 24.02.2011, 30 W (pat) 47/10 – Äskulapstab). Das Zeichen wurde – wie der Beschwerdeführer selbst einräumt – in der DDR als betrieblicher Herkunftshinweis der Filmproduktionen der NVA verwendet, indem es im Vorspann der Filme eingeblendet wurde. Nach dem Untergang der DDR und ihrer staatlichen Institutionen kommt das Zeichen als Herkunftshinweis für gegenwärtig erzeugte Waren und gegenwärtig erbrachte Dienstleistungen nicht mehr in Betracht. Denn die Nationale Volksarmee, auf die das Zeichen als Hersteller eindeutig hinweist, existiert nicht mehr. Es wird daher in erster Linie als Sachhinweis auf den Inhalt der beanspruchten Waren und Dienstleistungen verstanden werden.

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Die angesprochenen Verkehrskreise – bei den Waren und Dienstleistungen der Klasse 16 und 41 die Allgemeinheit der Verbraucher und bei den Waren der Klasse 42 Unternehmer und leitende Beschäftigte in Unternehmen, Instituten und sonstigen Einrichtungen, die Forschungsarbeiten in Auftrag geben, sowie wissenschaftlich interessierte Verbraucher – werden das Zeichen als Hinweis auf die Filmproduktion der NVA betrachten. Die Nationale Volksarmee der ehemaligen DDR ist in weiten Teilen der Gesamtbevölkerung bekannt. Bekannt ist auch, dass die Rolle der NVA im Gesellschaftssystem der DDR durch Filmproduktionen propagandistisch angepriesen wurde, um deren Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Deshalb werden die angesprochenen Verkehrskreise in dem Zeichen einen Sachhinweis auf die Filmproduktion der NVA, bzw. für und über die NVA und keinen betrieblichen Herkunftshinweis der beanspruchten Waren und Dienstleistungen erkennen. Dementsprechend hat der Bundesgerichtshof in einem Verletzungsverfahren über die Benutzung des Staatswappens der DDR auf der Vorderseite eines T-Shirts entschieden, dass der allgemeine Durchschnittsverbraucher keine Veranlassung habe, dem Zeichen statt der ihm bekannten Bedeutung als Staatswappen nunmehr zumindest auch einen betrieblichen Herkunftshinweis zu entnehmen (GRUR 2010, 838 Rn. 20 – DDR und deren Staatswappen; vgl. auch GRUR-RR 2010, 359 – CCCP).

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a) Das Zeichen Abbildung wird auf „Lehr- und Unterrichtsmitteln“ als Themenangabe dahingehend verstanden werden, dass sich diese Materialien mit Technik, Inhalten und Ideologie der Filmproduktion der Nationalen Volksarmee beschäftigen. Diese Themen können Gegenstand von Politik- und Geschichtsunterricht, aber auch im Zusammenhang mit der Berufsausbildung im Bereich der Filmproduktion oder mit der Ausbildung im Bereich der Streitkräfte Unterrichtsinhalt sein. Sachbücher über die Geschichte oder sonstige die DDR betreffende Themen werden häufig mit Symbolen aus der DDR versehen, seien es Staatssymbole, Stempel, Länderkennzeichen, Orden oder andere Zeichen, die im Staatsapparat der DDR Verwendung fanden und der Allgemeinheit bekannt waren. Ihr Wiedererkennungswert in weiten Teilen der Gesellschaft wird als Hinweis auf Inhalt und Thema der Druckwerke benutzt. Dies gilt auch für bekannte Symbole anderer Staaten oder historisch bedeutsamer Gruppierungen auf entsprechenden Veröffentlichungen.

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b) Gleiches gilt für die Dienstleistungen der Klasse 41 „Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung“. Die Dienstleistungen Erziehung und Ausbildung können sich mit der Filmproduktion der NVA etwa als Mittel der ideologischen Beeinflussung oder zur Vermittlung militärischer Techniken befassen. Filmproduktionen der NVA können auch Gegenstand der Unterhaltung sein.

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c) Auch für die in Klasse 42 beanspruchten „wissenschaftlichen Dienstleistungen“ wird das Zeichen lediglich als Hinweis auf den Inhalt der Dienstleistungen aufgefasst werden. Diese Dienstleistungen können sich im Rahmen historischer, politischer, soziologischer oder technischer Forschungen mit der Filmproduktion der NVA befassen, sodass seine Verwendung im Zusammenhang mit dem Angebot und der Durchführung der Dienstleistungen ebenfalls nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern als beschreibender Hinweis auf den Gegenstand der Dienstleistungen aufgefasst wird.

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Die von dem Beschwerdeführer zum Beleg der Schutzfähigkeit des Zeichens zitierte Rechtsprechung des Bundespatentgerichts betrifft anders gelagerte Sachverhalte und hat deshalb keine Aussagekraft für das vorliegende Verfahren. Die Entscheidung des 27. Senats (Beschluss vom 01.08.2006, 27 W (pat) 231/05) betraf die Wortfolge SEID BEREIT, die keinen eindeutigen inhaltlichen Bezug zu den beanspruchten Waren „Taschen, Bekleidung, Turn- und Sportartikel“ aufwies. Gleiches gilt für die Bildmarke „gehendes Ampelmännchen“ (BPatG, Beschluss vom 27.09.2012, 27 W (pat) 31/11).

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II. Der angegriffene Beschluss hat auch zu Recht die Löschung der Marke wegen bösgläubiger Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angeordnet.

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1. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Markenanmeldung bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, wenn der Anmelder das angemeldete Zeichen nicht als Marke, d. h. als Herkunftshinweis, benutzt, sondern die formale Rechtsstellung als Inhaber eines Kennzeichenrechts lediglich zum Zwecke der rechtsmissbräuchlichen oder sittenwidrigen Behinderung Dritter einsetzen will (BGH, GRUR 2009, 780 - Ivadal; GRUR 2006, 850 Rn. 41 - FUSSBALL WM 2006; BGH GRUR 2005, 581, 582 - The Colour of Elégance; Ströbele in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage 2014, § 8 Rn. 830 ff.).

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Ein bösgläubiger Markenerwerb kann insbesondere darin liegen, dass der Anmelder in Kenntnis eines im Inland bestehenden schutzwürdigen Besitzstandes eines Vorbenutzers ohne rechtfertigenden Grund die gleiche oder eine verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche Waren und/oder Dienstleistungen mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der Marke zu sperren, anmeldet (vgl. EuGH GRUR 2009, 763 Rn. 46, 53 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; BGH GRUR 2010, 1034 Rn. 13 – LIMES LOGISTIK; BGH, a. a. O., Rn. 13 – Ivadal; GRUR 2009, 992 Rn. 16 – Schuhverzierung; GRUR 2008, 621 Rn. 21 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 917 Rn. 20 – EROS; GRUR 1998, 1034 – Makalu).

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Unabhängig vom Bestehen eines schutzwürdigen inländischen Besitzstandes eines Dritten kann der Erwerb eines formalen Markenrechts aber auch dann bösgläubig im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG sein, wenn sich die Anmeldung der Marke unter anderen Gesichtspunkten als wettbewerbs- oder sittenwidrig darstellt. Das wettbewerblich Verwerfliche kann insoweit insbesondere darin gesehen werden, dass ein Markenanmelder die mit der Eintragung der Marke verbundene – an sich unbedenkliche – Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (BGH, GRUR 2012, 429 Rn. 10 – Simca; GRUR 2008, 917 Rn. 20 – EROS; GRUR 2008, 621 Rn. 21 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 160 Rn. 18 – CORDARONE; GRUR 2005, 581, 582 – The Colour of Elégance; GRUR 2005, 414, 417 – Russisches Schaumgebäck; GRUR 1998, 1034, 1036 – Makalu; GRUR 1980, 110, 111 - TORCH). Dabei ist die maßgebliche Grenze zur Bösgläubigkeit dann überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist (BGH, a. a. O. Rn. 32 – AKADEMIKS; a. a. O. - The Colour of Elégance, a. a. O. Rn. 23 – EROS; BPatG GRUR 2010, 431, 434 – Flasche mit Grashalm). Hierbei muss die Erschwerung der Benutzung der Marke durch den Dritten nicht der einzige Beweggrund für die Markenanmeldung sein; es reicht aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv darstellt (BGH, GRUR 2000, 1032 – EQUI 2000; a. a. O. Rn. 32 – AKADEMIKS; a. a. O. Rn. 23 – EROS). Daher ist die Annahme einer Bösgläubigkeit nicht allein durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen; vielmehr ist eine Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich (vgl. EuGH, GRUR 2009, 763 Rn. 37 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; BGH GRUR 2009, 780 Rn. 18 – Ivadal; a. a. O. – AKADEMIKS; a. a. O. – EROS; a. a. O. – EQUI 2000).

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2. Nach diesen Grundsätzen sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für eine Löschung der verfahrensgegenständlichen Marke wegen Bösgläubigkeit im Anmeldezeitpunkt gegeben.

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a) Gem. Art. 21 des Einigungsvertrages ist das Verwaltungsvermögen der DDR Bundesvermögen geworden. Auf die in der DDR entstandenen Werke ist ferner gemäß Art. 8 des Einigungsvertrages Anlage I Kap III E II Anlage 1 Kapitel III Sachgebiet E das Urhebergesetz der Bundesrepublik Deutschland anwendbar. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 2 UrhG besitzen Werke der bildenden Künste einschließlich der Werke der Baukunst und der angewandten Kunst und Entwürfe solcher Werke urheberrechtlichen Schutz, wenn sie persönlich geistige Schöpfungen sind. Die Nutzungsrechte an einem Logo, bei dem es sich um ein Gebrauchswerk, mithin angewandte Kunst handeln kann, können grundsätzlich einen schutzwürdigen Besitzstand begründen (BGH MarkenR 2011, 545 – Krystallpalast; verneint für das SED-Emblem vom Landgericht Hamburg: GRUR-RR 2005, 106 ff.). Es muss vorliegend nicht abschließend entschieden werden, ob die Beschwerdegegnerin zu 1) an dem Logo des Filmstudios der Nationalen Volksarmee der DDR, wie es zuletzt seit 1984 in den Produktionen des Filmstudios Verwendung gefunden hat, Nutzungsrechte erworben und einen schutzwürdigen Besitzstand begründet hat. Der Beschwerdeführer hat nämlich jedenfalls die mit der Eintragung eines Zeichens entstehende Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt.

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Es kann im Übrigen ebenso dahinstehen, ob eine Bösgläubigkeit bereits allein deshalb vorliegt – wie die Markenabteilung unter Bezugnahme auf das Bundespatentgericht (Beschluss vom 21.08.2008, 27 W (pat) 30/08 – Hooschebaa) annimmt –, wenn Markenschutz an einem urheberrechtlich geschützten Zeichen ohne entsprechende Gestattung durch den Inhaber der Nutzungsrechte begründet wird.

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b) Die Annahme einer Bösgläubigkeit unter dem Gesichtspunkt des zweckfremden Markeneinsatzes hängt zwar nicht von einem schutzwürdigen inländischen Besitzstand ab, setzt aber zwingend die Feststellung einer Behinderungsabsicht des Markenanmelders voraus. Es kommt insoweit darauf an, ob sich eine solche Absicht unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles nach der Lebenserfahrung aufdrängt.

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Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beschwerdeführer mit der Anmeldung beabsichtigte, die Antragstellerin zu 1) und ihre Lizenznehmerinnen an der Benutzung des Zeichens zu hindern und die Benutzung für Dritte generell zu sperren, ohne eine eigene markenrechtliche Benutzung zu beabsichtigen.

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Der Beschwerdeführer hätte ohne weiteres erkennen können, dass durch die bloße physische Übergabe von 50 Ausbildungsfilmen der NVA-Filmstudios an ihn im Oktober/November 1989 nicht er selbst das Urheberrecht am Logo der Filmstudios der DDR erhalten hat. Er hat die Filme dann – wie er erklärt hat – nach der Wende hobbymäßig zuerst im Jahr 2002 digitalisiert und 2007/2008 auf DVD gebrannt. Bereits im Jahr 2004 sei Breucom bei e… tätig geworden und habe ver- sucht, ihn am Vertrieb zu hindern. Erst 17 Jahre nach der Wende – mithin 2007 – habe dann die Beschwerdegegnerin zu 2) plötzlich Urheberrechte geltend gemacht. Bei der Anmeldung der Marke am 4. September 2007 war ihm daher bekannt, dass er selbst keinerlei Kennzeichenrechte an dem Logo besaß und dass spätestens seit 2007 u. a. die Beschwerdegegnerin zu 2) sich entsprechender Rechte berühmte.

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Der Beschwerdeführer hat die angegriffene Marke nach seinem eigenen Vortrag dennoch im September 2007 angemeldet, um Dritte daran zu hindern, Druckereierzeugnisse oder Filme sowie Veranstaltungen zum Thema NVA mit dem eingetragenen Wort-/Bildzeichen zu kennzeichnen. Er fühlte und fühlt sich als wahrer Erbe des Filmstudios der NVA und der dort erzeugten Produkte, deren Verwendung er jeglichen Dritten untersagen will. Die Markenanmeldung erfolgte nicht zu dem Zweck, die Marke für eigene Produkte zu verwenden, sondern als Mittel, um die Löschungsantragstellerinnen und ihre Lizenznehmer an der Verwendung des Zeichens und der Verbreitung des Filmmaterials des Filmstudios zu hindern. Der Beschwerdeführer versucht, die zeitgeschichtliche Sicherung, Nutzbarmachung und wissenschaftliche Verwertung des Filmmaterials über die NVA zu verhindern. Hierfür spricht das eigene Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung. Er hat dargelegt, dass er das Geld für die Markenanmeldung zum 50. Geburtstag „in Bewahrung des Erbes“ von ehemaligen Kameraden der NVA, Bekannten und Verwandten erhalten habe. Die Marke habe er dazu verwenden wollen, die Filme der NVA - als deren Hersteller und Urheber er sich als ehemaliger NVA-Offizier und Mitarbeiter des Filmstudios fühle - als „authentisch“ zu kennzeichnen, wozu Westdeutsche nicht in der Lage seien. Ihm sei dabei wichtig, auch das Geschichtsbild von Personen weiter zu geben, die tatsächlich in der NVA tätig waren. „Seine“ Filme seien jedoch gegen seinen Willen kopiert und unter der Firmenbezeichnung „Breucom“ im Internet verkauft worden. Er sei daher aufgebracht gewesen, dass ihn „Beute-Wessis austricksen und ausknocken“ wollten. Aus der eingetragenen Marke ist der Beschwerdeführer dann auch wegen des Vertriebs von NVA-Filmen gegen Unternehmen vorgegangen, die sich aus seiner Sicht zu Unrecht mit der Thematik beschäftigt haben, wie die Abmahnung der Firma U… GmbH vom 9. Februar 2010 zeigt.

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Entsprechende Erkenntnisse lassen sich auch aus den weiteren Markenanmeldungen des Beschwerdeführers herleiten (vgl. BPatG, Beschluss vom 21.03.2007, 26 W (pat) 127/03 – GIVES YOU WINGS; Beschluss vom 09.07.2007 - DO). Diese weisen darauf hin, dass er mit der Anmeldung in erster Linie beabsichtigte, den Vertrieb von Informationsmaterial über die NVA durch die Antragstellerin zu 1) und von ihr ermächtigte Dritte, insbesondere den B2… und die P…… zu behindern. Auf Nachfrage, weshalb er gerade Marken für diese beiden Unternehmen habe anmelden wollen, hat der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung erklärt, er habe sich in einer „Findungsphase“ befunden und B3… daran hindern wollen, im Wettbewerb tätig zu werden.

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Ein anderes Interesse als die Behinderung der Beschwerdegegnerinnen und ihrer Lizenznehmer ist aus dem Vorgesagten nicht erkennbar. Insbesondere ergibt sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht, dass er mit der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke in erster Linie eine eigene markenmäßige Benutzung beabsichtigt hatte. Ein allgemeiner Benutzungswille wird zwar bei Anmeldung grundsätzlich vermutet, er kann durch das Gesamtverhalten des Anmelders jedoch widerlegt werden. Der Beschwerdeführer hat zwar vorgetragen, dass er seit 2002 entsprechende Datenträger mit den Filmaufnahmen des Filmstudios der NVA über das Internet vertrieben habe. Insoweit hat er sich jedoch in Widersprüche verwickelt. Während er zunächst behauptete, für den Vertrieb der Filme eine Gewerbeanmeldung erwirkt, über die Einnahmen Buch geführt und diese versteuert zu haben, hat er – nachdem er zur Vorlage der Gewerbeanmeldung aufgefordert worden war, in der als angemeldete Tätigkeit „Schulung und EDV-Beratung“ angegeben ist, – vorgetragen, der Vertrieb sei nur durch Seminarteilnehmer der Schulungsseminare zu Übungszwecken im Internet erfolgt. Er selbst habe den Vertrieb nur als Hobby betrieben, steuerlich sei die Tätigkeit nicht relevant gewesen. Er hat im Weiteren jedoch weder seine Angaben zu den vertriebenen Stückzahlen noch zu den erzielten Umsätzen belegt. Im zweiten Verhandlungstermin hat er vielmehr behauptet, dass die Steuerakten aus seinem Vertrieb verloren gegangen seien und er sie nicht mehr rekonstruieren könne. Aus den übergebenen Kopien hat sich ebenfalls keine Vertriebstätigkeit des Beschwerdeführers unter der verfahrensgegenständlichen Marke ergeben. Die von ihm vorgelegten Unterlagen zu einem Vertrieb über die Plattform e… enthalten auf den jeweiligen Angebotsseiten unterschiedliche Verkäufernamen, wie z. B „modellbahner09“, „arn833“ oder „03*n33“, aber keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine Vertriebstätigkeit des Markeninhabers unter der verfahrensgegenständlichen Marke gehandelt hat. Ungeachtet der Frage, ob der Beschwerdeführer zum Vertrieb dieses Materials urheberrechtlich überhaupt berechtigt war, folgt daraus, dass er eine eigene nennenswerte Markenbenutzung nicht beabsichtigt hat und das wesentliche Motiv der Anmeldung nicht die eigene markenmäßige Nutzung des Zeichens, sondern die Behinderung des Vertriebs des Filmmaterials war.

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Darin liegt eine wettbewerbswidrige Sperrwirkung, die als sittenwidrig einzustufen ist. Denn die Markenanmeldung sollte wettbewerbswidrig zur Behinderung – u. a. der Beschwerdegegnerinnen – im Wettbewerb eingesetzt werden. Die Behinderungsabsicht stellte insoweit zumindest ein wesentliches Motiv für die Markenanmeldung dar. Dass der Beschwerdeführer sein Verhalten subjektiv nicht als bösgläubig eingestuft hat, sondern sich als der Hüter der Werte der NVA versteht, deren Erinnerung er durch die Monopolisierung des Filmmaterials beeinflussen will, ändert nichts an der markenrechtlichen Einstufung der Anmeldung als bösgläubig, die gerade an den zweckfremden Einsatz der Marke zur Behinderung des Wettbewerbs anknüpft (Ströbele in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rn. 888, 890).

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III. Da u. a. der Löschungsgrund der bösgläubigen Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vorliegt, hat die Markenabteilung die Kosten des Löschungsverfahrens zu Recht gemäß § 63 Abs. 1 MarkenG dem Beschwerdeführer auferlegt. Denn der Umstand, dass der bösgläubigen Markenanmeldung stets ein rechtsmissbräuchliches oder sittenwidriges Verhalten zugrunde liegt, rechtfertigt es aus Billigkeitsgründen, die Kosten des Löschungsverfahrens dem Markeninhaber aufzuerlegen.

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C. Aus den unter B. III genannten Gründen waren dem Beschwerdeführer gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen. Auch diese sind auf die bösgläubige Anmeldung der Marke zurückzuführen, die es unbillig erscheinen lässt, die Löschungsantragstellerinnen mit Kosten des Verfahrens zu belasten (Knoll in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 71 Rn. 15).