Entscheidungsdatum: 28.04.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die angemeldete Marke 306 71 214.8
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 28. April 2011 durch die Vorsitzende Richterin Klante und die Richter Schwarz und Schell
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Anmelderin hat die Bezeichnung
Solarfarbe
als Wortmarke für Waren der Klassen 1, 2, 3, 17 und 19 zur Eintragung in das Markenregister angemeldet.
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat zunächst mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 2 vom 2. Februar 2009 die Anmeldung teilweise für die Waren
Renovationsfarbe, Tiefengrund, Imprägniergrund, Fassadenfarbe, Wandfarbe, Silikatfarbe, Abtönfarbe, Silikatgrundierungen, Silikonharzfarben, Holzlasuren, Dispersionslacke
nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen, weil die angesprochenen Verkehrskreise die ohne Weiteres verständliche Marke für die zurückgewiesenen Waren nur als Sachhinweis darauf verstehen würden, dass es sich hierbei um bestimmte solaraktive, also die Sonnenenergie ausnutzende Farben handeln würde bzw. um Waren, die speziell für die Anwendung dieser Spezialfarben benötigt würden. In dieser Form werde, wie sich aus Internetfundstellen ergebe, der Begriff „Solarfarbe“ auch bereits verwendet.
Die Anmelderin hat hierauf ihre Anmeldung hinsichtlich der nicht zurückgewiesenen Waren geteilt; die abgeteilte Markenanmeldung wird unter der Registernummer 306 67 996.5/01 beim Deutschen Patent- und Markenamt geführt.
Die hinsichtlich der zurückgewiesenen Waren gleichzeitig eingelegte Erinnerung hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 25. März 2010 aus den Gründen des Erstbeschlusses zurückgewiesen.
Ihre gegen diese Entscheidung erhobene Beschwerde hat die Anmelderin bislang nicht begründet und auch keinen Antrag gestellt.
II.
Die Beschwerde der Anmelderin ist nach § 66 MarkenG zulässig. Über sie kann auch entschieden werden, ohne dass der Anmelderin der Entscheidungszeitpunkt vorher mitgeteilt werden oder ihr gar eine Frist zur Stellungnahme oder zur Begründung ihrer Beschwerde gesetzt werden musste. Da das Markengesetz eine Beschwerdebegründung nicht vorschreibt, gebietet der Anspruch auf rechtliches Gehör lediglich, dass das Bundespatentgericht erst nach Ablauf einer angemessenen Frist über die Beschwerde entscheidet (vgl. BGH GRUR 1997, 223, 224 - Ceco; BPatGE 19, 225, 227 ff.; 23, 171). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht hierfür ein Zeitraum von zwei Wochen aus (vgl. BGH a. a. O. - Ceco), jedenfalls dürfte aber entsprechend § 85 Abs. 3 Satz 2 MarkenG ein Zeitraum von einem Monat ab Beschwerdeeinlegung genügen (vgl. Ströbele/Hacker/Knoll, MarkenG, 9. Aufl., § 66 Rdn. 40). Ein Fall, bei dem ausnahmsweise eine Mitteilung ergehen muss (vgl. BGH GRUR-RR 2008, 457, 458 - Tramadol, s. a. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 83 Rn. 74), liegt hier nicht vor.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache aber keinen Erfolg, da die Markenstelle zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen anschließt, der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung nach § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG mangels Unterscheidungskraft versagt hat.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist für die Beurteilung, ob einer angemeldeten Bezeichnung die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, auf die Hauptfunktion einer Marke abzustellen; danach soll diese den Abnehmern die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese ohne Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 927 [Rz. 30] – Philips/Remington; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 23] - SAT.2; GRUR 2006, 229, 230 [Rz. 27] - BioID). Unter Berücksichtigung des Allgemeininteresses an der nicht ungerechtfertigten Einschränkung der Verfügbarkeit der angemeldeten Kennzeichnung für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die entsprechende Waren oder Dienstleistungen anbieten (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 26] - SAT.2), ist deshalb die Unterscheidungskraft einer angemeldeten Bezeichnung zu verneinen, wenn diese nicht geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, in der Anschauung ihrer durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 607 [Rz. 46] – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 [Rz. 24] – SAT.2) Abnehmer als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH WRP 2002, 924, 930 [Rz. 35] – Philips/Remington; MarkenR 2003, 187, 190 [Rz. 41] - Gabelstapler; MarkenR 2005, 22, 25 f. [Rz. 33] - Das Prinzip der Bequemlichkeit). Diese Eignung fehlt aber der vorliegend zu beurteilenden Kennzeichnung, weil sie nur einen im Vordergrund stehenden, die zurückgewiesenen Waren beschreibenden Begriffsinhalt hat (vgl. BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 m. w. N. – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION).
Wie die Markenstelle durch Belege aus dem Internet hinreichend nachgewiesen hat, wird der angemeldete Begriff bereits jetzt in einem beschreibenden Sinne verwendet. Dem hat die Anmelderin in der Sache nicht näher widersprochen. Schon aus diesem Grund geht ihr nur allgemein gehaltener Einwand in der Erinnerungsbegründung fehl, dass es sich bei dem angemeldeten Begriff um eine lexikalisch nicht nachweisbare Wortneuschöpfung handele. Dessen ungeachtet vermag dieser Einwand aber auch aus Rechtsgründen nicht zu greifen; denn nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, von der die deutschen Gerichte nach Art. 267 AEUV, Art. 101 GG nicht ohne vorherige (ggfs. erneute) Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs abweichen dürfen, ist die Unterscheidungskraft auch solchen Begriffen zu versagen, die bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurden oder bei denen es sich um sprachliche Neuschöpfungen handelt, die noch keinen Eingang in Lexika erhalten haben, wenn sie in den Augen des maßgeblichen Verkehrs in einer ihrer möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen (vgl. EuGH GRUR 2003, 58, 59 [Rz. 21] - Companyline; MarkenR 2003, 450, 453 [Rz. 32] - DOUBLEMINT; MarkenR 2004, 99, 109 [Rz. 97] - POSTKANTOOR; MarkenR 2004, 111, 115 [Rz. 38] - BIOMILD).
Da Letzteres aber, wie die Anmelderin selbst nicht weiter in Abrede stellt, aufgrund der von der Markenstelle ermittelten Nachweise vorliegend der Fall ist, fehlt der angemeldeten Bezeichnung für die zurückgewiesenen Waren die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft.
Da die Anmelderin ihre Beschwerde nicht weiter begründet hat, ist auch nicht ersichtlich, aus welchen sonstigen Gründen sie die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für anfechtbar erachtet. Da die Markenstelle somit im Ergebnis der Anmeldemarke zutreffend für die zurückgewiesenen Waren die Eintragung wegen des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG versagt hat, war die Beschwerde der Anmelderin zurückzuweisen.