Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 31.05.2017


BPatG 31.05.2017 - 28 W (pat) 508/15

Markenbeschwerdeverfahren – "McSportnahrung.de (Wort-Bild-Marke)/Mc Donald´s" – zur rechtserhaltenden Benutzung – Warenidentität und –ähnlichkeit – erhöhte Kennzeichnungskraft – Verwechslungsgefahr durch gedankliches In-Verbindung-Bringen – Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt einer Serienmarke


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
28. Senat
Entscheidungsdatum:
31.05.2017
Aktenzeichen:
28 W (pat) 508/15
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2009 064 167

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 31. Mai 2017 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig

beschlossen:

1. Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Januar 2015 aufgehoben.

2. Auf Grund des Widerspruchs aus der Wortmarke 1 142 428 „McDonald’s“ wird die Löschung der Eintragung der Wort-/Bildmarke 30 2009 064 167 „McSportnahrung.de“ angeordnet.

Gründe

I.

1

Am 30. Oktober 2009 ist die Wort-/Bildmarke 30 2009 064 167

Abbildung

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2

angemeldet und am 23. März 2010 für nachfolgende Waren eingetragen worden:

3

Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette;

4

Klasse 30: Kaffee, Tee; Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze, Kühleis;

5

Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

6

Gegen die Eintragung hat die Widersprechende am 23. Juli 2010 aus ihrer am 5. Juli 1989 eingetragenen Wortmarke 1 142 428

7

McDonald’s

8

Widerspruch erhoben, die für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30, 32, 35, 41, 42 und 43 geschützt ist:

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Fleisch, Fisch, Geflügel, Wild, auch als Fertiggerichte; Fleischextrakte; Weich- und Schalentiere; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Fleisch-, Fisch-, Obst- und Gemüsegallerten; Konfitüren, Eier, Milch und Milchprodukte, nämlich Butter, Käse, Joghurt, Quark, Sahne; Desserts aus Milch, Joghurt, Quark und Sahne; Speiseöle und -fette; Fleisch-, Fisch-, Milch- und Brotkonserven; verarbeitete Nüsse; Kaffee, Tee, Kakao, einschließlich Kaffee-, Tee- und Kakaogetränke; Kaffee- oder Kakaopräparate für die Herstellung von alkoholfreien Getränken, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel, Mehl für Nahrungszwecke, Getreidepräparate (ausgenommen Futtermittel), Haferflocken, Brot, Biskuits, Kuchen, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver; Puddingdesserts; Zucker- und Schokoladewaren; Speisesalz, Senf, Pfeffer, Essig, Saucen, einschließlich Salatsaucen; Gewürze; Fertig- und Halbfertiggerichte aus Fleisch, Fisch oder Käse in Verbindung mit Brot oder Brötchen, Apfelpasteten, Pommes frites, Kartoffelchips; Mineralwässer, kohlensäurehaltige Wässer, Fruchtsäfte und andere alkoholfreie Getränke; Milchmischgetränke mit Früchten, mit Kakao- oder Kaffeezusatz und auf der Grundlage von Milch und Fruchtsaft zu gleichen Teilen; Werbung für Nahrungsmittel, Getränke und Verpflegungsspezialitäten, organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung über Eröffnung und Führung von Restaurants, Veröffentlichung und Herausgabe von Unterrichtsmaterial für die Führung von Restaurants, Bau- und Konstruktionsplanung und -beratung für Restaurants und Gaststätten, Ausbildung und Unterricht auf dem Gebiet der Organisation und Bewirtschaftung von Restaurants, alle vorgenannten Dienstleistungen für andere; Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

10

Die angegriffene Marke ist am 18. November 2010 auf die jetzige Inhaberin umgeschrieben worden. Diese hat die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren der Klassen 29, 30 und 32 erhoben. Im Anschluss hieran hat die Widersprechende verschiedene Benutzungsunterlagen vorgelegt.

11

Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 29, hat den Widerspruch mit Beschluss vom 9. Januar 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Vergleichszeichen stünden sich nicht in verwechslungsfähiger Art und Weise gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegenüber. Die Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke könne daher im Ergebnis dahingestellt bleiben.

12

Die beiderseitigen Waren der Klassen 29, 30 und 32 seien ähnlich bzw. identisch.

13

Ferner genieße die Widerspruchsmarke im Fast-Food-Sektor eine überragende Verkehrsgeltung. Auch die bloße Buchstabenfolge „Mc“ sei in diesem Bereich äußerst bekannt, insbesondere als Stammbestandteil in Kombination mit einer weiteren Sachangabe (wie beispielsweise „McRIB“, „McCHICKEN“ etc.). Eine erhöhte Kennzeichnungskraft könne daher für bestimmte Nahrungsmittel sowie für die Verpflegung von Gästen im Fast-Food-Bereich als amtsbekannt angenommen werden.

14

Die danach an den Zeichenabstand zu stellenden Anforderungen würden jedoch von der angegriffenen Marke eingehalten. Denn die Ähnlichkeit der Vergleichszeichen sei in keiner Richtung derart ausgeprägt, dass unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Faktoren die Gefahr von betrieblichen Herkunftsverwechslungen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu bejahen wäre.

15

Der Bestandteil „Donald’s“ der Widerspruchsmarke unterscheide sich schriftbildlich stark von dem Element „Sportnahrung.de“ der angegriffenen Marke. Auch die Sinngehalte der beiden Wörter stimmten nicht überein. In visueller und begrifflicher Hinsicht sei eine Ähnlichkeit der Marken somit zu verneinen. Aber auch im Rahmen der klanglichen Ähnlichkeitsprüfung sei der gebotene Markenabstand gewahrt.

16

Eine relevante Ähnlichkeit der Marken könne nur dann bejaht werden, wenn der Gesamteindruck der beiderseitigen Marken durch deren Wortbestandteile „Mc“ geprägt werden würde. Dies habe das Bundespatentgericht zwar für die Widerspruchsmarke bejaht. Bei der jüngeren Marke sei dies hingegen nicht der Fall, da die Bestandteile „Mc“, „Sportnahrung“ und „de“ als einheitlicher Gesamtbegriff wirkten. Auch erscheine der Bestandteil „Mc“ in der angegriffenen Marke nicht als selbstständig kennzeichnend.

17

Schließlich, so das Deutsche Patent- und Markenamt weiter, fehle es auch an besonderen Umständen, welche die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr bzw. einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne rechtfertigen würden. Zwar treffe es zu, dass die Widersprechende durch langjährige umfangreiche Benutzung den Verkehr an eine Reihe von „Mc“-Marken im Fast-Food-Sektor als Hinweis auf ihr Unternehmen gewöhnt habe. Die Annahme einer gedanklichen Verbindung scheide vorliegend jedoch aus. Denn die weiteren Marken der Widersprechenden kombinierten den Stammbestandteil „Mc“ fast ausschließlich mit einem Sachhinweis auf bestimmte Fast-Food-Produkte (z. B. „McPIZZA“, „McMUFFIN“, „McSALAD“ etc.), auf bestimmte Zutaten solcher Fast-Food-Produkte (z. B. „McPORK“, „McTOAST“ etc.), auf besondere Zubereitungsarten (z. B. „McCRISPY“, „McSHAKER“ etc.) oder auf eine besondere Art der Verkaufsstätte (z. B. „McDRIVE“, „McCafe“). In diese vorhandene Zeichenserie der Widersprechenden füge sich die jüngere Marke nicht ein. Denn „Sportnahrung“ gebe im Zusammenhang mit den im Ähnlichkeitsbereich liegenden Waren der angegriffenen Marke keinerlei Sachhinweis auf bestimmte Fast-Food-Produkte oder/und besondere Verkaufsstätten bzw. -modalitäten. Hinzu komme, dass Fast-Food-Produkte allgemein gedanklich eher mit ungesunder bzw. unausgewogener Ernährung in Verbindung gebracht würden. Demgegenüber werde der Begriff „Sportnahrung“ von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen im Zusammenhang mit den angebotenen Waren gerade mit Fitness und Gesundheit assoziiert, so dass die Annahme einer gedanklichen Verbindung fern liege.

18

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde vom 13. Februar 2015. Zur Begründung führt sie aus, beinahe alle von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren fänden sich identisch im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke wieder. Diese verfüge ferner für alle Waren der Klassen 29, 30, 32 über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Hierauf basierend müsse die angegriffene Marke einen erheblichen Zeichenabstand aufweisen, was jedoch nicht der Fall sei. Zutreffend sei das Deutsche Patent- und Markenamt zwar noch davon ausgegangen, dass der Gesamteindruck der Widerspruchsmarke durch das Element „Mc“ geprägt werde. Nicht nachvollziehbar sei jedoch die Annahme, dass dies nicht auch für die angegriffene Marke gelte. Zum einen sei nämlich in ihr der Bestandteil „Mc“ grafisch durch eine größere Schrift und die Schrägstellung hervorgehoben. Zum anderen genieße das Element „Mc“ im vorliegend relevanten Waren- und Dienstleistungsbereich sogenannter Food-Produkte und Restaurantdienstleistungen eine aufgrund Verkehrsbekanntheit erheblich gesteigerte Kennzeichnungskraft. Demgegenüber entbehrten die weiteren Bestandteile „Sportnahrung“ und „de“ als warenbeschreibende Angabe bzw. als Top-Level-Domain jeglicher Eignung als Herkunftshinweis. Hiervon ausgehend bestehe jedenfalls ein nicht unerheblicher Grad an Zeichenähnlichkeit, was die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr begründe.

19

Aber auch die Voraussetzungen einer mittelbaren Verwechslungsgefahr lägen vor. Die angegriffene Marke reihe sich nahtlos in die Markenserie der Widersprechenden ein, die aus einer Vielzahl von Marken bestehe, die aus dem Präfix „Mc“ und einem beschreibenden Bestandteil in deutscher oder englischer Sprache gebildet seien. Soweit das Deutsche Patent- und Markenamt in seinem angegriffenen Beschluss eine Einfügung in eine bestehende Markenserie deshalb verneint habe, weil „Sportnahrung“ nicht auf ein bestimmtes Fast-Food-Produkt bzw. auf eine besondere Zubereitung oder die Art der Verkaufsstätte hinweise, sei dies unzutreffend. Das zusätzliche beschreibende Element ihrer Markenserie beziehe sich weder nur auf bestimmte, genau konkretisierte Nahrungsmittel noch ausschließlich auf Fast-Food-Produkte. Bei den Zeichen „McSalad“ oder „McFish“ bleibe beispielsweise offen, welche konkrete Sorte Fisch oder Salat unter der jeweiligen Marke angeboten werde. Auch handele es sich weder bei Fisch noch bei Salat um ungesunde oder unausgewogene Nahrungsmittel. Sie nutze im Rahmen ihrer Markenserie Zeichenbestandteile, die jeweils nur eine von mehreren Eigenschaften der mit der Marke gekennzeichneten Waren bzw. Dienstleistungen beschrieben. Es sei daher mitnichten so, dass sich nur solche jüngeren Marken in die Markenserie einfügen könnten, die aus dem Element „Mc“ und einem weiteren, ein bestimmtes Fast-Food-Produkt bezeichnendem Bestandteil zusammengesetzt seien. Die angegriffene Marke „McSportnahrung.de“ füge sich daher nahtlos in ihre Markenserie ein, was die Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr begründe.

20

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

21

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 9. Januar 2015 aufzuheben und die Löschung der Eintragung der Wort-/Bildmarke 30 2009 064 167 „McSportnahrung.de“ auf Grund des Widerspruchs aus der Wortmarke 1 142 428 „McDonald’s“ anzuordnen.

22

Darüber hinaus regt sie hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

23

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

24

die Beschwerde zurückzuweisen.

25

Sie hat sich im Beschwerdeverfahren nicht weiter eingelassen.

26

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

27

Die Beschwerde der Widersprechenden ist begründet, da sich die Vergleichszeichen in verwechslungsfähiger Art und Weise gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG gegenüberstehen.

28

1. Die Frage der Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (EuGH GRUR 2010, 1098, Rdnr. 44 - Calvin Klein/HABM; GRUR 2010, 933, Rdnr. 32 - Barbara Becker; GRUR 2006, 237 – PICARO/PICASSO; BGH GRUR 2014, 488, Rdnr. 9 - DESPERADOS/DESPERADO; GRUR 2012, 1040, Rdnr. 25 - pjur/pure; GRUR 2010, 235, Rdnr. 15 - AIDA/AIDU; GRUR 2009, 484, Rdnr. 23 - METROBUS; GRUR 2008, 905, Rdnr. 12 - Pantohexal; GRUR 2008, 258, Rdnr. 20 - INTERCONNECT/T-InterConnect; GRUR 2006, 859, Rdnr. 16 - Malteserkreuz I; GRUR 2006, 60, Rdnr. 12 - coccodrillo m. w. N.). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. EuGH, a. a. O. - Barbara Becker; GRUR Int. 2010, 129, Rdnr. 60 - Aceites del Sur-Coosur SA/Koipe Corporación [Carbonell/La Espaňola]; BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 30 - Culinaria/Villa Culinaria; a. a. O. - pjur/pure).

29

2. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die (unbeschränkte) Einrede der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke für die Waren der Klassen 29, 30 und 32 erhoben. Demgemäß muss die Widersprechende zum einen glaubhaft machen, dass sie ihre am 5. Juli 1989 eingetragene Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 23. April 2010 in der Bundesrepublik Deutschland rechtserhaltend benutzt hat (§ 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Demzufolge läuft der erste Benutzungszeitraum von April 2005 bis April 2010. Zum anderen muss die Widersprechende glaubhaft machen, dass ihre Marke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch rechtserhaltend benutzt worden ist (§ 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Auf Grund der Tatsache, dass als „Entscheidung“ in diesem Sinne die das jeweilige Verfahren abschließende Entscheidung zu verstehen ist, also ggf. erst die Beschwerdeentscheidung (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage, 2015, § 43, Rdnr. 17), reicht der zweite Benutzungszeitraum von Mai 2012 bis Mai 2017.

30

Die Widersprechende hat zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung eine eidesstattliche Versicherung des ehemaligen „Director Marketing“ der M… Inc., Herr S…, vom 17. November 2011 vorgelegt. Aus dieser ist ersichtlich, dass die Widersprechende in Deutschland in den Jahren 2005 bis 2010 mit ihren Produkten Umsätze im …-Euro- Bereich erzielt hat und in dem nämlichen Zeitraum jährliche Werbeaufwendungen im …stelligen …bereich getätigt hat. Ferner hat die Widersprechende zahlreiche Benutzungsnachweise, wie Abbildungen von Produktverpackungen sowie Werbeplakate, vorgelegt. Darüber hinaus hat sie eine weitere eidesstattliche Versicherung des späteren „Director Marketing“ der M… Inc., Herr W…, vom 29. Oktober 2015 eingereicht. Dieser ist zu entnehmen, dass die jährlichen Umsätze der Widersprechenden in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2014 wiederum im …-Euro-Bereich lagen. Ebenso betrugen die jährlichen Werbeaufwendungen in Deutschland in diesem Zeitraum über … EUR. Mit Schreiben vom 2. November 2015 wurden noch weitere Werbeplakate mit Abbildungen der von der Widersprechenden vertriebenen Nahrungsmittel übersandt.

31

Die Widersprechende hat mit diesen Unterlagen die rechtserhaltende Benutzung ihrer Widerspruchsmarke für die Waren der Klassen 29, 30 und 32 hinreichend glaubhaft gemacht. In den eidesstattlichen Versicherungen sind zwar die Produkte, mit denen die Umsätze erzielt worden sind, nicht ausdrücklich erwähnt. Es ist jedoch gerichtsbekannt, dass es sich bei der Widersprechenden respektive der deutschen Tochtergesellschaft, der M… Inc., um einen der führenden inländischen Anbieter im Bereich von Fast-Food-Produkten handelt. Diese werden - wie auch die eingereichten Werbeplakate zeigen - in zahlreichen gastronomischen Betrieben unter der Marke „McDonald’s“ vertrieben. Gegenstand des entsprechenden Produktangebotes sind zahlreiche Waren der Klassen 29, 30 und 32. Unter Berücksichtigung der „erweiterten Minimallösung“ (vgl. hierzu Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26, Rdnr. 260 ff.) ist im Ergebnis die Widerspruchsmarke für alle in den vorstehend genannten Klassen enthaltenen Waren als rechtserhaltend benutzt anzusehen, da diese in ihren Eigenschaften und in ihrer Zweckbestimmung übereinstimmen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a. O., § 26, Rdnr. 261).

32

3. Die von den Vergleichszeichen in den Klassen 29, 30 und 32 beanspruchten Waren sind überwiegend entweder identisch oder aber hochgradig ähnlich, da sie für den menschlichen Verzehr bestimmt und in den gleichen Vertriebsstätten anzutreffen sind. Die Ware „Kühleis“ der angegriffenen Marke findet sich zwar nicht bei der Widerspruchsmarke. Sie weist jedoch eine noch hinreichende Ähnlichkeit zu der Ware „Speiseeis“ der Widerspruchsmarke auf (vgl. HABM 01, BK R-152/00-3). Die Ware „Bier“, für welche die angegriffene Marke Schutz beansprucht, ist ähnlich zu der Ware „alkoholfreie Getränke“, die im Warenverzeichnis der Widerspruchsmarke enthalten ist (vgl. BPatG 28 W (pat) 191/76).

33

4. Die Widerspruchsmarke verfügt in Verbindung mit den für sie eingetragenen Waren der Klassen 29, 30 und 32 über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Die Widersprechende hat - wie unter Ziffer 2. Ausgeführt - dargelegt, im Bereich der Selbstbedienungsgastronomie zumindest seit dem Jahr 2005 jährliche Umsätze im …-Euro-Bereich mit dem Verkauf von Fast-Food-Nahrungsmitteln zu generieren. Ferner hat sie dargetan, in diesem Bereich jährliche Werbeaufwendungen im …stelligen …bereich zu tätigen. Es ist zudem liquide, dass es sich bei der Widerspruchsmarke um eine der im Fast-Food-Bereich bekanntesten Marken nicht nur in Deutschland, sondern weltweit handelt (vgl. BPatG 28 W (pat) 111/03 - MC Döner Kebab).

34

5. Die Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Marken ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-)Bild, im Klang und im Bedeutungsgehalt zu beurteilen, weil Marken auf die von ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Markenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche (vgl. BGH GRUR 2014, 382, Rdnr. 25 - REAL-Chips; GRUR 2011, 824, Rdnr. 25 f. - Kappa m. w. N.). Die beiderseitigen Kennzeichen sind dabei jeweils als Ganzes zu betrachten und in ihrem Gesamteindruck miteinander zu vergleichen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den - durch das Kennzeichen im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen - Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859, Rdnr. 18 – Malteserkreuz I). Weiter ist es möglich, dass ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke oder einer komplexen Kennzeichnung eine selbstständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass er das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH, a. a. O., Rdnr. 30 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2004, 865 - Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbstständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer Marke älteren Zeitrangs kann Verwechslungsgefahr zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (BGH GRUR 2013, 833, Rdnr. 45 - Culinaria/Villa Culinaria).

35

Ob zwischen den Vergleichszeichen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben, da zwischen ihnen jedenfalls die Gefahr einer Verwechslung durch gedankliches In-Verbindung-Bringen zu befürchten ist (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, letzter Hs., MarkenG). Hiervon ist dann auszugehen, wenn der Verkehr zwei an sich unterschiedliche Marken wegen eines gemeinsamen charakteristischen Bestandteils derselben betrieblichen Ursprungsstätte zuordnet (mittelbare Verwechslungsgefahr). Dabei nimmt der Verkehr die Unterschiede der Marken durchaus wahr und verwechselt sie deshalb nicht unmittelbar, aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelteilen hat er jedoch Anlass, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder den Eindruck zu gewinnen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042, Rdnr. 31 - THOMSON LIFE; BGH GRUR 2006, 859 – Malteserkreuz I).

36

Eine mittelbare Verwechslungsgefahr kann demnach u. a. bei Serienmarken auftreten, wenn der Inhaber der Widerspruchsmarke bereits mit dem entsprechenden Stammbestandteil als Bestandteil mehrerer eigener entsprechend gebildeter Serienmarken aufgetreten ist (BGH GRUR 2002, 542 - BIG; GRUR 2002, 544 - BANK 24; GRUR 2013, 840 - PROTI POWER; BPatG 24 W (pat) 39/13 - Mäc Spice). Die Widersprechende verfügt nach der Registerlage über eine größere Anzahl von prioritätsälteren Marken mit dem Stammbestandteil „Mc“, z. B. „McDrive“, „McBacon“, „McCAFE“, die gerichtsbekannt im Bereich der Schnellgastronomie seit Jahren verwendet werden und über einen hohen Bekanntheitsgrad für verschiedene Produkte aus dem Lebensmittelbereich verfügen. In diese Markenserie reiht sich die angegriffene Marke nahtlos ein, da sie wie die Serienmarken der Widersprechenden gebildet ist (vgl. hierzu auch BPatG 28 W (pat) 25/10 - McSeafood; EuG, Urteil vom 5. Juli 2016, T-518/13 - MACCOFFEE). So wird auch in der jüngeren Marke der Bestandteil „Mc“ mit einer beschreibenden Angabe (hier: Sportnahrung) kombiniert. Das zusätzliche Element „de“ fällt hierbei kaum auf, da es sich am Markenende befindet und der Verkehr darin nur die deutsche Kennung einer Internetadresse ohne kennzeichnenden Charakter sehen wird (vgl. BPatG 29 W (pat) 510/12 - Tv.de).

37

Die Kennzeichnungskraft und damit die Hinweisfunktion des Stammbestandteils „Mc“ der Widerspruchsmarke wird nicht durch Drittmarken entscheidungserheblich geschwächt, die diesen Bestandteil auch enthalten. Zum einen ist hierbei ausschließlich auf Marken von Wettbewerbern abzustellen, die für Waren der Klassen 29, 30 und 32 geschützt sind, so dass beispielsweise das für Dienstleistungen im Fitnessbereich geschützte Zeichen „McFIT“ hier nicht in die Betrachtung einzubeziehen ist. Zum anderen lässt die überragende Bekanntheit der Buchstabenfolge „Mc“ im Zusammenhang mit den von der Widersprechenden angebotenen Lebensmitteln der Klassen 29, 30 und 32 nicht eine so deutliche Schwächung ihrer Kennzeichnungskraft durch im selben Produktbereich angesiedelte Drittmarken erwarten, dass sie nicht mehr mit der Widersprechenden in Verbindung gebracht werden würde.

38

Es kann dahingestellt bleiben, ob entsprechend der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes die Widersprechende ihre Serienmarken ausschließlich mit einem Sachhinweis auf bestimmte Fast-Food-Produkte, auf bestimmte Zutaten, auf besondere Zubereitungsarten oder auf die Art der Verkaufsstätte kombiniert. Die angegriffene Marke würde sich in eine so verstandene Markenserie nahtlos einfügen:

39

Zum einen kann auch Sportnahrung als Fast-Food-Produkt zum schnellen und unkomplizierten Verzehr angeboten werden. So vertreibt die Widersprechende selbst beispielsweise unter den Marken „McSalad“, „MCFISH“ oder „McWRAP“ Lebensmittel, die dem Trend zur gesundheitsbewussten Ernährung entsprechen und als Nahrung für Sportler dienen können. Dieser Entwicklung folgt auch die angegriffene Marke „McSportnahrung.de“. Die angesprochenen Verkehrskreise der Durchschnittsverbraucher werden annehmen, dass die Widersprechende ihr Sortiment um Produkte erweitert hat, die speziell der Ernährung bei sportlicher Betätigung dienen. Dies ist umso naheliegender, als bereits seit vielen Jahren in der Gastronomie eine Tendenz zu gesunden, insbesondere fettarmen Lebensmitteln zu beobachten ist, was sich nicht zuletzt in dem Erfolg von Restaurantketten wie beispielsweise „Subway“ oder „dean & david“ widerspiegelt.

40

Zum anderen kann der Bestandteil „Sportnahrung“ der angegriffenen Marke auch auf die verwendeten Zutaten hinweisen, wozu insbesondere Gemüse, Obst, Salat oder Fisch gehören.

41

Der Beschwerde war daher stattzugeben.

42

Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.