Entscheidungsdatum: 07.12.2011
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 68 259
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 7. Dezember 2011 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Martens und den Richter Schwarz
beschlossen:
1. Die Beschwerde des Markeninhabers wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der der Beschwerdegegnerin entstandenen Kosten.
3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf € 50.000 festgesetzt.
I.
Die nachstehend wiedergegebene Wort-/Bildmarke 306 68 259
ist als Kennzeichnung für die Ware „Fisch“ (Klasse 29) sowie für die Dienstleistungen „Unternehmensverwaltung“ (Klasse 35) sowie „Verpflegung von Gästen in Selbstbedienungsrestaurants“ (Klasse 43) am 31. Januar 2007 ins Markenregister in den Farben hellrot und türkisblau eingetragen worden.
Die Inhaberin der im Jahr 1989 eingetragenen Wortmarke 1 142 428
"Mc DONALDS"
die u. a. für die Ware "Fisch“ (Klasse 29) sowie die Dienstleistungen „organisatorische und betriebswirtschaftliche Beratung über Eröffnung und Führung von Restaurants“ (Klasse 35) sowie „Verpflegung von Gästen“ (Klasse 43) Schutz genießt, hat gegen die Eintragung der jüngeren Marke Widerspruch eingelegt.
Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat dem Widerspruch mit Beschlüssen vom 6. März 2008 und vom 11. November 2009 stattgegeben und die Löschung der jüngeren Marke wegen des Widerspruchs angeordnet. Zur Begründung hat die Erinnerungsprüferin ausgeführt, unter Berücksichtigung der erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie der teilweisen Identität bzw. hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden Waren und Dienstleistungen sei festzustellen, dass die angegriffene Marke den erforderlichen Abstand zur Widerspruchsmarke nicht mehr einhalte. Es bestehe die Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden und zwar in der Weise, dass der Verkehr den Unterschied zwischen den Marken zwar sehe, wegen Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung jedoch die mit der angegriffenen Marke gekennzeichneten Produkte irrig dem Inhaber der älteren Marke zuordne. Dies beruhe auf der hohen Signalwirkung der Anfangssilbe „Mc“ zugunsten der Widerspruchsmarke im einschlägigen Waren- und Dienstleistungsbereich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Markeninhabers, der eine Verwechslungsgefahr nicht für gegeben hält. Die Markenstelle habe die Ähnlichkeit der beiderseitigen Dienstleistungen der Klasse 35 ebenso unzutreffend beurteilt wie sie zu Unrecht von einem besonders strengen Maßstab für den Markenabstand ausgegangen sei und dabei eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke berücksichtigt habe. Der Beschluss des Erstprüfers könne wegen eines Begründungsmangels schon keinen Bestand haben, da er sich im Wesentlichen auf eine angeblich vergleichbare Entscheidung des Bundespatentgerichts gestützt habe. Die angegriffene Marke unterscheide sich vorliegend vom zitierten früheren Verfahren allein schon dadurch, dass es sich um ein besonders gestaltetes Markenlogo handele. Eine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklicher Verbindung komme nicht in Betracht. Es werde bestritten, dass grundsätzlich alle Marken mit dem Bestandteil „Mc“ zu einer Assoziation mit der älteren Kennzeichnung führten. Vielmehr ordne der Verkehr wegen des weiteren Markenbestandteils „Seafood“ die jüngere Marke gerade nicht der Widersprechenden zu. Entscheidend sei, dass eine Verwechslungsgefahr aufgrund gedanklicher Verbindung nur angenommen werden könne, wenn die Marken einem identischen Waren- bzw. Dienstleistungsbereich angehörten. Dies sei aber zu verneinen.
Der Markeninhaber beantragt sinngemäß,
die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben und den Widerspruch aus der Marke 1 142 428 zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Sie hält die Ausführungen der Markenstelle für zutreffend. Es müsse von Identität zwischen den Waren und Dienstleistungen der jüngeren Marke und derjenigen der Widerspruchsmarke ausgegangen werden. Entscheidend sei, dass der beteiligte Verkehr die Dienstleistungen demselben Unternehmen zuordnet, wenn er ihnen unter identischer Kennzeichnung begegnet. Im Ergebnis fehle es an dem erforderlichen deutlichen Zeichenabstand zu der älteren Marke.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss sowie auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Die Markenstelle hat vielmehr zutreffend eine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen den Vergleichszeichen angenommen und daher die Löschung der angegriffenen Marke zu Recht angeordnet.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalls umfassend vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den Beurteilungsfaktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren/Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2010, 729 - MIXI). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Verwechslungsgefahr ist danach zu bejahen, wenn die beteiligten Verkehrskreise der Meinung sind, die von den Vergleichszeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen stammten aus denselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Dies ist vorliegend der Fall.
Was die beiderseitigen Waren bzw. Dienstleistungen angeht, werden allgemeine Verbraucherkreise von der mit den Vergleichsmarken identisch beanspruchten Ware „Fisch“ angesprochen, während als Abnehmer der jeweiligen Dienstleistungen in erster Linie Fachkreise aus dem Bereich Gastronomie und allgemeiner Unternehmensführung in Betracht kommen. Neben der in beiden Marken identisch vorhandenen Dienstleistung „Verpflegung von Gästen“ besitzt die Dienstleistung „Unternehmensverwaltung“ in der jüngeren Marke entgegen der Ansicht des Markeninhabers so starke Berührungspunkte mit der „organisatorischen und betriebswirtschaftlichen Beratung über Eröffnung und Führung von Restaurants“ der Widerspruchsmarke, dass die im Umgang mit Kennzeichnungen sorgfältigeren Fachkreise irrtümlich auf eine gemeinsame betriebliche Herkunft schließen werden. Der Oberbegriff „Unternehmensverwaltung“ umfasst dabei auch die Führung von Restaurants und zwar sowohl in allgemein betriebswirtschaftlicher, organisatorischer wie auch in personeller Hinsicht und schließt entsprechende Beratungsangebote für Dritte mit ein. So ist es in der Gastronomie durchaus üblich, dass die Erfahrungen aus dem Betrieb einer Gaststätte in Beratungsdienstleistungen einfließen, die gegenüber Dritten auf diesem Gebiet (Stichwort: Konzeptgastronomie) erbracht werden. Wenn auch im Ergebnis daher nicht von einer vollständigen Identität der beiderseitigen Dienstleistungen die Rede sein kann, liegen bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise, auf die aus Sicht der beteiligten Fachkreise abzustellen ist, die Gemeinsamkeiten der beiderseitigen Dienstleistungen so deutlich auf der Hand, dass von einer hochgradigen Ähnlichkeit auszugehen ist (vgl. 33 W (pat) 226/02 - Integra, veröffentlicht in PAVIS PROMA).
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist im vorliegenden Fall die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke kollisionsfördernd zu berücksichtigen. Ein infolge intensiver Benutzung erhöhter Schutzumfang der älteren Marke ist den von der Inhaberin der Widerspruchsmarke im Verfahren im Verfahren vor der Markenstelle vorgelegten Unterlagen zu entnehmen und war auch bereits Gegenstand von Feststellungen einschlägiger Entscheidungen des Bundespatentgerichts. Insoweit nimmt der Senat lediglich beispielhaft auf seine als Anlage Wi 4 ins Verfahren eingeführte Entscheidung vom 7. Juli 2004 zum Aktenzeichen 28 W (pat) 111/03 Bezug, wonach die Widersprechende unter der älteren Marke im Jahr 2002 allein in Deutschland einen Nettoumsatz in Höhe von …Euro erzielt habe und in den so gekennzeichneten 1.200 Restaurants durchschnittlich rund 2 Millionen Gäste pro Tag gezählt habe. Nach den Feststellungen des Senats hat sich der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke im Eintragungszeitpunkt der jüngeren Marke zumindest auf hohem Niveau gehalten. Dementsprechend weist der von der Widersprechenden vorgelegte Jahresbericht 2007 einen Nettoumsatz von …Euro im Inland aus. Daher kann davonausgegangen werden, dass im Bereich Selbstbedienungsgastronomie und einschlägiger Produkte der älteren Kennzeichnung auch bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt eine erhöhte Kennzeichnungskraft zukommt.
Der von den Waren und Dienstleistungen angesprochene Verkehr bezieht die gesteigerte Verkehrsgeltung infolge intensiver Benutzung jedoch nicht nur auf die Widerspruchsmarke als Ganzes, sondern auch auf die Buchstabenfolge „Mc“ allein, wie dies bereits den Feststellungen der Senatsentscheidung vom 7. Juli 2004 zu entnehmen ist, nach der eine Verkehrsbefragung im Auftrag der Widersprechenden im November 1991 zum Ergebnis kam, dass zwei Drittel der Bevölkerung die verkürzte Bezeichnung „Mc" spontan sofort zu „McDonald’s" ergänzen (vgl. hierzu auch: Entscheidung vom 24. 11. 2005, 25 W (pat) 13/04 - Mc Wheel / Mc Drive). Dem Vorbringen der Widersprechenden zur erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bzw. der Bekanntheit der Buchstabenfolge „Mc“ ist der Markeninhaber im Verfahren nicht entgegengetreten. Soweit er lediglich pauschal geltend macht, seit der Verkehrsumfrage aus dem Jahr 1991 seien zahlreiche andere Unternehmen mit dem Markenbestandteil „Mc“ auf dem Markt tätig, liegt darin kein Bestreiten des gegnerischen Vortrags. Entgegen der Ansicht des Markeninhabers tritt die angebliche sprachliche Herkunft sowie ursprüngliche Bedeutung der Buchstabenfolge „Mc“, sofern der Verkehr sich diesbezüglich überhaupt Gedanken machen sollte, jedenfalls wegen der Bekanntheit der Widerspruchsmarke im Zusammenhang mit einschlägigen Waren und Dienstleistungen in den Hintergrund.
An den von der jüngeren Marke einzuhaltenden Abstand sind wegen der überdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und angesichts der engen Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit erhöhte Anforderungen zu stellen. Im Ergebnis ist er als nicht mehr als ausreichend anzusehen, da vorliegend jedenfalls die Gefahr einer assoziativen Verwechslungsgefahr nicht ausgeschlossen werden kann. Vielmehr ist zu befürchten, dass die einander gegenüberstehenden Marken auf dem vorliegenden Waren- und Dienstleistungsbereich infolge des übereinstimmenden Zeichenanfangs „Mc“ gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden und die so gekennzeichneten Waren der jüngeren Marke irrig der Widersprechenden zugeordnet werden. Wegen der hohen Signalwirkung des gemeinsamen Wortanfangs der Vergleichszeichen gilt dies nicht nur für Fachkreise, sondern auch für den allgemeinen Verkehr. Soweit der Markeninhaber die Ansicht vertritt, die einander gegenüberstehenden Marken könnten nur bei einer identischen Waren- und Dienstleistungssituation gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten für einen solchen Erfahrungssatz. Diese vorliegende Gefahr einer Herkunftstäuschung wird vielmehr noch dadurch gefördert, dass die Widersprechende über weitere Marken verfügt, die wie die jüngere Marke mit dem Stammbestandteil "Mc" und einer Sachangabe kombiniert sind („McRIB", „McCHICKEN", „McPIZZA"; „McCafé“). Mit der Gattungsbezeichnung „seafood“ (zu deutsch „Fisch/Meeresfrüchte) fügt sich die jüngere Marke in die vorhandene Zeichenserie der Widersprechenden ein. Soweit der Markeninhaber auf die besondere farbige Gestaltung der jüngeren Marke hinweist, kann dieser Umstand die Verwechslungsgefahr nicht ausräumen, da die Grafik angesichts der stark erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht ausreicht, um zu verhindern, dass der Verkehr die jüngere Marke in ihrer konkreten Form fälschlicherweise dem Unternehmen der Widersprechenden zuordnet.
Die Gesamtabwägung der im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu berücksichtigenden und vorliegend relevanten Kriterien führt im Ergebnis dazu, dass eine Verwechslungsgefahr nicht auszuschließen und somit die vollständige Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen ist.
Die Beschwerde des Markeninhabers war daher zurückzuweisen.
Es entspricht vorliegend der Billigkeit, dem Markeninhaber die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach § 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Eine Ausnahme vom Regelfall, dass im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst trägt, ist vorliegend angebracht, da der Markeninhaber ungeachtet der übereinstimmenden Entscheidungspraxis des Bundespatentgerichts, die bereits Gegenstand des Verfahrens vor der Markenstelle war, sein Interesse am Erhalt des Markenschutzes mit der Beschwerde trotz offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht durchzusetzen versucht hat.