Entscheidungsdatum: 31.01.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Wortmarke DE 307 51 308
(hier: Löschungsverfahren S 86/16 Lösch)
hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 31. Januar 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Kortbein, des Richters Schmid und des Richters Dr. Söchtig
beschlossen:
1. Der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Mai 2017 wird aufgehoben, soweit die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke DE 307 51 308 für folgende Waren angeordnet worden ist:
Bürostühle, Garderoben, Konferenztische, Dreh- und Besprechungsstühle, Krankenhausbetten, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Beschwerdegegnerin werden der Beschwerdeführerin auferlegt.
I.
Die Wortmarke DE 307 51 308
BODE PANZER
ist am 27. Juni 2007 angemeldet und am 26. Oktober 2007 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Register für die nachfolgenden Waren und Dienstleistungen eingetragen worden:
Klasse 6: Wertschutztüren, Wertschutzschränke (Panzerschränke), Heim- und Geschäftstresore, Wertsacheneinwurfbehältnisse, Wertschränke zum Einbau in Möbeln, Briefkästen, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall, Baumaterial aus Metall zur Erstellung von Wertschutzräumen, transportable Bauten aus Metall in Form von / in der Funktion als Wertschutzräume;
Klasse 20: Waffenschränke (Möbel), Daten- und Dokumentenschränke, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall; Regale aus Metall (Rollregale), Bürotische, -stühle, -schränke, Garderoben, Spinde, Aktenschränke, Hängeaktenschränke, Konferenztische, Dreh- und Besprechungsstühle, Krankenhausbetten, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall;
Klasse 40: Metallbearbeitung.
Am 29. April 2016 hat die Löschungsantragstellerin u. a. einen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit auf Grund Bösgläubigkeit gemäß § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F. gestellt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Anmeldung der angegriffenen Marke sei lediglich zu dem Zwecke erfolgt, in ihren bestehenden Besitzstand an dem Zeichen „BODE PANZER“ in unlauterer Weise störend einzugreifen. Bei ihr handele es sich um ein Traditionsunternehmen im Bereich der Sicherheitstechnik. Sie verfüge in der Branche über einen großen Bekanntheitsgrad und genieße hohes Ansehen auf Grund der Qualität ihrer Produkte. Zu ihrem Portfolio zählten Sicherheitssysteme, wie insbesondere Tresore, Safes und Wertschutzschränke, sowie Deposit-Systeme für die Kundenselbstbedienung in Banken und weitere Sicherheitslösungen im mechanischen und elektronischen Bereich. Dabei könne sie auf eine über 150-jährige Firmengeschichte zurückblicken. Der Bezeichnung „BODE PANZER“ komme daher nicht nur namensrechtlicher Schutz zu, sondern sie sei auch ihr Unternehmenskennzeichen gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG. Ferner gehöre ihr die am 6. Dezember 1995 eingetragene deutsche Wortmarke DE 395 29 991 „BODE-PANZER“, welche Schutz für zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 7, 9 und 42 genieße. Für diese Marke habe sie mit Vertrag vom 29. November 2007 der Inhaberin der angegriffenen Marke eine einfache Lizenz erteilt. Der Lizenzvertrag sei von Seiten der Löschungsantragstellerin mit Wirkung zum 31. Dezember 2015 ordentlich gekündigt worden. Erst im Zusammenhang mit dieser Kündigung sei sie darauf gestoßen, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke bereits am 27. Juni 2007 die deutsche Wortmarke DE 307 51 308 „BODE PANZER“ angemeldet habe, die am 26. Oktober 2007 eingetragen worden sei - mithin während der Verhandlungen über den Markenlizenzvertrag und kurz vor seinem Abschluss.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke habe diese allein deshalb angemeldet, weil sie dem Unternehmenskennzeichen und - mit Ausnahme des Bindestrichs - der prioritätsälteren Marke der Löschungsantragstellerin entspreche. Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke haben deren Inhaberin auch Kenntnis von dem bereits existierenden Besitzstand der Löschungsantragstellerin gehabt, da es sich bei ihr um eines der renommiertesten Traditionsunternehmen der Branche handele. Die angegriffene Marke sei zudem mit dem Ziel der Störung dieses Besitzstandes angemeldet worden, zumal sie seitens ihrer Inhaberin nach Beendigung des Lizenzvertrages zum Vertrieb identischer Waren verwendet worden sei. Schließlich, so die Löschungsantragstellerin weiter, reihe sich die angegriffene Marke in eine Vielzahl vergleichbarer seitens der Inhaberin der angegriffenen Marke in bösgläubiger Absicht vorgenommener Anmeldungen verschiedener Zeichen und Marken von Mitbewerbern seit dem Jahr 2004 ein.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat der Löschung fristgerecht widersprochen. Sie trägt vor, dass sie von sich aus im Jahr 2007 mit der Löschungsantragstellerin Verhandlungen über einen Vertrag zur Nutzung der Marke „BODE-PANZER“ aufgenommen und diesen zeitnah zum Abschluss gebracht habe. Es sei nicht ihr Interesse gewesen, diesen Vertrag zu beenden. Dieses Hinwirken auf den Abschluss eines Lizenzvertrags, die eigene durchgängige Vertragstreue sowie die uneingeschränkte Bereitschaft, das Vertragsverhältnis fortzusetzen, machten deutlich, dass es ihr gar nicht darauf angekommen sei, die Löschungsantragstellerin in ihrem Besitzstand zu stören. Sie habe vielmehr die rechtmäßige Nutzung des von ihr zur Anmeldung gebrachten Zeichens absichern wollen.
Mit Beschluss vom 23. Mai 2017 hat das Deutschen Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.4, die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke angeordnet und der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens auferlegt sowie den Gegenstandswert auf 50.000,- EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Löschungsantragstellerin auf Grund ihres nahezu identischen älteren Markenrechts und ihres guten Rufs, der auf der über 150 Jahre währenden Tätigkeit im Bereich der Sicherheitstechnik beruhe, einen schutzwürdigen inländischen Besitzstand erworben habe. In diesen habe die Inhaberin der angegriffenen Marke durch die Anmeldung derselben in unlauterer Art und Weise eingegriffen. Dabei rechtfertigten die vorliegenden Umstände in der Gesamtabwägung den Schluss, dass es ihr auch auf die Störung des Besitzstandes der Löschungsantragstellerin angekommen sei. Zwar habe die Inhaberin der angegriffenen Marke zu keinem Zeitpunkt den Versuch unternommen, die Löschungsantragstellerin aktiv an deren Geschäftstätigkeit zu hindern. Sie nutze jedoch die angegriffene Marke, die mit dem rangälteren Registerrecht der Löschungsantragstellerin nahezu identisch sei, weiter, wodurch sich dem angesprochenen Publikum der Eindruck aufdränge, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke mit Zustimmung der Löschungsantragstellerin auf dem Markt tätig sei, was nach der Kündigung des Lizenzvertrages aber nicht mehr der Fall sei.
Hiergegen wendet sich die Inhaberin der angegriffenen Marke mit ihrer Beschwerde vom 28. Juni 2017. Zur Begründung führt sie aus, sie betreibe bereits seit dem Jahre 2005 und damit seit mehr als 12 Jahren „eine bundes- sowie europaweit umfangreich tätige Firmierung auf dem Gebiet der Sicherheits- sowie Tresortechnik“. Im Rahmen dieser beruflichen Tätigkeit beschäftige sie sich auch mit der Reparatur und Wartung von Tresoranlagen sowie Lagerarchivsystemen, deren ursprüngliche Hersteller entweder den Geschäftsbetrieb eingestellt hätten oder im Inland die Reparatur, Wartung oder den Neuverkauf ihrer sich im Verkehr befindlichen Tresoranlagen und Lagerarchivsysteme nicht mehr anböten. Zum verbrieften Schutz dieser gewerblichen Tätigkeiten auf dem Gebiet der Tresor- und Sicherheitstechnik habe sie beispielsweise im Rahmen insolvenzrechtlicher Auflösungen oder durch Neuanmeldungen entsprechende Markenrechte erworben, soweit für sie keine entgegenstehenden Rechte erkennbar gewesen seien. Dies sei auch bei der verfahrensgegenständlichen Marke der Fall gewesen.
Die von ihr vor der Anmeldung durchgeführten Recherchen hätten ergeben, dass die angegriffene Marke auf dem Gebiet der Sicherheits- und Tresortechnik im Inland nicht benutzt worden sei. Somit habe sie auch keinerlei Kenntnis von einem vermeintlich schutzwürdigen Besitzstand der Löschungsantragstellerin gehabt. Ein solcher werde im Übrigen auch bestritten. Mit Verwunderung habe sie daher die von der Löschungsantragstellerin mit Schreiben vom 26. Oktober 2007 ausgesprochene Abmahnung zur Kenntnis genommen. Zum Zwecke der einvernehmlichen Bereinigung des Streitverhältnisses habe sie mit der Löschungsantragstellerin sodann einen Vertrag zur Benutzung der Marke „BODE-PANZER“ abgeschlossen. Die Löschungsantragstellerin sei auch deshalb mit der Lizenzierung einverstanden gewesen, da sie nach ihren eigenen Angaben auf Grund der Verlagerung ihres Geschäftsbetriebes nach Tschechien ihre deutsche Marke für die eingetragenen Waren im Inland nicht genutzt habe. Demgegenüber habe die Inhaberin der angegriffenen Marke das Zeichen „BODE PANZER“ im geschäftlichen Verkehr umfangreich auf dem Gebiet der Tresor- und Sicherheitstechnik verwendet und keinerlei Maßnahmen ergriffen, um die Löschungsantragstellerin in unlauterer Art und Weise zu behindern.
Abschließend erhebt die Inhaberin der angegriffenen Marke noch die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung der Marke DE 395 29 991 „BODE-PANZER“ der Löschungsantragstellerin und beruft sich hilfsweise auf die Verwirkung bzw. Verjährung der markenrechtlichen Ansprüche der Löschungsantragstellerin auf Grund ihrer eben genannten Marke.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Mai 2017 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen sowie der Gegenseite die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.
Die Löschungsantragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten der Verfahrensbeteiligten aufzuerlegen.
Letztgenannte führt ergänzend aus, sie habe ihre Marke „BODE-PANZER“ auch nach dem Jahr 2000 in Deutschland ununterbrochen benutzt. Lediglich die Produktion der unter der Marke vertriebenen Produkte sei in den Jahren 1997 und 2003 nach und nach von Deutschland nach Tschechien verlagert worden. Allerdings sei sie durchgehend auf dem deutschen Markt tätig gewesen. In allen Jahren habe sie Umsätze im zweistelligen Millionenbereich mit Verkäufen an Endkunden in Deutschland erzielt. Das Geschäftsmodell der Inhaberin der angegriffenen Marke liege darin, fremde Marken für ihre eigenen Zwecke zum Absatz von Tresoren, Regal- und Panzerschränken sowie entsprechenden Dienstleistungen zu verwenden, dadurch bewusst verursachte Fehlvorstellungen bzw. Irrtümer beim angesprochenen Publikum auszunutzen und den Ruf fremder Marken auszubeuten. Die Bösgläubigkeit der Inhaberin der angegriffenen Marke zum Anmeldezeitpunkt werde keineswegs durch den Abschluss des Lizenzvertrages mit ihr, der Löschungsantragstellerin, ausgeräumt. Ihr gegenüber habe sich die Inhaberin der angegriffenen Marke trotz des Abschlusses des Lizenzvertrages einen rechtswidrigen Vorteil verschaffen wollen. Diese habe selber vorgetragen, über den Abschluss des Lizenzvertrages erst nach der Markenanmeldung verhandelt zu haben. Damit zeige sie jedoch, dass sie zum Zeitpunkt der Anmeldung aus dieser einen unmittelbaren Vorteil ziehen wollte. Diese Absicht habe sich nachfolgend dadurch manifestiert, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke das Zeichen trotz Kündigung des Lizenzvertrages – nunmehr unter Berufung auf die verfahrensgegenständliche Marke – weiterhin benutze.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat lediglich im tenorierten Umfang Erfolg. Nur insoweit kann eine bösgläubige Markenanmeldung nicht festgestellt werden mit der Folge, dass der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 23. Mai 2017 insoweit aufzuheben ist. Darüber hinaus hat das Deutsche Patent- und Markenamt rechtlich zutreffend das Vorliegen einer bösgläubigen Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F. bejaht.
1. Von einer bösgläubigen Anmeldung nach § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F. ist dann auszugehen, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig, insbesondere im Sinne wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit, erfolgt (vgl. BGH GRUR 2016, 380 - GLÜCKSPILZ; BGH GRUR 2004, 510 – S. 100). Das Eintragungshindernis soll Anmeldungen von Marken erfassen, die von vornherein nicht dazu bestimmt sind, im Interesse eines lauteren Wettbewerbs Waren und Dienstleistungen eines bestimmten Unternehmens zu individualisieren, sondern Dritte im Wettbewerb zu behindern (Hacker, Markenrecht, 4. Auflage, Rdnrn. 166 und 168).
Eine bösgläubige Markenanmeldung kann demnach vorliegen, wenn der Anmelder weiß, dass ein anderer dasselbe oder ein verwechselbares Zeichen für dieselben oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben, und besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Anmelders als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. EUGH GRUR 2009, 763 - Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth). Solche besonderen Umstände können darin liegen, dass (1) der Zeicheninhaber in Kenntnis eines schutzwürdigen Besitzstands des Vorbenutzers ohne zureichenden sachlichen Grund für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen die gleiche oder eine zum Verwechseln ähnliche Bezeichnung mit dem Ziel der Störung des Besitzstands des Vorbenutzers (2) oder in der Absicht, für diesen den Gebrauch der Bezeichnung zu sperren, als Kennzeichen hat eintragen lassen, oder (3) dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt. Als bösgläubig kann danach auch eine Markenanmeldung zu bewerten sein, die der Anmelder allein zu dem Zweck vorgenommen hat, den Marktzutritt eines Dritten zu verhindern, ohne die Benutzung der Marke zu beabsichtigen (vgl. BPatG 28 W (pat) 39/16 - Frassfood). Dabei dürfen die Anforderungen an die Feststellung der Behinderungsabsicht nicht überspannt werden. Maßgeblich ist, ob sich die Behinderungsabsicht nach der Lebenserfahrung aufdrängt (BGH, a. a. O. - GLÜCKSPILZ).
Für die Beurteilung der Bösgläubigkeit ist der Zeitpunkt der Markenanmeldung maßgeblich. Dies schließt jedoch eine Berücksichtigung des Verhaltens des Anmelders vor und nach der Markenanmeldung nicht aus. Aus diesem Verhalten können sich Anhaltspunkte für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht ergeben (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Auflage, § 8, Rdnrn. 911 und 912).
Ein Anmelder handelt nicht schon unlauter, weil er weiß, dass ein anderer das gleiche (oder ein verwechselbar ähnliches) Zeichen für gleiche oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen im Inland und/oder Ausland benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Hat eine Vorbenutzung oder ein sonstiges Verhalten zu einem Besitzstand geführt, können Markenanmeldungen in diesen bösgläubig eingreifen. Dies kann jedermann rügen, nicht nur der Inhaber des Besitzstandes. Ein solcher resultiert aus einer entsprechenden Marktpräsenz sowie Bekanntheit und setzt eine Benutzung über Jahre voraus (vgl. BPatG, a. a. O. - Frassfood). Eine Benutzung im Ausland kann trotz des geltenden Territorialitätsgrundsatzes einen schutzwürdigen Besitzstand begründen. Dies setzt jedoch voraus, dass das Zeichen im Inland auf Grund einer überragenden Verkehrsgeltung im Ausland eine gewisse Bekanntheit erlangt hat. Die Anforderungen sind dabei jedoch sehr hoch. Eine entsprechende Verkehrsbekanntheit setzt eine langjährige Benutzung, hohe Umsatzzahlen, Marktanteile und entsprechende Werbeaufwendungen voraus (vgl. zu allem Vorstehenden BeckOK Markenrecht, Kur/v. Bomhard/Albrecht, 16. Edition, Stand: 14. Januar 2019, § 8, Rdnrn. 892 ff. m. w. N.).
2. Unter Berücksichtigung vorstehender Grundsätze hat das Deutsche Patent- und Markenamt die Voraussetzungen einer bösgläubigen Markenanmeldung unter dem Gesichtspunkt der Störung eines schutzwürdigen Besitzstandes der Löschungsantragstellerin an dem Zeichen „BODE PANZER“ dem Grunde nach zutreffend bejaht.
a) Zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke hat die Löschungsantragstellerin über einen schutzwürdigen Besitzstand zumindest an ihrem Unternehmenskennzeichen „Bode-Panzer“ im Bereich der Herstellung von Tresoren und entsprechender Sicherheitstechnik in der Bundesrepublik Deutschland verfügt (§ 5 Abs. 2 MarkenG). Auch Geschäfts- und Unternehmenskennzeichen können einen Besitzstand begründen (vgl. Kur/v. Bomhard/Albrecht, Markenrecht, 1. Auflage, § 8, Rdnr. 808). Zum einen hat die Löschungsantragstellerin durch das Anlagenkonvolut 2 zum Schriftsatz vom 26. August 2016 überzeugend dargetan, dass ihr Unternehmen seit über 150 Jahren ununterbrochen existiert und seit dem Jahr 1924 unter „Bode Panzer“ bzw. „Bode-Panzer“ firmiert. Zum anderen hat sie - von der Inhaberin der angegriffenen Marke nicht bestritten - durch Vorlage des Anlagenkonvolutes 19 zum Schriftsatz vom 13. September 2018 belegt, mit dem Verkauf von Tresor- und Sicherheitstechnik unter ihrem Unternehmenskennzeichen in den Jahren 2003 bis 2005 bundesweit erhebliche Erlöse erzielt zu haben. Die Verwendung des Zeichens „Bode-Panzer“ als Unternehmenskennzeichen ergibt sich darüber hinaus aus dem VdS-Zertifikat der Löschungsantragstellerin vom 9. Februar 2005 (vgl. Anlage 20 zum Schriftsatz vom 13. September 2018).
Der Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke, die Löschungsantragstellerin habe sowohl ihre Marke als auch ihr Unternehmenskennzeichen nicht durchgängig in der Bundesrepublik Deutschland benutzt, ist unsubstantiiert. Es handelt sich bei diesem Vorbringen um eine pauschale Behauptung, welche die Inhaberin der angegriffenen Marke nicht näher belegt hat.
b) Die jahrzehntelange ununterbrochene Existenz des Unternehmenskennzeichens und den damit verbundenen Besitzstand der Löschungsantragstellerin kannte die Inhaberin der angegriffenen Marke. Zumindest hätte letztgenannte ihn kennen müssen, was für die Bejahung der Bösgläubigkeit ausreicht (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8, Rdnr. 940). So ist sie nach ihren eigenen Angaben bereits seit dem Jahr 2005 bundes- und europaweit auf dem Gebiet der Sicherheits- und Tresortechnik tätig (vgl. Seite 2 des Schriftsatzes der Inhaberin der angegriffenen Marke vom 8. Mai 2018). Bis zur Anmeldung der angegriffenen Marke DE 307 51 308 am 27. Juni 2007 hatte sie demzufolge wenigstens ein Jahr Zeit, um die Marktverhältnisse zu erkunden. In dieser Zeit musste sie auf das Traditionsunternehmen der Löschungsantragstellerin aufmerksam werden und in Erfahrung bringen, dass es sich um eine renommierte Mitbewerberin handelt. Zudem hat die Inhaberin der angegriffenen Marke in ihrem Schriftsatz vom 14. Oktober 2016 selber ausgeführt, sie habe durch den Abschluss des Lizenzvertrages mit der Löschungsantragstellerin die rechtmäßige Nutzung des von ihr zur Anmeldung gebrachten Zeichens absichern wollen. Dies setzt die positive Kenntnis des vorgenannten schutzwürdigen Besitzstandes der Löschungsantragstellerin voraus.
c) Ferner ist davon auszugehen, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke gerade deshalb erfolgte, um die Löschungsantragstellerin zu behindern. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke die Markenanmeldung in redlicher Absicht vorgenommen hat. Sie hatte - bis auf ihre Tätigkeit im selben Geschäftsbereich - keinen irgendwie gearteten Bezug zu dem Namen des über viele Jahrzehnte hinweg in Deutschland eingeführten Unternehmens der Löschungsantragstellerin. Hinzu kommt, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke neben dieser eine Vielzahl weiterer Marken angemeldet hat, die sich an die Bezeichnungen anderer auf dem Gebiet der Sicherheitstechnik tätiger Unternehmen anlehnen (vgl. Anlage 3 zum Schriftsatz der Löschungsantragstellerin vom 26. August 2016). Auch wenn sie teilweise erst nach dem 27. Juni 2007 angemeldet worden sind, so können sie dennoch Berücksichtigung finden, da - wie bereits dargelegt - auch das Verhalten der Anmelderin nach der Markenanmeldung in die Beurteilung der Bösgläubigkeit einzubeziehen ist (vgl. BGH GRUR 2009, 780, Rdnr. 11 - Ivadal).
Der Annahme der Behinderungsabsicht der Inhaberin der angegriffenen Marke steht nicht entgegen, dass die Beteiligten fünf Monate nach der Anmeldung der angegriffenen Marke am 27. Juni 2007 den Markenlizenzvertrag vom 29. November 2007 abgeschlossen haben. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke einen eigenen Willen zur Benutzung der verfahrensgegenständlichen Marke gehabt hat. Dies schließt ihre Absicht der Behinderung der Löschungsantragstellerin jedoch nicht aus, da die Behinderung nur ein wesentliches Motiv für die Markenanmeldung sein muss (vgl. BGH GRUR 2008, 621, Rdnr. 32 - AKADEMIKS).
d) Auch hat die Inhaberin der angegriffenen Marke den Besitzstand der Löschungsantragstellerin gestört. Als Störung des Besitzstandes ist jeder ungerechtfertigte Eingriff in die Rechtsposition des Vorbenutzers der älteren Kennzeichnung anzusehen (vgl. hierzu BPatG GRUR 2014, 780, Rdnr. 79 - Liquidrom). Ein solcher Eingriff liegt vorliegend in der Anmeldung der Marke DE 307 51 308 „BODE PANZER“. Zwar beruht der schutzwürdige Besitzstand der Löschungsantragstellerin vornehmlich auf einem Unternehmenskennzeichen gemäß § 5 Abs. 2 MarkenG. Allerdings kann ein solches auch durch ein Markenrecht beeinträchtigt werden. Im nicht-namensmäßigen Gebrauch als Marke liegt nämlich regelmäßig eine Benutzung zugleich als Unternehmenskennzeichen, da die Marke eine bestimmte betriebliche Herkunft des gekennzeichneten Produkts anzeigt (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 15, Rdnr. 19). Demzufolge kann die Löschungsantragstellerin auch auf Grund ihres bundesweit geschützten Unternehmenskennzeichens die Benutzung der Marke der Inhaberin der angegriffenen Marke gemäß § 15 Abs. 2 MarkenG untersagen lassen.
e) Eine bösgläubige Störung eines fremden Besitzstandes kommt allerdings nur in Betracht, wenn eine mit der vorbenutzten Kennzeichnung identische oder zum Verwechseln ähnliche Marke für identische oder ähnliche Waren oder Dienstleistungen angemeldet worden ist (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 8, Rdnr. 939). Damit erweist sich der Löschungsausspruch des Deutschen Patent- und Markenamtes in dem angegriffenen Beschluss als zu weitgehend.
Die Löschungsantragstellerin hat vorgetragen und belegt, zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke „BODE PANZER“ ihr damit verwechselbares Unternehmenskennzeichen „Bode-Panzer“ im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Tresoren und entsprechender Sicherheitstechnik verwendet zu haben. Die geschäftliche Tätigkeit in dieser Branche einerseits und die für die angegriffene Marke eingetragenen Waren der Klasse 6 „Wertschutztüren, Wertschutzschränke (Panzerschränke), Heim- und Geschäftstresore, Wertsacheneinwurfbehältnisse, Wertschränke zum Einbau in Möbeln, Briefkästen, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall, Baumaterial aus Metall zur Erstellung von Wertschutzräumen, transportable Bauten aus Metall in Form von / in der Funktion als Wertschutzräume“ sowie der Klasse 20 „Waffenschränke (Möbel), Daten- und Dokumentenschränke, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall; Regale aus Metall (Rollregale), Bürotische, -schränke, Spinde, Aktenschränke, Hängeaktenschränke, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall“ andererseits sind ähnlich. Sämtliche vorgenannten Waren stellen entweder Tresore dar (wie beispielsweise „Geschäftstresore“) oder sind mit diesen vergleichbar, da sie besondere Sicherungen aufweisen können, um die darin gelagerten Gegenstände gegen Diebstahl gut zu schützen (so etwa „Wertsacheneinwurfbehältnisse“, „Dokumentenschränke“ etc.). Dies gilt auch für Bürotische und -schränke, die abschließbare Schubladen oder Türen aus Metall aufweisen können. Die in Klasse 40 von der angegriffenen Marke beanspruchte Dienstleistung „Metallbearbeitung“ kann wiederum der Herstellung vorgenannter speziell gesicherter Aufbewahrungsbehältnisse dienen.
Anders verhält es sich hingegen bei den Waren „Bürostühle, Garderoben, Konferenztische, Dreh- und Besprechungsstühle, Krankenhausbetten, sämtliche vorgenannten Waren aus Metall“ in Klasse 20 der angegriffenen Marke. Diese sind regelmäßig nicht für die sichere Aufbewahrung von Gegenständen bestimmt. So dienen Konferenztische der Ablage und dem schnellen Zugriff von Unterlagen während einer Verhandlung, was zur Folge hat, dass sie normalerweise nicht mit Schubladen ausgestattet sind, zumal die Beinfreiheit der Konferenzteilnehmer gewährleistet sein sollte.
f) Die von der Inhaberin der angegriffenen Marke erhobene Einrede des Fehlens der rechtserhaltenden Benutzung der Marke DE 395 29 991 „BODE-PANZER“ ist nicht statthaft, da sie gemäß § 43 Abs. 1 MarkenG nur im Rahmen eines Widerspruchsverfahren geltend gemacht werden kann.
g) Die weiterhin erhobene Einrede der Verjährung greift ebenfalls nicht durch. Zum einen sind die in § 20 MarkenG angesprochenen verjährbaren Ansprüche vorliegend nicht einschlägig. Zum anderen unterliegt der Löschungsantrag gemäß § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F. ausweislich der Regelung des § 50 Abs. 2 MarkenG a. F. i. V. m. § 158 Abs. 8 Satz 2 MarkenG keiner zeitlichen Begrenzung.
h) Ebenfalls kommt die Einwendung der Verwirkung vorliegend nicht zum Tragen.
(1) § 21 MarkenG ist direkt nicht anwendbar, da er nicht die Verwirkung des Antrags bzw. Anspruchs auf Löschung der Eintragung einer Marke, sondern die Verwirkung des Anspruchs auf Untersagung der Benutzung eines Kennzeichenrechts regelt.
(2) Selbst bei analoger Anwendung des § 21 MarkenG, die mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung zur Verwirkung eines Antrags auf Löschung der Eintragung einer Marke wegen Bösgläubigkeit in Betracht kommt, scheidet eine Verwirkung vorliegend aus. Sie greift entsprechend § 21 Abs. 1, 2. Halbsatz, MarkenG dann nicht ein, wenn - wie vorliegend - die Anmeldung bösgläubig vorgenommen worden ist.
(3) Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Anspruch auf Löschung der Eintragung der Marke DE 307 51 308 „BODE PANZER“ unter Zugrundelegung der allgemeinen Grundsätze über die Verwirkung verwirkt ist. Danach ist es erforderlich (vgl. BGH GRUR 2016, 705, Rdnr. 50 – ConText; BGH GRUR 2012, 534, Rdnr. 50 – Landgut Borsig), dass durch eine länger andauernde redliche und ungestörte Benutzung eines Zeichens (Zeitmoment) ein Zustand geschaffen wird, der für den Verletzer einen beachtlichen Wert hat, der ihm nach Treu und Glauben erhalten bleiben muss und den auch der Rechtsinhaber ihm nicht streitig machen kann, wenn er durch sein Verhalten diesen Zustand erst ermöglicht hat (Umstandsmoment). Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat diese jedoch nicht längere Zeit benutzt. Zwar wurde die Marke DE 307 51 308 „BODE PANZER“ bereits am 26. Oktober 2007 in das Markenregister eingetragen. Allerdings ist davon auszugehen, dass sie erst nach Beendigung des Markenlizenzvertrags am 31. Dezember 2015 von der Inhaberin der angegriffenen Marke benutzt worden ist. Die Löschungsantragstellerin hat jedoch bereits am 29. April 2016, also etwa vier Monate nach Auslaufen des Markenlizenzvertrags den Löschungsantrag gestellt. Dieser Zeitraum ist zu kurz, um ein schützenswertes Vertrauen der Inhaberin der angegriffenen Marke in deren ungestörte Nutzung begründen zu können. Zudem steht auch hier die Bösgläubigkeit der Inhaberin der angegriffenen Marke der Annahme der Verwirkung entgegen.
3. Soweit sich die Inhaberin der angegriffenen Marke mit ihrer Beschwerde auch gegen die Auferlegung der Kosten des Löschungsverfahrens durch das Deutsche Patent- und Markenamt wendet, kann ihre Beschwerde keinen Erfolg haben. Die Kostenauferlegung folgt der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts in vergleichbaren Fällen. Da einer bösgläubigen Markenanmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG a. F. stets ein rechtsmissbräuchliches und sittenwidriges Handeln zugrunde liegt, entspricht es der Billigkeit, dem Markeninhaber im Falle der Löschung wegen Bösgläubigkeit die Kosten des Löschungsverfahrens gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen. Aus dem zuvor genannten Grund entspricht es auch der Billigkeit, der Inhaberin der angegriffenen Marke die Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG aufzuerlegen (vgl. auch BPatG 26 W (pat) 64/08 - Hop on Hop off).
4. Schließlich unterliegt auch die Höhe des vom Deutschen Patent- und Markenamtes festgesetzten Gegenstandswertes keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob bei der Bemessung des Gegenstandswertes in Markenlöschungsverfahren auf Grund des Popularcharakters des Löschungsantrags auf das Interesse der Allgemeinheit an der Löschung der Eintragung der Marke abzustellen ist, oder ob es auf das wirtschaftliche Interesse des Markeninhabers an der Aufrechterhaltung seiner Marke ankommt (vgl. hierzu Ströbele/Hacker/Thiering, a. a. O., § 71, Rdnrn. 37 ff. m. w. N.). In beiden Fällen erweist sich der vom Deutschen Patent- und Markenamt mit € 50.000,-- festgesetzte Gegenstandswert vorliegend als angemessen, zumal die Inhaberin der angegriffenen Marke nichts dazu vorgetragen hat, was die Annahme eines hiervon abweichenden Betrags rechtfertigen würde.
5. Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass Ziffer 1. des im Termin am 31. Januar 2019 verkündeten Tenors dahingehend konkretisiert worden ist, dass die Waren „Bürostühle, Garderoben, Konferenztische, Dreh- und Besprechungsstühle, Krankenhausbetten“ um den im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis enthaltenen Zusatz „sämtliche vorgenannten Waren aus Metall“ ergänzt worden ist. Um eine inhaltliche Änderung handelt es sich hierbei nicht, da die Einschränkung mit den Warenbegriffen untrennbar verbunden ist.