Entscheidungsdatum: 21.03.2019
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2015 003 444.4
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 21. März 2019 durch Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Schwarz und die Richterin Werner
beschlossen:
Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes – Markenstelle für Klasse 41 – vom 31. Mai 2017 aufgrund des Widerspruchs aus der Marke 398 31 755 (Halloren) aufgehoben und die Löschung der Marke 30 2015 003 444 (Halloren-Wiesn) angeordnet.
I.
Die Beschwerdeführerin hat gegen die Eintragung der am 20. Januar 2015 für die Dienstleistungen der
Klasse 41: Organisation von Veranstaltungen zu Unterhaltungszwecken
angemeldeten Marke 30 2015 003 444
Halloren-Wiesn
Widerspruch eingelegt aus ihrer am 6. Juni 1998 angemeldeten und am 5. November 1998 für die Waren und Dienstleistungen
Spielkarten; Geräte und Behälter für Haushalt, Küche und Gaststättengewerbe, Glaswaren, Porzellanwaren, Steingutwaren und Salzkörbchen (kleine Holzkörbchen mit Salzkristallen überzogen); Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, nämlich Hallorentrachten; feine Backwaren, Kuchen, Siedesalz, Lake für die Herstellung von Soleiern; alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); Dienstleistungen eines Werbeunternehmens, Öffentlichkeitsarbeit im Sinne der Halloren, Publikationen über die Halloren, Organisation von Ausstellungen und Messen für wirtschaftliche Zwecke; Veranstaltung von Reisen und Ausflugsfahrten, Stadtführungen; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe, Veranstaltungen von Wettbewerben zum Zwecke der Unterhaltung, Veranstaltungen zur Traditionspflege, Veranstaltungen zur Zerstreuung, Belustigung und Entspannung, Organisation von Ausstellungen für kulturelle und kulturhistorische Zwecke, Veranstaltung von Seminaren, Vorträgen und Kolloquien über die Halloren, Betrieb eines Museums; Dienstleistungen und Darbietungen von Sängern, Tänzern, Malern, Autoren, Grafikern und Fotografen zum Gebrauch einschließlich der künstlerischen Be- und Verarbeitung von Hallorenliedern, -tänzen, -gemälden, -geschichten, -grafiken, -fotografien und sonstigen Darstellung der Halloren in jeglicher Form; Dienstleistungen zum Restaurieren, Nachbilden und Abbilden von Arbeitsgeräten, Fahnen, Waffen, Abzeichen, Schmuck, Trachten, Trinkgefäßen der Halloren und hallorentypischen Bauten in jeglicher Form; Forschungen zur Geschichte der Halloren, Grabgeleit, Bestattungen; Fleisch-, Fisch-, Wurstwaren, Eier, Eierprodukte, Soleier
eingetragenen Marke 398 31 755
Halloren.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, hat mit dem von einer Beamtin des gehobenen Dienstes erlassenen Beschluss vom 31. Mai 2017 den Widerspruch zurückgewiesen.
Zur Begründung ist ausgeführt: Zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Zwar könnten die Marken sich teilweise, nämlich hinsichtlich der Dienstleistungen „Organisation von Veranstaltungen zu Unterhaltungszwecken“ (jüngere Marke) und „Veranstaltungen zur Zerstreuung, Belustigung und Entspannung“ (ältere Marke) bei ähnlichen bzw. identischen Dienstleistungen begegnen. Auch verfüge die ältere Marke mangels entgegenstehender Anhaltspunkte über eine normale/durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Unter diesen Umständen sei die ältere Marke zur Vermeidung von Kollisionen berechtigt, die Einhaltung eines deutlichen Abstandes zu fordern, an den aufgrund der oben genannten Aspekte, die sich verwechslungsfördernd auswirken, strenge Anforderungen zu stellen seien. Dieser gebotene Abstand werde aber von der angegriffenen Marke selbst bei identischen Dienstleistungen sowie Anwendung nur geringer Sorgfalt noch eingehalten. Die gegenüberstehenden Marken hätten nämlich eine unterschiedliche Silbenanzahl, eine andere Vokalfolge sowie einen unterschiedlichen Sprech- und Betonungsrhythmus. Die angegriffene Marke verfüge zusätzlich noch über den Bestandteil „-Wiesn“, welcher der älteren Marke fehle. Es bestehe auch kein Anlass, einen Bestandteil einer der beiden Marken wegzulassen oder zu vernachlässigen. Da der Bestandteil „Halloren“ als Name zur Identifizierung der „-Wiesn“ diene, falls auch andere Veranstalter „Wiesn“ veranstalteten, werde der Verkehr beide Markenbestandteile gleichermaßen beachten. Es sei nicht ein Bestandteil mehr prägend für die Gesamtmarke als der andere. Die genannten Unterschiede reichten aus, um den Marken ein eigenständiges Klangbild zu verleihen, so dass Verwechslungen in klanglicher Hinsicht ausgeschlossen werden könnten. Auch diene die Bedeutung des in der älteren Marke fehlenden Bestandteils „-Wiesn“ der angegriffenen Marke dazu, die Marken besser auseinander halten zu können und Hör- und Merkfehler zu vermeiden. Eine schriftbildliche Ähnlichkeit sei ebenfalls, auch aufgrund der typischen Umrisscharakteristik des Bestandteils „-Wiesn“ der angegriffenen Marke ausgeschlossen.
Auch für andere Arten von Verwechslungsgefahren sei nichts dargetan oder ersichtlich. Auch ein gedankliches Inverbindungbringen komme nicht in Betracht, da der Begriff „Halloren“ zwar eventuell im Zusammenhang mit Schokoladenwaren deutschlandweit bekannt sein möge, der angesprochene Verkehr aber nicht davon ausgehen werde, dass die Unterhaltungsdienstleistungen der jüngeren Marke und die Waren und Dienstleistungen der Widerspruchsmarke von dem gleichen Unternehmen angeboten würden. Dass es sich bei den Halloren um die Mitglieder der Bruderschaft der S… in H… (S…) handele, deren Brauchtum gepflegt werden solle, sei eher nur regional bekannt.
Gegen diesen ihren Verfahrensbevollmächtigten am 6. Juni 2017 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin mit Anwaltsschriftsatz vom 26. Juni 2017, der als Telefax am 30. Juni 2017 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, unter am 4. Juli 2017 dem Konto des Deutschen Patent- und Markenamt gutgeschriebenen Zahlung der Beschwerdegebühr eingelegt.
Die Beschwerdeführerin trägt vor: Der angefochtene Beschluss stehe im Widerspruch zur THOMSON LIFE-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Dass beide Wortmarkenrechte sich auch auf identische bzw. verwechselbar ähnliche Waren und Dienstleistungen bezögen, ergebe sich auch aus dem Beschluss des Landgerichts Magdeburg vom 27. April 2017 in dem einstweiligen Verfügungsverfahren der Beschwerdeführerin gegen den Beschwerdegegner bezüglich der Internetdomain „halloren-wiesn.de“. Zudem sei die Beschwerdeführerin auch Inhaberin von insgesamt 11 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingetragenen Registermarken, insbesondere der Wortmarken Hallorenbitter, Registernummer 303472723, Hallorentropfen, Registernummer 304272388, Hallore Goldsole, Registernummer 3020140507005 sowie der Wort-/Bildmarken mit dem Wortbestandteil Hallore Salzkristall, Registernummer 3020120405037, Hallore naturell, Registernummer 3020140506998, Hallore Mond & Sterne, Registernummer 3020140507013, Hallore Goldsole, Registernummer 3020140545233 sowie Hallore Silbersekt, Registernummer 3020140653966. Deshalb seien im Beschwerdeverfahren im Hinblick auf die Verwechselbarkeit der Zeichen nicht nur die benannte Widerspruchsmarke Halloren, Registernummer 398317550, sondern darüber hinaus auch die weiteren Registermarkenrechte der Beschwerdeführerin, insbesondere die, die sich aus mehreren Wortbestandteilen zusammensetzen, zu beachten. Es läge daher auch ein gedankliches In-Verbindung-Bringen vor. Wortverbindungen wie Hallorenbitter, Hallorentropfen, Hallore Goldsole oder Hallore Salzkristall wiesen auf eine ganze Serie von Produkt- und Dienstleistungszeichen der Halloren (S… im T… zu H…) hin, sodass die hier angegriffene Marke Halloren-Wiesn des Beschwerdegegners als ein Eindringen in eine ganze Markenserie der Beschwerdeführerin zu werten sei. Daher werde das Zeichen Halloren-Wiesn sehr wohl gedanklich in Verbindung gebracht mit der S… im T… zu H…. Diese Auffassung werde bestärkt durch den Umstand, dass der Wortbestandteil Wiesn in Alleinstellung bislang nur in absoluten Ausnahmefällen als unterscheidungskräftige Wortmarke zur Eintragung gekommen sei, so dass die zusammengesetzte Wortmarke Halloren-Wiesn ohne den Zusatz Halloren für Dienstleistungen der Klasse 41 nicht eintragungsfähig wäre. Mit den Halloren, also den Mitgliedern der S… im T… zu H…, habe die zusammengesetzte Wortmarke Halloren-Wiesn des Beschwerdegegners namensmäßig nichts zu tun. Eine namensmäßige Berechtigung zur Aufnahme des Bestandteils Halloren in sein zusammengesetztes Wortmarkenrecht stehe dem Beschwerdegegner nicht zu. Daher sei die Marke auch zur Täuschung i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 4 MarkenG geeignet, so dass sie auch insoweit von der Eintragung auszuschließen sei.
Die Beschwerdeführerin hat keinen ausdrücklichen Antrag gestellt.
Der Beschwerdegegner, dem die Beschwerde und die Schriftsätze der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß zugestellt wurden, hat sich zur Beschwerde bislang nicht geäußert.
II.
A. Die nach §§ 66, 64 Abs. 6 MarkenG zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingereichte Beschwerde, über die mangels Antrags- oder Sachdienlichkeit auch ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann, ist auch begründet. Auf die Beschwerde ist der Beschluss aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen, da entgegen der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamtes eine Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG nicht ausgeschlossen werden kann.
1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer proritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder –ähnlichkeit und Warenidentität oder –ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] – Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] – Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 – Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] – Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] – Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] – Adam Opel/Autec).
2. Nach diesen Grundsätzen kann eine Verwechslungsgefahr vorliegend nicht ausgeschlossen werden.
a) Beide Marken beanspruchen jeweils identische, zumindest aber hochgradig ähnliche Dienstleistungen.
Die Ähnlichkeit der jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist nach ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung aller erheblichen Faktoren zu ermitteln, die ihr Verhältnis zueinander kennzeichnen; hierzu gehören insbesondere ihre Beschaffenheit, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Produkte oder Leistungen (vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 23] – Canon). Von Bedeutung sind auch ihre regelmäßige betriebliche Herkunft, die Vertriebs- oder Erbringungsart sowie ihre Verwendungs- und Einsatzzweck (vgl. Thalmaier in: Kur/v. Bomhard/Albrecht, BeckOK MarkenR, 16. Edition, Stand 14.01.2019, § 14 Rn. 297-300). Abzustellen ist dabei vor allem darauf, ob zwischen den jeweils angebotenen Produkten oder Leistungen so enge Beziehungen bestehen, dass sich den Abnehmern, wenn sie die Waren oder Dienstleistungen mit denselben Zeichen gekennzeichnet wahrnehmen, der Schluss aufdrängt, dass diese Waren oder Dienstleistungen vom selben oder von wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (vgl. EuGH GRUR 2006, 582 Rn. 85 – VITAFRUIT; BGH, GRUR 2018, 79 Rn. 11 – OXFORD/Oxford Club; BGH, GRUR 2008, 719 Rn. 29 – idw Informationsdienst Wissenschaft; BGH, GRUR 2014, 378 Rn. 38
– OTTO CAP).
Ausgehend hiervon liegt, wie auch das Deutsche Patent- und Markenamt zutreffend ausgeführt hat, eine bis zur Identität reichende zumindest hochgradige Ähnlichkeit zwischen der für die jüngere Marke geschützten Dienstleistung „Organisation von Veranstaltungen zu Unterhaltungszwecken“ und den von der Widerspruchsmarke beanspruchten Dienstleistungen „Veranstaltungen zur Zerstreuung, Belustigung und Entspannung“ vor, weil die Durchführung einer Veranstaltung, die in beiden Fällen gleichermaßen der Unterhaltung dient, ihre Organisation zumindest voraussetzt, wenn nicht gar mit umfasst.
b) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als durchschnittlich anzusehen.
Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH MarkenR 1999, 189, 194 [Rz. 49] – Chiemsee; GRUR 2010, 228 Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2009, 484 Rn. 83 – Metrobus; GRUR 2015, 1127 Rn. 10 – ISET/ISETsolar). Für die Bestimmung des Grades ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihres – ggf. durch Benutzung erlangten – Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 14 Rn. 497).
Der Grad der Kennzeichnungskraft ist dabei im Widerspruchsverfahren erstmals zu bestimmen (EuGH MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 22] – Lloyd/Loints), wobei zwischen einem sehr hohen (weit überdurchschnittlichen), hohen (überdurchschnittlichen), normalen (durchschnittlichen), geringen (unterdurchschnittlichen) und sehr geringen (weit unterdurchschnittlichen) Ähnlichkeitsgrad unterschieden werden kann (BGH GRUR 2013, 833, 838 Rn. 55 – Culianaria/Villa Culinaria). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 283 Rn. 10 – BSA/DAS DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; GRUR 2012, 64 Rn. 12 – Maalox/Melox-GRY). Ein geringerer Grad an Kennzeichnungskraft ist dabei anzunehmen, soweit die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden oder an eine solche Beschreibung erkennbar angelehnten Sinngehalt aufweist (BGH GRUR 2013, 833, 836 f. Rn. 34 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2010, 729, 731 Rn. 27 – MIXI; GRUR 2008, 1002, 1004 Rn. 26 – Schuhpark; GRUR 2008, 909, 910 Rn. 17 – Pantogast).
Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Zwar werden, wie es auch in § 5 der von der Beschwerdeführer vorgelegten Brüderschaftsordnung zum Ausdruck kommt, mit dem Begriff „Halloren“, der ursprünglich für die im „Thale zu Halle“, dem heutigen Hallmarkt, lebenden und dort arbeitenden Salzarbeiter verwendet wurde (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Halle_(Saale)#Hallenser.2C_Halloren_und _Hallunken), heute nur noch die Mitglieder der Beschwerdeführerin bezeichnet (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Halloren; sowie die Ausführungen bei https://de.wikipedia.org/wiki/Halle_(Saale)#Hallenser.2C_Halloren_und_Hallunke). Damit bezieht sich der Begriff in Bezug auf die hier zu beurteilenden Dienstleistungen aber nur auf deren Anbieter, nicht aber auf mögliche Eigenschaften der Dienstleistungen selbst, unter die zwar ein möglicher Abnehmerkreis, nicht aber der Anbieter dieser Dienstleistungen selbst fällt.
Da andere Anhaltspunkte weder für eine originäre Kennzeichenschwäche noch für eine nachträgliche Schwächung der Kennzeichnungskraft infolge zahlreicher identischer oder ähnlicher benutzter Drittmarken zum Zeitpunkt der Beurteilung der Verwechslungsgefahr (BGH GRUR 1967, 246, 248 – Vitapur; GRUR 2001, 1161, 1162 – CompuNet/ComNet; GRUR 2002, 626, 628 – IMS; GRUR 2002, 898, 899 – defacto) noch für eine infolge intensiver Benutzung gesteigerten Kennzeichnungskraft (EuGH a. a. O. Rn. 24 – Lloyd/Loints; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 – DKV/OKV; GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder) vorgetragen noch ersichtlich sind, ist der Widerspruchsmarke somit eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zuzuerkennen.
c) Angesichts der bis zur Identität reichenden, zumindest hochgradigen Dienstleistungsähnlichkeit und der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke würde eine Verwechslungsgefahr nur ausscheiden, sofern die jüngere Marke zu den für diese Waren durchschnittlich kennzeichnungskräftigen Widerspruchsmarken unähnlich oder nur sehr gering ähnlich wäre. Dies kann indes nicht festgestellt werden.
Marken sind als ähnlich anzusehen, wenn ihre Übereinstimmungen in der (auch undeutlichen) Erinnerung von maßgeblichen Teilen der durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Abnehmer (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT.2), an welche sich die jeweils beanspruchten Waren oder Dienstleistungen richten, dass die betreffenden Kreise die Zeichen nicht mehr hinreichend auseinander halten können.
Die Ähnlichkeit von Marken ist grundsätzlich aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks unabhängig vom Prioritätsalter zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 397, 390 Tz. 23 – Sabèl/Puma; GRUR 2005, 1043, 1044 [Rz. 28 f.] – Thomson Life; GRUR 2006, 413, 414 [Rn. 19] – SIR/Zirh; BGH, GRUR 2014, 382, Nr. 14 – REAL-Chips; GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Dabei ist von dem allgemeinen Erfahrungssatz auszugehen, dass das Publikum eine Marke so aufnimmt, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterwerfen. Die Frage der Ähnlichkeit sich gegenüberstehender Zeichen ist nach deren Ähnlichkeit in Klang, Bild bzw. Schriftbild und Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die Angesprochenen klanglich, bildlich und begrifflich wirken (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, Nr. 19 – ZIRH/SIR; GRUR 2005, 1042, Nr. 28 – THOMSON LIFE; BGH, GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2010, 235, Nr. 15 – AIDA/AIDU). Dabei kann berücksichtigt werden, welche Bedeutung diesen Aspekten beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 415 [Rn. 28] – SIR/Zirh). Eine Ähnlichkeit in nur einem dieser drei Aspekte begründet zwar nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 21 f.] – SIR/Zirh), kann aber im Einzelfall ausreichen (EuGH a. a. O. [Rn. 21] – SIR/Zirh; vgl. auch BGH GRUR 2015, 1009, Nr. 24 – BMW-Emblem; GRUR 2014, 382, Nr. 25 – REAL-Chips; GRUR 2010, 235, Nr. 18 – AIDA/AIDU), sofern nicht die Übereinstimmungen in einem Aspekt durch die bestehenden Unterschiede in den anderen neutralisiert werden (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 35] – SIR/Zirh).
Ausgehend hiervon liegt der vorliegend für eine Bejahung der Verwechslungsgefahr bereits ausreichende geringe Grad an Markenähnlichkeit (vgl. hierzu BGH, a. a. O. Rn. 55 – Culinaria/Villa Culinaria) bereits deshalb vor, weil die jüngere Marke das Markenwort der Widerspruchsmarke enthält. Zwar unterscheiden sich beide Marken durch den in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen Zusatz „–Wiesn“ in der jüngeren Marke. Dieser mindert aber nur die visuelle, akustische und semantische Nähe der beiden Marken, ohne sie deswegen unähnlich zu machen. Denn auch diejenigen Teile des Publikums, welche die Bedeutung des übereinstimmenden Begriffs „Halloren“ nicht kennen und diese lediglich als Fantasiebezeichnung auffassen, werden, wenn sie diesen für sie ungewöhnlichen Begriff aus einer der beiden Vergleichsmarken kennen, ihn in der jeweils anderen Marke selbst bei unklarer Erinnerung der ihnen bereits zuvor bekannten Marke ohne Mühe wiedererkennen und damit beide Marken als jedenfalls nicht einander unähnlich erachten. Zwar wird der sich danach im Gesamteindruck ergebende Ähnlichkeitsgrad infolge des in der jüngeren Marke dem übereinstimmenden Markenbestandteil „Halloren“ erst nachfolgenden Zusatzes „–Wiesn“ deutlich reduziert, allerdings nicht in einem solchen Maße, dass das Publikum beide Marken ohne Weiteres als zwei voneinander unabhängige und völlig verschiedene Kennzeichnungen wahrnimmt.
Da der damit bereits infolge des übereinstimmenden Begriffs „Halloren“ gegebene geringe Grad an Zeichenähnlichkeit für die Annahme einer Verwechslungsgefahr ausreicht, kann dahingestellt bleiben, ob der Ähnlichkeitsgrad der beiden Zeichen darüber hinaus noch dadurch gesteigert wäre, weil entweder der übereinstimmende Begriff die jüngere Marke prägt oder eine selbständige kennzeichnende Stellung innehat.
3. Da aufgrund der Wechselwirkung der bis zur Identität reichenden zumindest hochgradigen Dienstleistungsähnlichkeit, der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und der zumindest geringen Markenähnlichkeit damit im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr nicht verneint werden kann, ist mithin der anderslautende Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen.
B. Gründe für eine Kostenentscheidung nach § 71 MarkenG sind ebenso wenig weder vorgetragen oder ersichtlich wie Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG.