Entscheidungsdatum: 10.08.2017
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2016 027 729.3
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 10. August 2017 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Paetzold und die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Am 28. September 2016 ist das Zeichen
Cream
für die Waren der Klasse 25
Bekleidung
zur Eintragung als Wortmarke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister angemeldet worden.
Das DPMA, Markenstelle für Klasse 25, hat die Anmeldung nach vorausgegangener Beanstandung vom 6. Oktober 2016 mit Beschluss vom 26. Oktober 2016, am 27. Oktober 2016 als Übergabeeinschreiben an die Anmelderin versandt, gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG i. V. m. § 37 Abs. 1 MarkenG zurückgewiesen, da das Zeichen aus einer beschreibenden, freihaltebedürftigen Angabe bestehe und ihm als konkrete Sachaussage für die beanspruchten Waren zugleich die Unterscheidungskraft fehle.
Das Wort „Cream“ sei als der englische Begriff für die Farbe „cremeweiß“ bzw. „cremefarben“ geeignet, die Farbe und somit eine wesentliche Eigenschaft der Waren zu beschreiben, die für die Kaufentscheidung des Publikums bedeutsam sei. Die Bejahung des Schutzhindernisses des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG setze dabei nicht voraus, dass das fragliche Zeichen bereits als beschreibende Angabe verwendet werde, vielmehr sei ausreichend, wenn es gegenwärtig für eine solche Verwendung geeignet sei. Die Bezeichnung „Cream“ sei als eine die Waren direkt beschreibende Angabe den Wettbewerbern ungestört von Markenrechten Dritter zur jederzeitigen Benutzung offen zu halten.
Weiterhin fehle dem Zeichen als konkreter Sachaussage für die beanspruchten Waren die erforderliche Unterscheidungskraft. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit seien fremdsprachige – beispielsweise wie vorliegend aus der englischen Sprache stammende – Wörter ihren deutschen Entsprechungen gleichzusetzen, wenn sie für einen beachtlichen Teil der beteiligten deutschen Verkehrskreise ohne Weiteres verständlich seien. Das sei bei dem angemeldeten Zeichen der Fall. Der Begriff „Cream“ mit der Bedeutung „cremefarben“ sei auf dem hier einschlägigen Bekleidungssektor gebräuchlich, die Farbe „creme“ sei für Bekleidungsstücke verbreitet.
Begegne der angesprochene Verkehr der Bezeichnung „Cream“ im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren „Bekleidung“, die sämtliche die Farbe „Cream“ aufweisen könnten, trete somit der Gedanke, einen ganz bestimmten Geschäftsbetrieb vor sich zu haben, hinter der Vorstellung zurück, dass der Begriff „Cream“ in der Übersetzung „cremefarben“ die Farbe der Waren beschreibe.
Dass der Begriff „Cream“ auch „Sahne“ bedeute, könne die Schutzfähigkeit nicht begründen, da bereits eine beschreibende Bedeutung ausreiche, um einem Begriff die Eignung als betriebliches Herkunftszeichen zu nehmen.
Hiergegen wendet sich die Anmelderin und Beschwerdeführerin mit ihrer am 28. November 2016 erhobenen Beschwerde.
Sie führt zur Begründung ihrer Beschwerde aus, dass der angesprochene inländische Verkehr trotz der zunehmenden Anzahl an Anglizismen in der deutschen Sprache manche Wörter nicht verstehe. So sei zu bezweifeln, dass der Verkehr die Bedeutung von „Cream“ als „cremefarben“ oder „cremeweiß“ kenne. Es handele sich bei dem Begriff „Cream“ – anders als etwa bei den Farben „red“, „green“ oder „blue“ – gerade nicht um eine Farbangabe, die in Deutschland jedem bekannt sei. Wenn „Cream“ eine Farbangabe für Bekleidung wäre, so hätte das DPMA dafür auch Belege vorlegen können. Im Inland würden für Kleidungsstücke vielmehr die Farbangaben „cremefarben“ oder „cremeweiß“ verwendet, nicht aber das Wort „Cream“. Dieser Begriff sei dem Verkehr allenfalls in der Bedeutung „Sahne“ bekannt.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 25, vom 26. Oktober 2016 aufzuheben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere gem. § 64 Abs. 6 S. 1 MarkenG i. V. m. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „Cream“ stehen in Bezug auf die beanspruchten Waren sowohl das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG als auch das Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung gem. § 37 Abs. 1 MarkenG zu Recht zurückgewiesen hat.
1. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schließt von der Eintragung als Marke Zeichen aus, denen für die in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist die einem Zeichen zukommende Eignung, die von der Anmeldung erfassten Waren bzw. Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so diese Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. u. a. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; EuGH, GRUR 2004, 428, Rn. 30, 31 – Henkel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 11 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 7 – Starsat; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 8 – Link economy; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006).
Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH, GRUR 2008, 608, Rn. 66 – EUROHYPO; EuGH, GRUR 2006, 229, Rn. 27 – BioID; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 12 – smartbook; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 9 – DeutschlandCard). Dabei ist das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (EuGH, GRUR 2003, 604, Rn. 60 – Libertel; BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 9 – OUI; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 17 – smartbook).
Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Zeichen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder die Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt die Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH, GRUR 2014, 569, Rn. 10 – HOT; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat; BGH, GRUR 2009, 952, Rn. 10 – DeutschlandCard; BGH, GRUR 2006, 850, Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006). Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch nicht um Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2016, 934, Rn. 12 – OUI; BGH, GRUR 2013, 731, Rn. 13 – Kaleido; BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 11 – Link economy; BGH, GRUR 2012, 1143, Rn. 9 – Starsat).
Die Bewertung der Verkehrsauffassung in Bezug auf die einschlägigen Waren und Dienstleistungen richtet sich insbesondere nach der Sicht des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (EuGH, GRUR 2006, 411, Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 29 – Chiemsee; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 42). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, GRUR 2012, 270, Rn. 12 – Link economy).
Bei der Beurteilung des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kommt es auf das Verkehrsverständnis zum Zeitpunkt der Anmeldung des jeweiligen Zeichens an (BGH, GRUR 2013, 1143, Rn. 15 – Aus Akten werden Fakten).
Nach diesen Grundsätzen ist die Unterscheidungskraft der angemeldeten Bezeichnung „Cream“ in Verbindung mit den hier beanspruchten Waren der Klasse 25 „Bekleidung“ zu verneinen.
Zu den angesprochenen Verkehrskreisen der beanspruchten Waren gehören sowohl der Handel als auch der Endverbraucher. Aufmerksamkeit und Sorgfalt des Endverbrauchers sind beim Kauf preislich gehobener Produkte der Warenklasse 25, bei denen oftmals ein besonderes Markenbewusstsein an den Tag gelegt wird, etwas erhöht, bei sonstigen, häufig niedrigpreisigen Waren dieser Klasse ist demgegenüber von einem geringeren (durchschnittlichen) Aufmerksamkeitsgrad auszugehen (vgl. auch BPatG, Beschluss vom 1.6.2016 – 29 W (pat) 64/14 – Inselkind).
Wie sich aus dem von der Markenstelle der Anmelderin zusammen mit dem Beanstandungsbescheid vom 6. Oktober 2016 zugesandten Ausdruck der Seite www.dict.cc ergibt, hat das englische Wort „cream“ zwar als Substantiv in der Tat u. a. die Bedeutungen „Sahne“, „Creme“ oder „Rahm“. In der Verwendung als Adjektiv kommt ihm aber daneben die Bedeutung „cremefarben“ zu. Die angesprochenen breiten Verkehrskreise, nämlich sowohl der Handel als auch der normal informierte, angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der in Rede stehenden Waren, wird die Bezeichnung „cream“ im Zusammenhang mit Bekleidung als Hinweis auf die Farbe der Bekleidungsstücke verstehen. Die Fremdsprachenkenntnisse des inländischen Durchschnittsverbrauchers dürfen dabei in Bezug auf eine geläufige Sprache wie die Welthandelssprache Englisch nicht zu gering veranschlagt werden (vgl. Ströbele in: Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 486). Zudem stammt das Wort „cream“ zwar aus der englischen Sprache, es ähnelt jedoch dem deutschen Adjektiv „creme“ bzw. „cremefarben“. Dass die Worte „creme“ oder auch „cremefarben“ in der Modebranche vielfach zur Bezeichnung der entsprechenden Farbe verwendet werden, ergibt sich aus den bereits von der Markenstelle der Beschwerdeführerin zugesandten Belegen und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht in Abrede gestellt.
Aus diesen Gründen wird der angesprochene Verkehr in dem Begriff „Cream“ keinen betrieblichen Herkunftshinweis sondern lediglich einen Sachhinweis auf Eigenschaften der beanspruchten Waren sehen.
2. Daneben ist ein Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzunehmen.
Nach der Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind u. a. solche Zeichen von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft, der Zeit der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Die Art. 3 Abs. 1 Buchst. c EU-Markenrechtsrichtlinie (RL 2008/95 EG) in nationales Recht umsetzende Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG verfolgt das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass sämtliche Zeichen oder Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren beschreiben, von allen Wirtschaftsteilnehmern, die solche Waren oder Dienstleistungen anbieten, frei verwendet werden können (EuGH, GRUR 2011, 1035, Rn. 37 – 1000; EuGH, GRUR 2004, 674, Rn. 56 – Postkantoor; EuGH, GRUR 1999, 723, Rn. 25 – Chiemsee; BGH, GRUR 2012, 272, Rn. 9 – Rheinpark-Center Neuss; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 38 – Stadtwerke Bremen).
Im Hinblick auf die Bedeutung der englischen Sprache in der Werbung allgemein und auch konkret auf dem Bekleidungssektor umfasst das Freihaltebedürfnis auch englischsprachige Farbangaben, die zur Bezeichnung der Farbe von Bekleidungsstücken, also der Beschaffenheit der bezeichneten Waren, dienen können.
Dabei ist unschädlich, dass das DPMA für den maßgeblichen Zeitpunkt der Anmeldung des Zeichens lediglich Belege zur Verwendung der deutschen Adjektive „creme“ bzw. „cremefarben“ und nicht für den englischen Begriff „cream“ dokumentiert und der Anmelderin zugesandt hat.
Die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gebietet die Versagung der Eintragung auch dann, wenn die fragliche Benutzung als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl. EuGH, GRUR 2004, 674 – Postkantoor; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 42 – Stadtwerke Bremen; BGH, GRUR 2014, 565, Rn. 28 – smartbook; BGH, GRUR 2012, 276 Rn. 8 – Institut der Norddeutschen Wirtschaft e. V.). Für die Annahme einer zukünftig beschreibenden Angabe bedarf es der Feststellung, dass eine derartige Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. EuGH, GRUR 1999, 723 Rn. 31 u. 37 – Chiemsee; BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 43 – Stadtwerke Bremen). Die damit verbundene Prognoseentscheidung darf nicht nur auf theoretischen Erwägungen beruhen, sondern muss anhand der voraussichtlichen wirtschaftlichen Entwicklung realitätsbezogen erfolgen (vgl. BGH, GRUR 2017, 186, Rn. 43 – Stadtwerke Bremen; Ströbele in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl. 2015, § 8 Rn. 358 u. 416).
Die beschreibende Verwendung englischsprachiger Farbangaben und damit auch der Angabe „cream“ im Inland ist bereits aufgrund der Bedeutung der englischen Sprache – insbesondere auch in der Modebranche – vernünftigerweise zu erwarten.
Im Übrigen werden bereits derzeit nicht nur die Bezeichnungen „creme“, „cremefarben“ und „cremeweiß“, sondern auch das englische Wort „cream“ zur Beschreibung der Farbe von Bekleidung in Deutschland verwendet (vgl. die dem Hinweis des Senats vom 7. August 2017 beigefügten Anlagen 1 bis 7).