Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 08.10.2014


BPatG 08.10.2014 - 27 W (pat) 44/14

Markenbeschwerdeverfahren – "Hochseeseglerabend" – Freihaltungsbedürfnis - keine Unterscheidungskraft – keine Verkehrsdurchsetzung – zur hilfsweisen Einschränkung des Dienstleistungsverzeichnisses


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
08.10.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 44/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 016 395.8

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 8. Oktober 2014 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Hermann und Richter Schmid

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Anmelder hat am 9. Februar 2013 beim Deutschen Patent und Markenamt beantragt, die Wortmarke

2

Hochseeseglerabend

3

für die Dienstleistungen

4

(41) Organisationen und Durchführung von kulturellen, geselligen und sportlichen Veranstaltungen

5

in das Markenregister einzutragen.

6

Nach Beanstandung der Marke hat die Markenstelle für Klasse 41 die Anmeldung durch Beschlüsse vom 5. März 2014 und – im Erinnerungsverfahren – vom 23. Mai 2014 zurückgewiesen.

7

Die Eintragung sei ausgeschlossen, da das angemeldete Zeichen jeglicher Unterscheidungskraft entbehre und der Beschreibung der Art der Dienstleistungen dienen könne (§ 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG). Die Eintragungshindernisse seien auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung des Zeichens zu Gunsten des Anmelders gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden

8

Das angemeldete Zeichen erschöpfe sich entsprechend analogen Begriffsbildungen wie "Keglerabend" oder "Unternehmerabend" in einer sprachüblich gebildeten Aussage über den Gegenstand und Zeitpunkt einer Veranstaltung. Das Wort werde daher originär lediglich in seinem beschreibenden Begriffssinn und nicht als Mittel zur Unterscheidung der betrieblichen Herkunft der beanspruchten Dienstleistungen verstanden.

9

Die durch den Anmelder vorgelegten Unterlagen ergäben keine Anhaltspunkte für eine Verkehrsdurchsetzung des angemeldeten Zeichens. Zur erforderlichen Glaubhaftmachung der diesbezüglichen Voraussetzungen seien geeignete Belege darüber einzureichen, seit wann, wie, für welche Dienstleistungen und in welchem Umfang die Marke benutzt worden sei. Den durch den Anmelder vorgelegten Presseartikeln und Stellungnahmen von Fachverbänden lasse sich eine markenmäßige Verwendung des angemeldeten Zeichens nicht entnehmen. Darüber hinaus sei eine Durchsetzung des Zeichens als Marke in den Verkehrskreisen nicht glaubhaft gemacht, wobei angesichts des Zuschnitts der beanspruchten Dienstleistungen auf allgemeine Verkehrskreise abzustellen sei.

10

Der hilfsweise gestellte Antrag auf Eintragung des angemeldeten Zeichens als Werktitel sei unzulässig, da Werktitelschutz allein durch Ingebrauchnahme des Titels entstehe (§ 5 Abs. 3 MarkenG) und eine Registrierung einer Bezeichnung als Titel daher nicht vorgesehen sei.

11

Der Anmelder hat gegen den ihm am 27. Mai 2014 zugestellten Erinnerungsbeschluss am 23. Juni 2014 Beschwerde erhoben und sinngemäß beantragt,

12

die angegriffenen Beschlüsse aufzuheben.

13

Die Zurückweisung der Anmeldung sei nicht gerechtfertigt. Das Zeichen "Hochseeseglerabend" sei seit dem Jahr 1935 durch den Anmelder für eine jährlich von ihm durchgeführte Veranstaltung im Rathaus zu Bremen als Marke benutzt worden. Der Begriff habe sich unter Hochsee-Seglern, die als Verkehrskreise angesprochen seien, als Marke durchgesetzt. Das Zeichen sei insoweit nahezu zu 100 % geläufig, was sich schon durch die Benutzung von über 70 Jahren und die dargelegte Presseberichterstattung ergebe. Zudem legt der Anmelder ergänzende Stellungnahmen des D… und des F… … e.V. vom 30. bzw. 26. Juni 2014 vor.

14

Hilfsweise beantragt der Anmelder die beanspruchte Dienstleistung wie folgt zu fassen:

15

Organisationen und Durchführung von kulturellen, geselligen und sportlichen Veranstaltungen für Hochseesegler.

II.

16

Über die Beschwerde kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, da der Anmelder davon abgesehen hat, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu beantragen, und keine Anhaltspunkte für die Sachdienlichkeit einer Verhandlung bestehen, vgl. § 69 MarkenG.

17

Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg.

18

Mit den insoweit unbeanstandeten Ausführungen der Markenstelle ist der originäre Begriffsgehalt des angemeldeten Zeichens geeignet, die Art der beanspruchten Dienstleistungen unmittelbar und ohne Unklarheiten zu beschreiben. Der Eintragung stehen daher die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 i.V.m. § 37 Abs. 1 MarkenG entgegen. Wenngleich es insofern nicht auf eine tatsächliche Benutzung des Zeichens als beschreibende Angabe ankommt, ist die sachbezogene Verwendung des Ausdrucks zum Anmeldungszeitpunkt durch Dritte sogar nachweisbar (s. Pressemitteilung vom 3. Dezember 2012: "Hochsee-Segler-Abend im B…" – segelreporter.com; www.bsc-hamburg.de). Der Vortrag des Anmelders, nach dem es keinerlei "Konkurrenzveranstaltungen" gebe (Schriftsatz vom 26. September 2013), ist daher unzutreffend.

19

Die Anmelderin konnte auch nicht die tatsächlichen Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung des angemeldeten Zeichens glaubhaft machen und dadurch die Grundlage für die Aufnahme der Beweiserhebung über die für die Verkehrsdurchsetzung maßgebenden Tatsachen schaffen (zum Verfahren vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 544 ff.).

20

Der diesbezügliche Sachvortrag der Anmelderin erweist sich bereits insofern als unschlüssig, als er keine tatsächlichen Angaben enthält, die die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Marke erkennen lassen. Eine Verkehrsdurchsetzung als Marke setzt gemäß § 8 Abs. 3 MarkenG (und Art. 3 III MarkenRichtl) die Verwendung der Kennzeichnung als Marke voraus. Die Tatsache, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend wahrnehmen, muss auf der Benutzung des Zeichens als Marke beruhen (EuGH GRUR 2002, 804 Rn. 64 - Philips/Remington; BGH GRUR 2010, 138 Rn. 33 – ROCHER-Kugel; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rn. 459). Eine auf andere Weise erlangte Bekanntheit ist insoweit unerheblich.

21

Weder die Ausführungen des Anmelders noch die von ihm vorgelegten Unterlagen enthalten aussagekräftige Tatsachenangaben, aus den sich eine markenmäßige Verwendung des angemeldeten Zeichens ergibt. In seinen schriftsätzlichen Ausführungen nimmt der Anmelder dies zwar für sich in Anspruch. Nachprüfbare tatsächliche Angaben, die die Art und Form der Verwendung des Zeichens als Marke zeigen, fehlen aber. Dasselbe gilt für die Stellungnahmen des D… … bzw. des F… e.V. (vom 30. bzw. 26. Juni 2014), die sich in der Wertung, dass das Zeichen markenmäßig benutzt worden sei, erschöpfen. Die ergänzenden Ausführungen in diesen Stellungnahmen, wonach Hochseesegler den Begriff mit der durch den Anmelder ausgerichteten Veranstaltung assoziierten (Stellungnahme D…) bzw. Einladungen und Pressenotizen sich explizit auf den "Hochseeseglerabend" bezogen haben sollen, vermögen diese Wertung nicht zu stützen. Die Erwähnung des Begriffs "Hochseeseglerabend" in Einladungen und Presseberichten ist bereits zureichend durch die vorgelegten Dokumente belegt. Sie beschränkt sich danach aber auf eine sachbezogene Verwendung (s.u.). Wenn Hochseesegler den Begriff mit der Veranstaltung des Anmelders assoziieren, lässt dies weder auf ein Verständnis noch – worauf es hier ankommt – eine Benutzung des Zeichens als Marke schließen. Die Bekanntheit einer Angabe, die als solche im Rahmen des § 8 Abs. 3 MarkenG irrelevant ist, wenn die Aufgabe nicht als herkunftskennzeichnender Hinweis verstanden wird (BGH GRUR 2006, 760 Rn. 18 – LOTTO II), setzt daher nicht notwendig eine markenmäßige Verwendung des Begriffs voraus.

22

Die vorgelegten Zeitungs-, Internetauszüge oder sonstigen Publikationen beziehen sich ausschließlich auf Verwendungen des angemeldeten Begriffs als bloße Sachangabe, die eine Abendveranstaltung für Hochseesegler ankündigt oder hierüber berichtet. Wiederkehrende Formulierungen wie "Ehrungen beim Hochseeseglerabend", "im Rahmen des Hochseeseglerabends", "Hochseeseglerabend der Segelkameradschaft "Wappen von Bremen" oder die nummerische Einordnung als die – um ein Beispiel herauszugreifen – "74. Hochseeseglerabend" zeugen erkennbar von einem Gebrauch in diesem sachlichen Wortsinn.

23

Die Vorliegen von Tatsachen, die eine Verkehrsdurchsetzung möglich erscheinen lassen, ist daher, wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, nicht glaubhaft gemacht. Keine andere Betrachtung ergibt sich insoweit unter Berücksichtigung der hilfsweise eingeschränkten Dienstleistungsangabe. Diese Änderung, ihre Zulässigkeit unterstellt, könnte allenfalls den Grad der Durchsetzung des Zeichens in den insoweit beteiligten Verkehrskreisen berühren, nicht aber die Benutzung des Zeichens als Marke.

24

Darüber hinaus fehlen auch Anhaltspunkte dafür, dass das angesprochene Publikum bzw. selbst Hochseesegler das Zeichen als Marke ansehen. Zwar mag die Tradition der durch den Anmelder ausgerichteten Veranstaltung einen Anhalt hierfür bieten. Da eine markenmäßige Benutzung des Zeichens nicht ersichtlich ist, lässt dies nicht ohne weiteres den Schluss auf ein Verkehrsverständnis als Marke zu. Ferner erscheint sogar zweifelhaft, ob Hochseesegler und erst recht das allgemeine Publikum den Ausdruck tatsächlich überwiegend auf die Veranstaltung des Anmelders beziehen. Jedenfalls Hochseesegler aus Hamburg und Umgebung können den Begriff gegebenenfalls auch mit der ebenfalls als "Hochsee-Segler-Abend" bezeichneten Veranstaltung des B… verbinden (s.o.). Überdies können die Verkehrskreise bzw. die angesprochenen Hochseesegler nicht auf den norddeutschen Raum verengt werden, nachdem im ganzen Bundesgebiet ausgeprägtes Interesse am Hochseesegeln besteht (s. etwa – jeweils mit eigenen Internetauftritten – S…/Fachabtlg. Hochseesegeln, V…,  H…, H1… H1… , H2…, H3… H1… , H2…, H3… …).

25

Die beantragte Eintragung des Zeichens als Werktitel ist, wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat, unzulässig.

26

Die Beschwerde des Anmelders war daher zurückzuweisen.

27

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass, weil die Entscheidung über den Einzelfall anerkannten rechtlichen Grundlagen beruht, vgl. § 83 Abs. 2 MarkenG.