Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 02.09.2014


BPatG 02.09.2014 - 27 W (pat) 4/14

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Pullmann Ferienpark" – Bezeichnung einer Bauleitplanung – keine automatische Gebietsbezeichnung – keine geografische Angabe


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
27. Senat
Entscheidungsdatum:
02.09.2014
Aktenzeichen:
27 W (pat) 4/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Pullmann Ferienpark

Die Bezeichnung einer Bauleitplanung wird nicht automatisch zur Gebietsbezeichnung, die dem Markenschutz als geografische Angabe entzogen ist.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Wortmarke Nr. 302 42 336 ,

S 213/12 (wg. Löschung),

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung am 2. September 2014 durch Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Hermann und Richter k.A. Schmid

beschlossen:

Auf die Beschwerde wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. November 2013 aufgehoben und der Löschungsantrag zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 23. August 2002 angemeldete Wortmarke Nr. 302 42 336

2

Pullman Ferienpark

3

wurde am 23. September 2002 für Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 43 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister eingetragen.

4

Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 20. August 2012 die teilweise Löschung dieser Marke beantragt, nämlich bezogen auf die eingetragene Dienstleistung „Beherbergung von Gästen". Das eingetragene Zeichen sei dafür als geografische Herkunftsangabe von der Eintragung ausgeschlossen und entbehre überdies jeglicher Unterscheidungskraft. Das angegriffene Zeichen diene der Bezeichnung eines Areals in Eging am See, das im einschlägigen Bebauungsplan aus dem Jahr 1994 unter der Bezeichnung „Sondergebiet Pullman Ferienpark" ausgewiesen sei und auf dem in den Jahren 1996/97 etwa 80 Ferienhäuser errichtet worden seien.

5

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Marke, nachdem die Markeninhaberin dem Löschungsantrag wirksam widersprochen hatte, durch Beschluss vom 8. November 2013 antragsgemäß teilweise gelöscht.

6

Die angegriffene Marke sei insoweit dem Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ausgesetzt, weil sie als beschreibende Angabe des Erbringungsortes der angegriffenen Dienstleistung dienen könne.

7

Der Begriff "Pullman Ferienpark" sei bereits am Anmelde- und Eintragungstag der angegriffenen Marke als Bezeichnung eines touristischen Zwecken gewidmeten Bebauungsgebietes im Ortsteil Ruberting der Marktgemeinde Eging am See eingeführt gewesen.

8

Ein von der Gemeinde als der zur Vergabe von Straßen- oder Ortsnamen zuständigen Stelle vergebener Name müsse frei benutzt werden können. Der von der Antragstellerin vorgelegte Auszug eines Bebauungsplans für ein "Sondergebiet Pullman Ferienpark" bestätige in Verbindung mit den weiteren vom Antragsteller beigebrachten Belegen die Vergabe des Namens vor dem Anmeldetag, etwa die Ankündigung einer diesbezüglichen Beratung des Gemeinderats in der „Passauer Neue Presse“ vom 9. Juni 1997 und ferner die Verwendung des Begriffs in Angebotsschreiben.

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Aufgrund ihres klaren beschreibenden Gehalts fehle der Marke auch jegliche Unterscheidungskraft i.S. des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

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Gegen den am 26. November 2013 zugestellten Beschluss richtet sich die am 19. Dezember 2013 eingelegte Beschwerde der Markeninhaberin.

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Die Eignung eines Zeichens als geografische Angabe richte sich nach dem Verständnis der beteiligten Verkehrskreise, denen die Angabe „Pullman Ferienpark“ ganz überwiegend unbekannt sei. Selbst eine objektiv beschreibende Verwendung des Zeichens sei nicht nachgewiesen. Anhaltspunkte dafür, dass die Bezeichnung als geografische Herkunftsangabe ernsthaft in Betracht komme und benötigt werde, fehlten. Die bloß theoretische Möglichkeit einer solchen Entwicklung genüge nicht.

12

Die Verwendung des angegriffenen Zeichens als geografische Bezeichnung sei nicht erkennbar. Die Markenabteilung sei nicht auf den Umstand eingegangen, dass eine (unterstellte) Verwendung des Begriffs „Ferienpark Pullman“ im Bebauungsplan nicht auf die erforderliche Kenntnis der Gemeindeöffentlichkeit und erst recht nicht von außerhalb oder der Ferne anreisenden Personen schließen lasse. Die Abteilung habe weiter nicht berücksichtigt, dass nicht die Bezeichnung eines Ortsteils in Rede stehe, sondern allenfalls diejenige eines baurechtlichen Sondergebiets, die als geografische Angabe unüblich sei, zumal die Angabe "Ruberting" als eingeführter Ortsname zur Verfügung gestanden habe. Das Publikum kenne das Zeichen im Hinblick auf die angrenzende "Pullman-City Westernstadt", die von der Markeninhaberin betrieben werde, allenfalls als betrieblichen Herkunftshinweis. Der Beschluss entbehre außerdem einer Feststellung zu beschreibenden Bedeutung des Zeichens zum Zeitpunkt der Entscheidung.

13

Die Markeninhaberin beantragt,

14

den Beschluss der Markenabteilung vom 8. November 2013 aufzuheben und den Teillöschungsantrag zurückzuweisen.

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Der Löschungsantragsteller beantragt,

16

die Beschwerde zurückzuweisen.

17

Er hat seinen Antrag in der mündlichen Verhandlung begründet und weitere Dokumente vorgelegt, die nach seiner Auffassung die Verwendung der Marke als geografische Angabe zeigen.

II.

18

Die zulässige Beschwerde der Markeninhaberin hat Erfolg. Die Marke „Pullman Ferienpark“ ist im Umfang der Teillöschung nicht entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG eingetragen worden. Die Markenabteilung hat auf den zulässigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit für den in Rede stehenden Teil der Waren deshalb zu Unrecht die Löschung der Eintragung angeordnet (§ 50 Abs. 1, Abs. 2, § 54 MarkenG).

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1. Der am 20. August 2012 und damit binnen der Frist von 10 Jahren seit der Eintragung der Marke am 23. September 2002 (§ 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG) gestellte und auch sonst zulässige Löschungsantrag greift in der Sache nicht durch. Der Antrag bezieht sich, wie der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, ausschließlich auf die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 MarkenG.

20

2. Eine Löschung kann nur erfolgen, wenn das Eintragungshindernis sowohl im Zeitpunkt der Anmeldung der Marke bestanden hat als auch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch besteht (§ 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG; BGH GRUR 2014, 565, 566 Rn. 10 – smartbook). Ist eine solche Feststellung, auch unter Berücksichtigung der von den Beteiligten vorgelegten und von Amts wegen zusätzlich ermittelten Unterlagen, nicht möglich, muss es bei der Eintragung der angegriffenen Marke sein Bewenden haben (BPatG GRUR 2006, 155 – Salatfix).

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a) Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken aus-geschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die (u.a.) zur Bezeichnung der geografischen Herkunft der Waren dienen können. Dabei ist die Eintragung auch dann zu versagen, wenn die fragliche Benutzung als geografische Herkunftsangabe noch nicht zu beobachten ist, aber eine zukünftige Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl. EuGH GRUR 1999, 723 Rn. 37 – Chiemsee; BGH GRUR 2009, 994 Rn. 14 f. – Vierlinden; BPatG, Beschluss vom 21. Mai 2014, 29 W (pat) 80/11, BRONX).

22

Zwar kommen Zeichen, die Ortsteile oder -flächen benennen, als (mittelbare) geografische Angaben in Betracht (vgl. z.B. BPatG MarkenR 2010, 342, 343 f. – Speicherstadt; Beschluss vom 2.11.2004, 33 W (pat) 36/03 - Isar-Süd). Dem steht vorliegend auch nicht zwingend entgegen, dass für das hier in Rede stehende Ortsgebiet die eingeführte Angabe „Ruberting“ zu Verfügung gestanden haben mag. Denn Mitbewerbern soll nach dem Zweck des Eintragungshindernisses unabhängig bestehender Ausweichmöglichkeiten die Verwendung aller geeigneter Angaben unbenommen bleiben (vgl. BPatG, Beschluss vom 3. Dezember 2008, 29 W (pat) 45/07 - Traunsteiner Tagblatt).

23

Die von der Antragstellerin eingebrachten und von Amts wegen durch den Senat ermittelten Tatsachen bieten aber keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die angegriffene Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung am 23. August 2002 in Bezug auf die Dienstleistung „Beherbergung von Gästen“ als geografische Angabe benutzt worden ist oder eine derartige Verwendung zu erwarten war (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG). Zudem fehlen jegliche tatsächliche Anzeichen, die diese Feststellung (noch) für den Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag, also am 2. September 2014, zuließen.

24

Dabei kann mit dem Vortrag des Löschungsantragstellers von einer Verwendung des Begriffs „Sondergebiet Pullman Ferienpark“ im Bebauungsplan des Marktes Eging am See im Zeitraum 1996/1997 ausgegangen werden. Dieser Sprachge-brauch hat jedoch ausschließlich bauplanungsrechtlichen Charakter (§ 10 BauNVO). Der Begriff hat als solcher den Charakter eines bloßen Arbeitstitels und zielt für sich genommen nicht auf die Einführung einer verbindlichen Gebietsbezeichnung ab. Hiervon ist umso weniger auszugehen, als der Zeichenbestandteil „Pullman“ an den in der Nähe des Ferienparks gelegenen gewerblichen Vergnügungspark „Pullman-City Westernstadt“ anknüpft und die Gemeinde diesen Begriff nicht frei als geografische Angabe aufgreifen konnte. Die Annahme der Markenabteilung, hierin liege die Vergabe eines Namens für einen Ortsteil, entbehrt daher einer Grundlage.

25

Die Verwendung des Begriffs „Sondergebiet Pullman Ferienpark“ im Bebauungsplan kann allerdings eine bereits bestehende geografische Angabe aufgreifen oder die tatsächliche Verwendung als geografische Angabe nach sich ziehen. Aussagekräftige Hinweise für eine derartige Sachlage bzw. eine dadurch eingeleitete Entwicklung fehlen allerdings. Die vorgelegten Unterlagen beschränken sich auf wenige Nennungen des Begriffs in Geschäftsdokumenten, in denen der Begriff nicht als geografische Angabe, sondern als Projekt- oder Unternehmensbezeichnung verwendet worden ist (Anl. 3 - Kaufvertrag 1997 - und Anl. 4 - Mietabrechnung 1997 - zum Schriftsatz des Löschungsantragstellers vom 13. Juni 2013; Protokoll über die Eigentümersammlung des Pullman Ferienparks am 10.12.1999, s. dort auch unter TOP 11 der Gesellschaftsname “Pullman Ferienpark Betriebs GmbH“ bzw. Prospekt „PULLMAN FERIENPARK“). Soweit der Löschungsantragsteller in der mündlichen Verhandlung erstmalig auf eine Straßenbeschilderung mit der Aufschrift „Pullman Ferienpark“ hingewiesen hat, boten die in Bezug auf Art und Zeitpunkt der Beschilderung nicht näher substantiierten Angaben keine Grundlage für zusätzliche Ermittlungen.

26

Nachdem das angegriffene Zeichen in den Jahren unmittelbar nach der Errichtung der Ferienhäuser (1996/1997) trotz der planungsrechtlichen Ausweisung als „Sondergebiet Pullman Ferienpark“ nicht als geografische Angabe benutzt worden ist, fehlte zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke im August 2002 ein vernünftiger Anhalt dafür, dass eine derartige Entwicklung noch eintreten könnte. Da auch keine Hinweise für Verwendungen des Begriffs in der Zeit nach der Anmeldung vorliegen, gilt dies erst recht für den zudem erheblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).

27

b) Die angegriffene Marke entbehrte auch weder zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag jeglicher Unterscheidungskraft.

28

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die Eignung einer Marke, die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen (BGH GRUR 2014, 569 Rn. 10 – HOT). Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (BGH GRUR 2013, 731 Rn. 11 – Kaleido).

29

Die angegriffene Marke entzog bzw. entzieht sich einem Verständnis als Angabe über den Ort, an dem eine Beherbergungsdienstleistung erbracht wird. Der Wortsinn des Zeichens „Pullman Ferienpark“ als solcher kann ein derartiges Verständnis nicht tragen, da der Begriff nicht einer typischen Ortsbezeichnung entspricht. Denn der Bestandteil „Pullman“ wird dem englischen Sprachraum zugeordnet und vorrangig als Eigen- oder Fantasiename in einer Betriebsbezeichnung wahrgenommen. Wie unter 2.a) ausgeführt, fehlen ferner Anhaltspunkte für eine beachtliche tatsächliche Verwendung des Ausdrucks als geografische Angabe, auf der ein entsprechendes Verkehrsverständnis beruhen könnte. Das Publikum wird die angegriffene Marke daher als individuelle Wortprägung ohne objektive Eignung zur Bezeichnung eines geografischen Gebietes verstanden haben bzw. verstehen.

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Der angegriffene Beschluss war daher aufzuheben.

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3. Zur Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass, vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG.

32

4. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen (§ 83 Abs. 2 MarkenG). Der Entscheidung liegt ein rechtlicher Maßstab zugrunde, der der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshof entspricht. Da nicht von Entscheidungen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abgewichen worden ist, ist die Rechtsbeschwerde auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.