Entscheidungsdatum: 17.10.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 306 30 324 Lösch
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. August 2016 durch die Vorsitzende Richterin Klante, den Richter Hermann und den Richter am Landgericht Dr. Söchtig beschlossen:
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen
I.
Die am 15. Mai 2006 angemeldete und am 11. September 2006 eingetragene Wortmarke 306 30 324
Langstrumpf
ist noch für die Waren und Dienstleistungen
Klasse 9: Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, elektrische fotografische, Film-, optische. Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und
-instrumente; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte, Bildträger (ausgenommen unbelichtete Filme) und Tonträger, CD, CD-ROM, DVD, MD, digitale Bild- und Tonträger, PC-Spiele (Software)
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Buchbinderartikel, Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit in Klasse 16 enthalten; Drucklettern; Druckstöcke, Verlagserzeugnisse, nämlich Broschüren, Hefte, Magazine, Bücher
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen, T-Shirts, Mützen
Klasse 28: Spiele, Spielzeug; Spielkarten; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Christbaumschmuck
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Fotografieren: Erstellen von Fotoreportagen; Berufsberatung; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Anfertigen von Übersetzungen; Gebärdendolmetschern; Videofilmproduktion; Mikrofilmaufzeichnungen, Filmproduktion, Durchführung von öffentlichen Lesungen und Liveveranstaltungen
eingetragen.
Der Beschwerdeführer und Löschungsantragsteller hat mit Schriftsatz vom 28. Januar 2012 die vollständige Löschung der genannten Marke wegen absoluter Schutzhindernisse gemäß §§ 54, 50 Abs.. 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG beantragt und zur Begründung ausgeführt, der Wortmarke fehle jegliche Unterscheidungskraft, auch bestehe ein Freihaltebedürfnis. Sofern nämlich die Bezeichnung „Langstrumpf“ nicht unmittelbar im Zusammenhang mit den Kinderbüchern von Astrid Lindgren verwendet werde, verstehe der Verkehr sie als Hinweis auf einen bestimmten Mädchen- bzw. Frauentyp, aber fasse ihn nicht gleichzeitig als Herkunftshinweis auf. Für Namen fiktiver Figuren sei anerkannt, dass diese oft nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen aufgefasst würden. Daher fasse das Publikum die Bezeichnung „Langstrumpf“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen auf, das als Hersteller von Waren oder Dienstleistungserbringer die Verantwortung für die Qualität der Waren oder Dienstleistungen übernehme, die mit dieser Bezeichnung versehen sind, sondern als nicht markenmäßigen Hinweis auf die bekannte literarische Figur „Pippi Langstrumpf“ und als Synonym für einen bestimmten Personentyp. Außerdem sei die Bezeichnung „Langstrumpf“ für die fraglichen Waren und Dienstleistungen beschreibend, werde sie doch ohne Zwischenüberlegungen der bekannten literarischen Gestalt zugeordnet und „Pippi Langstrumpf“ ohne weiteres gleichgesetzt. Die Bezeichnung könne sich auf den Inhalt beziehen oder die gekennzeichneten Produkte als reine Merchandisingprodukte ansehen lassen oder im Pippi Stil gestaltet sein.
Die Beschwerdegegnerin und Markeninhaberin hat dem ihr am 23. November 2011 zugestellten Löschungsantrag am 20. Januar 2012 widersprochen und ausgeführt, für die angegriffene Marke bestehe kein Eintragungshindernis. Die Marken „Pippi Langstrumpf“ und „Langstrumpf“ könnten nicht gleichgesetzt werden, weil in Büchern und Filmen die bekannte Figur nie ausschließlich mit dem Nachnamen benannt werde. „Langstrumpf“ hingegen sei ein normaler Nachname, der in Deutschland auch von anderen Personen geführt werde. Eigennamen wiesen einen individualisierenden Charakter auf, deshalb auch Langstrumpf (oder Pippi Langstrumpf) als Hinweis auf die geschäftliche Beziehung zwischen den betreffenden Waren oder Dienstleistungen und dem Markeninhaber bzw. auf die Urheber der Romanfigur wahrgenommen werde.
Das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenabteilung 3.4, hat den Löschungsantrag durch Beschluss vom 5. März 2013, zugestellt am 20./21. März 2013, zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der eingetragenen Marke „Langstrumpf“ stünden keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG entgegen. Nach den maßgeblichen Grundsätzen könne der eingetragenen Marke „Langstrumpf“ die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden, weil ihr für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen keine im Vordergrund stehende Sachaussage zugeordnet werden könne. Zwar sei „Pippi Langstrumpf“ eine bekannte zentrale Figur einer dreibändigen schwedischen Kinderbuchreihe von Astrid Lindgren und verschiedener darauf beruhender Bearbeitungen. Die Romane seien in mehr als 50 Sprachen übersetzt worden und besonders als Verfilmungen erfolgreich. Die Bezeichnung „Langstrumpf“ sei jedoch nicht auf die Vorstellungen an diese bekannte Figur „Pippi Langstrumpf“ beschränkt. Nur zu einem geringen Teil würden die von den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verbraucher eine Assoziation zu „Pippi Langstrumpf“ herstellen, sondern den Ausdruck „Langstrumpf“ vielmehr für ein phantasievolles Wort halten oder als Familiennamen einer fiktiven, jedenfalls aber unbekannten Person verstehen. Dafür spreche auch der lange volle Namen „Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstocher Langstrumpf“ der Romanfigur, die in Deutschland ausschließlich mit „Pippi Langstrumpf“ benannt werde. Daher könne von der Bezeichnung „Langstrumpf“ allenfalls mittelbar ein Bezug zur Figur „Pippi Langstrumpf“ und deren Abenteuergeschichten hergestellt werden. Der Bezeichnung „Langstrumpf“ in Alleinstellung komme auch nicht die Symbolkraft eines speziellen Charakters ähnlich anderen Roman- und Bühnenfiguren wie z. B. Winnetou zu, die zu allgemeinen Begriffen für bestimmte Charaktere geworden seien. Als Phantasiewort und fiktiver Personenname erschließe sich im Medien- und Unterhaltungsbereich dem Verbraucher bei einer Kennzeichnung mit „Langstrumpf“ keine eindeutige und sofort verständliche Bedeutung oder Inhaltsangabe auf das Werk „Pippi Langstrumpf“, selbst wenn grundsätzlich ein bezeichnungsfähiger gedanklicher Inhalt vorliegen könnte, wie es bei „Magnetaufzeichnungsträgern, Schallplatten; Bild- (ausgenommen unbelichteten Filme) und Tonträgern, CD, CD-ROM,DVD, MD, digitalen Bild- und Tonträgern, PC-Spielen (Software)“ und den Dienstleistungen „Unterhaltung; Fotografieren; Erstellen von Fotoreportagen; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Videofilmproduktion; Mikrofilmaufzeichnungen, Filmproduktion, Durchführung von öffentlichen Lesungen und Liveveranstaltungen“ der Fall sei. Erst recht komme die Bezeichnung „Langstrumpf“ für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Übrigen nicht als Sachtitel in Betracht, sondern bezeichne diese markenmäßig nach Art eines Namens. Die angegriffene Marke stehe bei genauer Betrachtung in keinem sinnvollen Zusammenhang zum üblichen Charakter z. B. der registrierten Waren „Spiele, Spielzeug; Spielkarten; Turn- und Sportartikel; Christbaumschmuck“ oder „Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen“, so dass sie sich nicht als beschreibende Angabe eigne. Schließlich handele es sich nicht um eine sonstige gebräuchliche Bezeichnung, die stets nur als Werbeaussage allgemeiner Art verstanden werde. Ihr fehle daher nicht jegliche Unterscheidungskraft.
Aus denselben Gründen könne der Bezeichnung „Langstrumpf“ auch nicht die Bedeutung einer beschreibenden freihaltebedürftigen Angabe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG beigemessen werden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers und Löschungsantragstellers vom 19. April 2013. Entgegen der Ansicht des Deutschen Patent- und Markenamts sei die deutsche Marke 306 30 324 „Langstrumpf“ in vollem Umfang zu löschen, da „Langstrumpf“ nach der Verkehrsauffassung mit „Pippi Langstrumpf“ gleichzusetzen sei, der Marke im Zeitpunkt der Eintragung – wie auch heute noch – jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehle und zudem ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestehe.
Wenn das DPMA im Beschluss vom 5. März 2013 davon ausgehe, dass „Pippi Langstrumpf“ eine bekannte zentrale Figur einer dreibändigen schwedischen Kinderbuchreihe von Astrid Lindgren sei und dass die Romane erfolgreich übersetzt und verfilmt worden seien, so müsse nach diesen zutreffenden Ausführungen darauf geschlossen werden, dass die Bezeichnung „Langstrumpf“ auf die Vorstellung an die bekannte Figur „Pippi Langstrumpf“ beschränkt sei und dass nur ein geringer Teil der von den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen angesprochenen Verbraucher keine Assoziation zu „Pippi Langstrumpf“ herstelle.
Bei den „Pippi Langstrumpf“-Büchern handele es sich mit um die bekanntesten Kinderbücher der Welt, so dass den Namen „Pippi Langstrumpf“ ein Großteil der Bevölkerung kenne und, sobald er den Namen „Langstrumpf“ höre, automatisch an Pippi Langstrumpf, das kleine, freche Mädchen mit roten Zöpfen und Sommersprossen, denke. Für die Annahme, dass „Langstrumpf“ und „Pippi Langstrumpf“ gleichzusetzen sei, spreche darüber hinaus die Markenanmeldung durch die Markeninhaberin als Erbengemeinschaft der Schöpferin von Pippi Langstrumpf selbst.
Daher entbehre das Zeichen der nötigen Unterscheidungskraft. Aufgrund der Verkehrsauffassung sei „Langstrumpf“ mit „Pippi Langstrumpf“ gleichzusetzen und damit in Bezug auf den Großteil der eingetragenen Waren und Dienstleistungen beschreibend. Der Verkehr sehe in "Langstrumpf“ kein Unterscheidungsmittel, sondern lediglich einen inhaltlichen Hinweis auf die literarische Figur „Pippi Langstrumpf“ bzw. eine direkte Beschreibung der Waren und Dienstleistungen. Zum anderen diene sie als reines Werbemittel, ohne auf die betriebliche Herkunft der Waren oder Dienstleistungen hinzuweisen. Wenn das Publikum das Wort „Lang-strumpf“ höre/lese, denke es an ein kleines sommersprossiges Mädchen mit Flausen im Kopf, das heißt, an die literarische Figur „Pippi Langstrumpf“. Keinesfalls verbinde es damit ein bestimmtes Unternehmen oder den Namen einer natürlichen Person. Wenn aber der Verkehr wie im vorliegenden Fall einen Namen einzig und allein mit einer literarischen Figur und deren Charakter in Verbindung bringe und daraus eine (Inhalts-)Beschreibung der eingetragenen Waren und Dienstleistungen ableite, erfülle er die für eine Marke notwendige Herkunftsfunktion nicht.
Der Beschwerdeführer beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung vom 5. März 2013 aufzuheben und die deutsche Marke 306 30 324 „Langstrumpf“ in vollem Umfang zu löschen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
In ihrem Schriftsatz vom 28. November 2013 verteidigt sie den angefochtenen Beschluss, der zutreffend darauf abstelle, dass „Langstrumpf“ und die literarische Figur „Pippi Langstrumpf“ nicht gleichgesetzt würden. Dass einige Personen die Bezeichnung „Langstrumpf“ als Hinweis auf die literarische Figur wahrnähmen, stehe einer ausreichenden Unterscheidungskraft nicht entgegen. Es gebe keinen Erfahrungswert, wonach ein Hinweis auf einen bestimmten Namen per se die Unterscheidungskraft ausschließe, viele bekannte Marken bestünden gerade aus Namen wie „Dr. Oetker“, „Jil Sander“ oder „Opel“.
Es komme auch nicht darauf an, ob die Bezeichnung „Pippi Langstrumpf“ eine werktitelähnliche Funktion habe oder nicht, da jedes Zeichen für sich zu betrachten sei. "Langstrumpf" sei nicht „Pippi Langstrumpf“, beide Zeichen unterschieden sich sowohl auf der Zeichenebene als auch auf der Bedeutungsebene. Bloße Assoziationen reichten nicht aus, um ein Zeichen als unmittelbar beschreibend zu qualifizieren. Da das Publikum daran gewöhnt sei, unter einem Phantasienamen Merchandisingprodukte erwerben zu können (etwa „Star Wars“, „Harry Potter“, Donald Duck“), wisse es, dass hinter den Produkten Unternehmen stünden, die die Bezeichnung lizenzierten und dafür sorgten, dass unter der Marke nur eine entsprechende Qualität vertrieben werde. Bei „Langstrumpf“ handele es sich um eine äußerst unterscheidungskräftige Bezeichnung. Diese werde nicht als reines Werbemittel angesehen. Die Tatsache, dass unter einer Bezeichnung Merchandisingprodukte vertrieben werden können, schließe die Unterscheidungskraft nicht aus. Da „Pippi Langstrumpf“ gerade nicht das Synonym für ganz bestimmte feststehende Charakterzüge sei, vielmehr mit ganz unterschiedlichen Inhalte in Verbindung gebracht werde, z. B. für einen „souveränen Umgang mit Fakten“, ein bestimmtes Aussehen (rote Haare), die Herkunft aus Schweden usw., fehle es an der ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassbaren beschreibenden Bedeutung, die aber erforderlich wäre, um das Eintragungshindernis zu begründen. Es bestehe an der Bezeichnung „Langstrumpf“ auch kein Freihaltebedürfnis, da keine Beschreibung eines Inhalts vorliege und Wettbewerber nicht darauf angewiesen seien, die Bezeichnung „Langstrumpf“ für ihre eigenen Waren und Dienstleistungen zu verwenden.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die Verwaltungsvorgänge des DPMA Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Löschungsantrag ist zulässig, insbesondere innerhalb der 10-Jahresfrist nach § 50 Abs. 2 S. 2 MarkenG gestellt worden. Er ist aber unbegründet, da ein Löschungsgrund entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht besteht.
Nach § 50 Abs. 1 und 2 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG kann eine eingetragene Marke auf Antrag nur gelöscht werden, wenn ihr im Zeitpunkt der Anmeldung (vgl. BGH, Beschluss vom 18. April 2013 – I ZB 71/12, GRUR 2013, 1143, Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) die nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erforderliche Unterscheidungskraft fehlte und dieses Schutzhindernis auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch fortbesteht.
Vorliegend konnte nicht zuverlässig festgestellt werden, dass der Marke „Langstrumpf“ im Anmeldezeitpunkt im September 2006 die erforderliche Unterscheidungskraft in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen gefehlt hat und heute fehlt.
Dass es sich bei „Langstrumpf“ um einen Personennamen handelt, ist naheliegend und unstreitig; daneben hat der Begriff auch die Bedeutung „langer Strumpf“. Personennamen sind gemäß der ausdrücklichen Regelung in § 3 Abs. 1 MarkenG abstrakt markenfähig und unterliegen in gleicher Weise wie sonstige Wortmarken der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse. Insbesondere ist für eine Eintragung als Marke und den Verbleib im Markenregister erforderlich, dass dem Namen in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt.
Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 – C398/08, Slg. 2010, I535 = GRUR 2010, 228, Rdnr. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; Urteil vom 12. Juli 2012 – C311/11, GRUR Int. 2012, 914, Rdnr 23 – Smart/HABM [WIR MACHEN DAS BESONDERE EINFACH]; BGH, Beschluss vom 13. September 2013 – I ZB 68/11, GRUR 2013, 522, Rdnr. 8 = WRP 2013, 503 – Deutschlands schönste Seiten; Beschluss vom 22. November 2012 – I ZB 72/11, GRUR 2013, 731, Rdnr. 11 = WRP 2013, 909 – Kaleido). Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juni 2010 – I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100, Rdnr. 10 = WRP 2010, 1504 – TOOOR!; Beschluss vom 4. April 2012 – I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143, Rdnr. 7 = WRP 2012, 1396 – Starsat; EuG, Urteil vom 19. September 2001 – T335/09, Slg. 2001, II2581, Rdnr. 44 – Henkel/HABM [Dreidimensionale Tablettenform]).
Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf jede der Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke Schutz beansprucht, gesondert zu beurteilen. Maßgeblich ist die Anschauung des angesprochenen Verkehrs. Dabei ist auf die mutmaßliche Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen (EuGH, Urteil vom 8. Mai 2008 – C304/06, Slg. 2008, I3297 = GRUR 2008, 608, Rdnr. 67 – EUROHYPO; BGH, Beschluss vom 8. März 2012 – I ZB 13/11, BGHZ 193, 21, Rdnr. 9 – Neuschwanstein; BGH, GRUR 2013, 522, Rdnr. 8 – Deutschlands schönste Seiten). Dieser wird die Marke so wahrnehmen, wie sie ihm entgegentritt, ohne sie einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 – I ZB 56/09, GRUR 2012, 270, Rdnr. 12 = WRP 2012, 337 – Link economy).
Da Eigennamen von Hause aus einen individualisierenden Charakter aufweisen, kommt ihnen grundsätzlich die Eignung zu, einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft von Waren und Dienstleistungen zu vermitteln. Personennamen sind zur Frage der Unterscheidungskraft nach denselben Kriterien zu prüfen, wie sonstige Wortmarken, also zum einen im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen, für welche die Marke angemeldet ist, und zum anderen im Hinblick auf die Wahrnehmung der beteiligten Verkehrskreise (EuGH GRUR 2004, 946, 947, Nrn. 25, 26, 34 Nichols). Die mit den verfahrensgegenständlichen Waren- und Dienstleistungsangeboten angesprochenen Verkehrskreise werden „Langstrumpf“ als Namen verstehen.
Ob der Name „Langstrumpf“ auch ohne Zusammenhang mit der Kinderbuchfigur „Pippi Langstrumpf“ vorkommt und in Deutschland von natürlichen Personen geführt wird oder allein ein fiktiver Name ist, ändert nichts daran, dass die Unterscheidungskraft des Zeichens allenfalls beeinträchtigt sein könnte, wenn es gedanklich automatisch um „Pippi“ ergänzt würde. Hierfür gibt es entgegen der Annahme der Beschwerde keine Anzeichen, da der Waren- und Dienstleistungszusammenhang, in dem das angesprochene Publikum dem Zeichen begegnet, keine Assoziationen an „Pippi Langstrumpf“ hervorruft. Die überwiegende Anzahl der beanspruchten Waren und Dienstleistungen (wie wissenschaftliche Kontrollapparate, Verkaufsautomaten, Feuerlöschgeräte, Pinsel, Schreibmaschinen, Sportartikel, Dienstleistungen eines Zeitungsreporters) wecken keine Assoziation zu „Pippi Langstrumpf“, wenn sie mit „Langstrumpf“ gekennzeichnet sind. Die Annahme, Vermessungsinstrumente oder Druckstöcke aus einem Hause Langstrumpf erinnerten an die literarische Figur, der nach Ansicht des Beschwerdeführers und Löschungsantragstellers ein damit beschriebener, bestimmter Charakter eigen sein soll, liegt fern. Insoweit ist den zutreffenden Ausführungen der Markenabteilung beizutreten. Es ist weder für den Anmeldezeitpunkt im Jahr 2006 noch für den Zeitpunkt vorliegender Entscheidung dargelegt, dass das angesprochene Publikum „Langstrumpf“ automatisch mit „Pippi Langstrumpf“ gleichstellt, zumal im Zusammenhang mit technischen Apparaten. Im Löschungsverfahren muss auch bei einem lange zurückliegenden Eintragungsverfahren das Vorliegen eines Schutzhindernisses zum Zeitpunkt der Markenanmeldung zuverlässig festgestellt werden; in Zweifelsfällen darf eine Löschung der Marke nicht erfolgen (vgl BGH, Beschluss vom 6. November 2013 – I ZB 59/12 -smartbook).
Dies gilt aber selbst für für den Medien- und Unterhaltungsbereich, den der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 29. August 2016 unter IV. herausgestellt hat. Auch hier weist „Langstrumpf“ nicht per se auf einen inhaltlichen Zusammenhang mit „Pippi Langstrumpf“ hin, jedenfalls steht auch hier nicht ausreichend sicher fest, dass das Publikum das Zeichen nicht anders verstehen wird, als als Hinweis auf die literarische Figur. Eine markenmäßige Verwendung von „Langstrumpf“ auf Schallplatten, DVDs, Verlagserzeugnissen mag eine blosse Assoziation wecken, eine zwingende Beschreibung oder Inhaltsangabe ergibt sich indessen nicht, wenn eine DVD unter „Langstrumpf“ bestimmte Titel und Inhalte anbietet. Auch fiktive Personennamen sind, ebenso wie sonstige Phantasietitel, selbst für Waren und Dienstleistungen im Medienbereich (BPatG GRUR 2006, 593 – Der kleine Eisbär) grundsätzlich markenschutzfähig, unabhängig davon, ob dem Publikum unter dieser Bezeichnung angebotene Produkte oder Dienstleistungen bekannt sind oder nicht (BPatG GRUR 2008, 522 – Percy Stuart). Fantasietitel sind in der Regel unterscheidungskräftig, selbst wenn sie sich auf den Inhalt des Werkes beziehen, etwa den Namen einer Figur aufgreifen. Allein die Bekanntheit der als Werktitel genutzten Romanfigur begründet kein Freihaltebedürfnis (BeckOK MarkenR/Eichelberger MarkenG § 8 Rn. 317-323 m. w. N.).
Die „Winnetou“-Entscheidungen (BPatGE 42, 250 und BGH GRUR 2003, 342 und EuG T – 501/13), wonach sich die ursprünglich als Phantasiename verstandene Bezeichnung einer Romanfigur von Karl May im Laufe der Zeit zu einem Synonym für einen bestimmten Charaktertyp (den des edlen, rechtschaffenden Indianerhäuptlings) entwickelt habe, weshalb ihm die Eignung zukomme, als Sachhinweis auf Inhalt und Gegenstand medialer Produkte und Dienstleistungen zu dienen und aufgefasst zu werden, geben entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers zu keiner anderen Beurteilung Anlass. Vorliegend wird das Zeichen nämlich für zahlreiche Waren und Dienstleistungen beansprucht, die keinen gedanklichen Inhalt aufweisen. Im Übrigen ist nicht ersichtlich, dass „Langstrumpf“ als Synonym für einen bestimmten charakterlichen Typus verwendet würde, der Name bezeichnet selbst um „Pippi“ ergänzt vielmehr die Phantasiefigur, an die das Publikum denken wird, nicht eine Charakterisierung. Daher begegnet auch im Bereich medialer Zusammenhänge die Unterscheidungskraft des Zeichens keinen Bedenken.
Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.
Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der am Verfahren beteiligten Parteien (§ 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG) besteht nach der Sach- und Rechtslage keine Veranlassung. Auch das Verhalten der Beteiligten gibt keinen Anlass für eine solche Kostenauferlegung. Daher bleibt es bei der für das markenrechtliche Beschwerdeverfahren im Regelfall vorgesehenen gesetzlichen Kostenfolge des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, wonach jeder Beteiligte die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen hat.
Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, weil die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Zusammenhang mit der Markenfähigkeit von Namen berühmter (fiktiver) Figuren erfordert (§ 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).