Entscheidungsdatum: 13.11.2018
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2013 058 281
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2018 durch die Vorsitzende Richterin Klante, die Richterin Werner sowie die Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts, Markenstelle für Klasse 41, vom 21. April 2016 wird aufgehoben, soweit der Widerspruch aus der Unionsmarke 010 744 597 in Bezug auf die nachfolgend genannten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen worden ist:
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Verlagsdruckerzeugnisse; Zeitschriften; alle vorgenannten Waren auch antiquarisch;
Klasse 41: Dienstleistungen eines Verlages [ausgenommen Druckarbeiten]; Veröffentlichung von Zeitschriften, auch in elektronischer Form; Produktion von Rundfunk- und Fernsehsendungen.
Insoweit wird die Löschung der angegriffenen Marke 30 2013 058 281 angeordnet.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde der Widersprechenden zurückgewiesen.
I.
Die am 6. November 2013 angemeldete Wortmarke
Weltenleser
ist am 27. Februar 2014 unter der Nr. 30 2013 058 281 für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 9, 16 und 20 sowie Dienstleistungen der Klassen 35, 41 und 43 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Markenregister eingetragen worden:
Klasse 09: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Bild; Magnetaufzeichnungsträger; Schallplatten; CDs; DVD; andere digitale Aufzeichnungsträger; Hörbücher [auf Magnetaufzeichnungsträger oder digitalem Aufzeichnungsträger gespeichert]; Filme [auf Magnetaufzeichnungsträger oder digitalem Aufzeichnungsträger gespeichert]; Musik [auf Magnetaufzeichnungsträger oder digitalem Aufzeichnungsträger gespeichert]; Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen; Rechenmaschinen; Hardware für die Datenverarbeitung; Computer; Computersoftware; Feuerlöschgeräte; wissenschaftliche Apparate; wissenschaftliche Instrumente; Schifffahrtsapparate und -instrumente; Vermessungsapparate und -instrumente; fotografische Apparate; fotografische Instrumente; Filmapparate und -instrumente; optische Apparate; optische Instrumente; Wägeapparate und -instrumente; Messapparate und -instrumente; Signalapparate und -instrumente; Kontrollapparate und -instrumente; Rettungsapparate und -instrumente; Unterrichtsapparate und –instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten von Elektrizität; Apparate und Instrumente zum Schalten von Elektrizität; Apparate und Instrumente zum Umwandeln von Elektrizität; Apparate und Instrumente zum Speichern von Elektrizität; Apparate und Instrumente zum Regeln von Elektrizität; Apparate und Instrumente zum Kontrollieren von Elektrizität;
Klasse 16: Druckereierzeugnisse; Verlagsdruckerzeugnisse; Bücher; Zeitschriften; alle vorgenannten Waren auch antiquarisch; Papier, Pappe [Karton] und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Klebstoffe für Papier- und Schreibwaren oder für Haushaltszwecke; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen; Büroartikel [ausgenommen Möbel]; Lehr- und Unterrichtsmittel [ausgenommen Apparate]; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, soweit es nicht in anderen Klassen enthalten ist; Drucklettern; Druckstöcke;
Klasse 20: Möbel; Spiegel; Bilderrahmen; alle vorgenannten Waren insbesondere antiquarisch; Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind, aus Holz, Kork, Rohr, Binsen, Weide, Horn, Knochen, Elfenbein, Fischbein, Schildpatt, Bernstein, Perlmutter, Meerschaum und deren Ersatzstoffen oder aus Kunststoffen;
Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen mit Waren der Klassen 1 bis 34, insbesondere mit Büchern und Zeitschriften sowie mit Kunstgegenständen, Möbeln und Antiquitäten; Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten;
Klasse 41: Dienstleistungen eines Verlages [ausgenommen Druckarbeiten]; Veröffentlichung von Zeitschriften, auch in elektronischer Form; Veröffentlichung von Büchern, auch in elektronischer Form; Bücherverleih [Leihbücherei]; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten; Produktion von Rundfunk- und Fernsehsendungen;
Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen; Dienstleistungen zur Beherbergung von Gästen; Betrieb eines Cafes.
Die Veröffentlichung der Eintragung erfolgte am 4. April 2014.
Gegen die Eintragung dieser Marke hat die Inhaberin der am 7. September 2012 eingetragenen Unionswort-/bildmarke
am 1. Juli 2014 Widerspruch erhoben. Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die nachfolgend genannten Waren der Klassen 9, 16 und 28 sowie Dienstleistungen der Klassen 35, 38, 39, 41, 42 und 45:
Klasse 09: Bespielte und unbespielte Ton-, Bild- sowie Datenträger (ausgenommen unbelichtete Filme); Magnetaufzeichnungsträger; Computerprogramme und Software; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten; Rechenmaschinen; Datenverarbeitungsgeräte und Computer; 3-D-Brillen; Geräte für interaktives Fernsehen, Decoder, Karten mit integrierten Schaltkreisen (Smartcards); auf Datenträger aufgezeichnete Computerspiele, nämlich Software; Computerprogramme, insbesondere für Spielzwecke; belichtete Filme; elektronische Publikationen (herunterladbar); herunterladbarer Ton, Bilder und Daten (auch als Dateien); Hardware für die Datenverarbeitung; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger;
Klasse 16: Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitungen, Zeitschriften und Bücher; Buchbinderartikel; Fotografien; Schreibwaren; Lehr- und Unterrichtsmaterial (ausgenommen Apparate); Gutscheinhefte, uncodierte Wertmarken und Wertkarten aus Pappe und/oder Papier, auch mit Kunststoff beschichtet; Büroartikel (ausgenommen Möbel);
Klasse 28: Spiele, Spielzeug; Videospiele; Unterhaltungs- und Spielgeräte; tragbare Spiele mit LCD-Display; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck;
Klasse 35: Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Marketing, Marktforschung; Marktanalyse; Meinungsforschung; Werbung; Absatzplanung; Vermietung von Werbeflächen; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen, auch im Internet; Vermittlung von Verträgen für Dritte über den An- und Verkauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen; Vermittlung von Handelsgeschäften für Dritte, auch im Rahmen von e-commerce; Entgegennahme und verwaltungstechnische Bearbeitung von Bestellungen; Waren- und Dienstleistungspräsentation; Unternehmens- und Organisationsberatung; Zusammenstellung, Pflege und Systematisierung von Daten in Computerdatenbanken; Vermittlung von Werbeverträgen für Dritte; Personal- und Stellenvermittlung; Entwicklung von Werbekonzepten; Werbeforschung; Anzeigenverwaltung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Erteilung von Wirtschaftsauskünften; Verkaufsförderung (Sales Promotion) für Dritte; Verbreitung von Werbeanzeigen; Vermittlung von Abonnement-Verträgen für Dritte über die Ausstrahlung und Verbreitung von Fernsehprogrammen, insbesondere in Form von Pay-TV und Video-on-Demand; Vermittlung von Handels- und Wirtschaftskontakten; Preisermittlung von Waren und Dienstleistungen; Durchführung von Wettbewerben und Gewinnspielen für Werbezwecke; Produktion von Gewinnspiel-, Fernseh-, Rundfunk- und Internetwerbesendungen; Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations); Verbraucherberatung; Werbefilmvermietung; Herausgabe von Werbetexten; Nachforschung in Computerdateien [für Dritte]; Präsentation von Firmen im Internet und anderen Medien; Sponsoring in Form von Werbung; Vermittlung von Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements [für Dritte]; Publikation von Druckereierzeugnissen (auch in elektronischer Form) für Werbezwecke; Organisation und Durchführung von Werbeveranstaltungen; elektronische Datenspeicherung; Werbefilmproduktion;
Klasse 38: Telekommunikation; Bereitstellung von Portalen im Internet; Video- und/oder Audiostreaming (kontinuierliche Echtzeitübertragung von Video- und/oder Audioströmen in Computernetzen); Ausstrahlung und Weitersendung von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, Videotext-, Teletext- und Internetprogrammen oder -sendungen; Telefondienste mittels einer Hotline; Dienste von Presseagenturen; Verschaffen des Zugriffs zu einer Datenbank; Ausstrahlung von Teleshoppingsendungen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Teleshopping-Dienste; Vermietung von Telekommunikation; E-Mail-Dienste; Bereitstellung des Zugriffs auf Computerprogramme in Datennetzen; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet;
Klasse 39: Veranstaltung von Reisen; Veranstaltung und Organisation von Ausflugsfahrten; Reise- und Ticketreservierungen und -buchungen; Beförderungsreservierung, einschließlich Platzreservierung; Transportwesen;
Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Entwicklung, Gestaltung und Produktion von Film-, Fernseh-, Internet- und Rundfunkprogrammen und -sendungen (bildender, unterrichtender und unterhaltender Art sowie von Nachrichtensendungen); Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen (auch in elektronischer Form), insbesondere von Zeitungen, Zeitschriften und Büchern (ausgenommen für Werbezwecke); Bereitstellen von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar; Produktion und Durchführung von Show-, Quiz-, Spiel- Interview-, Theater-, Sport- und Musikveranstaltungen sowie Veranstaltung von Wettbewerben (Erziehung und Unterhaltung); Filmproduktion (ausgenommen Werbefilmproduktion) und Dienstleistungen eines Tonstudios; Fotografieren; Verfassen von Drehbüchern; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Filmvermietung; Dienstleistungen eines Redakteurs; Dienstleistungen eines Zeitungsreporters; Erstellen von Bildreportagen; Verfassen und Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte); Auskünfte über Veranstaltungen (Unterhaltung); Zusammenstellung von Internet-, Fernseh- und Rundfunkprogrammen Fernsehprogrammen und Rundfunkprogrammen; Platzreservierungen für Unterhaltungsveranstaltungen; Verleihung von Preisen für kulturelle, sportliche und Unterhaltungszwecke; Musikproduktion; Coaching;
Klasse 42: Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware und –software; Programmierung elektronischer Internet-, Fernseh- und Rundfunkprogrammführer; Dienstleistungen eines Grafikdesigner; Vermietung von Hardware zur Nutzung der sprachgesteuerten Telefonabfrage; Design von Werbeflächen im Internet; elektronische Datensicherung; Erstellen, Pflege, Vermietung, Wartung und Installation von Software; Serveradministration; Zurverfügungstellung oder Vermietung von elektronischen Speicherplätzen (Webspace) im Internet; Benutzer- und Rechteverwaltung in Computernetzwerken; Bereitstellung von Plattformen im Internet; Recherchen in Datenbanken und im Internet für Wissenschaft und Forschung;
Klasse 45: Vergabe von Lizenzen an gewerblichen Schutz- und Urheberrechten; Verwaltung von gewerblichen Schutz- und Urheberrechten.
Mit Beschluss vom 21. April 2016 hat das Deutsche Patent- und Markenamt, Markenstelle für Klasse 41, den Widerspruch zurückgewiesen, da zwischen den Marken keine Verwechslungsgefahr bestehe.
Zur Begründung ist ausgeführt: Die Widerspruchsmarke verfüge von Haus aus über eine nur äußerst geringe Kennzeichnungskraft. Für den weit überwiegenden Teil der von der Widerspruchsmarke beanspruchten Waren und Dienstleistungen handele es sich bei dem Begriff „WELT“ um eine glatt inhalts- bzw. themenbeschreibende Angabe, da die betreffenden Waren Texte, Bilder/Fotos, Videos etc. das Thema „Welt“ zum Gegenstand haben könnten bzw. die betreffenden Dienstleistungen Informationen zum Thema „Welt“ vermitteln könnten. Für die übrigen Waren und Dienstleistungen, die für die Beurteilung der Warenähnlichkeit mit den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren und Dienstleistungen von Bedeutung seien, weise die Bezeichnung „WELT“ zumindest einen engen beschreibenden Bezug auf. Der hinzugefügten Darstellung einer Weltkugel, die keinerlei besondere Merkmale aufweise (Ozeane in blau, Kontinente und Gradnetz in weiß dargestellt), komme derselbe Begriffsgehalt wie dem Wort „WELT“ zu, so dass die Graphik das beschreibende Wort lediglich illustriere und unterstreiche. Ob und hinsichtlich welcher Waren und Dienstleistungen sich aus den von der Widersprechenden eingereichten Unterlagen eine Steigerung der Kennzeichnungskraft – auf eine allenfalls durchschnittliche Kennzeichnungskraft – ergebe, sei zweifelhaft. Auch bei einem unterstellten durchschnittlichen Schutzumfang der Widerspruchsmarke hinsichtlich sämtlicher Waren und Dienstleistungen halte die angesprochene Marke den gebotenen Abstand selbst im Zusammenhang mit identischen Waren und Dienstleistungen ein.
In ihrer jeweiligen Gesamtheit würden sich die vorliegend zu vergleichenden Marken in jeder Hinsicht – d. h. visuell, klanglich und auch begrifflich – völlig ausreichend voneinander unterscheiden. Die sich gegenüberstehenden Marken würden auch jeweils nicht durch den Bestandteil „Welt“ geprägt. Das Wort „WELT“/„Welt“ könne den Gesamteindruck einer Marke – jedenfalls in Bezug auf die vorliegend in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen – bereits deshalb nicht prägen, weil es für sich gesehen schutzunfähig sei. Eine zur Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit könne grundsätzlich nicht allein im Hinblick auf eine Übereinstimmung in schutzunfähigen Bestandteilen angenommen werden. Zudem werde die angegriffene Marke „Weltenleser“ als Gesamtbegriff aufgefasst, weil dessen Wortbestandteile aufeinander bezogen seien. Dabei stelle der Bestandteil „Leser“ das Hauptwort dar, das durch den Bestandteil „Welten-“ (und nicht etwa „Welt“) lediglich konkretisiert werde, wobei unerheblich sei, dass dem wohl überwiegenden Teil des Verkehrs unklar sein dürfte, was unter einem „Weltenleser“ genau zu verstehen sei.
Es bestehe auch nicht die Gefahr, dass die Vergleichsmarken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht würden. Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sei aus mehreren Gründen zu verneinen. Zum einen sei das Wort „Welt“ für sich gesehen schutzunfähig und vermöge bereits deshalb innerhalb der angegriffenen Marke keine selbstständig kennzeichnende Stellung einzunehmen. Weiterhin sei das Wort „Welt“ als solches in der angegriffenen Marke gar nicht enthalten, sondern allenfalls das Wort „Welten“. Ferner bestehe die angegriffene Marke aus einem Kombinationswort, dessen Elemente zu einem Gesamtbegriff verschmolzen seien. Zudem sei die Widerspruchsmarke nicht vollständig – d. h. einschließlich ihres Bildbestandteils – in die angegriffene Marke übernommen worden. Schließlich liege auch kein von der Rechtsprechung geforderter besonderer Umstand wie beispielsweise die Hinzufügung der Unternehmensbezeichnung oder eines Serienzeichens des Inhabers der jüngeren Marke zu dem (vermeintlich) übernommenen Bestandteil vor. Eine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens sei ebenfalls zu verneinen. Das für sich gesehen von Hause aus schutzunfähige Wort „Welt“ komme von vornherein nicht als geeigneter Stammbestandteil für eine Zeichenserie in Betracht. Zudem sei die angegriffene Marke „Weltenleser“ in völlig anderer Weise gebildet, als die Marken der geltend gemachten Zeichenserie der Widersprechenden, bei der die Bildung der Marken und die Stellung des gemeinsamen Wortes „Welt“ innerhalb der verschiedenen Zeichen und die Art seiner Verbindung mit weiteren Elementen erheblich variieren würden. Schließlich stehe die konkrete gesamtbegriffliche Wortverbindung der angegriffenen Bezeichnung „Weltenleser“ einer gedanklichen Zuordnung zur Widersprechenden entgegen.
Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 27. April 2016 zugestellten Beschluss wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde vom 23. Mai 2016.
Zur Begründung der Beschwerde führt sie aus:
Zwischen den sich gegenüberstehenden Marken bestehe Verwechslungsgefahr i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Bei der „WELT" handele es sich amtsbekannt um eine sehr bekannte deutsche überregionale Tageszeitung der Widersprechenden, die erstmals am 2. April 1946 erschienen sei und seit dieser Zeit immer montags bis samstags erscheine. Der Widerspruchsmarke „WELT“ komme bereits von Hause aus eine zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft zu, die aufgrund ihrer langjährigen und umfangreichen Benutzung im Medien- und Verlagsbereich noch erheblich gesteigert werden können. Aus den hierzu im Widerspruchsverfahren sowie mit der Beschwerdebegründung vorgelegten Nachweisen ergebe sich eine enorm gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sowie des Wortbestandteils „WELT“ insbesondere im Bereich der Druckereierzeugnisse und Verlagsdienstleistungen und den damit verbundene Medien, wie beispielsweise elektronische Publikationen, elektronische Veröffentlichungen usw. Soweit in den vorgelegten Unterlagen die Widerspruchsmarke mit Artikel verwendet werde („DIE WELT“), werde hierdurch der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke nicht verändert, da Artikel dem nachfolgenden Substantiv untergeordnet seien und dieses allenfalls betonten. Auch wenn die herausgegebene Tageszeitung den Titel „DIE WELT“ trage, so werde sie oftmals mit dem Titelschlagwort „WELT“ bezeichnet, wie dies bei Printmedien üblich sei. Die Bekanntheit der Bezeichnung „WELT“ sei daher auf die Widerspruchsmarke übertragbar. Die sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebende Bekanntheit der Marke „WELT“ im Medienbereich strahle auf weitere zugunsten der Widerspruchsmarke geschützten Waren und Dienstleistungen aus, insbesondere auf solche im Bereich der Werbung.
Es stünden sich überwiegend identische Waren und Dienstleistungen gegenüber, im Übrigen sei – außer hinsichtlich der Ware „Feuerlöscher“ auf Seiten der angegriffenen Marke – zumindest eine Ähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen anzunehmen.
Die zu vergleichenden Marken seien aufgrund der identischen Übereinstimmung im kennzeichnenden und dominanten Markenbestandteil „WELT“ verwechselbar ähnlich. Beide Marken würden durch den Bestandteil „WELT“ geprägt. In der Widerspruchsmarke handele es sich um den einzigen Wortbestandteil, dessen Aussagegehalt durch die bildliche Darstellung der Weltkugel lediglich unterstrichen werde. Auch die angegriffene Marke werde durch den Bestandteil „WELT“ geprägt. Auch bei (zusammengesetzten) Einwortmarken komme eine Prägung durch einzelne Elemente in Betracht. Für eine solche spreche vorliegend bereits die große Bekanntheit der Widerspruchsmarke „WELT“. Dadurch, dass die Bezeichnung „WELT“ durch ihre Benutzung eine verstärkte herkunftshinweisende Funktion erhalten habe, werde diese besondere herkunftshinweisende Funktion von den angesprochenen Verkehrskreisen auch dann wahrgenommen, wenn ihnen das Zeichen nicht isoliert, sondern als hinreichend selbstständig wahrnehmbarer Bestandteil eines jüngeren Kombinationszeichen begegne. Der Bestandteil „(en)leser“ sei beschreibend und trete hinter dem sich am besonders beachteten Wortanfang befindlichen dominierenden Bestandteil „Welt“ zurück. Die angegriffene Marke werde von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Gesamtbegriff aufgefasst; selbst wenn dem so wäre, so würde dieser auf den Leser der Zeitung „Welt“ – bzw. im Hinblick auf die verschiedenen Produkte der Beschwerdeführerin wie „WELT“, „Welt am Sonntag“ oder „Welt Kompakt“ der „Welten“ – und somit auf die Beschwerdeführerin hinweisen. Die Übernahme des bekannten Zeitschriftentitels „WELT“ führe demnach klanglich, visuell und begrifflich zu einer hochgradigen Zeichenähnlichkeit. Insbesondere im Hinblick auf die in höchstem Maße gesteigerte Kennzeichnungskraft des Wortbestandteils „Welt“ der Widerspruchsmarke sei eine unmittelbare Verwechslungsgefahr zu bejahen. Zudem bestehe eine mittelbare Verwechslungsgefahr aufgrund der Benutzung des Zeichens „WELT" durch die Widersprechende als Serienzeichen für eine Vielzahl von ähnlich gebildeten Marken („DIE WELT“, „WELT am SONNTAG“, „WELT ONLINE“, „WELT TV“, „WELT Report“, „WELT PREMIERE“, „DIE WELT erklärt“, „WELT Wirtschaftsgipfel", „WELT DIALOG“, „WELT KLASSE“, „Feine Welt“, „WELT EDITION“). Aufgrund des Bezugs des Begriffs „Weltenleser“ zu der Zeitung „WELT“ bzw. den „Weltderivaten“ der Beschwerdeführerin werde das angesprochene Publikum eine Verbindung der Marken annehmen. Angesichts des außerordentlich hohen Kennzeichnungsgrades der Bezeichnung „WELT“ sähen die angesprochenen Verkehrskreise in dieser auch bei einer Verwendung in der zusammengesetzten Kennzeichnung „Weltenleser“ keine Sachangabe, so dass der identisch übernommene Widerspruchsmarkenbestandteil „WELT“ in jedem Fall zumindest eine selbstständig kennzeichnende Stellung in der angegriffenen Marke einnehme.
Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke im Beschwerdeverfahren kurz vor der mündlichen Verhandlung die Einrede der Nichtbenutzung erhoben habe, sei diese wegen Verspätung zurückzuweisen. Für die vorliegend relevanten Waren und Dienstleistungen aus dem Verlagsbereich der Klassen 9 (elektronische Zeitungen), 16 (Druckereierzeugnisse) und 41 (Herausgeber-, Veröffentlichungs- und Verlagsdienstleistungen) sei die Benutzung amtsbekannt.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des DPMA, Markenstelle für Klasse 41, vom 21. April 2016 aufzuheben und wegen des Widerspruchs aus den Unionsmarken 010 744 597 die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass der Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits eine absolute Zeichenunähnlichkeit entgegenstehe. Die sich gegenüberstehenden Zeichen würden sich in visueller, klanglicher und begrifflicher Hinsicht unterscheiden und würden insbesondere jeweils nicht durch das Wort „Welt“ geprägt. In der angegriffenen Marke sei allenfalls ein – im Hinblick auf die gesamtbegriffliche Verschmelzung allerdings unselbstständiger – Bestandteil „Welten“ enthalten, der keinerlei Assoziationen zum Wortbestandteil „WELT“ der Widerspruchsmarke wecke. In diesem Zusammenhang sei auch zu berücksichtigen, dass sich der Bedeutungsgehalt von „Welten“ nicht in der bloßen Mehrzahl des Begriffs „Welt“ erschöpfe, sondern deutlich vielschichtiger sei und je nach Kontext (geographisch, politisch, soziologisch, theologisch, philosophisch, medial) den von der Widerspruchsmarke durch das Wort „Welt“ und die abgebildete Weltkugel dargestellten Sinngehalt des Planeten Erde nicht einmal mehr erfasse. Der Bestandteil „Welt“ nehme in der angegriffenen Marke keine selbstständig kennzeichnende Stellung ein, sondern sei mit den übrigen Markenbestandteilen (dem Wort „Welten-“) zu einer gesamtbegrifflichen und inhaltlich aufeinander bezogenen Einheit verschmolzen.
Der Wortbestandteil „Welt“ der Widerspruchsmarke sei für sich genommen schutzunfähig. Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen könnten eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke nicht belegen. Diese hätten nicht die Widerspruchsmarke, sondern andere Zeichen zum Gegenstand. Eine – im Ergebnis ebenfalls nicht glaubhaft gemachte – Bekanntheit des Zeichens könne nicht auf die Widerspruchsmarke übertragen werden.
Auf die Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit komme es vor diesem Hintergrund nicht im Einzelnen an. Teilweise sei eine absolute Unähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren anzunehmen. Zudem werde die Nutzung der Widerspruchsmarke bestritten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angegriffenen Beschluss, die Schriftsätze der Beteiligten sowie den übrigen Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die zulässige, insbesondere gem. § 66 Abs. 1 MarkenG statthafte und gem. § 66 Abs. 2 MarkenG fristgerecht eingelegte Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Hinsichtlich der im Tenor genannten Waren der Klasse 16 und Dienstleistungen der Klasse 41 der angegriffenen Marke ist der angegriffene Beschluss aufzuheben und gem. § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die Löschung der angegriffenen Marke anzuordnen, weil insoweit eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 MarkenG besteht. Demgegenüber ist die Beschwerde im Übrigen zurückzuweisen, da das Deutsche Patent- und Markenamt den Widerspruch zu Recht gem. § 43 Abs. 2 S. 2 MarkenG mangels Vorliegens einer Verwechslungsgefahr zurückgewiesen hat.
1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH, GRUR 2010, 933, Rn. 32 – BARBARA BECKER; EuGH, GRUR 2010, 1098, Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 19 – BioGourmet; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7, BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der Waren, die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH, GRUR 2008, 343, Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH, GRUR 2012, 1040, Rn. 25 – pjur/pure; BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 7, BSA/DSA DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; siehe auch Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 41 ff m. w. N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u. a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen. Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (BGH, GRUR 2016, 382, Rn. 37 – BioGourmet; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 14 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 45 – Culinaria/Villa Culinaria). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 125 b Nr. 1 MarkenG im oben genannten Umfang anzunehmen.
2. Da es sich vorliegend um ein Verfahren über einen Widerspruch handelt, der nach dem 1. Oktober 2009, aber vor dem 14. Januar 2019 erhoben worden ist, sind für den Widerspruch die Vorschrift des § 42 Absatz 1 und 2 MarkenG und im Falle des Bestreitens der Benutzung der Widerspruchsmarke die Vorschriften der §§ 26, 43 Abs. 1 MarkenG jeweils in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung weiterhin sowie § 43 Abs. 3 und 4 MarkenG in der ab 14. Januar 2019 geltenden Fassung nicht anzuwenden (§ 158 Abs. 3 bis 5 MarkenG).
3. Eine Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit liegt nur für die im Tenor genannten Waren und Dienstleistungen, für welche die angegriffene Marke u. a. eingetragen ist, vor.
a) Beim Waren- und Dienstleistungsvergleich sind, nachdem der Inhaber der jüngeren Marke zulässigerweise die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung nach § 43 Abs. 1 MarkenG a. F. erhoben hat, auf Seiten der Widerspruchsmarke nur die Waren zu berücksichtigen, für welche eine Benutzung glaubhaft gemacht oder gerichtsbekannt ist. Danach sind vorliegend lediglich die Waren und Dienstleistungen „Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitungen …“ in Klasse 16 und die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen (auch in elektronischer Form), insbesondere von Zeitungen … (ausgenommen für Werbezwecke); Bereitstellen von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Verfassen und Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte)“ in Klasse 41 der Beurteilung der Verwechslungsgefahr zugrunde zu legen.
aa) Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kann die mit Schriftsatz vom 29. Oktober 2018, per Fax eingegangen bei Gericht am 30. Oktober 2018, erhobene Nichtbenutzungseinrede nicht nach § 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. §§ 282, 296 ZPO zurückgewiesen werden. Denn die hierfür erforderlichen Voraussetzungen sind schon deshalb nicht gegeben, weil dieser das Bestreiten beinhaltende Schriftsatz innerhalb der vom Senat zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung gesetzten Frist, die erst am 30. Oktober 2018 ablief, eingegangen ist.
bb) Die Nichtbenutzungseinrede ist auch nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG a. F. zulässig. Zwar war die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Eintragung der jüngeren Marke am 4. April 2014 noch nicht fünf Jahre im Markenregister eingetragen. Damit ist aber lediglich die Einrede nach § 43 Abs. 1 S. 1 MarkenG a. F. ausgeschlossen, nicht aber auch diejenige nach § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 7. September 2012 eingetragenen Widerspruchsmarke seit dem 7. September 2017 abgelaufen war und die Einrede nach diesem Zeitpunkt erhoben wurde.
cc) Ihrer somit aufgrund der zulässigen Nichtbenutzungseinrede Pflicht zur Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung nach § 43 Abs. 1 S. 2 MarkenG a. F. i. V. m. § 125 b Nr. 4 MarkenG, Art. 18 UMV für den relevanten Zeitraum der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch, also für die Zeit vom 13. November 2013 bis zum 13. November 2018, ist die Beschwerdeführerin nicht nachgekommen. Ein entsprechender Vortrag liegt nur für einen Teil der eingetragenen Waren und Dienstleistungen vor.
dd) Die Beschwerdeführerin hat Belege, aus denen sich eine Benutzung der Widerspruchsmarke entnehmen ließe, nur im Rahmen ihres Vortrages zur angeblich gesteigerten Kennzeichnungskraft ins Verfahren eingeführt. Diese Unterlagen beziehen sich allerdings lediglich auf Tageszeitungen und die diesbezüglichen Verlagsdienstleistungen (insbesondere die Veröffentlichung und Herausgabe der Zeitungen) als auch für Onlinepublikationen in Form von Nachrichtenseiten im Internet (auf www.welt.de), also u. a. für die Dienstleistung der Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen in elektronischer Form. Insoweit war eine Glaubhaftmachung allerdings auch entbehrlich, weil eine solche Benutzung auch gerichtsbekannt ist. Denn wie in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, ist es dem Senat aus eigener Anschauung bekannt, dass das Zeichen bereits seit Langem, insbesondere innerhalb des hier relevanten Zeitraums von der Beschwerdeführerin für die vorgenannten Waren und Dienstleistungen ernsthaft und funktionsgemäß benutzt worden ist. Diese Benutzung erfolgte auch, wie es für die Widerspruchsmarke als Unionsmarke nach § 125 b Nr. 4 MarkenG i. V. m. Art. 18 Abs. 1 UMV erforderlich ist, im Unionsgebiet, wofür es nicht auf die Grenzen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten ankommt (EuGH, GRUR 2013, 182, 1. Leitsatz – Leno Merken [ONEL/OMEL]). Denn wie dem Senat bekannt ist, werden die vorgenannten Waren und Dienstleistungen nicht nur bundesweit, sondern über die Auslandsausgaben der Zeitung und den aus dem europäischen Ausland abrufbare Internetangeboten darüber hinaus auch in zahlreichen weiteren Mitgliedstaaten der EU angeboten (vgl. hierzu auch Fuhrmann in: BeckOK Markenrecht, 16. Edition Stand: 14.01.2019, Art. 18 UMV Rn. 41 ff.).
ee) Der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke steht nicht entgegen, dass tatsächlich das von der Widerspruchsmarke abweichende Zeichen verwendet wurde. Denn nach Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a UMV liegt eine Benutzung der Unionsmarke auch in einer Form vor, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist. Dabei ist für die Frage, ob der kennzeichnende Charakter einer Marke nicht verändert ist, maßgeblich darauf abzustellen, ob die beteiligten Verkehrskreise bei Berücksichtigung der jeweils branchenüblichen Verwendung von Marken die registrierte und die benutzte Form gerade bei Wahrnehmung der jeweiligen Unterschiede noch als »dieselbe Marke« ansehen (vgl. BGH, GRUR 2010, 729, Rn. 17 – MIXI; Ströbele in: Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl. 2018, § 26 Rn. 159 m. w. N.). Der Beurteilung ist – anders als bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr – nicht ein häufig unsicheres Erinnerungsbild, sondern der direkte Vergleich der eingetragenen und der benutzten Form zugrunde zu legen (Ströbele, a. a. O., § 26 Rn. 163; Bogatz in: BeckOK Markenrecht, 16. Edition Stand: 14.01.2019, § 26 Rn. 148). Unschädlich ist die Hinzufügung von Zusätzen, die zwar in relevanter Beziehung zur Marke stehen, denen die angesprochenen Verkehrskreise aber keine eigene maßgebende kennzeichnende Wirkung neben der Marke beimessen, insbesondere bei der Verbindung der Marke mit erkennbar beschreibenden oder sonst nicht herkunftshinweisenden Zusätzen (Ströbele, a. a. O., § 26 Rn. 180).
Vorliegend wird der kennzeichnende Charakter der Widerspruchsmarke nicht dadurch verändert, dass die benutzte Form in zwei Punkten von der eingetragenen Form abweicht, nämlich durch die Verwendung des Artikels „DIE“ sowie durch die Position der Weltkugel vor statt nach dem Begriff „WELT“. Denn durch den Artikel „DIE“, der in der benutzten Form hinzugefügt wurde, bleibt das vom Publikum als eigentliche Kennzeichnung wahrgenommene Markenwort „WELT“ erhalten, so dass das Publikum in der dem maßgeblichen Substantiv einen Artikel voranstellenden Benutzungsform nach wie vor die Widerspruchsmarke wiedererkennen kann. Denn Artikel werden ohnehin oftmals hinzugedacht oder mitgesprochen, auch wenn sie nicht Bestandteil einer Marke sind (vgl. zum – problematischeren – umgekehrten Fall des Weglassens des Artikels Bogatz in: BeckOK Markenrecht, 16. Edition Stand: 14.01.2019, § 26 Rn. 140; Ströbele, a .a. O., § 26 Rn 207 sowie die Entscheidung BPatG 29 W (pat) 172/84, abrufbar unter juris.de, in der die Benutzung des Zeichens „Der Photo Porst“ in der abgewandelten Form „Photo Porst“ als rechtserhaltend im Sinne von § 5 Abs. 7 WZG angesehen wurde). Auch die abweichende Positionierung der Weltkugel führt zwar zu einer Veränderung „innerhalb“ der Marke in ihrer eingetragenen Form, die aber ebenfalls nicht so stark ist, dass die Benutzungs- und die registrierte Form nicht mehr vom Publikum als das gleiche Zeichen wahrgenommen werden könnten. Hierfür spricht auch, dass die Weltkugel in ihrer graphischen und farblichen Gestaltung unverändert übernommen wurde. Ebenso ist der Schrifttyp des Wortbestandteils in der benutzten Form mit demjenigen in der eingetragenen Form identisch. Es handelt sich daher um eine reine Verschiebung des Bildelements, der auch deswegen keine bedeutsame und den kennzeichnenden Charakter verändernde Bedeutung zukommt, weil dieses Bildelement den Wortbestandteil „WELT“ lediglich illustriert und verstärkt, so dass seiner Positionierung eine nur untergeordnete Rolle zukommt (vgl. auch BGH, GRUR 1999, 995 – HONKA; BPatG, 30 W (pat) 518/16 – Wellcotec-Germany/Wellcomet, abrufbar über juris.de).
Unschädlich für die rechtserhaltende Benutzung ist gem. Art. 18 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a UMV schließlich auch, dass die Benutzungsform für die Beschwerdeführerin auch als eigene Wort-/Bildmarke , nämlich als Unionsmarke 010744548, eingetragen ist.
ff) Infolge der tatsächlichen Benutzung der Widerspruchsmarke für Tageszeitungen und die diesbezüglichen Verlagsdienstleistungen sowie Onlinepublikationen in Form von Nachrichtenseiten im Internet ist zunächst eine Benutzung der im eingetragenen Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke genannten Waren „Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitungen …“ in Klasse 16 sowie der Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen (auch in elektronischer Form), insbesondere von Zeitungen … (ausgenommen für Werbezwecke); Bereitstellen von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Verfassen und Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte)“ in Klasse 41 zu bejahen.
gg) Allerdings umfasst die Benutzung konkreter Waren und Dienstleistungen nach der sogenannten „erweiterten Minimallösung“ (vgl. BGH GRUR 2012, 64 Rn. 10 f. – Maalox/Melox-GRY) eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke auch für solche Waren und Dienstleistungen, die innerhalb des Oberbegriffs, unter den sie fallen, zu einer angemessenen Untergruppe gehören, für welche die Zuerkennung der rechtserhaltenden Benutzung gerechtfertigt erscheint (BGH GRUR 2002, 59, 63) – ISCO; GRUR 2008, 616 Rn. 22 – AKZENTA; a. a. O. – Maalox/Melox-GRY). Daher gilt die Widerspruchsmarke vorliegend zunächst auch als für weitere periodisch erscheinende Publikationen und der diesbezüglichen Dienstleistungen als rechtserhaltend benutzt, nämlich hinsichtlich der Ware „Zeitschriften …“ sowie der Dienstleistung „Veröffentlichung und Herausgabe … von … Zeitschriften …“. Darüber hinaus ist aber wegen des Internetauftritts dieser Periodika, die mittlerweile nicht nur Textbeiträge, sondern auch (Kurz-) Videos und Podcasts (mithin Audiobeiträge) enthalten, eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke auch für die eingetragenen Dienstleistungen „Entwicklung, Gestaltung und Produktion von Film-, Fernseh-, Internet- und Rundfunkprogrammen und -sendungen (bildender, unterrichtender und unterhaltender Art sowie von Nachrichtensendungen)“ im Rahmen der erweiterten Minimallösung zu bejahen, weil die Unterschiede zwischen den herkömmlichen „reinen“ Film-, Fernseh- und Rundfunkprogrammen und den ihnen nahezu ähnlichen Internetprogrammen verschwunden sind, nachdem Filme über Streaming-Angebote wie Netflix oder Amazon Prime angeschaut werden können und die traditionellen Fernseh- und Rundfunkanstalten über sogenannte Mediatheken nahezu ihr gesamtes Sendeprogramm über das Internet über einen längeren Zeitraum unabhängig von der konkreten Sendezeit zur Verfügung stellen.
Soweit die Beschwerdeführerin demgegenüber eine rechtserhaltende Benutzung auch für die eingetragenen Werbedienstleistungen geltend gemacht hat, kann dem allerdings nicht gefolgt werden. Denn der bloße Abdruck der von Dritten geschalteten Werbeanzeigen in Zeitungen und Zeitschriften ist, da er lediglich unter die Waren der Klasse 16 und der entsprechenden Herausgabedienstleistungen in Klasse 41 fällt, nicht zugleich auch Gegenstand einer Werbedienstleistung, deren Gegenstand nicht der Abdruck selbst, sondern allein die Erstellung und Gestaltung der später von Dritten (nämlich den Zeitungen und Zeitschriften) abgedruckten Werbeanzeige ist.
hh) Da sich die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte gesteigerte Kennzeichnungskraft auf die vorgenannten konkreten Waren und Dienstleistungen beschränkt, für die eine Benutzung gerichtsbekannt ist, fehlt es mit Ausnahme der Waren und Dienstleistungen, für welche die Widerspruchsmarke im Rahmen der erweiterten Minimallösung ebenfalls als benutzt gilt, für die übrigen Waren und Dienstleistungen an einer Glaubhaftmachung. Insofern können die weiteren im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis genannten Waren und Dienstleistungen nach § 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht zugrunde gelegt werden, so dass der Widerspruch hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen, für welche die jüngere Marke eingetragen ist und die zu den Waren und Dienstleistungen, für welche die Widerspruchsmarke als benutzt gilt, nicht ähnlich sind, von vornherein unbegründet ist.
b) Den Waren und Dienstleistungen, für die vorstehend die rechtserhaltende Benutzung bejaht wurde (Zeitungen und die diesbezüglichen Verlagsdienstleistungen sowie Onlinepublikationen in Form von Nachrichtenseiten im Internet, sowie „Zeitschriften“ und die Dienstleistung „Veröffentlichung und Herausgabe von … von … Zeitschriften …“) stehen auf Seiten der jüngeren Marke lediglich die identischen Waren der Klasse 16 „Druckereierzeugnisse; Verlagsdruckerzeugnisse; Zeitschriften; alle vorgenannten Waren auch antiquarisch“ und die identischen Dienstleistungen der Klasse 41 „Dienstleistungen eines Verlages [ausgenommen Druckarbeiten]; Veröffentlichung von Zeitschriften, auch in elektronischer Form, Produktion von Rundfunk- und Fernsehsendungen“ gegenüber. Die übrigen Waren und Dienstleistungen, für die die jüngere Marke Schutz genießt, sind demgegenüber mit den vorgenannten Waren und Dienstleistungen, für welche die Widerspruchsmarke als benutzt gilt, weder identisch noch ähnlich.
3. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist in Bezug auf die der Beurteilung der Verwechslungsgefahr allein zugrunde zu legenden benutzten Waren und Dienstleistungen „Druckereierzeugnisse, insbesondere Zeitungen …“ in Klasse 16 und die Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Publikationen (auch in elektronischer Form), insbesondere von Zeitungen … (ausgenommen für Werbezwecke); Bereitstellen von elektronischen Publikationen, nicht herunterladbar; Dienstleistungen eines Verlages (ausgenommen Druckarbeiten); Verfassen und Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte)“ in Klasse 41 aufgrund der gerichtsbekannten intensiven Benutzung zumindest durchschnittlich.
a) Von Haus aus kommt der Widerspruchsmarke allerdings nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu.
aa) Die originäre Kennzeichnungskraft wird bestimmt durch die Eignung der Marke, sich unabhängig von der jeweiligen Benutzungslage als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens bei den beteiligten Verkehrskreisen einzuprägen und die Waren und Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH, GRUR 2010, 228, Rn. 33 – Audi/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH, GRUR 2015, 1127, Rn. 10 – ISET/ISETsolar; BGH, GRUR 2012, 1040, Tz. 29 – pjur/pure). Liegen keine konkreten Anhaltspunkte vor, die für eine hohe oder geringe Kennzeichnungskraft sprechen, ist von normaler oder – was dem entspricht – durchschnittlicher Kennzeichnungskraft auszugehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 283, Rn. 10 – BSA/DAS DEUTSCHE SPORTMANAGEMENTAKADEMIE; BGH, GRUR 2012, 64, Rn. 12 – Maalox/Melox-GRY).
bb) Ausgehend hiervon ist die Widerspruchsmarke originär nur unterdurchschnittlich kennzeichnungskräftig. Denn der Begriff „Welt“, der durch das Bildelement der Weltkugel lediglich illustriert wird, hat für Zeitungen und die dazugehörigen Internetseiten, wenn er nicht gar als unmittelbar beschreibend angesehen wird, zumindest starke beschreibende Anklänge, da hierdurch nur angegeben wird, dass die so gekennzeichneten Nachrichten nur mitteilen, was „in der Welt“ passiert. Dieser beschreibende Anklang erstreckt sich auch auf die mit den Publikationen verbundenen Verlagsdienstleistungen zur Herausgabe derselben. Entsprechendes gilt für Zeitschriften sowie deren Herausgabe und die übrigen Waren und Dienstleistungen, für welche die Widerspruchsmarke als benutzt gilt.
b) Allerdings ist die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke in Bezug auf die benutzten oder als benutzt geltenden Waren und Dienstleistungen aufgrund ihrer intensiven Verwendung ganz erheblich gesteigert, sodass in Bezug auf diese der Beurteilung der Verwechslungsgefahr allein zugrunde zu legenden Waren und Dienstleistungen eine insgesamt zumindest durchschnittliche Kennzeichnungskraft vorliegt.
aa) Für die Bestimmung der Kennzeichnungskraft sind neben den Eigenschaften, die eine Marke von Haus aus besitzt, alle relevanten Umstände zu berücksichtigen, zu denen insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung der Marke, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke und der Teil der beteiligten Verkehrskreise gehören, die die Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. EuGH, GRUR Int 1999, 734, Rn. 23 – Lloyd; BGH, GRUR 2017, 75, Rn. 29 – Wunderbaum II; BGH, GRUR 2013, 833, Rn. 41 – Culinaria/Villa Culinaria). Die Prüfung hat anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalls umfassend zu erfolgen, nicht dagegen anhand genereller und abstrakter Angaben, wie etwa von festen Prozentsätzen der Bekanntheit des Zeichens als Kennzeichnungsmittel bei den beteiligten Verkehrskreisen (BGH, GRUR 2017, 75, Rn. 29 – Wunderbaum II). Diese Voraussetzungen müssen bereits im Anmeldezeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben und bis zum Entscheidungszeitpunkt fortbestehen (BPatG, GRUR 2018, 529, Rn. 28 – KNEIPP). Bei Unionsmarken muss eine Steigerung der Kennzeichnungskraft auch im Inland vorliegen (Hacker in: Ströbele/Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 175 m. w. N.). Allerdings kann die originäre Kennzeichnungskraft einer Marke bei inländischen Verkehrskreisen auch dadurch gesteigert werden, dass die Marke nicht nur im Inland, sondern in zahlreichen weiteren Ländern präsent ist und inländische Verkehrskreise der Marke bei Reisen ins Ausland begegnen (vgl. BGH, GRUR 2017, 75, 2. Leitsatz – Wunderbaum II). Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft durch intensive Benutzung ist von der Widersprechenden darzulegen und glaubhaft zu machen, soweit die Benutzungslage nicht im Einzelfall amts- oder gerichtsbekannt ist (BPatG, GRUR 2018, 529, Rn. 28 – KNEIPP; BPatG, GRUR-RR 2015, 468 – Senkrechte Balken).
bb) Vorliegend hat die Widersprechende diverse Unterlagen zum Nachweis einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke vorgelegt. Diese betreffen die Benutzung der Bezeichnung „DIE WELT“ bzw. „WELT“ für Tageszeitungen und Onlineangebote von Tageszeitungen (Nachrichtenseiten im Internet). Beispielsweise wurde vorgelegt eine Verkehrsumfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach vom Oktober 2015, Belege zu Druckauflagen (tägliche Druckauflagen der Tageszeitung „DIE WELT“ von 240.000 bis 290.000 an den Erscheinungstagen Montag bis Freitag zwischen den Quartalen I/2013 und III/2014 und in demselben Zeitraum Druckauflagen von 218.000 bis 241.000 für die Samstagsausgabe) und Besuchen der seit 1995 bestehenden elektronischen Auflage der Zeitung unter www.welt.de im Zeitraum Mai 2012 bis Mai 2014 (monatlich zwischen ca. 38 Millionen und ca. 50 Millionen Visits).
Unabhängig von den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Belege ist bereits gerichtsbekannt, dass unter der Bezeichnung „Die Welt“ seit vielen Jahrzehnten eine Tageszeitung (sowie unter der Bezeichnung „Welt am Sonntag“ eine Wochenzeitung) vertrieben wird und diese Zeitung über ihren eigenen Onlineauftritt verfügt. Dabei wurde über viele Jahre hinweg bis ins Jahr 2015 die Wort-/ Bildmarke zur Kennzeichnung der Tageszeitung sowie des Onlineauftritts dieser Zeitung verwendet. Diese Benutzung des Zeichens zieht eine gesteigerte Kennzeichnungskraft auch der Widerspruchsmarke nach sich. Insoweit wird auf die Ausführungen zur rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke verwiesen.
cc) Diese Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke besteht des Weiteren bis zum Entscheidungszeitpunkt fort. Dies gilt unabhängig davon, dass die Beschwerdeführerin Ende 2015 ein neues Logo entwickelt hat, und die Tageszeitung seitdem mit der Wort-/Bildmarke kennzeichnet. Denn insbesondere der Wortbestandteil „DIE WELT“ bzw. „WELT“ wird weiterhin benutzt, insbesondere für das Online-Angebot der Tageszeitung.
dd) Die für Tageszeitungen und die diesbezüglichen Verlagsdienstleistungen sowie Onlinepublikationen in Form von Nachrichtenseiten im Internet bestehende Steigerung der originär geringen Kennzeichnungskraft strahlt auch auf die übrigen Waren und Dienstleistungen aus, für welche die Widerspruchsmarke als benutzt gilt. Denn die Steigerung der Kennzeichnungskraft einer Marke ist nicht generell auf den Waren- oder Dienstleistungsbereich beschränkt, in dem die intensive Benutzung stattgefunden hat, sondern kann – in gewissen Grenzen, die hier nicht überschritten sind – darüber hinausreichen und auf eng verwandte Waren und Dienstleistungen ausstrahlen (vgl. BGH, GRUR 2012, 930, Rn. 71 – Bogner B/Barbie B).
4. Angesichts der (vorliegend allein relevanten) identisch beanspruchten Waren und Dienstleistungen und der zumindest normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wäre eine Verwechslungsgefahr nur zu verneinen, wenn die gegenüberstehenden Marken unähnlich oder allenfalls nur sehr entfernt ähnlich wären. Ein solcher geringer Grad der Zeichenähnlichkeit liegt allerdings entgegen der Ansicht des Beschwerdegegners nicht vor. Vielmehr besteht zwischen den Marken ein zumindest unterdurchschnittlicher Grad der Zeichenähnlichkeit, der angesichts der Waren- und Dienstleistungsidentität und der normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bereits zur Bejahung einer Verwechslungsgefahr ausreicht.
a) Eine Markenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr bereits ausreichen kann, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (BGH, GRUR 2015, 1004, Rn. 22 – IPS/ISP; BGH, GRUR 2014, 382, Rn. 25 – REAL-Chips; BGH, GRUR 2011, 824, Rn. 25 f. – Kappa; Hacker in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 12. Aufl. 2018, § 9 Rn. 268 m. w. N.).
b) Beide Marken sind bereits aufgrund ihres jeweiligen Gesamteindrucks zumindest entfernt ähnlich. Es kann daher ebenso dahinstehen, ob sich ein höherer Grad der Zeichenähnlichkeit daraus ergibt, dass die jüngere Marke allein durch den Wortteil „Welt-“ geprägt würde, wie auch der Frage nicht nachgegangen zu werden braucht, ob nicht eine zur mittelbaren Verwechslungsgefahr führende Zeichenähnlichkeit sich daraus ergeben könnte, dass der Wortteil „Welt-“ in der jüngeren Marke eine selbständig kennzeichnende Stellung einnimmt oder sich die angegriffene Marke in eine benutzte Zeichenserie der Beschwerdeführerin einreiht oder eine Verwechslungsgefahr durch gedankliches Inverbindungbringen in Form einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne vorliegt, weil das angesprochenen Publikum in der jüngeren Marke die Widerspruchsmarke „Welt“ erkennt und insoweit von einer Verbindung der hinter diesen Marken stehenden Unternehmen ausgeht.
Allerdings unterscheiden sich beide Marken darin, dass der Begriff „Welt“ in der Widerspruchsmarke im Singular und in der angegriffenen Marke im Plural steht und Letzterer der Zusatz „-leser“ hinzugefügt ist. Aufgrund dieser Unterschiede scheidet zwischen beiden Marken ein engerer Grad der Zeichenähnlichkeit zwar aus. Allerdings sind die Unterschiede auch nicht so gewichtig, dass von einer Unähnlichkeit oder einer allenfalls sehr geringen Zeichenähnlichkeit ausgegangen werden könnte. Dabei ist davon auszugehen, dass der Zeichenteil „Welten“ in der angegriffenen Marke durchaus als ähnlich zum Begriff „Welt“ verstanden wird, da sich beide Begriffe lediglich in der Singular-/Pluralbildung voneinander unterscheiden. Diese Nähe wird weder vom gesamten Markenwort noch durch dessen in der Widerspruchsmarke nicht enthaltenen Zusatz „-leser“ so weit reduziert, dass das Publikum beide Zeichen als unähnlich oder allenfalls nur sehr entfernt ähnlich ansähe. Denn es wird das nicht zum allgemeinen Wortschatz gehörende Markenwort „Weltenleser“ der angegriffenen Marke deutlich als aus den beiden Teilen „Welten“ und „Leser“ zusammengesetzt wahrnehmen, wobei es das so zusammengesetzte Wort nicht als Gesamtbegriff verstehen kann, weil es ihm gegenüber den Einzelbestandteilen keine eigenständige Bedeutung mehr wird beilegen können. Da der Bestandteil „-leser“ zudem für die hier allein in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen aus dem Bereich der Presse stark beschreibend ist, ist dieser zusätzliche Bestandteil nicht geeignet, das Publikum dazu zu veranlassen, die sich gegenüberstehenden Marken bei identischen Waren als grundsätzlich verschieden anzusehen. Eine zumindest unterdurchschnittliche Zeichenähnlichkeit kann daher im Ergebnis nicht verneint werden.
5. Da somit für die identisch beanspruchten Waren und Dienstleistungen angesichts der zumindest normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bereits der unterdurchschnittliche Grad der Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr begründet, ohne dass es weiterer Überlegungen bedürfte, ob der Grad der Zeichenähnlichkeit durch andere Umstände weiter gesteigert wäre, war der den Widerspruch zurückweisende Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes aufzuheben und für die identisch beanspruchten Waren und Dienstleistungen die teilweise Löschung der jüngeren Marke anzuordnen. In Bezug auf die übrigen Waren und Dienstleistungen, für welche die angegriffene Marke ebenfalls eingetragen ist, war demgegenüber schon infolge der nicht glaubhaft gemachten Benutzung von ihnen ähnlichen Waren oder Dienstleistungen auf Seiten der Widerspruchsmarke die Beschwerde gegen den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes zurückzuweisen, da insoweit der Widerspruch zu Recht zurückgewiesen wurde, weil es in Bezug auf diese unähnlichen Waren und Dienstleistungen an einer den Widerspruch rechtfertigenden Verwechslungsgefahr zwischen beiden Zeichen mangelt.
6. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 S. 2 MarkenG, da Billigkeitsgründe für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen wurden noch sonst ersichtlich sind. Auch für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 83 MarkenG sind Gründe weder geltend gemacht noch erkennbar.