Entscheidungsdatum: 29.06.2010
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 303 12 036
hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juni 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
I.
Die Widersprechende hat gegen die am 12. September 2003 veröffentlichte Eintragung der am 5. März 2003 angemeldeten, für
bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Maus-Matten; Brillen und Sonnenbrillen sowie Brillenetuis; Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Papierhandtücher, Papierservietten, Filterpapier, Papiertaschentücher, Papierschmuck, Briefpapier, Toilettenpapier, Papierwindeln, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten und Einwickelpapier; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Fotomappen, Bücher, Kalender, Plakate (Poster), auch in Buchform, Transparente, nicht-codierte Telefonkarten, Eintrittskarten, Teilnahmekarten, Einladungskarten, Postkarten, auch in Form von Adhäsionspostkarten, nicht codierte Ausweise; Schreibwaren einschließlich Schreib- und Zeichengeräte, Büroartikel, nämlich Stempel, Stempelkissen, Stempelfarbe, Brieföffner, Papiermesser, Briefkörbe, Aktenordner, Schreibunterlagen, Locher, Hefter, Büro- und Heftklammern, Aufkleber (auch selbstklebende); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Globen, Wandtafeln und Wandtafelzeichengeräten; Verpackungsmaterial aus Kunststoff, nämlich Hüllen, Beutel, Taschen, Folien (letztere auch selbstklebend und für Dekorationszwecke); Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer; Sammeln und Liefern von Nachrichten; Unterhaltung durch Hörfunk- und Fernsehsendungen/-programme; Film-, Ton-, Video- und Fernsehproduktion, Musikdarbietungen; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Durchführung von Konzert-, Theater- und Unterhaltungsveranstaltungen, von Konferenzen, Tagungen, Seminaren, Lehrgängen, Symposien, Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke und Vorträgen; Veranstaltung von Sportwettbewerben
geschützten Marke Nr. 303 12 036
Sherlock
Widerspruch eingelegt aus ihrer am 18. Mai 1998 angemeldeten und seit 15. Oktober 1998 für
Datenverarbeitungsgeräte und -apparate, insbesondere Datenerfassungsgeräte und -apparate; Software; Computer sowie hieraus ganz oder im wesentlichen bestehende Anlagen; Computer-Ausgabegeräte, insbesondere Drucker, Schreiber, Plotter, Mikrofilmerstellungsgeräte und -apparate (COM), Stanz- und Prägegeräte, Graviergeräte, Terminals, Bildschirme, sonstige Sicht- und Fühlgeräte; Belegleseapparate und -geräte; aktive und passive Gerätebauteile zur Netzwerkverkabelung, zur Anbindung von Anlagen an interne und externe Netzwerke, an Großrechenanlagen sowie an öffentliche oder private Datennetze; Apparate und Geräte zur Datenfernübertragung sowie hieraus ganz oder im wesentlichen bestehende Anlagen; Datenspeicher, nämlich Disketten, Magnetfestplatten und Magnetbänder, Magnetblasenspeicher, Festkörperspeicher, Bandlaufwerke, optisch und/oder mechanisch kodierte Speicherplatten und Speicherbandsysteme; Bildschirmtextgeräte und- apparate sowie hieraus ganz oder im wesentlichen bestehende Anlagen; elektrotechnische und elektronische Apparate und Geräte (soweit in Klasse 9 enthalten); Teile von Datenverarbeitungsanlagen und -geräten, insbesondere von Datenerfassungs-, Datenverarbeitungs- und Datenausgabeanlagen und -geräten; Geräte und Apparate zur Sprachein- und -ausgabe sowie zur Stimmerkennung; Geräte und Apparate zur Klarschrifterkennung; Apparate und Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Druckereierzeugnisse; Programmdokumentationen; Bedienungs- und Benutzeranleitungen; Handbücher sowie anderes schriftliches Begleitmaterial für Programme; Schreibwaren; Fotografien; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen, Spielen, Modellen, Wandtafeln, Zeichen- und Darstellungsgeräten; Telekommunikation; Bildschirmtextdienst; Internet-Dienstleistungen (soweit in Klasse 38 enthalten); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Entwickeln und Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Entwicklung und Konzeption von EDV-Anlagen sowie von elektrotechnischen und/oder elektronischen Bauteilen für Dritte; technische Beratung und gutachterliche Tätigkeit im EDV-Bereich; Erarbeitung von Systemanalysen; Betrieb einer Datenbank; Dienstleistungen eines Designers; Erstellen von technischen Gutachten; Einrichtung komplexer Datennetze (soweit in Klasse 42 enthalten); Datenverarbeitung für andere; Vermietung von Computeranlagen; Vermietung von Daten auf Datenträgern
eingetragenen Marke Nr. 398 27 879
Sharelook .
Das Deutsche Patent- und Markenamt hat mit Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 vom 4. April 2008 die Löschung der angegriffenen Marke für „ Sammeln und Liefern von Nachrichten; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind “ angeordnet und im Übrigen den Widerspruch zurückgewiesen, weil auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin die Widersprechende eine Benutzung ihrer Marke für Dienstleistungen, welche im Ähnlichkeitsbereich der zu löschenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke liegen, hinreichend glaubhaft gemacht habe, und beide Marken zumindest klanglich verwechselbar seien, so dass im Bereich der ähnlichen beanspruchten Dienstleistungen angesichts durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr bestehe, während sie im Übrigen zu verneinen sei.
Die hiergegen gerichteten Erinnerungen beider Beteiligter hat das Deutsche Patent- und Markenamt mit Beschluss vom 8. September 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Benutzung für „Sammeln und Liefern von Nachrichten“ sei ausreichend glaubhaft gemacht, so dass in Bezug auf die zu löschenden Dienstleistungen der angegriffenen Marke identische Dienstleistungen vorlägen. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte sei von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen. Klanglich unterschieden sich die Marken lediglich bei dem Vokal „o“ in der letzten Silbe, der in der Widerspruchsmarke doppelt vorhanden sei und damit wie ein „u“ ausgesprochen werde; dieser minimale Unterschied könne aber leicht überhört werden und sei kaum vernehmbar, so dass klangliche Verwechslungen zu befürchten seien. Da dies bereits für die Bejahung der Verwechslungsgefahr ausreiche, komme es auf das Vorliegen einer schriftbildlichen oder sonstigen Art der Verwechslungsgefahr nicht an. Auch die Erinnerung der Widersprechenden bleibe ohne Erfolg, weil die übrigen beanspruchten Waren und Dienstleistungen der angegriffenen Marke so weit voneinander entfernt lägen, dass Verwechslungen auszuschließen seien.
Mit seiner hiergegen gerichteten Beschwerde macht die Widersprechende geltend, die Widerspruchsmarke sei nicht nur durchschnittlich kennzeichnungskräftig, sondern ihre Kennzeichnungskraft sei infolge der nachgewiesenen Benutzung sogar gesteigert. Die Marken seien klanglich hochgradig ähnlich, wenn nicht gar identisch. Es bestehe aber auch in schriftbildlicher Hinsicht eine hochgradige Ähnlichkeit; hierfür spreche bereits die klangliche Ähnlichkeit, weil sie das Erinnerungsbild eines Wortes mitpräge. Auch sei eine begriffliche Ähnlichkeit anzunehmen, da die Figur des Sherlock Holmes nicht allen Verbrauchern bekannt sei; selbst denjenigen, welche die Figur bekannt sei, würden aufgrund der nur marginalen Abweichung der Schreibweise beiden Marken denselben Sinngehalt zuordnen. Selbst wenn man eine schriftbildliche oder semantische Ähnlichkeit verneinen würde, könne auf die sog. Neutralisierungstheorie nicht abgestellt werden; sofern der Neutralisierungstheorie des Europäischen Gerichtshofs gefolgt würde, stünde dies in Widerspruch zur Entscheidung des 24. Senats (GRUR 2010, 78 - XXero/ Zero), so dass in diesem Fall die Rechtsbeschwerde zuzulassen sei. Die für die Widerspruchsmarke benutzten Dienstleistungen, welche auch Software und Vermietung von Daten auf Datenträgern umfassten, seien auch mit den beanspruchten Waren „ bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild und/oder Daten; codierte Telefonkarten; codierte Ausweise; Druckereierzeugnisse “ der angegriffenen Marke hochgradig ähnlich. Darüber hinaus werde die Widerspruchsmarke für diverse Internet-Dienstleistungen benutzt, so dass eine Ähnlichkeit zu den Dienstleistungen „ Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer “ der angegriffenen Marke bestehe. Enge Ähnlichkeit sei auch zu den Dienstleistungen „ Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind “ gegeben.
Nachdem sie in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2010 ihren Widerspruch im Beschwerdeverfahren auf die Dienstleistungen „ Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer “ beschränkt hat, beantragt die Widersprechende nunmehr,
den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 4. April 2008 aufzuheben und die Marke Nr. 303 12 036 auch für die Dienstleistungen „ Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer“ zu löschen.
Die Markeninhaberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Ihrer Ansicht nach liegt keine schriftbildliche Ähnlichkeit vor. Hiergegen spreche bereits, dass die Widerspruchsmarke vier Vokale habe, die angegriffene Marke hingegen nur zwei. Der Vorname des berühmten Detektivs Sherlock Holmes in der angegriffenen Marke falle dabei ohne Weiteres auf, während die Widerspruchsmarke an den in Computerkreisen bekannten Begriff „Shareware“ erinnere. Die Marken seien auch keinesfalls in ihrem Sinngehalt ähnlich; selbst wer Sherlock Holmes nicht kenne, könne den Unterschied zwischen „lock“ (= zugeschlossen) und „look“ erfassen. Gegen die Markenähnlichkeit spreche auch die Neutralisierungstheorie, die anzuwenden sei. Für eine Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke habe die Widersprechende keine Nachweise vorgelegt.
In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten im Übrigen ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft. Die Widersprechende hat hierbei die Zulassung der Rechtsbeschwerde angeregt.
II.
A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch mangels Gefahr von Verwechslungen der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG hinsichtlich der im Beschwerdeverfahren über die bereits mit Erstbeschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. April 2008 gelöschten Dienstleistungen hinaus nach Beschränkung des Widerspruchs allein noch angegriffenen Dienstleistungen „ Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer“ zurückgewiesen.
1. Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach den vorgenannten Vorschriften zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein geringerer Grad einer Komponente durch den größeren Grad einer anderen Komponente ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; vgl. EuGH GRUR 1998, 922, 923 [Rz. 16 f.] - Canon; MarkenR 1999, 236, 239 [Rz. 19] - Lloyd/Loints; BGH GRUR 1999, 241, 243 - Lions). Der Schutz der älteren Marke ist dabei aber auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2003, 55, 57 f. [Rz. 51] - Arsenal Football Club plc; GRUR 2005, 153, 155 [Rz. 59] - Anheuser-Busch/Budvar; GRUR 2007, 318, 319 [Rz. 21] - Adam Opel/Autec).
2. Nach diesen Grundsätzen ist ungeachtet der Frage einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke der Grad der Dienstleistungs- und Markenähnlichkeit zu gering, um bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Verwechslungsgefahr zu begründen.
a) Nachdem die Markeninhaberin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zulässig bestritten hat, können bei der Beurteilung der Dienstleistungsähnlichkeit auf Seiten der Widerspruchsmarke nur solche im Register eingetragene Dienstleistungen berücksichtigt werden, für welche die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Widerspruchsmarke glaubhaft gemacht hat (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG). Wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat und was auch die Widersprechende nicht bestreitet, kommt nach ihren Benutzungsunterlagen allenfalls eine rechtserhaltende Benutzung für die eingetragenen Dienstleistungen „ Internet-Dienstleistungen (soweit in Klasse 38 enthalten); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Betrieb einer Datenbank; Datenverarbeitung für andere; Vermietung von Computeranlagen; Vermietung von Daten auf Datenträgern “ in Betracht. Zwar ist zweifelhaft, ob die Benutzungsunterlagen eine ausreichende Grundlage für die erforderliche Glaubhaftmachung nicht nur der Art, sondern auch des Umfangs der Benutzung im (allein entscheidenden) Inland bieten, weil sie Angaben zu den mit dem von der Widersprechenden unter der Widerspruchsmarke betriebenen Internetportal und Webverzeichnis erzielten Jahresumsätzen nicht enthalten und die allein mitgeteilten Zahlen des Aufrufs der entsprechenden Webseite durch Internetnutzer angesichts der weltweiten Präsenz des Internets einen hinreichenden Schluss auf eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im Inland nicht zwingend erlauben. Dies bedarf indessen keiner Vertiefung, weil selbst unter Zugrundelegung einer hinreichenden Benutzung der Widerspruchsmarke für die oben genannten eingetragenen Dienstleistungen eine Dienstleistungsähnlichkeit im Hinblick auf die im Beschwerdeverfahren noch angegriffenen weiteren Dienstleistungen der angegriffenen Marke nicht vorliegt.
Die Dienstleistungen „ Internet-Dienstleistungen (soweit in Klasse 38 enthalten); Sammeln und Liefern von Nachrichten; Betrieb einer Datenbank; Datenverarbeitung für andere; Vermietung von Computeranlagen; Vermietung von Daten auf Datenträgern“ im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Widerspruchsmarke und allenfalls zu den Dienstleistungen „ Sammeln und Liefern von Nachrichten; Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind “ im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der angegriffenen Marke ähnlich, für welche die Markenstelle aber bereits im - mangels Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke gegen die Zurückweisung ihrer Erinnerung im Erinnerungsbeschluss insoweit rechtskräftigen - Erstbeschluss die Löschung angeordnet hatte. Demgegenüber weisen die im Beschwerdeverfahren noch angegriffenen Dienstleistungen „ Verbreitung, Verteilung und Weiterleitungen von Fernseh-, Hörfunk-, Telekommunikations- und Informationssignalen über kabelfreie und/oder kabelgebundene digitale und analoge Netze auch im Online- und Offline-Betrieb in Form von interaktiven elektronischen Mediendiensten sowie mittels Computer“ zu den (unterstellten) benutzten Dienstleistungen der Widerspruchsmarke keine Ähnlichkeit auf, weil letztere nicht für Fernseh- und Hörfunksignale benutzt wird und die Übertragung von Telekommunikations- und Informationssignalen sich nur auf die telekommunikationstechnische Abwicklung, nicht aber auf die hiermit verbundenen übertragenen Inhalte, die nur im Rahmen der vorgenannten Dienstleistungen der Klasse 41 erbracht werden, bezieht; die technische Abwicklung der Übertragung von Fernseh- und Hörfunksignalen wird, auch soweit diese über Computer empfangbar sind, aber nicht durch den Anbieter von Internetportalen, sondern nur den sog. Provider (also das die Signale übertragende Telekommunikationsunternehmen) erbracht, wozu die Widersprechende nach ihren Unterlagen die Widerspruchsmarke aber nicht benutzt. Schon aus diesem Grund ist die Beschwerde der Widersprechenden daher selbst bei unterstellter rechtserhaltender Benutzung ungeachtet der Frage der Markenähnlichkeit und des Grades der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke unbegründet.
b) Darüber hinaus liegt keine hinreichende Markenähnlichkeit vor.
aa) Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist dabei als durchschnittlich zu unterstellen, da sogar auf dieser Grundlage eine Verwechslungsgefahr ausscheidet. Ob der Kennzeichnungsgrad der Widerspruchsmarke von Haus aus unterdurchschnittlich ist, weil das Publikum, dem wegen der Verbreitung der englischen Sprache auf dem hier maßgebenden Internet-Sektor englische Grundbegriffe geläufig sind, die Widerspruchsmarke als aus den Begriffen des englischen Grundwortschatzes „share“ und „look“ zusammengesetzt erkennt und im Zusammenhang mit den benutzten Internet- und Datenbank-Dienstleistungen damit ohne Mühe im Sinne „geteilter Blick“ versteht (so http://de.wikipedia.org/wiki/Sharelook) so dass es ihm einen Sachhinweis auf die beanspruchten Dienstleistungen, welche dem Einblick in vorhandene Internetdaten dienen, entnimmt, kann somit dahinstehen, auch wenn hierfür Einiges sprechen mag. Umgekehrt fehlen Anhaltspunkte für jegliche Steigerung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke; hiergegen sprechen auch bereits die Zweifel hinsichtlich einer ausreichenden Glaubhaftmachung für den Umfang der rechtserhaltenen Benutzung.
bb) Selbst auf der Grundlage durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke scheidet aber eine Markenähnlichkeit aus.
Zwar mögen die klanglichen Unterschiede zwischen beiden Marken gering sein, wobei bei zutreffender Aussprache beider Marken - von der angesichts des nach der allein maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs der Beurteilung zugrundezulegenden durchschnittlich aufmerksamen und informierten Verbrauchers auszugehen ist - keine Klangidentität, sondern allenfalls eine hochgradige Klangnähe vorliegt. Die bloße klangliche Ähnlichkeit begründet aber nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht notwendig die Annahme einer Verwechslungsgefahr (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 414 [Rn. 21 f.] - SIR/Zirh), sondern kann nur im Einzelfall ausreichen (vgl. EuGH a. a. O. [Rn. 21] - SIR/Zirh; BGH GRUR 1959, 182, 185 - Quick; GRUR 1979, 853, 854 - LILA; GRUR 1990, 367, 368 - alpi/Alba Moda; GRUR 1992, 110, 112 - dipa/dib; GRUR 1992, 550, 551 - ac-pharma; GRUR 1999, 241, 243 - Lions), sofern ihr bei der Markenwiedergabe eine hinreichende Bedeutung beim Vertrieb der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen zukommt (vgl. EuGH GRUR 2006, 413, 415 [Rn. 28] - SIR/Zirh). Dies ist bei den hier in Rede stehenden Dienstleistungen aber zu verneinen, weil im Internet wiedergegebene Marken vorrangig optisch - nämlich am Computer - wahrgenommen werden und die klangliche Wiedergabe der Marken - etwa in Form von Empfehlungen - eine untergeordnete, kaum messbare Rolle spielt. Insofern kann angesichts der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke selbst im Bereich (unterstellter) Dienstleistungsähnlichkeit oder gar -identität eine Verwechslungsgefahr nicht allein auf die Klangnähe der beiden Marken gestützt werden.
Soweit die Widersprechende darüber hinaus auch eine die Verwechslungsgefahr begründende visuelle Ähnlichkeit beider Marken geltend macht, kann dem nicht gefolgt werden. Tatsächlich unterscheiden sich beide Marken in visueller Hinsicht durch die abweichende Vokalfolge und -anzahl. Darüber hinaus wird der optische Eindruck der Widerspruchsmarke maßgeblich durch die Häufigkeit ihrer Vokale geprägt, während das Schriftbild der angegriffenen Marke von den Konsonanten bestimmt wird. Für die Annahme der Widersprechenden, bei bestehender Klangnähe sei auch eine optische Ähnlichkeit zu bejahen, fehlt es demgegenüber an jeglicher Grundlage. Zwar kann das in der Erinnerung behaltene Klangbild die schriftbildliche Wahrnehmung beeinflussen, zwingend ist dies aber entgegen der Auffassung der Widersprechenden nicht, weil ein aufmerksamer und aufgeschlossener Leser der beiden Marken in gleicher Weise auch anhand der wahrgenommenen optischen Abweichungen die (oben genannten, tatsächlich vorhandenen) Klangunterschiede erkennen kann.
Ungeachtet einer möglichen visuellen Ähnlichkeit wird eine Verwechslungsgefahr aber vorliegend erkennbar durch den semantisch deutlichen Unterschied zwischen beiden Marken neutralisiert (vgl. EuGH a. a. O.,S. 415 [Rn. 35] - SIR/Zirh). Selbst wenn die Widerspruchsmarke als Fantasiebegriff aufgefasst würde, ist der Vorname des weltweit bekanntesten Helden von Kriminalromanen bei nahezu allen Bevölkerungskreisen bekannt und geläufig (vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Sherlock_Holmes). Soweit die Widersprechende dies bestritten hat, hat sie hierfür keine tatsächlichen Grundlagen dargetan, welche geeignet wären, die Offenkundigkeit (§ 82 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 291 ZPO) der Bekanntheit dieses Namens in Frage zu stellen. Soweit die Widersprechende eine Anwendung der Neutralisierungstheorie des Europäischen Gerichtshofs mit Blick auf die Entscheidung des 24. Senats des Bundespatentgerichts (GRUR 2010, 78 - „XXero/Zero“) bezweifelt hat, vermag der Senat dem ebenfalls nicht zu folgen. Da § 9 MarkenG auf Art. 4 der Markenrechtsrichtlinie beruht, ist allein der Europäische Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts für die Auslegung des Begriffs der Verwechslungsgefahr der gesetzliche Richter (Art. 101 GG i. V. m. 234 EGV), so dass an dessen Rechtsprechung alle deutschen Gerichte einschließlich der höchstrichterlichen Instanzen gebunden sind. Diese Bindungswirkung kann nicht, wie vom 24. Senat ausgeführt, mit der Berufung auf eine nationale Rechtsprechungstradition beseitigt werden; eine solche Sicht ist vielmehr europarechts- und verfassungswidrig. Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der sog. Neutralisierungstheorie um einen auf nationale Sachverhalte nicht anwendbaren Sonderfall handeln sollte (so Hacker, Markenrecht, 2007, Rn. 409), können der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht entnommen werden; sie könnten im Übrigen ohnehin nur Grundlage einer erneuten Vorabentscheidungsvorlage an den Europäischen Gerichtshof sein, nicht aber für eine europa- und verfassungsrechtlich untersagte Nichtberücksichtigung seiner Rechtsprechung.
Damit liegt insgesamt eine allenfalls sehr entfernte Markenähnlichkeit vor, die selbst bei unterstellter normaler, erst recht bei der gegebenen unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auch im unterstellten hochgradig ähnlicher Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr begründen könnte.
3. Da somit für die im Beschwerdeverfahren noch streitigen Dienstleistungen der jüngeren Marke im Ergebnis eine Verwechslungsgefahr nicht festgestellt werden kann und die Markenstelle den Widerspruch insoweit zu Recht zurückgewiesen hat, war der Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg zu versagen.
B. Da Gründe für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich sind, hat es dabei zu verbleiben, dass beide Beteiligte ihre jeweiligen außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG).
C. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Vielmehr war allein darüber zu befinden, ob im konkreten Einzelfall auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung die tatsächlichen Voraussetzungen für das Bestehen einer rechtserheblichen Verwechslungsgefahr zwischen den konkreten Marken vorlagen. Da die Berücksichtigung der Neutralisierungstheorie des Europäischen Gerichtshofs wegen der bereits nicht bestehenden Dienstleistungsähnlichkeit nicht entscheidungserheblich war, kam auch aus diesem Gesichtspunkt trotz der von der Widersprechenden genannten anderslautenden Entscheidung des 24. Senats die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht in Betracht; darüber hinaus wäre sie auch bei Entscheidungserheblichkeit nicht möglich gewesen, weil die Geltung der Neutralisierungstheorie für nationale Sachverhalte der Beurteilung des Bundesgerichtshofs nach Art. 234 EGV, Art. 101 GG entzogen ist; vielmehr kann sie nur im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens durch den Europäischen Gerichtshof selbst einer für alle Gerichte bindenden Entscheidung zugeführt werden.