Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 29.10.2018


BPatG 29.10.2018 - 26 W (pat) 4/15

Markenbeschwerdeverfahren – "Primesingles" – fehlende Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
29.10.2018
Aktenzeichen:
26 W (pat) 4/15
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2018:291018B26Wpat4.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2014 048 608.3

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 29. Oktober 2018 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Kortge sowie der Richter Jacobi und Schödel

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

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Das Wortzeichen

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Primesingles

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ist am 30. Mai 2014 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register angemeldet worden für folgende Dienstleistungen der

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Klasse 38: Telekommunikation; Bereitstellung eines Datenbankzugangs im Internet zum Zweck des Aufbaus, der Entwicklung und der Unterhaltung von Kontakt-Netzwerken im privaten Bereich; Internetdienste, nämlich Bereitstellen des Zugriffs auf Informationen über das Medium Internet; Bereitstellen des Zugriffs auf Interaktivitätsmodule im Internet, nämlich von Portalen, Plattformen, Chatlines, Chatrooms und Foren; Bereitstellung von Internetplattformen für Echtzeit-Interaktion mit anderen Computerbenutzern in Bezug auf Themen von allgemeinem Interesse und zum Durchführen von Spielen; Telekommunikationsdienste eines Internetcafes; Bereitstellen des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken; elektronische Dokumenten- und Datenübermittlung im Internet; Weiterleiten (Routing) von Ton, Bild, Grafiken oder Daten in Netzwerken; Sprach- und Datendienstleistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, im Wesentlichen Multimediadienste, nämlich Telefondienste, Faxdienste, elektronisches Mailing, Auftragsdienste, elektronische Übermittlung von Informationen wie Text und grafische Darstellung zur Wiedergabe auf Bildschirm, von Bildern und von Informationen bei Fernanzeigen und Ferneinstellen sowie Einspeisen von Audio- und Videodaten in Kommunikationsnetze; Sammeln und Liefern von Nachrichten im Internet (Presseagentur); Vermietung von Telekommunikationshardware für Mailserver, Webserver; Konnektierung von Internetdomains und E-Mail-Adressen in Computernetzen; Einstellung von Webseiten ins Internet für Dritte; Datenkommunikation mittels Funk, Telekommunikation und Satellit; Bereitstellung des Zugangs zu einem globalen Computernetz zum Herunterladen von Computersoftware, Computerprogrammen und Informationen; E-Mail-Dienste; Bereitstellung von Mailbox-Diensten; Dienstleistungen eines Onlineanbieters, nämlich Bereitstellung des Zugriffs auf und elektronische Übermittlung von Informationen, Texten und Zeichnungen und Bildern über Waren und Dienstleistungen; Bereitstellung des Zugriffs auf und elektronische Übermittlung von Informationen und Nachrichten aller Art in Bild und Ton im Internet; Mobiltelefondienste, einschließlich Übermittlung von Text- und Sprachnachrichten und Bereitstellung des Zugangs zu herunterladbaren Videos, Spielen, Klingeltönen, Dateien, Programmen (Logos, Screensaver) und Musik via Internet; Bereitstellung von Internet-Plattformen für Echtzeit-Interaktion mit anderen Computerbenutzern in Bezug auf Themen von allgemeinem Interesse und zum Durchführen von Spielen;

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Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Unterhaltungsdienstleistungen; Bereitstellung von Informationen im Bereich Unterhaltung, Musik und Bildung über ein weitweites Computernetz; Bereitstellung von nicht herunterladbaren Klingeltönen, Videos, Spielen und Musik über ein drahtloses Netz für Mobiltelefone soweit in Klasse 41 enthalten; Produktion und Durchführung von Unterhaltungsprogrammen; Organisation und Durchführung von kulturellen und gesellschaftlichen Veranstaltungen (Unterhaltung), einschließlich der Herausgabe von Texten (ausgenommen Werbetexte);

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Klasse 45: Partnervermittlung einschließlich Online- und Offlinedating, Betrieb einer Singleagentur und Partnerschaftsvermittlungsagentur, nämlich Vermittlung von Bekanntschaften und Partnerschaften, vorgenannte Dienstleistungen insbesondere über das Internet; Partnerschaftsberatung, auch in Form der Durchführung von Partnerschaftsanalysen und Persönlichkeitstests, auch über Internet, in Form von Erstellung von Persönlichkeitsprofilen sowie durch persönliche Beratung von Alleinstehenden in diesen Fragen und Beratung in Bezug auf die Anbahnung von privaten Partnerschaften und von Ehen; Vermittlung von Treffen zwischen unbekannten Personen für den Freizeitbereich; Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen; Erstellung von Horoskopen.

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Mit Beschluss vom 21. November 2014 hat die Markenstelle für Klasse 38 die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft gemäß § 37 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das englische Wort „prime“ bedeute u. a. „erstklassig, vorzüglich, beste Qualität“ und sei im Inland wegen der fast identischen deutschen Begriffe „prima“ oder „primär“ mit ähnlichem Sinngehalt weitgehend bekannt. Zudem werde „prime“ als vorangestellter Bestandteil in Wortkombinationen wie „prime time“ regelmäßig als Qualitätshinweis verwendet. Das Wort „singles“ bezeichne Personen, die ohne Partner lebten. In seiner Gesamtheit werde das Anmeldezeichen daher als „erstklassige Singles“ verstanden. Aus Sicht der im Wesentlichen angesprochenen allgemeinen Durchschnittsverbraucher weise es in anpreisender und beschreibender Weise darauf hin, dass die beanspruchten Dienstleistungen für erstklassige Singles bestimmt seien oder erstklassige Singles vermittelten. Telekommunikationsdienstleistungen könnten sich an erstklassige Singles richten, die (technischen) Voraussetzungen schaffen, um erstklassige Singles zu treffen, oder Informationen über erstklassige Singles anbieten. Das Publikum sehe in der Bezeichnung „Primesingles“ daher eine Sachaussage über die Zielgruppe der bereitgestellten Portale, Plattformen, Chatrooms, Foren etc., nicht jedoch einen betrieblichen Herkunftshinweis. In Bezug auf die Unterhaltungsdienstleistungen der Klasse 41 werde der Verkehr dem Anmeldezeichen entnehmen, dass diese auf erstklassige Singles ausgerichtet seien oder sich inhaltlich mit diesen befassten. Die Dienstleistungen der Partnervermittlung, Partnerschaftsberatung und Vermittlung von Treffen in Klasse 45 würden mit „Primesingles“ dahingehend beschrieben, dass diese Treffen oder Verabredungen mit erstklassigen Singles vermittelten. „Sicherheitsdienste zum Schutz von Sachwerten oder Personen“ sowie die „Erstellung von Horoskopen“ könnten für erstklassige Singles angeboten werden. Der Bestandteil „prime“ löse keinen Denkprozess aus, weil er mit dem nachgestellten Begriff „singles“ anpreisend auf deren Erstklassigkeit hinweise. Auch die Sprachunüblichkeit der Wortkombination führe nicht zur Unterscheidungskraft, weil der sachbezogene Aussagegehalt unmissverständlich sei.

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Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

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den Beschluss der Markenstelle für Klasse 38 des DPMA vom 21. November 2014 aufzuheben.

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Sie ist der Ansicht, dem deutschen Durchschnittsverbraucher sei das englische Wort „prime“ nicht geläufig, er kenne es ausschließlich als Bestandteil des Ausdrucks „prime time“ mit der Bedeutung „beste, günstigste Hauptsendezeit in Hörfunk und Fernsehen“. Es bedürfe daher eines mehrstufigen Denkprozesses, um von „prime Time“ zur Bedeutung „beste Alleinstehende“ zu gelangen. Dabei bleibe völlig offen, was darunter zu verstehen sei, weil verschiedene Kriterien von Charaktereigenschaften bis hin zu den wirtschaftlichen Verhältnissen denkbar seien. Dem Begriff „prime“ fehle daher ein objektiver Tatsachenkern. Die angemeldete Wortkombination stelle zudem eine kreative Wortneuschöpfung dar, die mehrdeutig und interpretationsbedürftig sei (vgl. BGH GRUR 1995, 408 – PROTECH; GRUR 2012, 1043 – Starsat; GRUR 2001, 1145 – Baby-Dry). Sowohl für die Einzelbestandteile als auch für die konkrete Zusammensetzung ergebe sich eine Vielzahl von Bedeutungsmöglichkeiten. In der substantivischen Verwendung bedeute „prime“ „Prim(zahl), Blütezeit“, als Adjektiv „wesentlich, am Wichtigsten, erstklassig, primär, beste Qualität“ und als Verb könne es mit „vorbereiten, grundieren, (betriebs)fertig machen“ übersetzt werden. Das Wort „singles“ könne die Bedeutungen „Alleinstehende(r), ehelos, Einzel, Einzelfahrkarte“ annehmen. Bei der beanspruchten Wortkombination stelle sich der Verbraucher die Frage, ob die so gekennzeichneten Dienstleistungen sich an erstklassige oder an die besten Singles richteten, oder ob die Dienstleistungen dazu anspornten, dass der Angesprochene „sich für Singles/Einzelne vorbereiten/fertig machen kann/soll“. Somit sei von einer nicht geläufigen, originellen Wortneuschöpfung auszugehen, deren zahlreiche Deutungsmöglichkeiten bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess von ungewissem Ausgang auslösten. Dies gelte erst recht in Bezug auf sämtliche beanspruchten Dienstleistungen.

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Mit gerichtlichem Schreiben vom 21. Juni 2018 ist die Beschwerdeführerin unter Beifügung von Recherchebelegen (Anlagen 1 bis 6, Bl. 57 – 105 GA) darauf hingewiesen worden, dass das angemeldete Wortzeichen nicht für schutzfähig erachtet werde.

12

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

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1. Der Eintragung des Wortzeichens „Primesingles“ als Marke steht in Bezug auf die angemeldeten Dienstleistungen das absolute Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).

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a) Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2015, 1198 Rdnr. 59 f. – Nestlé/Cadbury [Kit Kat]; BGH GRUR 2018, 932 Rdnr. 7 – #darferdas?; GRUR 2018, 301 Rdnr. 11 – Pippi-Langstrumpf-Marke; GRUR 2016, 934 Rdnr. 9 – OUI). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (EuGH GRUR 2010, 228 Rdnr. 33 – Audi AG/HABM [Vorsprung durch Technik]; BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – OUI). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428 Rdnr. 53 – Henkel; BGH a. a. O. Rdnr. 15 – Pippi-Langstrumpf-Marke).

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Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zum relevanten Anmeldezeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 Rdnr. 15 – Aus Akten werden Fakten) sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (EuGH GRUR 2006, 411 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2014, 376 Rdnr. 11 – grill meister).

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Ausgehend hiervon besitzen Wortzeichen dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die angesprochenen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (EuGH GRUR 2004, 674, Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH a. a. O. Rdnr. 8 – #darferdas?; GRUR 2012, 270 Rdnr. 11 – Link economy) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache bestehen, die vom Verkehr – etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. Rdnr. 12 – OUI; GRUR 2014, 872 Rdnr. 21 – Gute Laune Drops). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die beanspruchte Ware oder Dienstleistung zwar selbst nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt ohne Weiteres erfasst und in der Bezeichnung kein Unterscheidungsmittel für deren Herkunft sieht (BGH a. a. O. – #darferdas?; a. a. O. – Pippi-Langstrumpf-Marke). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (EuGH GRUR 2004, 146 Rdnr. 32 – DOUBLEMINT; BGH GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT); dies gilt auch für ein zusammengesetztes Zeichen, das aus mehreren Begriffen besteht, die nach diesen Vorgaben für sich genommen schutzunfähig sind. Der Charakter einer Sachangabe entfällt bei der Zusammenfügung beschreibender Begriffe jedoch dann, wenn die beschreibenden Angaben durch die Kombination eine ungewöhnliche Änderung erfahren, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt (EuGH MarkenR 2007, 204 Rdnr. 77 f. – CELLTECH; BGH GRUR 2014, 1204 Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress).

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b) Diesen Anforderungen an die Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG genügt das Wortzeichen „Primesingles“ nicht. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen hat das Zeichen einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt oder weist einen engen sachlichen Bezug zu diesen auf.

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aa) Bei den hier angesprochenen Verkehrskreisen handelt es sich sowohl um Unternehmensinhaber bzw. Angehörige der unternehmerischen Führungsebene als auch um Endverbraucher.

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bb) Das Anmeldezeichen setzt sich aus den beiden Wörtern „Prime“ und „singles“ zusammen.

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aaa) Der erste Bestandteil „Prime“ leitet sich vom lateinischen Wort „primus, prima“ mit der Bedeutung „der Erste, die Erste“ ab und bezeichnet in der Musik den „Einklang zweier Töne der gleichen Tonhöhe“ oder den ersten „Ton, Grundton einer diatonischen Tonleiter“. Im Verlagswesen stellt eine „Prime“ die „auf dem unteren Rand der ersten Seite eines Druckbogens angebrachte Signatur“ dar, die die Reihenfolge des Bogens sowie den Titel [und den Verfasser] eines Buches angibt“ (www.duden.de). In den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind auch die englischen Wortverbindungen „Prime Time“ mit der Bedeutung „beste, günstigste Zeit (für Fernsehsendungen); Hauptsendezeit“ und „Prime Rate“ für den „Zinssatz, den Großbanken in den USA für ihre Kredite berechnen und der die Funktion eines Leitzinses hat“ (www.duden.de).

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bbb) Im Englischen hat das Adjektiv „prime“ die Bedeutungen „erstklassig, Haupt-, hauptsächlich, wesentlich, wichtigste, beste, erste“. Als Substantiv wird „prime“ mit „Primzahl, Blüte, Glanzzeit [einer Person], Krönung, Höhepunkt [im Sinne von Perfektion]“ übersetzt. Als Verb steht es für „ankurbeln, vorbereiten, grundieren, informieren, (betriebs-)fertig machen“ (dict.cc, Anlage 2 zum gerichtlichen Hinweis).

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ccc) Auch wenn „Prime“ nicht zum englischen Grundwortschatz gehört, wird dieser Begriff von den angesprochenen breiten Verkehrskreisen dennoch ohne weiteres als Qualitätsangabe erkannt. Diese Bedeutung ist dem Verkehr nicht nur aufgrund des geläufigen Ausdrucks „prime time“ für die beste Fernsehsendezeit, sondern vor allem aus der Nähe zu der gleichbedeutenden Qualitätsangabe „Premium“ bekannt (vgl. https://synonyme.woxikon.de/synonyme-englisch/premium.php).

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(1) Das vom Lateinischen „praemium“ für „Prämie“ abgeleitete, in die deutsche Sprache eingegangene englische Adjektiv „premium“ bedeutet „von besonderer, bester Qualität“ (www.duden.de). Es zählt zum elementaren Grundwortschatz der Marketing- und Werbesprache und ist dem deutschen Publikum in diesem Sinne seit langem bekannt. Mit „premium“ werden in den unterschiedlichsten Bereichen Produkte und Dienstleistungen von außergewöhnlicher Qualität bzw. Spitzenqualität angepriesen (vgl. BPatG 29 W (pat) 15/14 – Premium Augen; 28 W (pat) 503/10 – Premium PLUS; 29 W (pat) 104/10 – PREMIUMPARK; 29 W (pat) 157/10 – Premium Ingredients International; 28 W (pat) 308/04 – COOL PREMIUM).

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(2) Aufgrund der engen Verwandtschaft mit den Wörtern „prima“ und „Premium“, die in der Werbung im Sinne eines Wertversprechens eingesetzt werden (Rothfuss, Wörterbuch der Werbesprache, Stuttgart 2001, S. 177, Anlage 6 zum gerichtlichen Hinweis), wird das Wort „prime“ daher auch im Inland als werbeüblicher Hinweis auf eine herausragende Qualität bzw. auf etwas besonders Hervorragendes verstanden (vgl. BPatG 28 W (pat) 66/14 – Premiumliner; 25 W (pat) 547/15 – Prime Star; 24 W (pat) 534/10 – PRIME RESEARCH; 33 W (pat) 106/04 – Prime Standard; 32 W (pat) 189/96 – PRIME; 27 W (pat) 192/95 – PRIMESHOES HANDMADE; 27 W (pat) 193/95 – Prime; 27 W (pat) 37/02 – Primesetter).

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(3) Die Bedeutungsidentität zwischen „Prime“ und „Premium“ ist dem Verbraucher aber auch schon deshalb seit Jahren bekannt, weil einer der größten Onlineversandhändler seit November 2007 in Deutschland den Amazon-Prime-Dienst anbietet, bei dem nach Zahlung eines jährlichen Mitgliedsbeitrags für diese Kunden ein besonderer Service geboten wird, nämlich die Auslieferung einer Vielzahl von Bestellungen ohne weitere Kosten am nächsten Tag oder noch schneller mit vergünstigtem Expressversand. Außerdem kann man als Prime-Kunde unbegrenzt eine große Anzahl von Filmen und Serienepisoden über Amazon Video und Musik über Prime Music streamen (https://de.wikipedia.org/wiki/Amazon.com). Aus dem Screenshot der Webseite von www.amazon.de (Anlagenkonvolut 5 zum gerichtlichen Hinweis, Bl. 91 GA), in der die „Prime“-Mitgliedschaft beworben wird, finden sich dementsprechend als Vorteilsangebote sowohl „Prime Video“, „Prime Music“ und „Prime Photos“ als auch „Kostenloser Premiumversand“ sowie „Premiumzugang zu Top-Angeboten“.

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ddd) Der ursprünglich aus der englischen Sprache stammende, in die deutsche Sprache eingegangene Begriff „Single“ – hier in der Pluralform – bedeutet in beiden Sprachen „jemand, der ohne Bindung an einen Partner lebt“, „kleine Schallplatte mit nur je einem Titel auf Vorder- und Rückseite“ bzw. CD mit nur einem oder zwei Titeln“ oder „Einzelspiel (zwischen zwei Spielern)“ im Badminton- und Tennissport bzw. „Zweierspiel“ im Golfsport (www.duden.de; www.leo.org). Das englische Substantiv „Single“ wird auch mit „Einzelfahrkarte“ übersetzt (www.leo.org).

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eee) In seiner Gesamtheit kommen dem Anmeldezeichen daher die Bedeutungen „erstklassige Singles“, „die besten Alleinlebenden“, „Alleinstehende mit höchstem Niveau“, „hervorragende kleine Schallplatten“ oder „kleine CDs von herausragender Qualität“ in Betracht. Die weiteren Bedeutungen von „prime“ und „singles“ treten im Hinblick auf die beanspruchten Telekommunikations-, Unterhaltungs- und Partnervermittlungsdienstleistungen in den Hintergrund.

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dd) Im Zusammenhang mit diesen Dienstleistungen der Klassen 38, 41 und 45 steht die Bedeutung „erstklassige Singles“, „Alleinstehende mit höchstem Niveau“ bzw. „die besten Alleinlebenden“ schon deshalb im Vordergrund, weil Komposita wie „Singletreff“, „Singlebörse“, „Singledasein“ oder „Singlehaushalt“ nicht nur lexikalisch in der deutschen Sprache nachweisbar (www.duden.de, Anlagenkonvolut 3 zum gerichtlichen Hinweis), sondern aufgrund des boomenden Marktes der Online-Dating-Branche allgegenwärtig sind. Schon lange vor dem Anmeldezeitpunkt, dem 30. Mai 2014, existierte eine Vielzahl von Singlebörsen, darunter die drei größten, nämlich „Parship“, „eDarling“ und „ElitePartner“, (http://www.kostenlosepartnerboersen.de/online-dating-studie-20122013, Anlagenkonvolut 7 zum gerichtlichen Hinweis). Demgegenüber spielten und spielen kleine (Vinyl-)Schallplatten oder CDs mit bis zu zwei Titeln keine nennenswerte Rolle mehr.

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Aber selbst wenn auch die Bedeutung „hervorragende kleine Schallplatten“ oder „kleine CDs von herausragender Qualität“ in Betracht käme, die nur teilweise den Gegenstand oder das Thema der beanspruchten Dienstleistungen darstellen könnten, würde dies keine Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens im Übrigen begründen. Denn es reicht aus, wenn nur eine der möglichen Bedeutungen die Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter hat (BGH GRUR 2014, 872 Rdnr. 25 – Gute Laune Drops; GRUR 2014, 569 Rdnr. 18 – HOT; GRUR 2013, 522 Rdnr. 13 – Deutschlands schönste Seiten), wie es bei der Bedeutung „erstklassige Singles“ in Bezug auf sämtliche in Rede stehenden Dienstleistungen der Fall ist.

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ee) Dem Anmeldezeichen fehlt es auch an Besonderheiten in syntaktischer oder semantischer Hinsicht, die die gewählte Kombination als ungewöhnlich erscheinen lassen und eine Unterscheidungskraft begründen könnten (EuGH GRUR 2004, 674 Rdnr. 98 - 100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680, Rn. 39 - 41 – BIOMILD; BGH GRUR 2009, 949 Rdnr. 13 – My World). Auch wenn es sich bei dem Anmeldezeichen aufgrund seiner Zusammenschreibung um eine Wortneuschöpfung handeln sollte, fehlt es an einer ungewöhnlichen Änderung, die hinreichend weit von der Sachangabe wegführt. Denn die angemeldete Kombination eines vorangestellten Adjektivs mit nachfolgendem Substantiv entspricht sowohl der englischen als auch der deutschen Grammatik. Zwar ist die Zusammenschreibung der Bestandteile „Prime“ und „singles“ sprachlich nicht korrekt, aber dabei handelt es sich um ein in der Produktwerbung verbreitetes stilistisches Mittel, das das Vorliegen einer Sachaussage nicht in Frage stellt (vgl. BGH GRUR 2014, 1204, Rdnr. 16 – DüsseldorfCongress; BPatG 28 W (pat) 555/17 – EASYCLIP; BlPMZ 2010, 283 – MYFOTOBOOK; MarkenR 2008, 413, 416 – Saugauf). Die vorliegende Wortkombination beschränkt sich somit auf die bloße Summenwirkung beschreibender Bestandteile. Die von der Anmelderin angeführte Entscheidung des BGH zu „PROTECH“ vom 19. Januar 1995 (GRUR 1995, 408) ist durch die Rechtsprechung des EUGH (GRUR 2004, 674 Rdnr. 98 - 100 – Postkantoor; GRUR 2004, 680, Rn. 39 - 41 – BIOMILD) längst überholt. Das im Beschluss des BGH vom 4. April 2012 (GRUR 2012, 1143) für schutzfähig erachtete Wortzeichen „Starsat“ ist nicht mit dem vorliegenden Zeichen vergleichbar. Während sich „Starsat“ mit der Bedeutung „Spitzensatellit“ in Bezug auf die beanspruchten Waren nicht in einer Sachangabe erschöpfte, ist das bei „Primesingles“ der Fall. Das Wortzeichen „Baby-Dry“ (EuGH GRUR 2001, 1145) unterscheidet sich schon insoweit vom vorliegenden Anmeldezeichen, als dass sprachlich inkorrekt das Adjektiv dem Substantiv nachgestellt ist.

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ff) Auch eine begriffliche Vagheit bzw. Unbestimmtheit des Elements „Prime“, das offen lässt, in welcher Hinsicht die partnerlosen Menschen erstklassig sein sollen, ob hinsichtlich ihrer Charaktereigenschaften, ihres Aussehens oder ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse, und die Deutung dem individuellen Vorstellungshorizont des einzelnen Verbrauchers oder Fachverkehrs überlässt, vermag für sich allein noch keine Unterscheidungskraft zu begründen (BGH GRUR2000, 882 Rdnr. 17 – Bücher für eine bessere Welt; GRUR 2003, 1050 – Cityservice; GRUR 2009, 778 – Willkommen im Leben). Diese Unschärfe wird vielmehr bewusst in Kauf genommen, um das Spektrum der Kundenerwartungen möglichst breit zu halten.

33

gg) Aus Sicht der angesprochenen inländischen Verkehrskreise hat das Wortzeichen „Primesingles“ schon zum Anmeldezeitpunkt, dem 30. Mai 2014, schlagwortartig und werbeüblich die Bestimmung, den Verwendungszweck, den Gegenstand oder das Thema der beanspruchten Telekommunikations-, Unterhaltungs- und Partnervermittlungsdienstleistungen angegeben oder einen engen beschreibenden Bezug zu ihnen hergestellt, aber nicht auf die Herkunft aus einem bestimmten Unternehmen hingewiesen. Denn diese Dienstleistungen können sich an erstklassige Singles richten, die (technischen) Voraussetzungen schaffen, um Alleinstehende mit höchstem Niveau zu kontaktieren, Informationen über die besten Alleinstehenden anbieten, sich thematisch mit hervorragenden Menschen ohne Partner befassen oder erstklassige Singles vermitteln.

34

aaa) Die in Klasse 38 beanspruchten Dienstleistungen können sich an die Zielgruppe der Singles mit höchstem Niveau richten und/oder ihnen die notwendige Infrastruktur bereitstellen, um eine Verbindung zu (anderen) erstklassigen Alleinstehenden aufnehmen zu können, so dass das Anmeldezeichen von den angesprochenen Verkehrskreisen als unmittelbar beschreibende Bestimmung der Zielgruppe oder des Verwendungszwecks der angemeldeten Dienste aufgefasst wird.

35

Die (elektronisch) übermittelten oder in Chatlines, Chatrooms und Internet-Foren ausgetauschten Informationen und Nachrichten können sich aber auch thematisch mit den „besten Partnerlosen“ befassen. Sämtliche angemeldeten Dienstleistungen dienen ausschließlich der Funktion, Informationen bereit zu stellen und/oder zu übermitteln und/oder deren Bereitstellung hard- und softwaremäßig zu unterstützen, so dass das Wortzeichen „Primesingles“ auf den Gegenstand der im Wege der Telekommunikation bereitgestellten und/oder übermittelten Informationen hinweist. Da zu den Telekommunikationsdienst-leistungen in Klasse 38 neben der rein technischen Komponente auch die inhaltliche Bereitstellung und Übermittlung von Informationen gehört, besteht zwischen der technischen Dienstleistung und der Contentvermittlung ein derart enger Bezug, dass das entsprechende Verkehrsverständnis zwischen Technik und Inhalt insoweit nicht mehr trennt (BPatG 30 W (pat) 548/14 – DRIVE & TRACK; 29 W (pat) 223/04 – Dating TV; 29 W (pat) 59/10 – dress-for-less; 27 W (pat) 525/14 – Therapie.TV; 29 W (pat) 525/13 – The European; 30 W (pat) 16/14 – eDetect; 26 W (pat) 72/14 – Shopping Compass; 26 W (pat) 67/13 – Bwnet; 26 W (pat) 526/14 – Gold; 26 W (pat) 507/17 – SMART SUSTAINABILITY; vgl. auch BGH GRUR 2010, 1100, 1102 Rdnr. 22 – TOOOR!).

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bbb) Auch die in Klasse 41 beanspruchten Unterhaltungs- und Informationsbereitstellungsdienstleistungen können sich gezielt an den Abnehmerkreis „Partnerlose mit höchstem Niveau“ richten oder sich inhaltlich mit „hervorragenden Alleinlebenden“ befassen.

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ccc) Bei den in Klasse 45 angemeldeten Partnerschaftsvermittlungsdiensten kann die Bezeichnung „Primesingles“ sowohl deren Adressatenkreis als auch deren Gegenstand, nämlich die Art der vermittelten Personen, angeben. Ein enger beschreibender Bezug besteht bei den Sicherheitsdiensten zum Schutz von Sachwerten oder Personen, weil diese Dienstleistungen für die erste persönliche Kontaktaufnahme erstklassiger Singles untereinander erbracht werden können. Dies gilt auch für die „Erstellung von Horoskopen“ zur Vorbereitung entsprechender Kontaktaufnahmen.

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2. Da es der angemeldeten Bezeichnung hinsichtlich der vorgenannten Dienstleistungen an jeglicher Unterscheidungskraft mangelt, kann dahingestellt bleiben, ob sie darüber hinaus gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG freihaltungsbedürftig ist.