Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.12.2013


BPatG 09.12.2013 - 26 W (pat) 22/13

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Trabi-Safari" - keine Unterscheidungskraft - keine Verkehrsdurchsetzung - Zulassung der Rechtsbeschwerde


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
09.12.2013
Aktenzeichen:
26 W (pat) 22/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 302 41 936 S 311/11 Lösch

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Richters Reker als Vorsitzendem sowie der Richter Hermann und Kätker

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin hat am 10. November 2011 beim Deutschen Patent- und Markenamt gemäß §§ 50 Abs. 1, 54 Abs. 1 MarkenG die Löschung der dort für die Antragsgegnerin seit dem 18. Mai 2004 für die Dienstleistungen der Klassen 28, 39 und 43

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„Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten); Abschleppen von Fahrzeugen, Dienstleistung einer Spedition, ausgenommen die Verzollung von Waren, Kurierdienste, Logistik-Dienstleistungen auf dem Transportsektor, Vermietung von Fahrzeugen, Vermietung von Garagen, Vermietung von Parkplätzen, Zustellung von Versandhandelsware; Betrieb eines Campingplatzes, Catering, Hotelreservierung, Reservierung von Pensionsunterkünften“

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eingetragenen Wortmarke 302 41 936

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„Trabi-Safari“

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beantragt, weil diese entgegen § 8 MarkenG eingetragen worden sei. Zur Begründung hat die Antragstellerin vorgetragen, bei der angegriffenen Marke habe es sich um eine zur Beschreibung der beanspruchten Waren und Dienstleistungen geeignete Angabe gehandelt, der deshalb die Unterscheidungskraft gefehlt habe und auch nach wie vor fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

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Die Antragsgegnerin hat der Löschung innerhalb der Frist des § 54 Abs. 2 S. 2 MarkenG widersprochen.

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Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat am 2. Januar 2013 die teilweise Löschung der Marke 302 41 936 für die Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ angeordnet. In Bezug auf die weiteren Waren und Dienstleistungen wurde der Antrag auf Löschung zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Markenabteilung ausgeführt, die angegriffene Marke sei im Umfang der Löschungsanordnung entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden. Es bestehe das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft.

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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sei die einer Marke innewohnende Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber denjenigen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden, wobei die Hauptfunktion der Marke darin bestehe, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Dienstleistungen zu gewährleisten.

9

Bei Anwendung der hierzu bestehenden Grundsätze genüge die vorliegende Wortmarke für die streitgegenständliche Dienstleistung, auf die sich die Registrierung erstreckt, nicht den an die Unterscheidungskraft zu stellenden Anforderungen. Sie weise insoweit einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Charakter bzw. einen engen beschreibenden Bezug auf. Die Marke bestehe aus den Wortbestandteilen „Trabi“ und „Safari“, verbunden durch einen Bindestrich. Der erste Wortbestandteil „Trabi“ sei eine allgemein bekannte Kurzbezeichnung des ab 1957 in der DDR gefertigten PKWs „Trabant“, dessen Produktion am 30. April 1991 endete. Der weitere Wortbestandteil „Safari“ verleihe dem Zeichen nicht das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft, da sich der Begriff von seiner ursprünglichen Bedeutung -eine von einem Führer begleitete Reise durch Gebiete mit wilden Tieren-  gewandelt habe. So habe sich der Begriff „Safari“ auch in Deutschland zu einem Synonym für andere begleitete, mehr oder weniger abenteuerliche Reisen und Rundgänge durch ein dem Teilnehmer unbekanntes Terrain zu Fuß, per Fahrrad, Segway, Motorrad oder Auto entwickelt. Dementsprechend füge sich die Kombination „Trabi-Safari“ in Ihrem Aufbau sprachlich nahtlos in vergleichbare Kombinationen ein und beschreibe inhaltlich entsprechend analog gebildeter, tatsächlich verwendeter Kombinationen wie „Jeep-Safari“ und „Landrover-Safari“ eine Tour mit dem Fahrzeug Trabi, wobei das Ziel der Tour nicht mitbeschrieben sei und daher eigentlich beliebig sein könne. Somit sei die Wortkombination „Trabi-Safari“ für die von der Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise ohne weiteres dahin zu verstehen, dass die Vermietung von Fahrzeugen den Inhalt bzw. die Zweckbestimmung habe, dem Kunden die Teilnahme an einer Trabi-Safari, also einer Entdeckungstour durch ein Terrain, sei es städtischer oder ländlicher Art, zu ermöglichen. Somit weise die genannte Wortkombination einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Gehalt für diese Dienstleistung auf und somit habe der Eintragung der Marke für diese Dienstleistung das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft entgegengestanden.

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Gegen den Löschungsbeschluss der Markenabteilung wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde. Sie sei der Ansicht, der angegriffenen Marke fehle nach deren Gesamteindruck nicht die Unterscheidungskraft. Die Wortfolge „Trabi-Safari“ sei lexikalisch nicht nachweisbar. Der Wortfolge könne keine unmittelbare Aussage und nachvollziehbare Bedeutung für Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Vermietung von Fahrzeugen entnommen werden. Auf den Inhalt des Schriftsatzes der Antragsgegnerin vom 25. März 2013 wird verwiesen.

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Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. Januar 2013 aufzuheben und den Löschungsantrag vollumfänglich zurückzuweisen.

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Die Antragstellerin beantragt,

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die Beschwerde zurückzuweisen.

15

Sie schließt sich der im Beschluss der Markenabteilung vertretenden Auffassung an; auf den Schriftsatz vom 19. April 2013 wird Bezug genommen.

II.

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Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen Löschungsantrag der Antragstellerin zu Recht die Löschung der Marke 302 41 936 der Antragsgegnerin für die Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ beschlossen. Die angegriffene Marke ist, wie die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat, insoweit entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden.

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Der Eintragung der angegriffenen Marke stand für die Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ bereits zum maßgeblichen Anmeldungszeitpunkt (BGH GRUR 2013, 1143 – Aus Akten werden Fakten) das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Dieses Schutzhindernis ist auch bis zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag nicht entfallen.

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Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bedeutet die Eignung einer Marke, die mit Ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. EUGH GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 – Standbeutel; EUGH GRUR 2002, 604, 608, Rdn. 62 – LIBERTEL). Die Eintragung der Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (BGH MarkenR 2006, 395, 397 - FUSSBALL WM 2006 m. w. Nachw.). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. EUGH GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 – EUROHYPO, EUGH GRUR 2003, 604, 608, Rdn. 60 - LIBERTEL). Die erforderliche Unterscheidungskraft ist solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Rdnr. 28 – FUSSBALL WM 2006).

19

Die angemeldete Marke besteht – wie die Markenstelle zutreffend festgestellt hat - aus der sprachlich korrekten Aneinanderreihung zweier für die Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ allgemein verständlichen beschreibenden Angaben über den Inhalt und Zweck der entsprechenden Dienstleistung.

20

Keinen Bedenken begegnet zunächst die Auffassung der Markenabteilung, dass der Begriff „Trabi“ als Abkürzung für das in der ehemaligen DDR hergestellte Kraftfahrzeug „Trabant“ in Deutschland gebräuchlich ist. Da sich die zu erbringende Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ auf Kraftfahrzeuge der Marke „Trabant“ bezieht, ist der Wortbestandteil „Trabi“ hierfür als beschreibend anzusehen.

21

Ebenfalls überzeugend hat die Markenstelle dargelegt, dass entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin der Begriff „Safari“ nicht ausschließlich mit der lexikalischen Bedeutung „Jagdreise in Afrika, bei der Großwild erlegt wird“ verwendet wird. Den angesprochenen Verkehrskreisen ist im Gegenteil der zeitgemäß erweiterte, umfangreich gebrauchte Sinn geläufig, wonach damit sehr wohl (eventhafte) Ausflüge durch ein unbekanntes, nicht unbedingt gefährliches Gebiet auch in Deutschland bezeichnet werden.

22

Da schließlich die beanspruchte Dienstleistung „Vermietung von Fahrzeugen“ nicht ausschließt, dass das zu mietende Fahrzeug im Rahmen einer (selbst) geführten Ausflugsfahrt (z. B. als eventartige Besichtigungstour mittels beispielhaft vorgeschlagener Routen) benutzt werden soll, begegnet die Beschreibungseignung des Wortbestandteils „Safari“ keinen Bedenken.

23

Auch die Kombination der beiden schutzunfähigen Markenteile führt hier nicht zu deren Schutzfähigkeit. Die bloße Verbindung von beschreibenden Markenteilen bleibt in der Regel selbst beschreibend, sofern kein merklicher Unterschied zwischen der Kombination in ihrer Gesamtheit und der bloßen Summe der Bestandteile besteht. Der durch die Verbindung bewirkte Gesamteindruck muss über die Zusammenfügung beschreibender Elemente hinausgehen und darf sich nicht in deren bloßer Summenwirkung erschöpfen (EUGH GRUR 2004, 680 -  BIOMILD; BGH GRUR 2009, 949 – My World). Eine diese Summenwirkung übersteigende und damit schutzbegründende Wirkung kann vor allem durch eine besondere sprachliche Ausgestaltung oder durch die sprachliche Ungewöhnlichkeit der Kombination erzielt werden. Selbst eine über die bloße Summe der Einzelbestandteile hinausreichende Kombination bleibt aber schutzunfähig, wenn sie in Ihrer Gesamtheit nicht unterscheidungskräftig ist (EUGH GRUR-RR 2008, 47 – MAP & GUIDE).

24

Die hier angemeldete Kombination ist weder sprachlich ungewöhnlich noch sonst verkehrsunüblich und bedarf entgegen der Argumentation der Antragsgegnerin keiner weitgehenden Auslegung und Interpretation seitens der Adressaten. Es ist vielmehr gängige Praxis, die beschreibende Angabe „Trabi“ mit „Safari“ zu kombinieren. Auch das Argument der Antragsgegnerin, dass die Wortkombination „Trabi-Safari“  lexikalisch nicht nachweisbar sei, reicht nicht aus, um die Unterscheidungskraft der genannten Marke zu bejahen. Zudem sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die die Wortkombination „Trabi-Safari“ als besonders kennzeichnungsstark erscheinen lassen.

25

Darüber hinaus kann den Ausführungen der Antragsgegnerin hinsichtlich des relevanten Zeitpunkts der fehlenden Unterscheidungskraft nicht gefolgt werden, da das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft bereits zum Anmeldungszeitpunkt bestand. Dies ergibt sich schon aus dem zugehörigen Anmeldungsverfahren selbst,  in dem die Markenstelle die Anmeldung von „Trabi-Safari“ mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 umfassend als schutzunfähig beanstandet und mit Beschluss vom 11. März 2004 zu weiten Teilen, insbesondere auch für Dienstleistungen, die zum Angebot einer Trabi-Safari  dienen können, zurückgewiesen hat. Aus dem hierzu ergangenen (und im Erinnerungsverfahren mangels offenbarer Unrichtigkeit als unwirksam angesehenen) Berichtigungsbeschluss vom 13. Juli 2004 ist nämlich ersichtlich, dass auch die Markenstelle die unterbliebene Zurückweisung für „Vermietung von Fahrzeugen, Betrieb eines Campingplatzes, Catering, Hotelreservierung, Reservierung von Pensionsunterkünften“ für ein Versehen gehalten hat.

26

Das Schutzhindernis der Unterscheidungskraft wurde entgegen der Auffassung der Markeninhaberin auch nicht durch Verkehrsdurchsetzung überwunden. Die erfolgreiche Geltendmachung einer Verkehrsdurchsetzung erfordert im ersten Schritt die Glaubhaftmachung der Bekanntheit der Marke in einem erheblichen Teil des Verkehrs, hier also den von Autovermietung angesprochenen allgemeinen Verkehrskreisen in der gesamten Bundesrepublik als Herkunftshinweis auf einen bestimmten Anbieter. Die insoweit beibringungsbelastete Markeninhaberin hat weder eine Verkehrsbefragung vorgelegt, noch wurde im erforderlichen Sinne schlüssig und unzweideutig vorgetragen, in welcher Form, für welche Produkte, von wem, in welchem Gebiet und in welchem Umfang sowie seit wann diese Angabe nach Art einer Marke im Verkehr benutzt wurde, einschließlich geeigneter Belege in Form von Katalogen, Preislisten, Werbematerial und Umsatzzahlen. Die zitierten Printberichte, Fernsehberichte sowie die auf den genannten Internetportalen veröffentlichten Artikel reichen ersichtlich nicht aus, eine Verkehrsdurchsetzung anzunehmen.

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Die Voraussetzungen zur Zulassung der Rechtsbeschwerde gem. § 83 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG sind nicht gegeben, da weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, noch eine Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordern. Zur Bejahung dieses Tatbestandes reicht es nicht aus, dass die Sache von besonderer Wichtigkeit für die Beteiligten ist. Rechtlich beruht die vorliegende Entscheidung des Senats auf in ständiger Rechtsprechung anerkannten Grundsätzen zur Beurteilung von Unterscheidungskraft; in der Sache liegt der Schwerpunkt auf der tatrichterlichen Bewertung der entscheidungserheblichen tatsächlichen Gegebenheiten. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (vgl. EuGH GRUR 2003, 674, Rdn. 86 – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 680, Rdn. 19 – BIOMILD; EuGH GRUR Int. 2011, 400, Rdn. 33, 46 – Zahl 1000) sind beschreibende Zeichen und Angaben „zwangsläufig“ nicht unterscheidungskräftig.

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Für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG gibt die Sache schließlich keine Veranlassung.