Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 10.02.2010


BPatG 10.02.2010 - 26 W (pat) 188/09

Markenbeschwerdeverfahren – "TVS TRANSFER VERBUND SYSTEM shuttle" – Wiedereinsetzung in die Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr – Veranlassung einer Blitzüberweisung am letzten Tag der Frist


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
26. Senat
Entscheidungsdatum:
10.02.2010
Aktenzeichen:
26 W (pat) 188/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
nachgehend BPatG München, 8. Dezember 2010, Az: 26 W (pat) 188/09, Beschluss
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Zur Frage, ob bei verspätetem Eingang der Beschwerdegebühr der Beschwerdeführer die Zahlungsfrist schuldhaft versäumt hat, wenn er am letzten Tag der Frist die Bezahlung der Beschwerdegebühr  per Blitzüberweisung veranlasst hat.

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 16 402 S 27/06 Lö

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 10. Februar 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Fuchs-Wissemann sowie der Richter Reker und Lehner

beschlossen:

I. Auf die Beschwerde wird der Markeninhaber in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr wiedereingesetzt.

II. Es wird festgestellt, dass die Beschwerde des Markeninhabers als rechtzeitig erhoben gilt.

Gründe

I

1

Mit Beschluss vom 19. September 2009 hat die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der Wort-/Bildmarke 305 16 402 wegen Bösgläubigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angeordnet. Der Beschluss ist am 28. September 2009 zugestellt worden.

2

Hiergegen hat der Markeninhaber mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 28. Oktober 2009 Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdegebühr von 500,- € ist am 30. September 2009 auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben worden. Über den verspäteten Eingang der Beschwerdegebühr wurde der Markeninhaber mit Schreiben vom 9. Dezember 2009 informiert.

3

Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 3. Februar 2010 hat der Markeninhaber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung führt er aus, seinen Bruder N… unter Mitteilung des Fristen- des mit der Einzahlung der Beschwerdegebühr beauftragt zu haben. Anlässlich eines etwa 10 Tage vor Fristablauf mit dem Bruder geführten Telefonats habe dieser eine fristgerechte Überweisung zugesichert. Eine nochmalige Nachfrage am 28. Oktober 2009 habe ergeben, dass die Zahlung noch nicht erfolgt sei. Daraufhin habe der Bruder des Markeninhabers am selben Tage auf elektronischem Wege eine Blitzüberweisung getätigt, deren unmittelbare Ausführung N… noch am 28. Oktober 2009 durch das beauftragte Bankinstitut bestätigt worden sei. Aufgrund dessen habe er, der Markeninhaber, davon ausgehen können, dass die Überweisung rechtzeitig wertstellend auf das Konto der Bundeskasse ausgeführt worden sei.

4

Der Markeninhaber beantragt sinngemäß,

5

Wiedereinsetzung in die Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr zu gewähren.

II

6

Der Wiedereinsetzungsantrag des Markeninhabers ist zulässig und begründet. Dies führt zur Feststellung, dass die Beschwerde gegen den angegriffenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. September 2009 als rechtzeitig eingelegt gilt.

7

Der Markeninhaber hat die Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr versäumt. Diese ist gemäß § 66 Abs. 2, § 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 3 Abs. 1 PatKostG am 28. Oktober 2009 fällig gewesen. Gemäß § 64a MarkenG i. V. m. § 2 Nr. 2 PatKostZV gilt bei Überweisungen als Zahlungstag der Tag, an dem der Betrag auf dem Konto der zuständigen Bundeskasse für das Deutsche Patent- und Markenamt gutgeschrieben wird (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. 2009, § 64a Rn. 16; Schulte , PatG, 8. Aufl. 2008, § 2 PatKostZV, Rn. 28). Da die Beschwerdegebühr erst am Freitag, den 30. Oktober 2009 gutgeschrieben wurde, ist die Zahlung verspätet erfolgt.

8

Der Wiedereinsetzungsantrag des Markeninhabers ist statthaft, da die verspätete Einzahlung der Beschwerdegebühr zu einem Rechtsnachteil führt. Die Beschwerde gilt in diesem Fall als nicht eingelegt (§ 82 Abs. 1 Satz 3 MarkenG i. V. m. § 6 Abs. 2 PatKostG). Der Antrag wurde innerhalb der zweimonatigen Frist des § 91 Abs. 2 MarkenG gestellt, nachdem der Markeninhaber erst mit Schreiben des Bundespatentgerichts vom 9. Dezember 2009 auf die nicht rechtzeitige Bezahlung der Beschwerdegebühr hingewiesen wurde.

9

Der Wiedereinsetzungsantrag ist auch begründet. Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 MarkenG kann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Antragsteller glaubhaft darlegt, dass er ohne Verschulden daran gehindert war, eine Frist einzuhalten, deren Versäumnis nach den gesetzlichen Vorschriften einen Rechtsnachteil zur Folge hat. Dem Antragsteller ist dabei das Verschulden eines Bevollmächtigten im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Bei der Beurteilung des Verschuldens ist als Maßstab die Beachtung der üblichen, im Einzelfall zumutbaren Sorgfalt zugrunde zu legen, wobei die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht nicht überspannt werden dürfen (vgl. BGH NJW 1985, 1710; BPatG, PAVIS PROMA - 24 W (pat) 145/02; Schulte a. a. O., § 123 Rn. 77 m. w. N.).

10

Hiernach ist dem Markeninhaber weder ein eventuelles Verschulden seines Bruders noch der die Überweisung erst mit Wertstellung zum 30. Oktober 2009 ausführenden Bank zuzurechnen. Durch die Beauftragung mit der Einzahlung der Beschwerdegebühr ist der Bruder des Markeninhabers nicht zu dessen Vertreter im Sinne von § 85 Abs. 2 ZPO geworden. Er ist lediglich als dessen Hilfsperson oder Bote tätig geworden (vgl. BPatGE 18, 196, 199/200). Bei der angewiesenen Bank handelt es sich um einen Dritten, für dessen Verschulden der Markeninhaber ebenfalls nicht einzustehen hätte.

11

Dem Fristversäumnis liegt auch kein Eigenverschulden des Markeninhabers zugrunde. Grundsätzlich blieb ihm unbenommen, mit der Durchführung der Zahlung einen Dritten zu beauftragen (vgl. BPatG a. a. O., S. 200). Nach der eidesstattlichen Versicherung des Markeninhabers vom 3. Februar 2010 scheidet ein Auswahlverschulden aus. Der Markeninhaber durfte darauf vertrauen, dass sein Bruder als erfahrener Geschäftsmann die Überweisung rechtzeitig veranlassen würde. Der Markeninhaber hat auch glaubhaft gemacht, seinen Überwachungspflichten hinreichend nachgekommen zu sein, indem er sich wiederholt bei seinem Bruder nach dem Fortgang der Angelegenheit erkundigt hat (vgl. eidesstattliche Versicherungen des Markeninhabers sowie des N… vom 3. Februar 2010).

12

Schließlich ist auch kein Verschulden des Markeninhabers darin zu sehen, dass erst am Nachmittag des 28. Oktober 2009 um 16.40 Uhr, also wenige Stunden vor Fristende (und üblicherweise nach Schalterschluss), die Zahlungsanweisung erfolgt ist. Grundsätzlich darf eine Frist bis zum letzten Tag ausgeschöpft werden (vgl. Schulte a. a. O., § 123 Rn. 119). Zwar war der Markeninhaber gehalten, anstelle eines normalen Überweisungsauftrages, der einen rechtzeitigen Zahlungseingang nicht mehr gewährleistet hätte, einen schnelleren Zahlungsweg zu wählen (vgl. Schulte , a. a. O., § 123 Rn. 146). Dem wurde allerdings im Streitfall durch die Veranlassung einer Blitzüberweisung, deren Ausführung von der angewiesenen Bank nach den an Eides statt versicherten Angaben des N… noch  am selben Tag bestätigt wurde, Rechnung getragen. Zudem hat der Markeninhaber eine Benachrichtigung der beauftragten Bank per EDV mit dem Vermerk „Ausführungstermin 28.10.2009“ vorgelegt.

13

Bei dieser Sachlage war ist aus Sicht des Markeninhabers alles Erforderliche veranlasst worden, um eine rechtzeitige Zahlung der Beschwerdegebühr zu bewirken.