Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 14.02.2019


BPatG 14.02.2019 - 25 W (pat) 90/17

Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
14.02.2019
Aktenzeichen:
25 W (pat) 90/17
ECLI:
ECLI:DE:BPatG:2019:140219B25Wpat90.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2014 036 697

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 14. Februar 2019 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 11. August 2014 angemeldete Bezeichnung

2

Naturherz

3

ist am 17. September 2014 unter der Nr. 30 2014 036 697 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für verschiedene Waren der Klassen 5, 30 und 31 eingetragen worden. Sie genießt Schutz für die nachfolgenden Waren:

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Klasse 5: Antioxidantien als Nahrungsergänzungsmittel; Ballaststoffe; Diätetische Aufgüsse für medizinische Zwecke; Diätetische Ergänzungsstoffe; Diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Diätetische Erzeugnisse für tiermedizinische Zwecke; Diätetische Kräuterzusätze für Personen, die eine spezielle Diät einhalten müssen; Diätetische Nahrungsergänzungsstoffe; Diätetische Präparate und Nahrungsergänzungsmittel; Diätetische und Nahrungsergänzungsstoffe; Diätnahrungsmittel für Kranke; Funktionelle Nahrungsmittel zur Verwendung als Nahrungsergänzungsmittel; Gelee royale für pharmazeutische Zwecke; Kräuter für medizinische Zwecke; Kräutermischungen für medizinische Zwecke; Kräutertees [medizinische Getränke]; Kräutertees für medizinische Zwecke; Leinsamen für pharmazeutische Zwecke; Leinsamenmehl für pharmazeutische Zwecke; Medizinische Kräuter; Medizinische Kräuterextrakte für medizinische Zwecke; Medizinische Kräutertees; Mineralische Nahrungsergänzungsmittel; Mineralische Nahrungsergänzungsmittel für Menschen; Nahrungsergänzungsmittel; Nahrungsergänzungsmittel aus Alginaten; Nahrungsergänzungsmittel aus Gelee royale; Nahrungsergänzungsmittel aus Leinsamen; Nahrungsergänzungsmittel aus Leinsamenöl; Nahrungsergänzungsmittel aus Pollen; Nahrungsergänzungsmittel aus Propolis; Nahrungsergänzungsmittel aus Proteinen; Nahrungsergänzungsmittel aus Weizenkeimen; Nahrungsergänzungsmittel für diätetische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für medizinische Zwecke; Nahrungsergänzungsmittel für Menschen; Nahrungsergänzungsmittel für Tiere; Nahrungsergänzungsstoffe für Personen, die eine spezielle Diät einhalten müssen; Propolis für pharmazeutische Zwecke; Wurzeln mit medizinischer Wirkung;

5

Klasse 30: Abgepackter Tee [nicht für medizinische Zwecke]; Achar pachranga [indische Gewürzmischungen]; Algen [Würzstoff]; Aromatisierte Tees [ausgenommen für medizinische Zwecke]; Aromatisierter Kaffee; Aromawürzstoffe aus Tee; Auf Tee basierende Kräutergetränke [ausgenommen für medizinische Zwecke]; Aus Kaffee hergestellte Getränke; Biologischer Honig für Speisezwecke; Blüten oder Blätter als Teeersatz; Chai-Tee; Eisgetränke auf Kaffeebasis; Entkoffeinierter Kaffee; Essbare Gewürze; Für die menschliche Ernährung bestimmter verarbeiteter Hafer; Gelee royale *; Gemahlene Gerste; Gemahlene Kaffeebohnen; Gemahlener Kaffee; Gerste, verarbeitet für die menschliche Ernährung; Gerstenmehl; Geröstete Kaffeebohnen; Geschälter Hafer; Getreideflocken; Getreidekörner [verarbeitet]; Getreidemehl; Getreidepräparate; Getreidepräparate aus Haferkleie; Getreidepräparate aus Kleie; Getreidepräparate mit Haferkleie; Getreidepulver; Getreidezubereitungen; Getrocknete Gewürze; Getränke auf Basis von Tee; Getränke auf der Basis von Tee; Getränke auf der Basis von Tee mit Fruchtgeschmack; Getränke aus Kaffee; Gewürze; Gewürze für Nahrungszwecke; Gewürze in Pulverform; Gewürzextrakte; Gewürzmischungen; Ginseng-Tee [insamcha]; Grüner Tee; Hafer für die menschliche Ernährung; Haferflocken; Haferflocken und Weizen; Hafermehl; Hafermehl für Speisezwecke; Hauptsächlich aus Kakao bestehende Nahrungsmittel; Honig; Honig [für Speisezwecke]; Honigersatz; Ingwer [Gewürz]; Ingwer [pulverisiertes Gewürz]; Instantpulver für die Zubereitung von Tee [ausgenommen für medizinische Zwecke]; Instantpulver für Herstellung von Tee [außer für medizinische Zwecke]; Japanischer grüner Tee; Kaffee; Kaffee [geröstet, pulverisiert, granuliert oder als Getränk]; Kaffee in Form von ganzen Bohnen; Kaffee in gemahlener Form; Kaffee, Tee, Kakao und Ersatzstoffe hierfür; Kaffee- und Teeersatzmittel; Kaffee-Ersatzstoffe auf pflanzlicher Grundlage; Kaffee-Essenzen; Kaffee-Extrakte; Kaffeebohnen; Kaffeeersatz; Kaffeeersatzmittel; Kaffeeersatzmittel [Kaffeeersatz oder pflanzliche Präparate zur Verwendung als Kaffee]; Kaffeeersatzmittel auf pflanzlicher Basis; Kaffeeextrakte; Kaffeegetränke; Kaffeemischungen; Kaffeesortenmischungen; Kakao; Kakao [geröstet, pulverisiert, granuliert oder als Getränk]; Kakao zur Verwendung bei der Zubereitung von Getränken; Kakao-Extrakte für die menschliche Ernährung; Kakaodrinks; Kakaoerzeugnisse; Kakaogetränke; Kakaogetränke in Pulverform; Kakaomischungen; Kakaopräparate; Kakaopräparate zur Verwendung bei der Zubereitung von Getränken; Kakaopulver; Kandiszucker *; Kandiszucker für nicht medizinische Zwecke; Kleiepräparate für die menschliche Ernährung; Koffeinfreier Kaffee; Kräuterpräparate für die Zubereitung von Getränken; Kräutertees, nicht medizinische; Kurkuma *; Kurkuma als Würzmittel; Kurkuma für Nahrungszwecke; Kurkumapulver als Würzmittel; Küchenkräuter; Küchenkräuter, konserviert [Gewürz]; Künstlicher Kaffee; Lapsang Souchong Tee; Leinsamen für die menschliche Ernährung; Löslicher Kaffee; Mate-Tee; Mehl aus Gerste; Mehle *; Mehlspeisen; Milchhaltige Kaffeegetränke; Mischungen aus Malzkaffee mit Kaffee; Mischungen aus Malzkaffeeextrakten mit Kaffee; Mischungen bestehend aus Gewürzen; Mischungen von Kaffee-Essenzen und Kaffeeextrakt; Mit Süßstoffen gesüßter teeinfreier Tee; Mühlenprodukte; Müsli; Nahrungsmittel auf der Grundlage von Hafer; Nahrungsmittel auf Getreidebasis für die menschliche Ernährung; Nahrungsmittel auf Haferbasis für die menschliche Ernährung; Nahrungsmittel aus Getreide; Nahrungsmittel aus Hafer; Nahrungsmittel aus Soja; Nahrungsmittel aus Sojabohnen; Nahrungsmittelmischungen aus Getreideflocken und Trockenfrüchten; Nicht medizinische Getränke auf Teebasis; Nicht medizinische Mehlspeisen; Nicht medizinische Teeessenzen; Nicht medizinische Teeextrakte; Nicht medizinische Teegetränke; Nicht medizinische Tees; Nicht medizinische Tees in Beuteln; Nicht medizinischen Kräuteraufgüsse [Tees]; Nicht medizinischer Kandis; Nicht medizinischer Tee aus Cranberry-Blättern; Nicht medizinischer Tee mit Cranberry-Extrakten; Nicht medizinischer, lose verkaufbarer Tee; Oolong-Tee; Oolong-Tee [chinesischer Tee]; Pflanzliche Präparate zur Verwendung als Kaffeeersatzmittel; Propolis *; Propolis für Nahrungszwecke; Präparate für die Zubereitung von Getränken auf Kakaobasis; Präparate für die Zubereitung von Getränken auf Teebasis; Präparate für die Zubereitung von Kaffeegetränken; Pulverförmige kakaohaltige Präparate für die Zubereitung von Getränken; Rosmarin-Tee; Salz; Salz für Nahrungsmittel; Salz zum Kochen; Salz zum Würzen von Speisen; Schwarzer Tee; Schwarzer Tee [englischer Tee]; Schwarzkümmel; Sojamehl; Sojamehl für Speisezwecke; Speisesalz, Würzmittel, Gewürze, Aromastoffe für Getränke; Süße Brotaufstriche [Honig]; Tee *; Tee [nicht medizinisch] aus Cranberry-Blättern; Tee [nicht medizinisch] mit Zitrone; Tee [nicht medizinisch] mit Zitronenaroma; Tee aus gedörrtem Gerstenpulver mit Schale [Mugicha]; Tee aus salzigem Seetangpulver [Kombucha]; Tee zum Aufgießen; Tee-Ersatzmittel; Tee-Essenzen; Teebeutel; Teebeutel [nicht medizinisch]; Teeblätter; Teeersatzmittel; Teeersatzmittel [ausgenommen für medizinische Zwecke]; Teeextrakte; Teegetränke; Teemischungen; Verarbeitete Getreidekörner; Verarbeitete Getreidekörner [Zerealien] für die menschliche Ernährung; Verarbeitete Getreideprodukte; Verarbeitete Kräuter; Verarbeiteter Ginseng zur Verwendung als Kräuter, Gewürz oder Aromastoff; Verarbeiteter Hafer; Verarbeiteter Hafer für die menschliche Ernährung; Verarbeitetes Getreide; Verarbeitetes Getreide für die menschliche Ernährung; Verarbeitetes Getreide und Stärken für Nahrungsmittel sowie Waren hieraus, Backzubereitungen und Hefe; Vorwiegend aus Zerealien bestehende Müslis; Weiterverarbeitetes Getreide; Weizenkeime; Weizenkeime [ausgenommen diätetische Nahrungsergänzungsmittel]; Weizenkeime für die menschliche Ernährung; Weißer Lotus-Tee [Baengnyeoncha]; Würzmittel; Würzmittel für Lebensmittel; Würzmittel in Pulverform; Würzzubereitungen für Nahrungsmittel; Yerba-Mate-Tee; Zerkleinerter Hafer; Überwiegend aus Kakao bestehende Getränke;

6

Klasse 31: Algen; Algen für die menschliche oder tierische Ernährung; Algen zur tierischen Ernährung; Beeren [Früchte]; Brennnesseln; Essbare Nüsse [unverarbeitet]; Futtermittel aus Sojaprodukten; Gerste; Getreide für Futterzwecke verarbeitet; Getreideprodukte für Futterzwecke; Getreidepräparate als Tiernahrung; Hafer; Hafer zu Futterzwecken; Kakaobohnen [roh]; Kakaobohnen [unverarbeitet]; Keime [Pflanzen]; Kleie; Kleiebrei [Tierfutter]; Kolanüsse; Leinsamen als Tierfutter; Leinsamenmehl als Tierfutter; Leinsamenmehl für Futterzwecke; Nüsse; Pollen [Rohstoff]; Rohe Beeren; Sojabohnenmehl [Futtermittel für Tiere]; Unbearbeitete Algen für den menschlichen Verzehr; Unbearbeitete Nüsse; Unbearbeiteter Ingwer; Unverarbeitete Beeren; Unverarbeitete Kräuter; Unverarbeitete Nüsse; Verarbeitetes Getreide zu Futterzwecken; Weizenkeime als Tierfutter; Wurzeln für Nahrungszwecke.

7

Gegen die Eintragung der am 17. Oktober 2014 veröffentlichten Marke hat die Beschwerdeführerin als Inhaberin der prioritätsälteren, am 9. Januar 1996 unter der Nummer 657 349 international registrierten Marke

8

NATUREX

9

und der prioritätsälteren, am 2. September 2005 unter der Nummer 866 427 international registrierten Marke

10

NATUREX

11

am 10. Dezember 2014 Widerspruch erhoben.

12

Die international registrierte Marke 657 349 genießt Schutz für die nachfolgenden Waren:

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Klasse 1: Produit naturel destiné à conserver les aliments;

14

Klasse 2: Produit naturel destiné à colorer les aliments;

15

Klasse 3: Produit naturel destiné à conserver les produits cosmétiques et de parfumerie; produit naturel destiné à colorer les produits cosmétiques et de parfumerie; produit naturel destiné à aromatiser les aliments (huiles essentielles);

16

Klasse 30: Produit naturel destiné à aromatiser les aliments (autre que les huiles essentielles).

17

Die international registrierte Marke 866 427 genießt Schutz für die nachfolgenden Waren:

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Klasse 5: Substances diététiques à usage médical; compléments nutritionnels à usage médical; suppléments alimentaires minéraux à usage medical;

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Klasse 29: Compléments nutritionnels non à usage médical à base de légumes, poissons et viandes.

20

Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss einer Beamtin des höheren Dienstes vom 31. August 2017 beide Widersprüche aus den international registrierten Marken 657 349 und 866 427 zurückgewiesen und ausgeführt, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken halte die angegriffene Marke auch im Zusammenhang mit identischen Vergleichswaren einen hinreichend deutlichen Zeichenabstand ein. Die Waren der Klasse 30 der Widerspruchsmarke IR 657 349 seien gegenüber den Waren der angegriffenen Marke hochgradig ähnlich bis identisch. Gleiches gelte für die Waren der Klasse 5 der Widerspruchsmarke IR 866 427. Es könne als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob den Widerspruchsmarken in ihrer Gesamtheit noch eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft zukomme. Das Wort „Natur“ sei im Bereich der Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel weit verbreitet und werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als sachbeschreibender Hinweis auf natürliche oder naturbelassene Produkte verstanden. Jedenfalls sei der Gesamteindruck der Vergleichsmarken hinreichend unterschiedlich, so dass eine Verwechslungsgefahr auszuschließen sei. Zwar stimmten die sich gegenüberstehenden Marken in dem jeweils am Wortanfang befindlichen Bestandteil „NATUR“ überein, wobei Wortanfänge im Allgemeinen stärker beachtet würden als die übrigen Markenteile. Jedoch beschränkten sich vorliegend die Gemeinsamkeiten der Vergleichsmarken im Wesentlichen auf ein schutzunfähiges Element, so dass es für die Frage der Zeichenähnlichkeit auf die weiteren Markenteile ankomme. Vor diesem Hintergrund reichten die Unterschiede am jeweiligen Wortende aus, um eine klangliche und schriftbildliche Verwechslungsgefahr auszuschließen. Die Endung „herz“ der jüngeren Marke sei deutlich länger als die beiden Buchstaben „ex“ der Widerspruchsmarken. Im schriftbildlichen Gesamteindruck führe dies zu einem deutlich unterschiedlichen Umrisscharakter. Auch klanglich unterschieden sich die letzten beiden Konsonanten der angegriffenen Marke „rz“ hinreichend deutlich von dem letzten Konsonanten „X“ der Widerspruchsmarken, da es sich um klangstarke Konsonanten handle. Verwechselungsmindernd komme hinzu, dass die Widerspruchsmarken einen Phantasiebegriff darstellten, wohingegen sich die angegriffene Marke aus den beiden deutschen Substantiven „Natur“ und „Herz“ zusammensetze. Dies erkenne der angesprochene Verkehr auch ohne weiteres, selbst wenn es sich bei dem Wort „Naturherz“ nicht um einen lexikalisch nachweisbaren Begriff handle.

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Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass die Widerspruchsmarken originär durchschnittlich kennzeichnungskräftig seien. Zum einen seien die beanspruchten Waren nicht zwingend natürlichen Ursprungs. Zum anderen könnten die Widerspruchsmarken nur bei einer unzulässigen zergliedernden Betrachtung als sachbeschreibender Hinweis im Sinne von „natürlich“ verstanden werden. Nachdem die beanspruchten Waren auch von Durchschnittsverbrauchern gekauft würden, die in diesem Zusammenhang lediglich eine durchschnittliche Sorgfalt walten ließen, müsse die angegriffene Marke einen deutlichen Zeichenabstand einhalten. Vorliegend stimmten die Vergleichszeichen aber im stärker beachteten Wortanfang identisch überein und wiesen im Wortende jeweils den deutlich wahrnehmbaren Vokal „E“ auf. Auch die Konsonanten der Wortenden seien als stimmhaftes „s“ jeweils sehr ähnlich auszusprechen. Angelehnt an die französische Aussprache könnten die Widerspruchsmarken auch in die Silben „Na-tur-ex“ gegliedert werden, was sie in der Silbengliederung der angegriffenen Marke „Na-tur-herz“ annähere. Insgesamt seien die Vergleichszeichen klanglich hochgradig ähnlich. Zudem könne nicht davon ausgegangen werden, dass die hochgradige klangliche Ähnlichkeit von einer abweichenden Wortbedeutung neutralisiert werde. Denn auch die jüngere Marke weise keinen verständlichen Begriffsinhalt auf, da es kein „Naturherz“ gebe. Die Vergleichszeichen könnten deshalb in begrifflicher Hinsicht allenfalls auf den Bestandteil „Natur“ reduziert werden, der in allen Zeichen identisch enthalten sei. Dies widerspreche der Annahme einer Neutralisierung der hohen klanglichen Zeichenähnlichkeit durch einen unterschiedlichen Begriffsinhalt.

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Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

23

den Beschluss der Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. August 2017 aufzuheben und die Marke 30 2014 036 697 auf den Widerspruch aus den international registrierten Marken 657 349 und 866 427 zu löschen und dem Inhaber der angegriffenen Marke die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

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die Beschwerde zurückzuweisen und der Widersprechenden die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Der Inhaber der angegriffenen Marke ist der Auffassung, dass der Beschluss der Markenstelle zutreffend sei. Da die Widersprechende trotz der Zurückweisung der Widersprüche durch das DPMA und trotz des Hinweises des Senats vom 1. Dezember 2017, mit dem mitgeteilt worden war, dass die Beschwerde keine Aussicht auf Erfolg hat, weiterhin auf ihrem Widerspruch beharre, seien ihr die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenstelle für Klasse 30 vom 31. August 2017, auf die Schriftsätze der Beteiligten, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 1. Dezember 2017 und den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

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Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr nach §§ 125b Nr. 1 MarkenG, 119, 124, 114, 9 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, so dass die Markenstelle die Widersprüche aus den international registrierten Marken 657 349 und 866 427 zu Recht zurückgewiesen hat, § 114 Abs. 3 i. V. m. § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG.

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1. Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z. B. EuGH GRUR 2010, 933 Rn. 32 – BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098 Rn. 44 – Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; GRUR 2013, 833 Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria; GRUR 2016, 382 Rn. 19 – BioGourmet; Entscheidung vom 12. Juli 2018, I ZR 74/17, Rn. 17 – Combit/Commit, der Entscheidungstext ist über die Entscheidungsdatenbank des BGH zugänglich). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese einzelnen Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343 Rn. 48 – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64 Rn. 9 – Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040 Rn. 25 – pjur/pure; siehe auch Ströbele/ Hacker/Thiering, Markengesetz, 12. Aufl., § 9 Rn. 41 ff. m. w. N.). Darüber hinaus können sich für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren entscheidungserheblich auswirken, wie u. a. etwa die Art der Ware oder der Dienstleistungen, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

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1.1 Beim Vergleich der sich gegenüberstehenden Waren ist von der Registerlage auszugehen, nachdem Benutzungsfragen nicht aufgeworfen worden sind. Die jeweiligen Vergleichswaren sind danach teilweise identisch, teilweise hochgradig ähnlich und teilweise durchschnittlich ähnlich, wobei der Ähnlichkeitsgrad der insoweit betroffenen Vergleichswaren im Einzelnen als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben kann, da – wie nachfolgend ausgeführt – eine Verwechslungsgefahr selbst bei identischen Waren nicht gegeben ist.

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1.2 Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken ist durchschnittlich. Es trifft zwar zu, dass in den Widerspruchsmarken erkennbar das Wort „Natur“ enthalten ist, das von den angesprochenen Verkehrskreisen für sich genommen als beschreibender Hinweis dahingehend verstanden wird, dass das betreffende Produkt besonders umweltschonend hergestellt wird oder vergleichsweise wenig verarbeitet ist. Der Umstand, dass dieser Zeichenbestandteil gewisse Assoziationen im Sinne von „natürlich“ oder „naturschonend“ auslösen kann, steht aber der Annahme einer originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft nicht grundsätzlich entgegen. Denn der beschreibende Begriff „Natur“ ist in den Widerspruchszeichen jedoch durch die Hinzufügung der Buchstaben „ex“ so weit verfremdet, dass nicht mehr davon ausgegangen werden kann, dass die Widerspruchsmarken nur über eine schwache Kennzeichnungskraft verfügen. Insbesondere haben die beiden Bestandteile „Natur“ und „ex“ in der konkreten Zusammenfügung keinen erkennbaren gedanklichen Inhalt, wobei ohnehin zu berücksichtigen ist, dass nach der normalen Silbengliederung die Widerspruchsbezeichnungen eher wie „Na-tu-rex“ ausgesprochen werden. Die Gesamtbezeichnung „Naturex“ ist damit ein Fantasiewort ohne konkreten Sinngehalt. Umstände, die für eine Stärkung oder Schwächung der originär durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken sprechen könnten, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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Ausgehend von normaler Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und teilweiser Identität der Vergleichswaren hat die angegriffene Marke von den Widerspruchsmarken einen deutlichen Zeichenabstand einzuhalten, der aber nach Auffassung des Senats in jeder Beziehung gewahrt ist.

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1.3 Die Ähnlichkeit von Kollisionszeichen ist nach deren Ähnlichkeit im (Schrift-) Bild, im Klang und im Bedeutungs- oder Sinngehalt zu beurteilen, weil Marken auf die mit ihnen angesprochenen Verkehrskreise in bildlicher, klanglicher und begrifflicher Hinsicht wirken können. Dabei genügt für die Bejahung der Zeichenähnlichkeit regelmäßig bereits die Ähnlichkeit in einem der genannten Wahrnehmungsbereiche. Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Abzustellen ist dabei auf die Wahrnehmung des angesprochenen Durchschnittsverbrauchers, der eine Marke regelmäßig in ihrer Gesamtheit erfasst und nicht auf die verschiedenen Einzelheiten achtet (so z. B. BGH in GRUR 2016, 283 Rn. 37 – BioGourmet m. w. N.).

34

Zwar weisen vorliegend die jeweiligen Vergleichsbezeichnungen „Naturherz“ und „NATUREX“ bei formaler Betrachtung sowohl klanglich als auch schriftbildlich gewisse Übereinstimmungen auf. Jedoch hält die jüngere Marke in schriftbildlicher Hinsicht schon wegen der charakteristischen Endkonsonanten „z“ bzw. „x“ einen deutlichen Abstand ein, wobei dieser Unterschied insbesondere in Großschreibung verwechslungsmindernd hervortritt. In Kleinschreibung kommt in der Umrisscharakteristik der Vergleichszeichen die nur in der jüngeren Marke vorhandene Oberlänge in dem Konsonanten „h“ hinzu. In klanglicher Hinsicht stimmen die Vergleichsbezeichnungen zwar bei gleicher Silbenzahl und gleicher Vokalfolge in der Anfangssilbe überein. Zudem weisen sie bis auf den allein in der angegriffenen Marke vorhandenen Buchstaben bzw. Laut „h“ auch identische oder klangähnliche Konsonanten auf. Andererseits ist die Silbengliederung der Vergleichsbezeichnungen deutlich unterschiedlich (Na-tur-herz und Na-tu-rex). Entgegen der Auffassung der Widersprechenden hat der maßgebliche inländische Verkehr keinen Anlass, die Widerspruchsmarken „französisch“ (Na-ture-x) auszusprechen. Die Tatsache, dass die Widersprechende ihren Sitz in Frankreich hat, rechtfertigt diese Annahme nicht, da der Sitz der Widersprechenden dem Verkehr in der Regel nicht bekannt sein wird. Zudem lässt auch die Bildung und die Art der Widerspruchsbezeichnungen eine französische Aussprache nicht naheliegend erscheinen. Zu einem relevanten klanglichen Zeichenunterschied führt auch der Umstand, dass die angegriffene Marke „Naturherz“ ein Kompositum aus den zwei Begriffen „Natur“ und „Herz“ darstellt, was eine deutlich abgesetzte Aussprache in zwei Wörtern nahelegt bzw. zu einer deutlichen Zäsur zwischen der zweiten und der dritten Sprechsilbe führt (Natur – herz). Diese Aussprache wird auch durch die Aufeinanderfolge der Konsonanten „R“ und „H“ gefördert, die sich schlecht verschleifen lassen, so dass die angegriffene Marke gegenüber dem als ein Wort auszusprechenden Zeichen „Naturex“ einen deutlich abweichenden Sprechrhythmus aufweist. Im Übrigen heben sich auch die klangstarken Schlusskonsonanten „z“ und „x“ noch relativ deutlich voneinander ab.

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Vorliegend kommt darüber hinaus entscheidungserheblich zum Tragen, dass die angegriffene Bezeichnung einen sofort erkennbaren Begriffsinhalt aufweist, welcher die klanglichen Übereinstimmungen derart überlagert, dass eine Verwechslungsgefahr hinreichend neutralisiert wird (siehe dazu Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 9 Rn. 305 ff. mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen). Soweit die Widersprechende darauf verweist, dass der Begriff „Naturherz“ keinen erkennbaren Sinngehalt aufweise, gibt auch dies zu keiner anderen Entscheidung Anlass. Zwar trifft es zu, dass der Begriff „Naturherz“ insoweit interpretationsbedürftig ist, als er weder lexikalisch noch allgemeinsprachlich mit einer konkreten Bedeutung nachweisbar ist. Das Kompositum aus den einfachen Begriffen „Natur“ und „Herz“ kann in dem Sinne verstanden werden, dass der Hersteller der Produkte „ein Herz für die Natur hat“ oder dass die Produkte „aus dem Herzen der Natur“ stammen. Gleichwohl wird der angesprochene Verkehr den Begriff auch ohne analysierende Betrachtung als eine sinnhafte, tatsächliche Bezeichnung verstehen und nicht als sinnfreies Kunstwort oder reine Fantasiebezeichnung. In der deutschen Sprache werden häufig neue Begriffe als Komposita gebildet, die trotz ihrer „Neuheit“ vom Verkehr unmittelbar verstanden werden.

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Im Übrigen hat die Markenstelle auch zu Recht darauf hingewiesen, dass die Übereinstimmung der Vergleichsbezeichnungen in dem rein beschreibenden Zeichenbestandteil „Natur“ schon aus Rechtsgründen nicht geeignet ist, die Verwechslungsgefahr zu begründen (BPatG 25 W (pat) 70/00 – corotrat/Korodin; 25 W (pat) 550/17 – veggie/vegit; die Entscheidungen sind über die Homepage des Bundespatentgerichts öffentlich zugänglich).

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Im Ergebnis kann auch bei teilweiser Identität bzw. hochgradiger Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Waren und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken wegen der Zeichenunterschiede und der verwechslungsmindernden (neutralisierenden) Begrifflichkeit der angegriffenen Marke eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden, so dass die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen war.

38

2. Die Auferlegung von Kosten war nicht veranlasst. Das markenrechtliche Beschwerdeverfahren ist gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG kostenrechtlich von dem Grundsatz geprägt, dass jeder Beteiligte die ihm entstehenden Kosten selbst zu tragen hat. Eine Kostenauferlegung kommt nur dann in Betracht, wenn eine Verfahrensbeteiligte in einer nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslosen oder zumindest kaum Aussicht auf Erfolg versprechenden Situation ihr Interesse am Erhalt bzw. am Erlöschen des Markenschutzes durchzusetzen versucht (so ständige Rechtsprechung; vgl. auch Ströbele/Hacker/Thiering, MarkenG, 12. Aufl., § 71 Rn. 11 ff.; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., § 71 Rn. 8 ff.; Büscher in Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 3. Aufl., § 71 MarkenG, Rn. 5 i. V. m. Rn. 2 jeweils mit weiteren Nachweisen). Solche Umstände sind im vorliegenden Verfahren schon deswegen nicht ersichtlich, weil die Vergleichsbezeichnungen gewisse Übereinstimmungen aufweisen, die bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarken und teilweiser Warenidentität eine sorgfältige und differenzierte Prüfung der Zeichenähnlichkeit erfordern. Insofern führt auch der Hinweis des Senats vom 1. Dezember 2017, dem die Widersprechende mit beachtlichen Sachargumenten entgegengetreten ist, nicht dazu, dass die Weiterverfolgung des Widerspruchs nach anerkannten Beurteilungsgesichtspunkten aussichtslos erscheinen musste. Hinzu kommt, dass nach dem Hinweis des Senats keine weiteren Kosten entstanden sind, so dass es insofern auch an einer Kausalität zwischen dem (nach Auffassung des Markeninhabers sorgfaltswidrigen) Verhalten der Widersprechenden und dem Entstehen von weiteren Verfahrenskosten fehlt.

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3. Über die Beschwerde konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden. Eine solche war von den Beteiligten nicht beantragt worden, § 69 Nr. 1 MarkenG. Eine mündliche Verhandlung war auch nicht aus Gründen der Sachdienlichkeit veranlasst, § 69 Nr. 3 MarkenG.