Entscheidungsdatum: 30.05.2012
In der Beschwerdesache
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betreffend die Markenanmeldung 30 2008 007 794.8
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 30. Mai 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters Metternich
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Das nachfolgend abgebildete Zeichen
ist am 8. Februar 2008 zur Eintragung als Wort-Bild-Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister für die nachfolgend genannten Waren der Klasse 30 angemeldet worden:
Zuckerwaren, Schokolade und Schokoladewaren, feine Backwaren.
Die Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts hat diese unter der Nummer 30 2008 007 794.8 geführte Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit zwei Beschlüssen vom 21. Juli 2009 und vom 28. Februar 2011, von denen der Letztgenannte im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen.
Die Markenstelle ist der Auffassung, dass dem angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Die Wortfolge "Cereal Crunch" sei sprachüblich gebildet worden, wobei es sich um eine ohne weiteres verständliche, den Verbraucher ansprechende und zum Erwerb der beanspruchten Waren anregende Aussage handele. Der Begriff "Cereal" bedeute "Zerealie, Getreide" und werde, wie sich aus den Rechercheergebnissen der Markenstelle ergebe, im Lebensmittelbereich verwendet, um auf Zerealien/Getreide als Inhaltsstoff hinzuweisen. Der weitere Wortbestandteil "Crunch" werde in diesem Bereich verwendet, um auf die Knusprigkeit der Ware hinzuweisen. In seiner Gesamtheit stelle das angemeldete Zeichen hinsichtlich der beanspruchten Waren eine reine Sachangabe dar, indem es auf deren Inhaltsstoffe und deren Beschaffenheit hinweise. Die farbliche und grafische Gestaltung könne die Schutzfähigkeit des angemeldeten Zeichens nicht begründen. Es handele sich um eine werbeübliche Gestaltung, die ein einfaches bildliches Hervorhebungsmuster enthalte, welches als betrieblicher Herkunftshinweis nicht geeignet sei. Soweit sich die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen berufe, seien diese bereits von ihrer Zeichenbildung her nicht mit dem angemeldeten Zeichen vergleichbar. Zum anderen könnten Voreintragungen keine Bindungswirkung entfalten.
Hiergegen richtet sich die von der Anmelderin erhobene Beschwerde.
Sie hält an ihrer Auffassung fest, dass das angemeldete Zeichen schutzfähig sei. Nach dem für Deutschland geltenden Markengesetz reiche jede noch so geringe Unterscheidungskraft aus, um das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu überwinden. Soweit die Markenstelle aufgrund von Entscheidungen des EuGH ein Interesse, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren, berücksichtige, sei dies problematisch, da die Berücksichtigung eines solchen Interesses zum einen sich allenfalls auf die Sorgfalt der Prüfung, nicht aber auf die materielle Grenze der Unterscheidungskraft beziehe und zum anderen der EuGH das deutsche Markengesetz mit seiner Rechtsprechung weder ändern noch interpretieren könne. Ferner seien die von der Markenstelle recherchierten Trefferlisten ungeeignet, um zu belegen, dass es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine beschreibende Angabe handele.
Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die angemeldete Wortfolge ohne weiteres verständlich sein solle. Insbesondere sei nicht widerlegt, dass die deutsche Übersetzung von "Cereals", nämlich "Zerealien" nur im Handelsverkehr verwendet werde. Die Verbraucher benutzten, wenn überhaupt, diesen Begriff allenfalls für Müsli und andere Mischungen aus Getreideflocken, nicht aber in Bezug auf Getreideerzeugnisse im Allgemeinen und insbesondere nicht für feine Backwaren. Ein anderweitiger Schluss könne auch nicht aus in das Internet gestellten privaten Kochrezepten geschlossen werden. Ferner bedeute das Wort "Crunch" als Substantiv "Krise, schlechte Situation", während das Adjektiv, von welchem die Markenstelle im Zusammenhang mit dem Begriff "knusprig" ausgegangen sein könnte, "crunchy" laute. Weder das Wort "Crunch" noch das Wort "crunchy" seien dem Verbraucher bekannt, wobei ein adjektivisches Verständnis des Wortes "Crunch" eine intellektuelle Leistung voraussetze, die bei der Wahrnehmung von Süßwaren üblicherweise nicht aufgebracht werde. Letztlich habe die Wortkombination "Cereal Crunch" keinen direkt verständlichen Inhalt oder Sinn.
Das angemeldete Zeichen habe auch wegen seiner grafischen Darstellung Unterscheidungskraft. Die Wortfolge "Cereal Crunch" sei in einem flachen Halbbogen geschrieben mit drei Farben - mittelbraun für "cereal", hellbraun für "crunch" und einer goldenen Schattierung, die bei dem Wort "cereal" weitaus deutlicher sei als bei dem Wort "crunch" - und in einer eigenwilligen Schrifttype. In ihrer Summe führten diese Besonderheiten dazu, dass der angemeldete Schriftzug originell sei und sich von der textlichen Umgebung abhebe, so dass er als betriebliches Kennzeichen verstanden werde. Der Verkehr sei im Übrigen an Marken gewöhnt, die an Text und Gestaltung keine große Unterscheidungskraft aufwiesen, wozu auch die Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts beigetragen habe. Insgesamt besitze das angemeldete Zeichen die erforderliche Unterscheidungskraft. Die Markenstelle habe die Relevanz von Voreintragungen verkannt, zumal gerade die vorgenannte Verkehrsgewohnheit in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sei.
Die Anmelderin beantragt (sinngemäß),
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 30 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 21. Juli 2009 und vom 28. Februar 2011 aufzuheben.
Die Anmelderin regt hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu folgenden Fragen an:
Die Markenstelle habe höhere Anforderungen an die Unterscheidungskraft gestellt als § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fordere. Diese habe sie aus der Rechtsprechung des EuGH abgeleitet; dann aber stelle sich die Frage, ob die Rechtsprechung des EuGH tatsächlich den von der Markenstelle angenommenen Inhalt habe und ob sie dann auch unmittelbar auf das deutsche Recht einwirke oder - nur - von der deutschen Rechtslage abweiche. Des weiteren sei zu klären, ob Voreintragungen bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft auch dann ohne Relevanz für die Beurteilung der Unterscheidungskraft seien, wenn eine größere Zahl vergleichbar ähnlicher Marken eingetragen sei und die Verkehrsauffassung derart mitgeprägt hätten, dass der Verkehr sie als betriebliches Herkunftskennzeichen wahrnehme.
Ihren mit der Beschwerdeerhebung ebenfalls hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin zurückgenommen. Der bereits bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung ist daraufhin aufgehoben worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Entgegen der Auffassung der Anmelderin fehlt dem angemeldeten Zeichen gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG die Unterscheidungskraft, so dass die Markenstelle die Anmeldung zu Recht zurückgewiesen hat (§ 37 Abs. 1 MarkenG).
1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - "Henkel"; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - "FUSSBALL WM 2006"). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH 2006, 850, Tz. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH - FUSSBALL WM 2006, a. a. O.).
Hiervon ausgehend fehlt dem angemeldeten Zeichen jegliche Unterscheidungskraft, da die Wortfolge "Cereal Crunch" im Zusammenhang mit den vorliegend beanspruchten Waren eine Beschaffenheitsangabe mit der Bedeutung "Getreide enthaltend und knusprig" darstellt, so dass der Verkehr dem angemeldeten Zeichen in dieser Bedeutung einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt, nämlich eine warenbeschreibende Angabe zuordnet und dieses Zeichen mithin nicht als betrieblichen Herkunftshinweis auffasst.
Das englischsprachige Wort "cereal" bedeutet als Substantiv "Getreide, Zerealie, Kornfrucht, Getreidepflanze, -flocken" und wird auch als Umschreibung für Müsli oder Cornflakes benutzt (vgl. den der Anmelderin als Anlage 1 zum Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012 übermittelten Auszug aus dict.cc, Bl. 50 - 51 d. A.). Es wird schon wegen der weitgehenden Übereinstimmung mit dem Begriff "Zerealien", der im Sinne von "Getreidesorte, Feldfrucht", aber auch als Umschreibung für ein Gericht aus Getreideflocken in der deutschen Sprache verwendet wird (vgl. dazu Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, S. 2053, der Anmelderin als Anlage 2 zum Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012 übermittelt, Bl. 52 d. A.), vom Verkehr, hier insbesondere auch von dem normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Endverbraucher der beanspruchten Waren, in dem vorgenannten Sinn verstanden werden. Die Behauptung der Anmelderin, der Begriff "Zerealie" werde nur im Handelsverkehr verwendet (was im Übrigen für die Bejahung einer beschreibenden Angabe auch schon ausreichen würde, weil auch die Fachleute einen ausreichend relevanten Verkehrskreis darstellen würden; vgl. dazu EuGH GRUR 2006, 411, Tz. 24 - Matratzen Concord) ist unzutreffend. Dieser Begriff wird im vorgenannten Sinne in Ratgebern für das Zubereiten von Speisen (vgl. Anlage 3 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 53 d. A.), für gesunde Ernährung und auch als Produktbezeichnung in an die Endverbraucher gerichteten Online-Angeboten im Bereich Lebensmittel-Versand verwendet (vgl. die Anlagen 4 und 5 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 53 - 57 d. A.). Auch der englischsprachige Begriff "Cereal" wird in der Bezeichnung "The cereal club" für einen Internetanbieter von Müslimischungen (vgl. Anlage 6 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 58 -59 d. A.), "Cereal Flakes" für glutenfreie Reis-Mais-Flocken (vgl. Anlage 7 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 60 - 61 d. A.) und Swiss Cereal-Drink Hirse (vgl. Anlage 8 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 62 d. A.) in Deutschland verwendet.
Der weitere, ebenfalls englischsprachige Wortbestandteil "Crunch" bedeutet als Verb "knirschend kauen, geräuschvoll knabbern, zermalmen, knirschen" und "knuspern", während dieses als Substantiv nicht nur die Bedeutung "Krise, kritische oder böse Situation", sondern auch "(das) Knirschen" hat (vgl. den der Anmelderin als Anlage 9 zum Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012 übermittelten Auszug aus dict.cc, Bl. 63 - 64 d. A.). Im Lebensmittelbereich wird der Begriff "Crunch" in Verbindung mit knusprigen Produkten verwendet, so z. B. für einen Fitness-Riegel (Multipower Crunch Riegel, vgl. Anlage 10 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 65 - 67 d.A.) und diverse Müsli-Mischungen (vgl. Anlagen 11 und 12 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 68 - 69 d. A.), wobei Produkte wie eine "Chocolate Crunch" Milchschokolade als "mit knusprigen Waffelstückchen" (vgl. Anlage 13 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 70 - 71 d. A.) und ein "Crunch Müsli" als "Knuspermüsli" angeboten werden (vgl. Anlage 14 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 72 d. A.; die englische Fassung der gleichen Website verwendet zudem die Wortfolge "Crunch cereal" im Zusammenhang mit der Produktbeschreibung, vgl. Anlage 15 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 73 d. A.). Ferner werden eine Schokolade namens "CRUNCH - die knusprige Schokolade" (vgl. Anlage 16 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 74 d. A.) und - wenn auch aus einem unterschiedlichen Warengebiet - das Produkt "Whiskas Crunch - der große Knusperspaß" (vgl. Anlage 17 zu dem der Anmelderin übermittelten Ladungszusatz vom 27./29. Februar 2012, Bl. 75 d. A.) angeboten.
Von einer schutzbegründenden Mehrdeutigkeit des Begriffs "Crunch", der abstrakt betrachtet mehrere Bedeutungen haben mag, kann nicht ausgegangen werden, weil bei der Frage der Unterscheidungskraft allein auf den konkreten Warenzusammenhang abzustellen ist (vgl. dazu Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 75). Aufgrund des somit eindeutigen und gerade im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren sinnvollen Aussagegehalts der Wortfolge "Cereal Crunch" bedarf es für den maßgeblichen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Endverbraucher auch weder einer analysierenden Betrachtungsweise noch eines vertieften Nachdenkens, um diesen rein sachlichen Bezug zwischen der angemeldeten Wortfolge und den beanspruchten Waren zu erkennen und zu erfassen.
Auch die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke wirkt nicht schutzbegründend. Die Gestaltungsmerkmale - Schriftbild, Bogenform, unterschiedliche Farben und Schattierungen innerhalb der Wortbestandteile - sind auch in ihrer Gesamtheit keineswegs ungewöhnlich, sondern halten sich im Rahmen des Werbeüblichen und erscheinen nicht geeignet, die warenbeschreibende Bedeutung der Wortbestandteile ausreichend in den Hintergrund treten zu lassen und damit herkunftshinweisend zu wirken (vgl. auch die Senatsentscheidung 25 W (pat) 518/10 vom 18. Mai 2011 - Türkischer Apfel, veröffentlicht in PAVIS PROMA, sowie Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 150 ff. und Rdn. 410 ff. mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen).
2. Soweit die Anmelderin auf aus ihrer Sicht vergleichbare Voreintragungen verwiesen hat, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Bestehende Eintragungen sind zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u.a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47 - 51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42 - 44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428, Tz. 63 - Henkel). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundespatentgerichts und des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH GRUR 2008, 1093, Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG GRUR 2007, 333 - Papaya mit ausführlicher Begründung und zahlreichen Literatur- und Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.
3. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst. Weder war eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden (§ 82 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG), noch ist die Zulassung der Rechtsbeschwerde zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 82 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).
a) Zu der ersten von der Anmelderin in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Frage ist anzumerken, dass bereits die Ausgangsthese, die sie ihrer Fragestellung zugrunde gelegt hat, unzutreffend ist. Es ist nicht ersichtlich, dass die Markenstelle - und im Übrigen auch der erkennende Senat - an die Untergrenze der Unterscheidungskraft höhere und als solche aus der Rechtsprechung des EuGH abgeleitete Anforderungen gestellt hat als diejenigen, die § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nach Auffassung der Anmelderin enthalte. § 8 Abs. 2 MarkenG setzt die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988, geändert durch die Richtlinie 2008/95/EG vom 22. Oktober 2008 (i. F.: Markenrechtsrichtlinie) in deutsches Recht um. Die Markenrechtsrichtlinie bezweckt eine Angleichung des in den Mitgliedstaaten der EU geltenden Markenrechts, um Behinderungen des freien Waren- und Dienstleistungsverkehrs und Verfälschungen der Wettbewerbsbedingungen im Gemeinsamen Markt entgegenzuwirken (vgl. Erwägungsgrund 2 der Markenrechtsrichtlinie). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf absolute Eintragungshindernisse nach Art. 4 Abs. 1 Markenrechtsrichtlinie, die - auch und gerade insoweit - verbindliche Standards für die Mitgliedstaaten der EU enthält (vgl. die amtl. Begründung zum Entwurf des Markenrechtsreformgesetzes, Bl. f. PMZ 1994, Sonderheft, S. 47). Unzutreffend ist daher, dass Markenrechtslinie und deutsches MarkenG hinsichtlich der für die Schutzhindernisse geltenden Standards unterschiedliche Anforderungen gelten - es sei denn, man geht davon aus, dass der deutsche Gesetzgeber die Markenrechtsrichtlinie in diesem Punkt unvollständig umgesetzt hat. Dann aber wäre weniger die Zulassung der Rechtsbeschwerde, sondern eher eine Vorlage an den EuGH zur Klärung der Frage veranlasst, ob das deutsche Markengesetz die europäische Markenrechtsrichtlinie hinsichtlich der absoluten Schutzhindernisse ordnungsgemäß umgesetzt hat.
Letzteres ist aber nicht der Fall. In Bezug auf die Voraussetzungen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG soll - worauf die Anmelderin in ihrer Beschwerdebegründung selbst hingewiesen hat - das deutsche Markengesetz keine inhaltlichen Änderungen gegenüber der insoweit obligatorischen Bestimmungen der Markenrechtsrichtlinie enthalten (vgl. die amtl. Begründung zum Entwurf des Markenrechtsreformgesetzes, Bl. f. PMZ 1994, Sonderheft, S. 64). Dann aber kann auch nicht beanstandet werden, wenn bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit eines als Marke angemeldeten Zeichens im Einzelfall (auch) die einschlägige Rechtsprechung des EuGH im Sinne einer richtlinienkonformen Auslegung des Markengesetzes als verbindlich berücksichtigt wird, wobei die jeweils zuständigen Behörden und Gerichte sogar verpflichtet sind, die Auslegung des nationalen Rechts unter Ausschöpfung des Beurteilungsspielraumes, den ihnen das nationale Recht einräumt, soweit wie möglich am Wortlaut und am Zweck der zugrundeliegenden europäischen Richtlinie auszurichten (vgl. BGH NJW 2009, 427, Tz. 19).
Die Markenstelle - wie auch der erkennende Senat - haben daher die Rechtsprechung des EuGH neben der Rechtsprechung des BGH in zutreffender Weise als maßgeblich berücksichtigt und sind dabei auch nicht von einer bestehenden Rechtsprechung abgewichen (vgl. zur Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH bei der Beurteilung absoluter Schutzhindernisse durch den BGH: GRUR 2012, 270, Tz. 8; GRUR 2012, 276, Tz. 8; GRUR 2010, 935, Tz. 11).
b) Zu der zweiten, von der Anmelderin aufgeworfenen Frage der Relevanz von Voreintragungen für die Verkehrsauffassung ist anzumerken, dass es sich insoweit nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage handelt. Denn die Registerlage als solche lässt keinen Schluss darauf zu, ob ein als Marke eingetragenes Zeichen vom Verkehr stets auch tatsächlich als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst wird. Vielmehr sind insoweit rein tatsächliche Erwägungen dazu, in welcher Weise und in welchem Umfang ein Zeichen im Zusammenhang mit den jeweils einschlägigen Waren und Dienstleistungen verwendet wird und ob und ggf. wie sich dies auf das Verkehrsverständnis auswirkt, erforderlich. Die von der Markenstelle und vom Senat ermittelten, zahlreichen Belege zur rein beschreibenden Verwendung der Wortbestandteile des angemeldeten Zeichens sprechen eindeutig gegen das von der Anmelderin behauptete, durch ähnliche Voreintragungen bewirkte Verkehrsverständnis und rechtfertigen deshalb keine dahingehende tatrichterliche Beurteilung. Aber selbst wenn für ähnliche Zeichen ein Verkehrsverständnis als betrieblicher Herkunftshinweis festgestellt werden könnte, wäre eine Übertragung dieses Ergebnisses auf andere Zeichen rein spekulativ und nicht ohne weiteres gerechtfertigt, zumal - wie ausgeführt - die von der Markenstelle und vom Senat ermittelten Belege gerade nicht für ein entsprechendes Verkehrsverständnis sprechen.
4. Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Anmelderin hat ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 69 Nr. 1 MarkenG) zurückgenommen. Es waren ferner keine tatsächlichen oder rechtlichen Fragen entscheidungserheblich, die der Erörterung in einer mündlichen Verhandlung bedurft hätten, so dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch aus anderen Gründen nicht geboten war (§ 69 Nr. 3 MarkenG).