Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 27.02.2014


BPatG 27.02.2014 - 25 W (pat) 540/12

Markenbeschwerdeverfahren – "XPRESSIV (IR-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
27.02.2014
Aktenzeichen:
25 W (pat) 540/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze
Art 5 Abs 1 MAbk Madrid
Art 6quinquies Abschn B PVÜ

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die international registrierte Marke IR 1 014 774

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 27. Februar 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Grote-Bittner und des Richters kraft Auftrags Portmann

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Bezeichnung

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XPRESSIV

3

ist am 23. April 2009 unter der Nummer 1 014 774 für Waren der Klasse 19 als Marke international registriert worden. Die Markeninhaberin begehrt Schutz für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für folgende Waren:

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Klasse 19:

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Panneaux, plaques et éléments moulés en fibrociment ou autres matières premières d'origine minérale combinés avec des liants tels que ciment, gypse ou synthétiques destinés à la construction de revêtements en particulier de parois, cloisons, plafonds, et tuyaux et façades et pour la construction d'éléments préfabriqués; murs et façades autoportantes et prêtes pour assemblage, non métalliques.

6

Die mit einer Beamtin des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 19 - Internationale Markenregistrierung - des Deutschen Patent- und Markenamts hat der international registrierten Marke nach entsprechender Beanstandung in einem Beschluss vom 29. November 2011 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert.

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Der international registrierten Marke fehle die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Der Begriff „XPRESSIV“ sei eine Verkürzung des Begriffs „EXPRESSIV“ im Sinne von „ausdrucksstark, ausdrucksvoll“ (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Auflage, S. 561). Die Verkürzung des Präfix „EX-“ auf „X-“ sei werbeüblich und den angesprochenen Verkehrskreisen aus zahlreichen Wortverbindungen, wie z.B. „XPRESS“ für „EXPRESS“, „XTRA“ für „EXTRA“ oder „XCHANGE“ für „EXCHANGE“ bekannt. Diese Annahme werde durch das Ergebnis einer Internet-Recherche unter dem Stichwort „XPRESSIV“ gestützt, die allein … Treffer unter Google TM ergeben habe. Ein sprachregelwidrig gebildeter Fantasiebegriff liege somit nicht vor. Ob das Markenwort „IXPRESSIV“ oder „EXPRESSIV“ ausgesprochen werde, spiele in diesem Zusammenhang keine Rolle.

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Die angesprochenen Verkehrskreise würden in dem Wort „XPRESSIV“ lediglich eine beschreibende Angabe dahingehend sehen, dass die beanspruchten Waren expressiv gestaltet sind und/oder zu einer expressiven Gestaltung beitragen. Das Wort „XPRESSIV“ werde lediglich in seinem Wortsinne verstanden und weise daher keine die Unterscheidungskraft begründende Aussage auf. Dem stehe nicht entgegen, dass der Begriff „XPRESSIV“ im Kontext mit Bildern oder Musikdarbietungen verwendet werde, dass also auch künstlerische Auftritte oder ein Bild als expressiv bezeichnet werden könnten, denn eine ausschließlich auf diesen Bereich beschränkte Verwendung des Begriffs „XPRESSIV“, die die Verwendung in einem anderen Kontext als abwegig erscheinen lasse, sei nicht feststellbar.

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Einer Marke fehle die Unterscheidungskraft nicht nur wenn sie die Ware an sich benenne, sondern auch dann, wenn sie – wie im vorliegenden Fall – deren Beschaffenheit bezeichne. Zur Verständlichkeit des Wortes „XPRESSIV“ trage die Tatsache bei, dass es sich um eine werbeübliche Abwandlung eines deutschen Begriffs handele, die somit lediglich in ihrem Wortsinn und nicht als betriebliches Unterscheidungsmittel verstanden werde.

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Die von der Markeninhaberin genannten nationalen Eintragungen sowie die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke führe zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, da selbst identische oder vergleichbare Marken nach ständiger Rechtsprechung bei der Prüfung auf absolute Eintragungshindernisse zwar zu berücksichtigen seien, aber keine rechtlich bindende Wirkung entfalten könnten. Die Rechtmäßigkeit von Entscheidungen über Markeneintragungen sei nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen, sondern allein auf der Grundlage des Gesetzes.

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Dagegen richtet sich die von der Inhaberin der international registrierten Marke erhobene Beschwerde.

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Sie ist der Meinung, die international registrierte Marke sei gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG unterscheidungskräftig. Das Wort „EXPRESSIV“ habe stets eine personenbezogene Bedeutung und beziehe sich auf den aktiven Ausdruck eines Menschen, wie eines Künstlers oder Redners bei einer künstlerischen Aktion. Es sei nach seinem Wortsinne keine unmittelbare Bezeichnung eines „toten“ Objekts wie einer Faserzementplatte oder einer Hausfassade. Allenfalls könne man hierin eine mittelbare Anspielung auf eine Eigenschaft des Entwicklers, Designers etc. sehen. Aber auch das sei für die beanspruchten Waren nicht beschreibend, da diese in der Regel nicht „designt“, sondern schlicht nach funktionalen Erwägungen gebaut würden. Zudem wäre eine solche Angabe keine direkte Beschreibung der Ware selbst, sondern nur eines vorgelagerten Umstands.

13

Bei dem Wort „EXPRESSIV“ handele es sich angesichts der nüchtern-technischen Natur der beanspruchten Waren um eine deutliche Überhöhung und Übertreibung. Das Markenwort könne daher nicht als ernsthafte Sachangabe aufgefasst werden und komme als seriöse Warenbeschreibung nicht in Betracht. Bezeichnungen, die in einem erkennbaren übertriebenen Missverhältnis zu der von ihnen vermeintlich beschriebenen Sache stehen würden, verstehe der Verkehr nicht mehr als ernsthafte Sachangabe, sondern als betriebliches Unterscheidungsmittel.

14

Hinzu komme, dass es sich vorliegend um bautechnisch/handwerkliche Waren handele, die sich an ein professionelles Fachpublikum wie Dachdecker, Bauträger etc. richten würden. Auch Endverbraucher, die solche Waren erwerben, seien zumindest technisch insoweit vorgebildet, dass sie Baumaterialien richtig auswählen und selbst verbauen könnten. Alle beteiligten Verkehrskreise würden den hier betroffenen bautechnischen Waren in der Erwartung einer nüchtern-sachlichen Ansprache und Information über die technischen Parameter der Waren begegnen. Saloppe oder wie hier völlig überspitzte Beschreibungen vermeintlicher Beschaffenheitsmerkmale seien weder üblich noch würden sie erwartet. Es sei anerkannt, dass der Verkehr in einer unerwartet unsachlichen, überspitzten und saloppen Ansprache keine ernsthafte Sachangabe, sondern vielmehr einen Herkunftshinweis auf einen bestimmten Geschäftsbetrieb sehe.

15

Die beanspruchten Waren seien praktisch-funktionale Rohmaterialien im Rahmen des Baus von Gebäuden und sonstigen Anlagen. In deren Rohzustand sei Ästhetik keine wesentliche Eigenschaft. Die Anbringung von künstlerischen Gestaltungselementen nach dem individuellen Geschmack des Besitzers sei für Fertigbauteile schon ihrer Natur nach ausgeschlossen. Bei den beanspruchten Wänden, Decken und Verkleidungen werde eine optische Komponente erst später durch Tapeten- oder Malerarbeiten geschaffen. Eine expressive Eigenschaft wäre auch keine direkte Beschreibung der Waren, sondern nur eines vorgelagerten Umstands. Die vom Senat mit Schreiben vom 22. Januar 2014 übersandten Internetausdrucke (Anlagen 1 bis 6) seien von eingeschränkter Relevanz, da sich die Fundstellen nicht auf die konkret beanspruchten Waren beziehen würden.

16

Jedenfalls werde das Wort „XPRESSIV“ wie „IXPRESSIV“ ausgesprochen, so dass allenfalls eine Anlehnung an eine beschreibende Angabe vorliegen könne, nicht um die beschreibende Angabe selbst. Die Schutz suchende Marke sei daher mit dem Wort „EXPRESSIV“ nicht gleichzusetzen. Insbesondere für das entscheidungserhebliche Warengebiet seien keine entsprechenden Nachweise vorgelegt worden. Auf dem bautechnischen Gebiet der Faserzementplatten, Wänden und Fassadenteilen sei die Verwendung des Buchstabens „X-“ als Abkürzung für die Silbe „EX-“ nicht üblich. Insoweit verweist die Inhaberin der international registrierten Marke auf die Entscheidung „XPLANT“ (BPatG 28 W (pat) 20/09), in der eine solche Verkürzung auf dem Gebiet der medizinischen Fachterminologie als unbekannt angesehen worden sei.

17

Zudem sei die Tatsache, dass das Wort „XPRESSIV“ in mehreren europäischen Ländern geschützt sei, ein Indiz für die Schutzfähigkeit.

18

Die Markeninhaberin beantragt,

19

den angefochtenen Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts aufzuheben.

20

Ferner hat die Markeninhaberin hilfsweise beantragt bzw. angeregt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Ihren mit der Beschwerdeerhebung hilfsweise gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat sie zurückgenommen. Der bereits bestimmte Termin zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist daraufhin aufgehoben worden.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

22

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft. Sie ist jedoch nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin steht der Erstreckung des Schutzes der international registrierten Marke IR 1 014774 auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in Bezug auf die beanspruchten Waren der Klasse 19 das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegen, so dass die Markenstelle die Schutzerstreckung hinsichtlich dieser Waren zu Recht gemäß §§ 124, 113, 37 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, Art. 5 Abs. 1 PMMA i.V.m. Art. 6 B quinquies PVÜ verweigert hat.

1.

23

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 18 FUSSBALL WM 2006). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Produkten lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 19 FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674, Tz. 86 Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (vgl. BGH - FUSSBALL WM 2006 a.a.O.).

24

Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8, Rdn. 29, 30). Die beanspruchten Waren richten sich zum einen an breite Verkehrskreise, wie z.B. Hausbesitzer, Mieter, und zum anderen an den Fachverkehr, der z.B. Fertigbauteile einbaut oder Fassaden für Häuser errichtet.

25

Ausgehend von diesen Grundsätzen kann der international registrierten Marke nicht die Eignung zugesprochen werden, als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der beschwerdegegenständlichen Waren zu dienen. Vielmehr wird der Verkehr in dem Wort „XPRESSIV“ im Zusammenhang mit diesen Waren ausschließlich eine im Vordergrund stehende produktbeschreibende Angabe sehen.

26

Das Wort „XPRESSIV“ ist dem Begriff „EXPRESSIV“ gleichzusetzen. Der Verkehr ist aufgrund einer – auch im allgemeinen amerikanischen Sprachgebrauch – weit verbreiteten Übung auf zahlreichen Warengebieten an die verkürzte Wiedergabe von Wörtern mit der Anfangssilbe „EX-“ durch Weglassen des Buchstabens „E“ gewöhnt, wie z.B. xact, xpress, xtra (vgl. dazu auch Entscheidungen wie BPatG 30 W (pat) 3/02 – PlantXpert; BPatG 28 W (pat) 59/00 – XPERT, die Entscheidungen sind über die Homepage des Gerichts öffentlich zugänglich). Die von der Inhaberin der international registrierten Marke zitierte Entscheidung des BPatG „XPLANT“ (BPatG 28 W (pat) 20/09), in der eine solche Verkürzung auf dem Gebiet der medizinischen Fachterminologie als unbekannt angesehen wurde, steht einer solchen Annahme nicht entgegen. Wände, Fassaden und zur Verkleidung geeignete Tafeln, Platten und Formteile sind Produkte, die sich nicht an ein (medizinisches) Fachpublikum wenden und bei deren Beschreibung nicht ausschließlich auf eine bestimmte Fachterminologie ohne Amerikanismen zurückgegriffen wird.

27

Der Begriff „EXPRESSIV“ hat die Bedeutung von „ausdrucksvoll“ (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Auflage, S. 561). Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren handelt es sich um eine werbeüblich übertreibende im Vordergrund stehende beschreibende Angabe über die Art und die Beschaffenheit der Waren. Die beanspruchten Wände und Fassaden sowie die beanspruchten Tafeln, Platten und Formteile können durch künstlerische bzw. ornamentale Elemente ausdruckvoll gestaltet sein. Wände und Fassaden werden oft individuell nach dem Geschmack des Besitzers verziert oder mit architektonischen Mitteln in besonderer Weise gestaltet. Wenn sich ein solches Design von herkömmlichen (nüchternen) Stilmitteln abhebt, kann dies mit den Adjektiven „ausdrucksvoll“ oder „expressiv“ beschrieben werden. So finden sich an Hauswänden oft Malereien oder auch Stuckarbeiten, die sowohl traditionelle Motive zeigen als auch modernste Stilelemente wiedergeben. Auch dreidimensionale Formgestaltungen sind zu finden, um so Individualität und Kreativität des Besitzers zu betonen. Das Wort „EXPRESSIV“ kann in kurzer schlagwortartiger Form eine solche Gestaltung hinreichend verständlich beschreiben, ohne dass sich konkret daraus ergeben muss, aufgrund welcher Stilelemente sich die „expressive“ bzw. „ausdrucksstarke“ Gestaltung ergibt. Die weiterhin beanspruchten Tafeln, Platten und Formteile dienen ausweislich des Warenverzeichnisses für den Bau von Verkleidungen, sind also wie Wände und Fassaden nach außen hin ebenfalls sichtbar und können daher „expressive“ Stilmittel aufweisen, mithin expressiv sein.

28

Entgegen der Ansicht der Markeninhaberin können die beanspruchten Waren sich von der „nüchternen“ Standartware aufgrund von künstlerisch ornamentalen Elementen abheben, was dann mit den Begriffen ausdrucksstark/ausdrucksvoll oder eben auch mit dem Fremdwort „expressiv“ für den Verkehr hinreichend verständlich beschrieben werden kann. So können die Käufer von Fertighäusern oder Fertigbauteilen oft aus einem umfangreichen Katalog von Einzelteilen, wie z.B. Wänden, Decken oder Fußböden eine individuelle Auswahl treffen. Eine solche Auswahl ist zwar aufgrund der Fertigteilbauweise zahlenmäßig begrenzt, kann aber ohne weiteres im vorgenannten Sinne „expressive“ Elemente einschließen. Für solche Waren ist es nicht zwingend erforderlich, erst nach dem Einbau durch Maler- oder Tapetenarbeiten gestaltet zu werden. Vielmehr kann eine „expressive“ Gestaltung schon dem Grund- bzw. Fertigprodukt selbst zukommen.

29

Selbst wenn die beanspruchten Waren – beispielsweise durch die Verwendung von Farben oder Tapeten – nachträglich bearbeitet werden sollen, schließt das eine „expressive“ Gestaltungsform nicht aus. Nachträglich anzubringende Farben oder Tapeten können die Waren zwar optisch ansprechender gestalten, setzen jedoch eine zu bearbeitende dreidimensionale Grundform voraus. Eine solche dreidimensionale Grundform kann sich durch künstlerische Gestaltungsmittel von der Masse abheben und damit „expressiv“ sein.

30

Soweit die Inhaberin der international registrierten Marke der Meinung ist, das Wort „EXPRESSIV“ habe stets eine personenbezogene Bedeutung, kann dem nicht gefolgt werden. Nicht nur Personen, sondern auch Gegenstände können ausdrucksvoll sein. Es ist zwar zutreffend, dass die mit Senatshinweis vom 22. Januar 2014 übersandten Anlagen 1 bis 6 nicht konkret die beanspruchten Waren betreffen. Gleichwohl wird darin deutlich, dass mit Wörtern wie „Ausdrucksstarke Akzente“, „Ausdrucksstark und stimmungsvoll“, „Massivholzdielen heben sich ausdrucksstark von der Masse ab“, „Ausdrucksstarke Farben“, „Modern und Ausdrucksstark“ und „Ausdrucksstark in Szene gesetzt“ auf bestimmte Gestaltungen von Produkten und damit Gegenständen hingewiesen wird. Entsprechendes muss für den eher bildungssprachlich gehobenen Begriff „expressiv“ gelten. Auch wenn die Verwendung des Begriffs „expressiv“ im Zusammenhang mit der Beschreibung der beanspruchten Baumaterialien wie z.B. Faserzementplatten in der Regel wohl seltener vorkommt, ist sie aus den vorgenannten Gründen gleichwohl nicht ausgeschlossen. Eine schutzbegründende Verfremdung kann darin nach Auffassung des Senats noch nicht gesehen werden.

31

Entgegen der Auffassung der Inhaberin der international registrierten Marke bedarf es für die Annahme einer derart üblichen Verkürzung nicht der gesonderten Feststellung, dass der Verkehr die Angabe „XPRESSIV“ als eine beschreibende Angabe auf dem entscheidungserheblichen Warengebiet bereits verwendet. Steht nämlich – wie im vorliegenden Fall – der Sinngehalt der beanspruchten Marke fest, so bedarf es insoweit keiner Feststellung, dass und in welchem Umfang die Bezeichnung im Verkehr verwendet wird (BPatG, a.a.O. – EXPRESSIVE).

32

Auch wenn das Wort „XPRESSIV“ in mehreren europäischen Ländern als schutzfähig angesehen wurde, ist kein anderes Ergebnis gerechtfertigt. Für die Frage der Unterscheidungskraft kommt es entscheidend auf das Verständnis der inländischen Verkehrskreise an. Zudem wurden auch vom Harmonisierungsamt in Alicante Wörter wie „bonusXpress“, „WireXpert“ und „XPERT“ (vgl. PAVIS PROMA unter den entsprechenden Stichwörtern) als nicht schutzfähig angesehen. Im Übrigen sind bestehende Eintragungen zwar zu berücksichtigen, vermögen aber keine für den zu entscheidenden Fall rechtlich bindende Wirkung zu entfalten. Dies hat der EuGH mehrfach entschieden (ständige Rspr., vgl. EuGH GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u.a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229, Tz. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674, Tz. 42-44 - Postkantoor; GRUR 2004, 428 Tz. 63 - Henkel). Das entspricht auch ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts (vgl. BGH GRUR 2011, 230, Tz. 12 – SUPERgirl; GRUR 2008, 1093 Tz. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis; BPatG MarkenR 2010, 145 – Linuxwerkstatt; GRUR 2007, 333 – Papaya). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine gebundene Entscheidung, die allein auf der Grundlage des Gesetzes und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen ist. Aus dem Gebot rechtmäßigen Handelns folgt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann, um eine identische Entscheidung zu erlangen.

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Ob darüber hinaus auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG vorliegt, wofür jedenfalls aufgrund der vorstehend dargelegten beschreibenden Bedeutung vieles spricht, kann letztlich dahin gestellt bleiben, da bei der international registrierten Marke das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft gegeben ist.

34

Nach alledem war die Beschwerde zurückzuweisen.

2.

35

Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung getroffen werden. Die Inhaberin der international registrierten Marke hat ihren Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (§ 69 Abs. 1 MarkenG) zurückgenommen.

3.

36

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben, da keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war, § 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG oder die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert, § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.