Entscheidungsdatum: 08.10.2015
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 30 2012 015 699.1
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 8. Oktober 2015 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, der Richterin Kriener sowie des Richters Schmid
beschlossen:
Die Beschwerde der Anmelderin wird zurückgewiesen.
I.
Die Bezeichnung
MyWallet
ist am 16. Februar 2012 zur Eintragung als Wortmarke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden:
Klasse 9:
Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; Magnetaufzeichnungsträger; Rechenmaschinen, Hardware für die Datenverarbeitung, Computer; CDs, DVDs und andere digitale Aufzeichnungsträger; Computersoftware; elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar); elektronische Publikationen (herunterladbar);
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Sammeln, Systematisierung, Zusammenstellung und betriebswirtschaftliche Analyse von Daten und Informationen in Computerdatenbanken; Einzelhandelsdienstleistungen (auch über das Internet und sonstige Kommunikationsnetze), betreffend Waren der Klassen 9 und 16;
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen;
Klasse 38:
Telekommunikation; Dienstleistungen von Presseagenturen; Vermietung von Telekommunikationsgeräten; Auskünfte über Telekommunikation;
Klasse 42:
Wissenschaftliche und technologische Dienstleistungen und Forschungsarbeiten und diesbezügliche Designerdienstleistungen; industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen; Entwurf und Entwicklung von Computerhardware, -software und Datenbanken; Wartung von Software; technische Beratung; elektronische Datenspeicherung; Vermietung von Datenverarbeitungsgeräten; Gestaltung von Webseiten für Dritte.
Mit Beschluss vom 7. August 2012 hat die Markenstelle für Klasse 9 die Anmeldung zunächst vollständig und auf die Erinnerung der Anmelderin mit Beschluss vom 16. Januar 2013 teilweise, nämlich für alle Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Waren und Dienstleistungen
Klasse 9:
Wissenschaftliche, Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität;
Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung;
Klasse 36:
Versicherungswesen; Immobilienwesen;
Klasse 38:
Dienstleistungen von Presseagenturen;
Klasse 42:
industrielle Analyse- und Forschungsdienstleistungen
zurückgewiesen.
Der Eintragung der angemeldeten Wortmarke stehe für die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Das Wort „wallet“ bedeute „Brieftasche, Portemonnaie“ und sei mit den Wortkombinationen „Online Wallet“, „E-Wallet“ oder „Cyberwallet“ als Sammelbezeichnung für „elektronische Zahlungssysteme insbesondere im Internet“ in die deutsche Sprache eingegangen. Es handele sich dabei um Hard- oder Software, die um Einkaufsvorgänge zu erleichtern und sogenannte Micropayments zu ermöglichen, in der Lage sei, Geldbeträge eines Nutzers elektronisch zu speichern, anzurechnen oder zu transferieren. Der weitere Wortbestandteil „My“ (mein) werde als werbeüblicher Zusatz häufig verwendet, um eine persönliche Ansprache und das Gefühl der individuellen Behandlung zu bewirken. „My“ beziehe sich regelmäßig nur auf den Abnehmer der Waren und Dienstleistungen und preise diese als speziell für ihn bzw. seine Bedürfnisse bestimmt an. Die Markenstelle verweist hierzu auf die entsprechenden Ausführungen in zahlreichen Entscheidungen des Bundespatentgerichts.
In der Gesamtheit bedeute das angemeldete Zeichen daher in wörtlicher Übersetzung „Mein Geldbeutel“ und werde im Sinne von „mein persönliches Zahlungssystem im Internet“ auch von den Endverbrauchern in dem vorliegend einschlägigen IT- und Telekommunikationssektor so verstanden.
Sämtliche der zurückgewiesenen Waren könnten sich inhaltlich mit dem Thema eines elektronischen Bezahlsystems befassen oder ein Hard- oder Softwareprodukt darstellen, das in der Lage ist, einem persönlichen Zahlungssystem im Internet zu dienen. Die Dienstleistungen der Klassen 38 und 42 dienten dazu, Dritten die technischen Möglichkeiten zur gezielten Umsetzung von Maßnahmen zur Etablierung, Nutzung und (Weiter-) Entwicklung von persönlichen Zahlungssystemen für Internetnutzer zur Verfügung zu stellen. Auch im Zusammenhang mit einem Großteil der übrigen angemeldeten Dienstleistungen beschreibe „MyWallet“ deren inhaltliche Ausrichtung bzw. enthalte den sachlichen Hinweis, dass diese im Rahmen von persönlichen Zahlungssystemen im Internet erbracht oder mittels eines elektronischen Bezahlsystems abgewickelt würden.
Weder das Vorbringen der Anmelderin, wonach dem Markenelement „Wallet“ auch ein anderer Bedeutungsgehalt zugeordnet werden könne, noch der Verweis auf angeblich vergleichbare Eintragungen könnten zu einer anderen Beurteilung der Schutzfähigkeit des Anmeldezeichens führen. Die Markenstelle verweist im Übrigen auf Zurückweisungen des Amtes mit dem Wortbestandteil „My“ wie auch dem Wortbestandteil „Wallet“.
Gegen die teilweise Zurückweisung der Anmeldung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Die von den noch beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen, insbesondere von Computersoftware oder der Telekommunikation angesprochenen Verkehrskreise seien alle durchschnittlich informierten Endverbraucher. Eine weitere Einengung auf Fachkreise verbiete sich. Bei der Anmeldemarke handele es sich um eine aus englischen Wortbestandteilen gebildete Mehrwortmarke, wobei die einzelnen Wortbestandteile jeweils für sich genommen unpräzise und in ihrer Bedeutung nicht klar seien. Das englische Wort „Wallet“ habe unterschiedlichste Bedeutungen und werde von einer überwiegenden Anzahl der Verbraucher nicht mit „Geldbörse“ und insbesondere nicht mit „elektronischer Geldbörse“ gleichgesetzt. Der Verbraucher assoziiere mit einem „Wallet“ vielmehr auf diffuse Weise eine „Tasche“ oder ein „Transportbehältnis“. Wie sich aus einer Umfrage der Europäischen Kommission zur Sprachenkompetenz aus dem Jahr 2012 ergebe, seien englische Sprachkenntnisse in der Bevölkerung in Deutschland nur ungenügend vorhanden. Deshalb könne auch nicht davon ausgegangen werden, ein weniger bekannter Begriff der englischen Sprache wie „Wallet“ werde vom deutschen Durchschnittsverbraucher ohne weiteres verstanden. Selbst wenn dies aber der Fall wäre, sei nicht stets von einem Verständnis des Begriffs „Wallet“ im Sinn von „Geldbörse“ auszugehen. Denn eine „elektronische Geldbörse“ werde mehrheitlich als „electronic (rechargeable) purse“ oder „Intersector Electronic Purse“ bezeichnet.
Zu berücksichtigen sei außerdem, dass dem der Prüfung zugrunde zu legenden Gesamtbegriff „MyWallet“ als Wortneubildung in der Gesamtheit kein beschreibender Charakter zukäme, selbst wenn seine Einzelbestandteile als beschreibend anzusehen seien. Auch wenn unterstellt würde, dass der Markenbestandteil „Wallet“ als „elektronische Geldbörse“ verstanden werde, wäre die Bezeichnung „MyWallet“ aber lediglich geeignet auf Bezahldienstleistungen als Gegenstand von „Finanzwesen, Geldgeschäften“ hinzuweisen. In Bezug auf die übrigen zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen bedürfe es aber einiger gedanklicher Schlussfolgerungen, um zu einem beschreibenden Inhalt zu gelangen, denn einen direkten Bezug oder einen Zusammenhang zu elektronischen Zahlungssystemen wiesen diese nicht auf. Auch sei die Bezeichnung „MyWallet“ nicht geeignet, eine inhaltliche Ausrichtung der Dienstleistungen der Klassen 35, 36 oder 38 zu beschreiben.
Die Anmelderin verweist darüber hinaus auf zahlreiche auch aktuelle Voreintragungen jeweils mit den Wortbestandteilen „My“ und „Wallet“ und macht geltend, angesichts einer derart entgegengesetzten Eintragungspraxis hätte aus Gründen der Selbstbindung bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe das Amt im Rahmen des Gleichbehandlungsgebots die Zurückweisung der Anmeldung wesentlich umfassender begründen müssen. Da keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Voreintragungen zu Unrecht erfolgt seien, stehe das Gebot rechtmäßigen Handelns der Eintragung nicht nur nicht entgegen, sondern verlange diese geradezu. Die Bezeichnung „MyWallet“ weise daher das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft auf und sei auch nicht freihaltebedürftig.
In der mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin die Anmeldung in Bezug auf sämtliche Waren und Dienstleistungen mit Ausnahme der Waren der Klasse 9 „Computersoftware; elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar)“ zurückgenommen.
Die Anmelderin und Beschwerdeführerin beantragt,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. August 2012 und vom 16. Januar 2013 aufzuheben, soweit die Anmeldung in Bezug auf die Waren der Klasse 9 „Computersoftware und elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar)“ zurückgewiesen worden ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Anmelderin und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt auch in dem zuletzt in der mündlichen Verhandlung wesentlich reduzierten Umfang in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „MyWallet“ als Marke steht auch in Bezug auf die zuletzt noch beanspruchten Waren der Klasse 9 „Computersoftware und elektronisch gespeicherte Daten (herunterladbar)“ das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegen. Die Markenstelle hat dem angemeldeten Zeichen diesbezüglich daher zu Recht die Eintragung versagt (§ 37 Abs. 1 und Abs. 5 MarkenG).
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850 Rn. 17 - FUSSBALL WM 2006). Das Schutzhindernis beruht auf dem Allgemeininteresse an der Freihaltung von Zeichen, die keine Herkunftsfunktion erfüllen (vgl. EUGH, GRUR 2008, 608 Rn. 59 – EUROHYPO; BGH GRUR 2014, 565 Rn. 17 - smartbook). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher bzw. –abnehmers der fraglichen Produkte abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/Hukla; BGH GRUR 2010, 935 Rn. 8 – Die Vision).
Hiervon ausgehend besitzen Bezeichnungen keine Unterscheidungskraft, denen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. BGH 2006, 850 Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u. a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2010, 1100 Rn. 23 - TOOOR!).
Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Bezeichnung für die zuletzt noch beanspruchten Waren der Klasse 9 jegliche Unterscheidungskraft.
Die angemeldete Wortkombination besteht schon wegen der Binnengroßschreibung für den angesprochenen Verkehr ohne weiteres erkennbar aus den englischen Wörtern „My“ mit der Bedeutung von „mein/e“ und „Wallet“, einem Substantiv mit dem Bedeutungsgehalt „Brieftasche, Geldbeutel/börse, Portemonnaie“ (vgl. jeweils PONS, Großwörterbuch für Experten und Universität, Ernst Klett Verlag, 2002 – Nachdruck 2003). In wörtlicher Übersetzung hat die Wortkombination die Bedeutung von „meine Brieftasche“, „mein Geldbeutel“.
Der Begriff „Wallet“ wurde, anders als die Anmelderin meint, über die Benennung einer physischen Geldbörse hinaus, bereits zum Anmeldezeitpunkt am 16. Februar 2012 in vielfältiger Weise zur Bezeichnung von „digitalen bzw. mobilen Bezahlsystemen“ benutzt. So hat die Firma G… ausweislich der von Seiten
der Markenstelle beigefügten Ergebnisse einer Internetrecherche bereits im Jahr 2011 ein entsprechendes Bezahlsystem für Smartphones unter der Bezeichnung „Google Wallet“ eingeführt (vgl. dazu den bereits mit dem Beanstandungsbescheid der Markenstelle vom 13. März 2012 vorgelegten Bericht vom 27. Mai 2011 in Focus Online). Die weiteren mit dem Ladungszusatz übersandten Rechercheunterlagen des Senats zeigen darüber hinaus, dass der Begriff „Wallet“ auch im Inland in erheblichem Umfang für ein „digitales Portemonnaie“ bzw. im Zusammenhang mit digitalen Bezahlsystemen beispielsweise mit Hilfe von Smartphones benutzt wird und wurde (Anlagen 1 bis 10 zum Ladungszusatz vom 21. September 2015).
Ausgehend davon eignet sich die Bezeichnung „Wallet“ im Zusammenhang mit den noch beschwerdegegenständlichen Waren der Klasse 9 „Computersoftware“ dazu, die Art der Software bzw. deren Bestimmung als solche zu beschreiben, die im Zusammenhang mit digitaler Bezahlung benötigt wird bzw. diese ermöglicht. So bedarf es in diesem Bereich z. B. einer Software, die eine sichere Verschlüsselung bewirkt, um die entsprechende digitale Zahlung beispielsweise mit dem Smartphone gefahrlos, d. h. ohne Missbrauchsrisiken durch Dritte zu gewährleisten. Gleichermaßen kann es sich auch bei „elektronisch gespeicherten Daten (herunterladbar)“ um solche handeln, die sich speziell auf die digitale Bezahlung beziehen und wie eine Datenbank Informationen zum Zahlungstransfer wie beispielsweise Rechnungs- oder Lieferadressen, zur Zahlungsart - einschließlich Kreditkartennummern, Verfallsdaten und Sicherheitsnummern -, und andere Daten des Nutzers enthalten. Auch für diese eignet sich die Bezeichnung „Wallet“ dazu, die Art, Bestimmung und Beschaffenheit der Waren dahingehend zu beschreiben, dass sie die Funktion der digitalen Bezahlung ermöglichen und für diese bestimmt sind.
Vor diesem Hintergrund ist, anders als die Anmelderin meint, ohne weiteres davon auszugehen, dass ein normal informierter, angemessen aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher, der sich im Bereich des elektronischen Zahlungsverkehrs bewegt und an den sich die Waren richten, den Begriff des „Wallet“ zum Zeitpunkt der Anmeldung auch versteht. Die mit der Ladung vom 21. September 2015 der Anmelderin übersandten Unterlagen entstammen im Übrigen zum Teil einem Blog mit Informationen zu der bereits zum Anmeldezeitpunkt existierenden digitalen Währung „Bitcoin“ (Bitcoin Netzwerk seit 2009: https://de.wikipedia.org/wiki/Bitcoin), die in der digitalen Brieftasche, dem „Wallet“ „aufbewahrt“ werden und die ein entsprechend problemloses Verständnis des Publikums als „elektronische Brieftasche“ nahelegen. Von einem solchen Verständnis ist aber jedenfalls für die am Handel beteiligten Verkehrskreise auszugehen, auf deren Wahrnehmung für die Beurteilung der Frage, ob einer Bezeichnung Unterscheidungskraft zukommt, nach den Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs in dem Urteil vom 24. November 2005 (vgl. EuGH GRUR 2006, 411 Rn. 24 – Matratzen Concord/Hukla) gleichermaßen abzustellen ist.
Die sprachliche Verbindung des Personalpronomens „My“ mit einer Produktbeschreibung ist als allgemeine sachbezogene Werbebotschaft außerordentlich beliebt, um auf ein auf die individuellen Bedürfnisse des Adressaten und Nutzers zugeschnittenes Waren- oder Dienstleistungsangebot hinzuweisen (vgl. hierzu die Ausführungen im angefochtenen Beschluss vom 16. Januar 2013 sowie die Feststellungen des BPatG in BPatG 25 W (pat) 3/10 - Myfruit; 30 W (pat) 52/07 - MyEngines; 25 W (pat) 97/06 - myfavorite; 29 W (pat) 134/05 - My World [jeweils über die Internetseite des Gerichts abrufbar], insoweit bestätigt durch BGH GRUR 2009, 949 Rn. 28). Der sachliche Aussagegehalt wird durch diesen personalisierenden Zusatz nicht ausgeräumt. Denn die Wortfolge kann so verstanden werden, dass die mit „MyWallet“ bezeichnete Software und die elektronisch gespeicherten Daten gerade den ganz speziellen und persönlichen Anforderungen und Erfordernissen der angesprochenen Personen in Bezug auf das digitale Bezahlen entspricht.
Die Hinzufügung von „My“ führt deshalb nicht zur Schutzfähigkeit der Gesamtbezeichnung.
Ob der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung „MyWallet“ auch das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann dahingestellt bleiben, wobei dies mit Blick auf die warenbeschreibende Bedeutung der Bezeichnung „Wallet“ in Alleinstellung ohne weiteres der Fall sein dürfte.
Soweit die Anmelderin auf identische bzw. vergleichbare Voreintragungen auch aus neuerer Zeit verweist, ist auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des EuGH (vgl. GRUR 2009, 667 - Bild.T-Online u. ZVS unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen EuGH GRUR 2008, 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des BGH (vgl. GRUR 2008, 1093 Rn. 18 - Marlene-Dietrich-Bildnis I) und des Bundespatentgerichts (vgl. z. B. GRUR 2009, 1175 - Burg Lissingen; MarkenR 2010, 139 - VOLKSFLAT und die Senatsentscheidung MarkenR 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung, wobei selbst identische Voreintragungen nach ständiger Rechtsprechung nicht zu einem Anspruch auf Eintragung führen. Insofern gibt es entgegen der Auffassung der Anmelderin auch im Rahmen von unbestimmten Rechtbegriffen keine Selbstbindung der Markenstellen des Deutschen Patent- und Markenamts und erst recht keine irgendwie geartet Bindung für das Bundespatentgericht. Das Gericht und auch das Patentamt haben in jedem Einzelfall eigenständig zu prüfen und danach eine Entscheidung zu treffen. Auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen kann sich niemand berufen. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass eine inhaltlich-argumentative Auseinandersetzung mit bloßen Eintragungsentscheidungen nicht möglich ist, da diese regelmäßig nicht begründet werden.
Nach alledem war die Beschwerde daher zurückzuweisen.