Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 09.10.2014


BPatG 09.10.2014 - 25 W (pat) 16/13

Markenbeschwerdeverfahren – "WollTerra/BonTerra (Gemeinschaftsbildmarke)" - Warenidentität – zur Kennzeichnungskraft - keine unmittelbare Verwechslungsgefahr – keine mittelbare Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens – keine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
25. Senat
Entscheidungsdatum:
09.10.2014
Aktenzeichen:
25 W (pat) 16/13
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 008 360

hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll und der Richterinnen Dr. Hoppe und Grote-Bittner

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2013 aufgehoben und der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 007109424 zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 11. Februar 2011 angemeldete Wortmarke

2

WollTerra

3

ist am 10. März 2011 in das beim Deutschen Patent- und Markenamt geführte Markenregister unter der Nummer 30 2011 008 360 für folgende Waren der Klasse 19 eingetragen worden:

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Geotextilien in Form von Matten, Blöcken und Behältern aus abbaubaren, anorganischen Fasern als Vegetationsträger für vegetationstechnische Maßnahmen, Befestigungsmatten für Vegetations- oder Landschaftsbauzwecke aus Natur- und Kunststoffmaterialien als Träger für organisches Substrat.

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Nach der Veröffentlichung der Eintragung am 15. April 2011 hat die Widersprechende als Inhaberin der am 15. Juli 2008 angemeldeten und am 10. Juni 2009 unter der Nr. 007109424 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt als Wort-Bildmarke eingetragenen Gemeinschaftsmarke

Abbildung

6

geschützt für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 19

7

Baumaterialien, nämlich Matten aus organischen und nichtorganischen Materialien, nämlich Strohmatten, Kokosmatten, Espartomatten, Polypropylenmatten, Mischmatten aus vorgenannten Materialien für Bodenschutz und Begrünung; Garten- und Landschaftsbaumaterialien, nämlich Matten, Gewebe, zylinderförmige oder scheibenförmige Elemente aus organischen und nichtorganischen Materialien, nämlich Kokos, Jute, Stroh, Esparto oder anderen Naturfasern oder Kunststoffen, oder Verbundsystemen aus vorgenannten Materialien für den Bodenschutz und die Begrünung, für den Garten- und Landschaftsbau sowie den Wasserbau mit und ohne eingearbeitetem Samen; Mulchprodukte, Schutzmatten gegen Wind- und Wassererosionen aus Naturfasern, insbesondere Kokosfasern, Stroh, Jutefasern, alle vorgenannten Matten aus Vlies- oder Gewebematerialien auch im Verbund mit einer Kunststofffolie beziehungsweise einer organischen Folie; Lärmschutzmatten, Gabionenmatten zur Innenverkleidung von Drahtkörben; Geotextilien, nämlich flächige Textilien zum Einsatz in der Bau- und Geotechnik aus natürlichen Stoffen oder künstlichen Stoffen oder in Verbund von natürlichen Stoffen und künstlichen Stoffen; Geozellen aus natürlichen und künstlichen Stoffen,

8

Widerspruch erhoben.

9

Die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat in einem ersten Beschluss den Widerspruch zurückgewiesen.

10

Eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken sei bei durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und Identität der Vergleichswaren zu verneinen, da die angegriffene Marke den zu fordernden deutlich erkennbaren Zeichenabstand in jeder Hinsicht einhalte. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke könne mangels ausreichenden Nachweises der behaupteten jahrzehntelangen, umfangreichen Benutzung der Widerspruchsmarke nicht angenommen werden. In ihrer Gesamtheit würden sich die Vergleichsmarken schon durch die grafische Ausgestaltung der prioritätsälteren Marke mehr als deutlich unterscheiden. Aus der in beiden Marken sprach- und werbeüblich verwendeten Binnengroßschreibung lasse sich keine irgendwie geartete relevante Zeichenähnlichkeit herleiten. Soweit der Verkehr beim Zusammentreffen von Wort- und Bildelementen in der Regel dem Wort die prägende Bedeutung beimesse, sei zwischen den beiden Wortkombinationen „WollTerra“ und „BonTerra“ angesichts der Unterschiede im ersten Wortbestandteil ein ausreichender Abstand im Bereich der klanglichen Wiedergabe gegeben. Dem in beiden Marken enthaltenen Wortelement „Terra“, bei dem es sich um eine lateinische, spanische und italienische Bezeichnung für „Erde“ handele, wobei dieser Begriff auch als Wortstamm in deutschen Wörtern wie z.B. „Terrasse, Terrarium, Terrakotta, Terrain“ zu finden sei, komme keine prägende Bedeutung zu, da die von den maßgeblichen Waren, die auch im internationalen Handel vertrieben würden, angesprochenen Verkehrskreise in diesem Bestandteil lediglich eine Bestimmungsangabe für die aus Naturprodukten für den Landschaftsbau oder für landschaftsgestalterische Maßnahmen verwendeten, im Wesentlichen mit der Erde verbundenen Waren erkennen würden. Auch begrifflich lasse sich keine relevante Zeichenähnlichkeit feststellen, da der Bestandteil „Woll“ als Hinweis auf entsprechendes textiles Material und „Bon“ als primärer Hinweis auf „gut“ in Verbindung mit der Bestimmungs- und Beschaffenheitsangabe „terra“ für Erde und damit eine unterschiedliche Gesamtaussage der Vergleichszeichen von „Wollerde“ und „Guterde“ gegeben sei.

11

Auf die Erinnerung der Widersprechenden hat die Markenstelle mit Beschluss vom 31. Januar 2013 unter Aufhebung des Erstbeschlusses auf den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 007109424 die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.

12

Ausgehend von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke und gegebener Warenidentität werde entgegen der Auffassung des Erstprüfers der Zeichenabstand, an den doch noch eher strenge Anforderungen zu stellen seien, von der jüngeren Marke in klanglicher Hinsicht nicht ganz gewahrt. Trotz ihrer grafischen Ausgestaltung sei die Widerspruchsmarke, da der Wortbestandteil prägend sei, mit „BonTerra“ zu lesen, so dass „WollTerra“ und „BonTerra“ gegenüber zustellen seien, die in Silbenzahl, Silbengliederung, Vokalfolge, Mittel- und Endsilbe übereinstimmen würden und die Unterschiede im Konsonantengerüst der ersten Silbe einer Verwechslungsgefahr nicht hinreichend entgegenwirken würden. Auch wenn Wortanfängen regelmäßig ein größeres Gewicht beigemessen werde, könne aber eine Abweichung allein im Wortanfang bei im Übrigen gegebenen Übereinstimmungen eine Verwechslungsgefahr nicht ausschließen. Vorliegend komme noch hinzu, dass die abweichenden Konsonanten der ersten Silbe insgesamt klangschwach seien und sich nicht wirklich markant voneinander unterscheiden würden. Die Verwechslungsgefahr werde auch nicht durch abweichende Sinngehalte der jeweils ersten Silbe der Wortelemente beseitigt, da sich nur Kunstwörter gegenüber stünden. Das Wort „Terra“ sei in der einschlägigen Branche der Baumaterialien verbraucht. Aber auch bei Beachtung der Kennzeichnungsschwäche des Zeichenelements „Terra“ würden die übereinstimmenden Elemente der Marken gegenüber den Unterschieden deutlich überwiegen.

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Hiergegen wendet sich die Inhaberin der angegriffenen Marke mit der Beschwerde.

14

Sie ist der Auffassung, dass keine Verwechslungsgefahr gegeben sei, da selbst bei einer Gesamtbetrachtung der sich gegenüberstehenden Wortkombinationen unter Nichtberücksichtigung der grafischen Ausgestaltung der Widerspruchsmarke wegen der Unterschiede im jeweiligen Sinngehalt und der Abweichungen in den ersten Wortbestandteilen ein hinreichender Zeichenabstand bestehe. Soweit die beiden Wortkombination „WollTerra“ und „BonTerra“ gegenüber zu stellen seien, sei entgegen der Ansicht des Erinnerungsprüfers auch in klanglicher Hinsicht ein ausreichender Zeichenabstand gegeben - in diesem Zusammenhang wiederholt die Inhaberin der angegriffenen Marke in Bezug auf die ihrer Meinung nach gegebene fehlende eigenständige Prägung des Gesamteindrucks durch das Element „Terra“ im Wesentlichen die Argumente des Erstprüfers -. Aufgrund der starken Unterschiede der Vergleichszeichen im jeweiligen Wortanfang der mehrgliedrigen Wortelemente mit „Woll“ einerseits und „Bon“ andererseits – dem übereinstimmend vorhandenen Wortbestandteil „Terra“ komme als beschreibende Warenangabe keine kennzeichnende Wirkung zu - bestehe keine Verwechslungsgefahr. In der mündlichen Verhandlung hat die Inhaberin der angegriffenen Marke noch ergänzend ausgeführt, dass entgegen der Auffassung der Widersprechenden jedenfalls nicht der Wortbestandteil „Terra“, sondern allenfalls der Bestandteil „Bon“  prägendes Element sei, wofür nämlich der Umstand spreche, dass die Widersprechende Inhaberin der weiteren Marke „BonFlora“ sei. Der Wortbestandteil „Bon“ werde aber wie bei „BonAqua“ ( = gutes Wasser) oder „Bon Appetit“ (= guten Appetit) ohne weiteres im Sinne von „gut“ übersetzt. Des Weiteren seien in bildlicher Hinsicht erhebliche Unterschiede der Widerspruchsmarke als einer Wort-Bildmarke mit sechs grafischen Gestaltungselementen und der angegriffenen Marke als reiner Wortmarke gegeben.

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Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

16

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 31. Januar 2013 aufzuheben und den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 007109424 zurückzuweisen.

17

Die Widersprechende beantragt,

18

die Beschwerde zurückzuweisen.

19

Ausgehend von identischen Vergleichswaren und einer gesteigerten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke aufgrund langjähriger Benutzung und Bekanntheit sei eine Verwechslungsgefahr der Vergleichszeichen zu bejahen. Die Widersprechende entwickele, produziere und vertreibe nämlich bereits seit ca. 30 Jahren organische Geotextilien und Produkte für den Erosionsschutz und die Revegetation. In klanglicher Hinsicht wiesen die sich gegenüberstehenden Zeichen bei übereinstimmendem zweiten Wortelement „Terra“, in dem die inländischen Verkehrskreise als im Deutschen nicht geläufigen Begriff keinen Bedeutungsgehalt erkennen würden und das daher beim Zeichenvergleich mit zu berücksichtigen sei, eine verwechslungsrelevante hohe Ähnlichkeit auf. Bei gleicher Silbenzahl, identischer Vokalfolge, identischem Sprechrhythmus und identischer Betonung sowie Dominanz des Vokals „o“ in der kurzen Vorsilbe fielen allein die Unterschiede in den Konsonanten nicht in ausreichendem, eine Verwechslungsgefahr ausschließendem Maße auf. In schriftbildlicher Hinsicht sei eine Ähnlichkeit der Vergleichszeichen durch die identische Schreibweise des großen „T“ in der Wortkombinationsmitte noch höher einzustufen. Angesichts der bewussten Anlehnung der angegriffenen Marke in Bezug auf die Zeichenbildung einer bekannten älteren Marke (hier der Widerspruchsmarke) mit der Binnengroßschreibung („T“) sei auch die Gefahr des gedanklichen Inverbindungbringens gegeben.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle, die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

21

Die Beschwerde der Inhaberin der angegriffenen Marke ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 MarkenG statthaft.

22

In der Sache hat die Beschwerde auch Erfolg. Entgegen der Auffassung des Erinnerungsprüfers und nach zutreffender Ansicht des Erstprüfers besteht zwischen den Vergleichsmarken keine Verwechslungsgefahr i.S.v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG i.V.m. § 125b Nr. 1 MarkenG. Daher ist der Erinnerungsbeschluss aufzuheben, mit dem auf den Widerspruch die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet worden war, und ist der von der Widersprechenden nach § 42 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 125 b Nr. 1 MarkenG erhobene Widerspruch gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG zurückzuweisen.

23

Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr für das Publikum ist nach ständiger Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofes als auch des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. hierzu z.B. EuGH GRUR 2010, 933, Rn. 32 - BARBARA BECKER; GRUR 2010, 1098, Rn. 44 - Calvin Klein/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culinaria/Villa Culinaria). Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit insbesondere die Identität oder Ähnlichkeit der relevanten Vergleichsprodukte (Waren und/oder Dienstleistungen), die Identität oder Ähnlichkeit der Kollisionsmarken sowie die Kennzeichnungskraft und der daraus folgende Schutzumfang der Widerspruchsmarke. Diese Faktoren sind zwar für sich gesehen voneinander unabhängig, bestimmen aber in ihrer Wechselwirkung den Rechtsbegriff der Verwechslungsgefahr (vgl. dazu EuGH GRUR 2008, 343, Rn. 48 - Il Ponte Finanziaria Spa/HABM; BGH GRUR 2012, 64, Rn. 9 - Maalox/Melox-GRY; GRUR 2012, 1040, Rn. 25 - pjur/pure; vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9 Rn. 40 ff. m.w.N.). Darüber hinaus können für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr weitere Faktoren relevant sein, wie u.a. etwa die Art der Ware, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und daraus folgend die zu erwartende Aufmerksamkeit und das zu erwartende Differenzierungsvermögen dieser Verkehrskreise bei der Wahrnehmung der Kennzeichen.

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Ausgehend hiervon ist entgegen der Auffassung der Widersprechenden unter keinem Gesichtspunkt eine Verwechslungsgefahr der Vergleichsmarken gegeben.

25

Da Benutzungsfragen nicht aufgeworfen sind, ist beim Warenvergleich und bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit jeweils von der Registerlage auszugehen. Die Vergleichsmarken können zur Kennzeichnung identischer Waren verwendet werden. Die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren „Geotextilien in Form von Matten, Blöcken und Behältern aus abbaubaren, anorganischen Fasern als Vegetationsträger für vegetationstechnische Maßnahmen, Befestigungsmatten für Vegetations- oder Landschaftsbauzwecke aus Natur- und Kunststoffmaterialien als Träger für organisches Substrat“ entsprechen den Widerspruchswaren „Baumaterialien, nämlich Matten aus organischen und nichtorganischen Materialien, nämlich Strohmatten, Kokosmatten, Espartomatten, Polypropylenmatten, Mischmatten aus vorgenannten Materialien für Bodenschutz und Begrünung“ bzw. „Geotextilien, nämlich flächige Textilien zum Einsatz in der Bau- und Geotechnik aus natürlichen Stoffen oder künstlichen Stoffen oder in Verbund von natürlichen Stoffen und künstlichen Stoffen“.

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Die Widerspruchsmarke besitzt eine originär durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Auch wenn die Widerspruchsmarke in ihren Wortbestandteilen („BonTerra“ ist offenkundig, verstärkt durch die Binnengroßschreibung eine aus den Elementen „Bon“ [franz. Begriff mit der Bedeutung „gut“] und „Terra“ [lateinisch/italienisch für „Erde, Boden, Land“] zusammengesetzte Wortkombination mit der Bedeutung von „Guterde“ bzw. „gute Erde“) einen beschreibenden Anklang für die Widerspruchswaren, die für den Erdboden als Erosionsschutz und Begrünung bestimmt sind, aufweist, vermag dies eine Schwächung der Kennzeichnungskraft der komplexen Widerspruchsmarke mit grafischen Elementen nicht zu begründen, zumal sich die Kennzeichnungskraft zusammengesetzter Zeichen, wie vorliegend der Widerspruchsmarke, jeweils nach deren Gesamteindruck bestimmt. Andererseits sind von der Widersprechenden aber auch nicht solche Gesichtspunkte vorgetragen und glaubhaft gemacht, die eine relevante Steigerung der Kennzeichnungskraft rechtfertigen könnten. Ein konkreter Vortrag hierfür maßgeblicher Umstände, wie die von der Widerspruchsmarke gehaltenen Marktanteile, Intensität, geografische Verbreitung der Markenverwendung, aufgewendete Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den beteiligten Verkehrskreisen fehlt ebenso wie die Vorlage von Glaubhaftmachungsmitteln hierzu. Soweit die Widersprechende behauptet, dass sie seit ca. 30 Jahren auf dem Markt im vorliegend maßgeblichen Produktbereich tätig sei, trägt sie damit nicht zur Dauer der Markenverwendung, sondern lediglich zur Tätigkeitsdauer ihres Unternehmen in dieser Branche vor, was für die Bekanntheit der Widerspruchsmarke nicht aussagekräftig ist.

27

Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind bei Warenidentität grundsätzlich strenge Anforderungen an den Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke aber in jeder Hinsicht gerecht wird.

28

Eine für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr relevante Zeichenähnlichkeit kann in klanglicher, schriftbildlicher oder begrifflicher Hinsicht bestehen, wobei es für die Annahme einer Verwechslungsgefahr in der Regel – aber nicht ausnahmslos - ausreicht, wenn zwischen den jeweiligen Vergleichsmarken nur in einer dieser Kategorien ausreichende Übereinstimmungen festzustellen sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH GRUR 2010, 235, Rn. 18 – AIDA/AIDU; GRUR 2011, 826, Rn. 21 – Enzymax/Enzymix; vgl. auch Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 9, Rn. 224 m.w.N.). Beim Zeichenvergleich ist dabei jeweils auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH GRUR 2013, 833, Rn. 30 – Culiniaria/Villa Culinaria). Der Grundsatz, dass der Gesamteindruck der Vergleichsmarken maßgebend ist, bedeutet jedoch nicht, dass hierbei stets und ausschließlich auf die jeweiligen Vergleichsmarken in ihrer Gesamtheit abzustellen ist. Vielmehr kann der Gesamteindruck auch durch einzelne Bestandteile geprägt sein, wovon auszugehen ist, wenn die übrigen Markenbestandteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnten, was im Einzelfall konkret festzustellen ist (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG., 10. Aufl., § 9, Rn. 332 m.w.N.).

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In ihrer Gesamtheit weisen die Vergleichszeichen in bildlicher Hinsicht sehr markante, unübersehbar Unterschiede auf. Während die Widerspruchsmarke eine aus mehreren, teilweise auffälligen grafischen Bestandteilen - nämlich mit einem wie eine Matte erscheinenden grafischen Element, das ausgehend unterhalb von dem in gleicher Weise, d.h. in flächiger Mattenstruktur, optisch gestalteten Anfangsgroßbuchstaben „B“ der Wortfolge, in einem verbreiternd verlaufenden Bogen bis unterhalb des Buchstabens „T“ verläuft - zusammengesetzte Wort-Bildmarke mit einer aufgrund der Schriftgröße optisch herausgehobenen Wortkombination „BonTerra“ ist, handelt es sich bei der angegriffenen Marke um eine reine Wortmarke. Aber auch wenn die grafischen Elemente der Widerspruchsmarke unberücksichtigt blieben, führt die deutlich unterschiedliche Umrisscharakteristik der ersten Wortelemente am regelmäßig stärker beachteten Wortanfang der jeweils aus einer Wortkombination bestehenden Vergleichsmarken beginnend mit „Bon“ einerseits und „Woll“ andererseits trotz des übereinstimmend vorhandenen weiteren Wortbestandteils „Terra“ zu einem deutlich unterschiedlichen schriftbildlichen Gesamteindruck. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass das Schriftbild von Marken – anders als dies beim schnell verklingenden gesprochenen Wort der Fall ist – erfahrungsgemäß eine genauere und in der Regel wiederholte Wahrnehmung der Zeichen gestattet (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rn. 251 m.w.N.). Soweit die Widersprechende die Wortkombinationsbildung mit der Binnengroßschreibung innerhalb beider Zeichen als verwechslungsfördernd ansieht, ist dieser Auffassung nicht zuzustimmen, da es sich um eine vielfach verwendete Wortverbindungsform handelt, die allein eine Verwechslungsgefahr nicht begründen kann, zumal ein solches Zeichenbildungsprinzip jedenfalls unter markenrechtlichen Gesichtspunkten nicht monopolisierbar ist.

30

Aber auch in klanglicher Hinsicht liegt nach Auffassung des Senats keine relevante Ähnlichkeit der Vergleichszeichen vor, wobei „BonTerra“ und „WollTerra“ gegenüber zu stellen sind. Denn innerhalb der mit mehreren Wort- und Bildelementen gestalteten Widerspruchsmarke kommt dem im Verhältnis der grafischen Elemente schon größenmäßig hervorgehobenen Wortbestandteil „BonTerra“ eine deren Gesamteindruck prägende Wirkung zu, zumal sich der Verkehr bei der Benennung einer Wort-Bildmarke erfahrungsgemäß an den Wortbestandteilen orientiert.

31

Zwar stimmen die Vergleichszeichen „WollTerra“ und „BonTerra“ in klanglicher Hinsicht bei gleicher Silbenzahl, gleichem Sprechrhythmus, gleicher Betonung und gleicher Vokalfolge im Schlussbestandteil „Terra“ überein. Jedoch heben sich die Vergleichswortkombinationen durch die unterschiedlichen Konsonanten („B..n“/“W..ll“) am regelmäßig stärker beachteten Wortanfang (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rn. 237 m.w.N.) sehr deutlich voneinander ab. Dies stellt trotz der genannten Übereinstimmung auch im maßgeblichen Gesamteindruck noch einen ausreichenden Abstand her, zumal der Bestandteil „terra“ für die angesprochenen Fachverkehrskreise in dem einschlägigen Produktbereich einen deutlich beschreibenden Anklang aufweist und sich – wie bereits der Erinnerungsprüfer zutreffend festgestellt hat – auf dem einschlägigen Produktsektor großer Beliebtheit als Zeichenbestandteil bei der Bildung von Kennzeichen bzw. Marken erfreut.

32

Für eine Zeichenähnlichkeit in begrifflicher Hinsicht ergeben sich keine für eine Verwechslungsgefahr sprechenden Gründe, vielmehr ist eher das Gegenteil gegeben, da die Vergleichszeichen in ihrem unterschiedlichen Sinngehalt mit „Guterde“ bzw. „gute Erde“ einerseits und „Wollerde“ andererseits jedenfalls von relevanten Teilen der angesprochenen Fachverkehrskreise erkannt werden dürften.

33

Des Weiteren sind Anhaltspunkte für die Bejahung einer mittelbaren Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt eines Serienzeichens nicht ersichtlich.

34

Schließlich ist auch eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zu verneinen. Insbesondere sind keine besonderen Umstände gegeben, die dem Verkehr die Annahme geschäftlicher, wirtschaftlicher oder organisatorischer Verflechtungen zwischen der Widersprechenden und der Inhaberin der angegriffenen Marke nahelegen, zumal es insoweit nicht ausreicht, wenn ein Zeichen lediglich geeignet ist, bloße Assoziationen an ein fremdes Zeichen zu wecken (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 9, Rdn. 470). Soweit die Widersprechende in diesem Zusammenhang mit der in beiden Zeichen vorhandenen Binnengroßschreibung  der Wortkombination argumentiert, vermag dieser Umstand eine Verbindung zu der Widersprechenden nicht herzustellen, da es sich hierbei um eine über alle Produktbereiche sich erstreckende gängige Wortbildungsform handelt.

35

Gründe für eine Auferlegung von Kosten nach § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG sind nicht gegeben.