Entscheidungsdatum: 18.03.2013
Schwimmbad-Isolierbaustein
1. Die positive Schutzfähigkeitsbeurteilung und -entscheidung im Anmelderbeschwerdeverfahren führt zu keiner irgendwie gearteten Bindung oder Festlegung für ein nachfolgendes gemäß § 54 Abs. 1 MarkenG eingeleitetes Löschungsverfahren, und zwar weder nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V.m. §§ 322, 325 ZPO im Wege der Rechtskraftwirkung, weil die Beteiligten beider Verfahren nicht identisch sind, noch nach § 70 Abs. 4 MarkenG oder § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V.m. § 318 ZPO im Wege der Bindung oder Selbstbindung, da es sich beim Eintragungs- und Löschungsverfahren um eigenständige und voneinander unabhängige Verfahren handelt (im Anschluss an BPatG GRUR 2008, 518, Rdn. 32 – Karl May; Abgrenzung zu den Beschlüssen vom 06. Mai 2009 zu 29 W (pat) 19/05 und 29 W (pat) 20/05 „Magenta“ – abstrakte Farbmarke, juris, jeweils [Rdn. 82ff bzw. 77ff]).
2. Gegen die Berücksichtigung von Vertrauensschutzerwägungen zu Gunsten der Inhaber angegriffener Marken in Löschungsverfahren spricht innerhalb der Zehnjahresfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 MarkenG sowohl der Wortlaut der Vorschriften der §§ 3, 8, 50, 54 MarkenG als auch deren Zweck. Die Löschung fehlerhaft eingetragener Marken ist vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen, realisiert entsprechend dem Gesetzeszweck das hoch zu veranschlagende Interesse der All-gemeinheit, vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen bewahrt zu werden, und dient auch dem Ziel, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten (im Anschluss an GRUR 2010, 1017 – Bonbonform; Abgrenzung zu BPatG GRUR RR 2008, 49 f lastminit und BGH GRUR 1975, 368 - Elzym in einem sehr speziellen Sonderfall). Dabei spielt es keine Rolle, dass die Registereintragung auf einer Gerichtsentscheidung beruht.
3. Der streitgegenständliche dreidimensionale Formstein weist im Wesentlichen nur Merkmale auf, um als mit Beton verfüllbarer und isolierender Baustein für den Schwimmbadbau eingesetzt werden zu können. Dabei hebt er sich in keiner Weise von dem vorhandenen Formenschatz der am Markt angebotenen, mit Beton verfüllbaren Konkurrenz-Produkte aus Polystyrol ab.
In der Beschwerdesache
…
…
betreffend das Löschungsverfahren S 67/10 Lösch
gegen die Marke 300 57 741
hat der 25. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgericht auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Knoll, des Richters Metternich und der Richterin Grote-Bittner
beschlossen:
1. Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
I.
Die nachfolgend in drei Ansichten dargestellte Form
ist als dreidimensionale, farbige (hellblaue) Marke am 20. Juni 2000 angemeldet und am 24. September 2002 nach Durchführung des Anmelderbeschwerde-verfahrens mit dem Aktenzeichen 33 W (pat) 279/01 unter der Nummer 300 57 741 für Waren der Klasse 19 in das Markenregister eingetragen worden, wobei die in der mündlichen Verhandlung des vorstehenden Beschwerdeverfahrens vom 22. Januar 2002 vorgenommene Einschränkung des Warenverzeichnisses nicht berücksichtigt worden war. Nach Berichtigung des Registers im Jahr 2012 ist die streitgegenständliche Marke nunmehr noch eingetragen für die Waren
„Bauteile aus Schaumstoffen mit einer Massendichte von mindestens 40 kg/m³ ausschließlich zum Errichten von Schwimmbädern“.
Im ursprünglichen Eintragungsverfahren hatte die Markenstelle für Klasse 19 des Deutschen Patent- und Markenamts die Anmeldung zunächst mit Beschluss vom 20. Juli 2001 wegen absoluter Schutzhindernisse zurückgewiesen. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde hat das Bundespatentgericht im Verfahren 33 W (pat) 279/01 den Zurückweisungsbeschluss der Markenstelle mit Beschluss vom 28. Mai 2002 aufgehoben und Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 MarkenG verneint. Die Unterscheidungskraft ist mit der Begründung bejaht worden, dass bereits die blaue Einfärbung der dreidimensionalen Gestaltung auf dem entsprechenden Warengebiet unüblich sei und auch die von der Anmelderin verwendeten Rundungen und treppenförmigen Abstufungen ungewöhnlich und nicht naheliegend seien. Ausgehend von diesen Feststellungen zur Unterscheidungskraft bestehe auch kein Freihaltungsbedürfnis.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 21. Februar 2010, der am 22. Februar 2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist, Antrag auf Löschung dieser Marke mit der Begründung gestellt, dass das 3D-Zeichen nach § 3 MarkenG nicht markenfähig sei und außerdem absolute Schutzhindernisse nach § 8 MarkenG zum Eintragungszeitpunkt bestanden hätten, die auch weiterhin gegeben seien.
Die Markenabteilung hat den Löschungsantrag durch Übergabe-Einschreiben, das am 26. März 2010 abgesandt worden ist, an die Markeninhaberin zugestellt. Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 20. Mai 2010, eingegangen beim Deutschen Patent- und Markenamt am 22. Mai 2010, widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 10. Mai 2011 die Löschung der Marke 300 57 741 angeordnet.
Der Löschungsantrag sei begründet, da die eingetragene Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG schutzunfähig sei, wobei dieses Schutzhindernis bereits zum Eintragungszeitpunkt vorgelegen habe und auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag noch gegeben sei. Die angegriffene 3D-Marke würde von der Norm und Branchenüblichkeit anderer Warenformen nicht erheblich abweichen. Die Marke zeige einen Isolierschalstein aus Polystyrolschaum für den Schwimmbadbau. Derartige Formsteine würden als Bausystem angeboten, bei dem die Isolierschalsteine auf einer betonierten Platte aufgesetzt, mit Baustahl armiert und sodann mit Beton aufgefüllt würden. Für den Schwimmbadbau eigne sich dieses System vor allem wegen der wärmeisolierenden Wirkung des Materials Polystyrol. Neben der Markeninhaberin böten auch andere Firmen Isolierschalsteine aus Polystyrol an, die in ihrer Formgebung von dem streitgegenständlichen Formbaustein nicht erheblich abwichen, wie die von der Markeninhaberin selbst vorgelegten Abbildungen von Konkurrenzprodukten zeigen würden. Das Prinzip der Bausteine nach einem Stecksystem und Hohlräumen zum Auffüllen mit Beton sei bei allen Vergleichsprodukten gegeben. Die Formsteine der Markeninhaberin würden sich von denen ihrer Mitbewerber lediglich dadurch unterscheiden, dass die vorhandenen Hohlräume nicht rechteckig, sondern abgerundet seien. Gestufte Stege zwischen den Hohlräumen gäbe es auch bei den Konkurrenzprodukten. Ferner sei die von der Markeninhaberin verwendete Farbe Blau nicht außergewöhnlich. Die vorhandenen Unterschiede seien trotz eines möglicherweise überschaubaren Marktes für Schwimmbadbausteine nicht gravierend. Die abgerundete Form möge zwar technische Vorteile beim Einfüllen des Betons aufweisen, wofür auch der Umstand sprechen könnte, dass der streitgegenständliche Formstein als Gebrauchsmuster geschützt sei. Die Farbgebung Hellblau werde von der Markeninhaberin zur Kennzeichnung des spezifischen Gewichts der Polystryol -Steine verwendet, daneben gäbe es auch weiße und graue Steine. Wie der 1. Beschwerdesenat des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt in seinen Zurückweisungsentscheidungen vom 23. Mai 2007 (Aktenzeichen R 482/2006-1 und R 616/2006-1) der als Gemeinschaftsmarken angemeldeten identischen Formbausteine zutreffend ausgeführt habe, sei die Farbe Blau im Schwimmbadbau wegen der Assoziation mit Wasser eine besonders naheliegende Farbwahl und daher nicht außergewöhnlich. Zu den angesprochenen Verkehrskreisen, die das 3D-Zeichen nicht als betrieblichen Herkunftshinweis wahrnehmen würden, gehörten neben den Fachleuten auch Kunden von Baumärkten, die sich insbesondere wegen des einfach aufgebauten Baukastensystems auf diese Weise ein Schwimmbad selber bauen könnten. Die vom 33. Senat des Bundespatentgericht abweichende Entscheidung basiere auf einer zum damaligen Zeitpunkt vom Bundesgerichtshof vertretenen großzügigeren Auffassung hinsichtlich der Anforderung an die erforderliche Unterscheidungskraft von Warenabbildungen.
Hiergegen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Sie hält die gegenständliche dreidimensionale Marke entgegen der Auffassung der Markenabteilung für schutzfähig. Sie verweist zunächst auf den Beschluss des 33. Senats des Bundespatentgerichts im Eintragungsverfahren, in dem dieser Senat ihrer Meinung nach zutreffend zum einen entschieden habe, dass die streitgegenständliche 3D-Marke nicht technisch bedingt sei und zum anderen, dass sie über „überschießende“ ästhetische Merkmale, wie abgerundete Hohlräume, treppenförmige Abstufungen sowie eine blaue Einfärbung verfüge, und daher dem Anmeldezeichen Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden könne. Die 3D-Marke weise eine erhebliche Abweichung von der Norm bzw. der branchenüblichen Gestaltung der Formgebung von Schwimmbadbausteinen auf, die von ihren Mitbewerbern auf dem Markt angeboten würden. Mit der abgerundeten Form der Hohlräume habe sie eine ungewöhnliche, auf dem Markt einzigartige Form gewählt, so dass dieses Merkmal für sich genommen schon die Schutzfähigkeit der Formmarke begründen würde. Darüber hinaus weise die streitgegenständliche Marke als Einzige die treppenförmig ausgestalteten Stege auf, die eine säulenförmige und besonders „elegante“ Gestaltung bewirkten. Schließlich sei die Einfärbung der Schwimmbadbausteine in der Farbe Hellblau ein weiteres Unterscheidungsmerkmal, weil die von den Mitbewerbern angebotenen Steine über keine Einfärbungen verfügten. Da der Markt sehr begrenzt sei - insgesamt würden neben der Markeninhaberin mit dem höchsten Marktanteil von etwa 40 % nur noch sieben weitere Anbieter mit erheblich geringeren Marktanteilen zwischen 5 % und 15 % existieren -, würde der Verkehr marktunübliche und prägende Formen, wie jene der angegriffenen Marke, automatisch als Herkunftshinweis eines bestimmten Herstellers erkennen. Im Löschungsverfahren, in dem neben dem Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag auch der Tag der Eintragung entscheidungserheblich sei, dürften etwaige seit dem Eintragungszeitpunkt eingetretene Rechtsänderungen oder Änderungen der Verkehrsauffassung nicht berücksichtigt werden, weshalb an der Beurteilung des Bundespatentgerichts im Beschluss vom 28. Mai 2002 im Eintragungsverfahren festzuhalten sei. An die tatsächlichen Feststellungen in dieser Entscheidung sei das DPMA auch gebunden, was insbesondere die Frage der relevanten Verkehrskreise anbelange, welche die Markenabteilung mit der Einbeziehung auch der Verbraucher zu weit gezogen habe. Dagegen könne die Entscheidung des Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt, das im Übrigen die Marktverhältnisse falsch gewürdigt habe, keinerlei Bindungwirkung für das vorliegende Löschungsverfahren entfalten. Zutreffend habe die Markenabteilung dagegen festgestellt, dass der streitgegenständliche Formstein markenfähig sei. Die oben aufgeführten Merkmale der 3D-Marke hätten keine ausschließliche technische Wirkung, so dass die Lego-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (GRUR 2010, 231) nicht einschlägig sei. Die Eintragung des Formsteins als Gebrauchsmuster vermöge eine solche technische Wirkung nicht zu begründen.
Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Mai 2011 aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Schriftsätzlich hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine Stellungnahme abgegeben. In der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 2013 ist sie der Auffassung der Markeninhaberin entgegengetreten. Bindungswirkung könne die Entscheidung des Bundespatentgerichts im Anmelderbeschwerdeverfahren 33 W (pat) 279/01 für das vorliegende Löschungsverfahren weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht entfalten. Abgesehen davon, dass die farbige Ausgestaltung der angegriffenen Marke mit der Farbangabe Hellblau nicht hinreichend definiert und daher nicht beansprucht sei, fehle der streitgegenständlichen Marke jedenfalls jegliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Denn die vorliegende 3D-Gestaltung weiche nicht erheblich ab von der Norm bzw. der branchenüblichen Form, wie sie andere Wettbewerber verwendeten, sondern füge sich in die Formensprache der bereits zum Eintragungszeitpunkt auf dem Markt von anderen Firmen angebotenen Polystyrol-Bauteile ein. Soweit der vorliegende Formbaustein sich von denen anderer Anbieter unterscheide, würde der Verkehr davon ausgehen, dass die Unterschiede funktional bedingt seien, unabhängig davon, ob dies tatsächlich der Fall sei, und sie deshalb nicht als betrieblichen Herkunftshinweis wahrnehmen.
In der mündlichen Verhandlung sind der Formbaustein der Markeninhaberin und zwei weitere Schwimmbad-Formbausteine von Wettbewerbern der Markeninhaberin in Augenschein genommen worden, die der Verfahrensbevollmächtigte der Markeninhaberin zum Beleg für die Erheblichkeit der Abweichungen des streitgegenständlichen Formbausteines von den Produkten der Mitbewerber in die mündliche Verhandlung mitgebracht und zu den Akten übergeben hat. Die beiden Schwimmbad-Formbausteine der Wettbewerber existierten bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung/Eintragung der streitgegenständlichen Marke in dieser oder jedenfalls sehr ähnlicher Form (vgl. dazu Bl. 71/72 der beigezogenen Akten 33 W (pat) 279/01). Nachfolgende Fotografien geben diese drei Schwimmbad-Formbausteine wieder, wobei der mittlere Formbaustein die streitgegenständliche 3-D-Gestaltung ist:
a) Oberseite der Schwimmbad-Formbausteine:
b) Unterseite der Schwimmbad-Formbausteine :
c) Seitenansicht:
d) Streitgegenständlicher Schwimmbad-Formbaustein / Detailansicht:
Oberseite:
Unterseite:
e) Konkurrenzprodukt Power S Stone / Detailansicht:
Oberseite:
Unterseite:
f) Konkurrenzprodukt Achensee Plusstone Easystone / Detailansicht:
Oberseite:
Unterseite
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung der Markenabteilung 3.4, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, insbesondere gemäß § 66 Abs. 1 MarkenG statthaft. Sie ist aber unbegründet.
1.
Die Voraussetzungen für die Durchführung des Löschungsverfahrens liegen vor.
a)
Die positive Schutzfähigkeitsbeurteilung und -entscheidung vom 28. Mai 2002 im Anmelderbeschwerdeverfahren 33 W (pat) 279/01 führt zu keiner irgendwie gearteten Bindung oder Festlegung im vorliegenden Löschungsverfahren, und zwar weder nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V.m. §§ 322, 325 ZPO im Wege der Rechtskraftwirkung, weil die Beteiligten beider Verfahren nicht identisch sind, noch nach § 70 Abs. 4 MarkenG oder § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i.V.m. § 318 ZPO im Wege der Bindung des Deutsches Patent- und Markenamt oder Selbstbindung des erkennenden Senats, da es sich beim Eintragungs- und Löschungsverfahren um eigenständige und voneinander unabhängige Verfahren handelt (vgl. BPatG GRUR 2008, 518, Rdn. 32 – Karl May; Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 54 Rdn. 16 und § 70 Rdn 14 letzter Absatz; a.A. im Ergebnis der 29. Senat des BPatG gemäß den obiter dicta in den Beschlüssen vom 6. Mai 2009, 29 W (pat) 19/05 und 29 W (pat) 20/05 – „Magenta“ – abstrakte Farbmarke (zu finden in juris [Rdn. 82ff bzw. Rdn. 77ff] und in PAVIS PROMA), jedenfalls in Bezug auf eine Bindung des Patentamts nach § 70 Abs. 4 MarkenG). Soweit in diesem Zusammenhang eine Bindung des Patentamts nach § 70 Abs. 4 Marken in Betracht gezogen wird, ist anzumerken, dass die Vorschrift des § 70 Abs. 4 MarkenG zunächst formal nur auf Entscheidungen nach § 70 Abs. 3 MarkenG (Aufhebung und Zurückverweisung) Bezug nimmt und im Übrigen eine Anwendung des § 70 Abs. 4 MarkenG nur innerhalb des jeweiligen Instanzenzuges in Betracht kommt. Auch wenn es beim Eintragungsverfahren mit der Prüfung auf absolute Schutzhindernisse und beim Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse in der Sache grundsätzlich um dieselben zu klärenden Fragen geht, nämlich ob bei identischer Zeichen- und Produktlage absolute Schutzhindernisse bestehen, handelt es sich gleichwohl um eigenständige und unterschiedlich ausgestaltete Verfahren, die insbesondere nicht im selben Instanzenzug angesiedelt sind. Während das Anmelde-/Eintragungverfahren ein einseitiges Verfahren ist, an dem Dritte - z.B. Wettbewerber - nicht beteiligt sind, ist das Löschungsverfahren ein zweiseitiges, kontradiktorisch ausgestaltetes Verfahren mit mindestens einem Antragsteller als weiterem Verfahrensbeteiligten. Gegen die Bindungswirkung der Entscheidung im Eintragungsverfahren spricht außerdem, dass der Gesetzgeber mit dem Löschungsverfahren gerade ein dem Eintragungsverfahren nachgeschaltetes eigenständiges Verfahren ausdrücklich vorgesehen hat, mit dem Entscheidungen im Eintragungsverfahren auf Antrag eines bislang nicht am Verfahren beteiligten Dritten hin überprüft werden sollen.
Soweit der 29. Senat des Bundespatentgerichts bei seinen für die damaligen Entscheidungen letztlich nicht entscheidungsrelevanten Ausführungen dagegen die Zulässigkeit eines Löschungsantrags in entsprechenden Verfahren wohl verneint bzw. eine Verfassungswidrigkeit der §§ 50, 54 MarkenG erwogen hat unter dem Gesichtspunkt des Gewaltenteilungsprinzips bzw. der gewaltenübergreifenden Bindungswirkung für das Deutschen Patent- und Markenamt mit Vorrang der Judikative gegenüber der Exekutive nach Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG, Art. 92 GG (siehe dazu die obiter dicta in den Beschlüssen vom 6. Mai 2009, 29 W (pat) 19/05 und 29 W (pat) 20/05, a. a. O.), kann dieser Auffassung nicht gefolgt werden. Der Gesetzgeber hat die Möglichkeit eines Löschungsverfahrens bewusst ohne Einschränkung dahingehend ausgestaltet, dass alle Marken und damit insbesondere auch solche, die erst nach Durchführung eines Anmelderbeschwerdeverfahrens zur Eintragung gelangt sind, Gegenstand eines Löschungsverfahrens sein können (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 54, Rdn. 16 m.w.N.). Die Auffassung, die eine teilweise Verfassungswidrigkeit der Vorschriften der §§ 50, 54 MarkenG unter dem Gesichtspunkt der Gewaltenteilung in Erwägung zieht, soweit ein Gericht im Anmelderbeschwerdeverfahren die Schutzfähigkeit bejaht hat, verkennt die Bedeutung des markenrechtlichen Beschwerdeverfahrens und im Übrigen auch die Erkenntnismöglichkeiten im einseitigen Verfahren bei der Beurteilung von absoluten Schutzhindernissen. Auch wenn im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren nach § 73 Abs. 1 MarkenG der Untersuchungsgrundsatz gilt, kann nicht angenommen werden, dass ein Marken-Beschwerdesenat mit Wirkung für und gegen alle denkbaren Betroffenen - einschließlich der Wettbewerber, die im Anmelderbeschwerdeverfahren nicht beteiligt waren und deshalb ihre Sicht der Dinge gar nicht darlegen konnten – allgemein - und endgültig die Frage der Schutzfähigkeit einer Marke klären könnte. Gerade die Erfahrung zeigt, dass im Löschungsverfahren nicht selten von den Antragstellern aufgrund ihrer Fach- und Branchenkenntnis Gesichtspunkte eingeführt werden, die im Eintragungsverfahren bei der Prüfung von absoluten Schutzhindernissen entweder nicht bekannt waren oder nicht bedacht worden waren. Sinn und Zweck des Löschungsverfahrens ist es, u.a. auch die Fach- und Branchenkenntnisse der Mitbewerber nutzbar zu machen und einen fehlerhaften und für den fairen Wettbewerb unzuträglichen Registerstand zu korrigieren. Nicht hilfreich sind in diesem Zusammenhang auch die im Ansatz unzutreffenden verwaltungsrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Überlegungen und die gezogenen Parallelen zu den im Verwaltungsrechtsweg überprüfbaren Verwaltungsakten, wie sie sich aus den genannten Beschlüssen des 29. Senats ergeben, zumal die Anwendung der Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG für das patentamtliche Verfahren ausdrücklich ausgeschlossen ist und im patentgerichtlichen Markenverfahren nicht die VwGO heranzuziehen ist, sondern maßgeblich das Markengesetz und ergänzend über § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG insbesondere die ZPO ist.
b)
Die Voraussetzungen für die Durchführung des Löschungsverfahrens mit inhaltlicher Prüfung nach § 54 Abs. 2 Satz 3 MarkenG sind erfüllt, nachdem der Löschungsantrag gemäß §§ 94 Abs. 1 MarkenG i.V.m. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG am dritten Tag nach seiner Aufgabe zur Post am 26. März 2010, also am 29. März 2010, an die Markeninhaberin als zugestellt galt und die Markeninhaberin dem Löschungsantrag am 22. Mai 2011 und damit rechtzeitig innerhalb der Frist von zwei Monaten nach § 54 Abs. 2 Satz 2 MarkenG widersprochen hat.
2.
Die Markenabteilung hat auch zu Recht auf den Löschungsantrag der Antragstellerin hin die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Der Senat teilt die Auffassung der Markenabteilung, dass der angegriffenen Marke jedenfalls die erforderliche Unterscheidungskraft i.S.d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG im Zeitpunkt der Eintragung gefehlt hat und dass dieses Schutzhindernis auch aktuell noch besteht. Es kann als nicht entscheidungserheblich offen bleiben, ob der angegriffenen Marke darüber hinaus schon die Markenfähigkeit i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG abzusprechen ist, wofür einige Gesichtspunkte sprechen (siehe dazu etwa die in den beigezogenen Verfahrensakten 33 W (pat) 279/01 befindlichen Patent- und Gebrauchsmusterunterlagen), und ebenso, ob die Farbangabe „Hellblau“ mangels exakter Bezeichnung der Farbe mittels anerkanntem Farbcode (z.B. RAL oder Pantone) als hinreichend bestimmt und deshalb als beansprucht angesehen und damit bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit überhaupt berücksichtigt werden kann.
a)
Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 30, 31 - Henkel; BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Auch das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel). Bei der Beurteilung von Schutzhindernissen ist maßgeblich auf die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise abzustellen, wobei dies alle Kreise sind, in denen die fragliche Marke Verwendung finden oder Auswirkungen haben kann. Dabei kommt es auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen an (Ströbele/ Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 29, 30). Die vorliegend beanspruchten Waren der Klasse 19 sind in erster Linie an Fachleute der Baubranche gerichtet, also an Bauhandwerker und Baufirmen, und weniger - wovon die Markenabteilung ausgegangen war – an die Endverbraucher. Der Bau von Schwimmbädern ist eine komplexe Angelegenheit, die besonderes Fachwissen voraussetzt. Beim Bau ist u.a. die Errichtung eines Unterbaus einschließlich Drainageleitung, die Armierung der Formteile auf eine Betonplatte und die Verfüllung der Formsteine mit Beton usw. erforderlich. Letztlich kann als nicht entscheidungserheblich dahinstehen, ob vorliegend nur auf die Fachleute oder in gewissem Umfang auch auf die fachlich orientierten Heimhandwerker abzustellen ist, weil insoweit eine unterschiedliche Wahrnehmung der Kennzeichnungen bzw. eine unterschiedliche Verkehrsauffassung im Ergebnis nicht festgestellt werden kann.
Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit dreidimensionaler Marken dürfen zwar keine strengeren Anforderungen angelegt werden als bei sonstigen Marken. Gleichwohl sind bei Marken, welche die Form der Ware selbst wiedergeben (= Warenformmarken) wesentliche Unterschiede gegenüber „klassischen“ Wort- oder Bildmarken zu beachten. Marken, die aus der Form einer Ware oder deren Verpackung bestehen, werden tatsächlich nicht in gleicher Weise wie Wort- oder Bildmarken aufgefasst, weil der Durchschnittsverbraucher und gleichermaßen auch der Fachverkehr aus der Form der Ware oder deren Verpackung gewöhnlich nicht auf die betriebliche Herkunft dieser Waren schließt. Nach der maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH begründet bei dieser speziellen Markenform ein "bloßes Abweichen" von der Norm oder Branchenüblichkeit noch nicht die Unterscheidungskraft; vielmehr kann eine Marke die erforderliche Herkunftsfunktion nur dann erfüllen, wenn sie von „Norm oder Branchenüblichkeit erheblich abweicht" (EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 49 - Henkel; GRUR Int. 2004, 631, Tz. 39 – Dreidimensionale Tablettenform I; GRUR Int. 2004, 635, Tz. 37 - Dreidimensionale Tablettenform II; GRUR Int. 2004, 639, Tz. 37 – Dreidimensionale Tablettenform III; GRUR Int. 2005, 135, Nr. 31 - Maglite; GRUR Int. 2006, 226, Nr. 31 - Standbeutel; GRUR Int. 2006, 842, Nr. 26 - Form eines Bonbons II; siehe auch BGH GRUR 2004, 329, 330 - Käse in Blütenform; GRUR 2004, 507, 509 – Transformatorengehäuse). Solche Abweichungen müssen vom Verkehr auch ohne eingehende, d. h. ohne analysierende und vergleichende Betrachtung oder nähere Prüfung eindeutig erkennbar sein (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 232 mit zahlreichen Rechtsprechungsnachweisen, insbesondere auch EuGH GRUR 2004, 428, Tz. 49 - Henkel; MarkenR 2004, 461, Tz. 31 - Maglite; MarkenR 2004, 456 - Seifenstück; MarkenR 2006, 19 - Standbeutel).
aa)
Ausgehend von diesen Maßstäben werden der Fachverkehr, aber auch die handwerklich interessierten und versierten Endverbraucher in der als Marke eingetragenen dreidimensionalen Form keinen betrieblichen Herkunftshinweis sehen. Sie weist im Wesentlichen nur Merkmale eines mit Beton verfüllbaren und wärmeisolierenden Bausteins für den Schwimmbadbau auf. Dabei hebt sich die Form in keiner Weise von dem vorhandenen Formenschatz der anderen am Markt angebotenen entsprechenden Bausteine aus Schaumstoff bzw. Polystyrol ab, was sich aus den von der Markeninhaberin mit den Schriftsätzen vom 20. September 2010 (Bl. 59 der Patentamtsakte) und vom 17. Juni 2011 (Bl. 29 d.A.) identisch vorgelegten Abbildungen sowie den in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Formsteinen der Markeninhaberin und ihrer Mitbewerber ergibt. Der streitgegenständliche Formstein weist keine ausreichend individuellen oder charakteristischen Merkmale auf, die ihn aus dem üblichen Formenschatz in relevanter Weise hervorheben könnten. Vielmehr ist er nur als eine weitere (beliebige) Variante im vorhandenen Formenschatz anzusehen, den der Verkehr deshalb auch nicht als betrieblichen Herkunftshinweis wahrnehmen wird.
Der streitgegenständliche Formstein stimmt in seinen wesentlichen Merkmalen mit den Konkurrenzprodukten überein. Allen Formsteinen, d.h. sowohl dem der Markeninhaberin als auch jenen der anderer Anbieter, ist gemeinsam, dass sie Eigenschaften eines Bausteins mit Seitenwänden, Querstegen und verfüllbaren Hohlräumen bzw. Öffnungen sowie Vorrichtungen für ein Steckverbindungssystem aufweisen, wobei sie aus dem wärmeisolierenden und leichtgewichtigen Material Schaumstoff bzw. Polystryol bestehen. Dass die einzelnen Formsteine sich in der Ausführung dieser maßgeblichen Merkmale eines Bausteins für den Schwimmbadbau in gewissen Nuancen unterscheiden, fällt angesichts der weitgehenden Übereinstimmung in den wesentlichen Merkmalen nicht ins Gewicht.
Letztlich werden von der Markeninhaberin nur drei Merkmale geltend gemacht, welche die angegriffene dreidimensionale Gestaltung von den auf dem Markt erhältlichen Konkurrenzprodukten abheben soll. Dies sollen nach dem Vortrag der Markeninhaberin die abgerundeten Öffnungsinnenseiten, die treppenförmigen Abstufungen bei den Querstegen sowie die blaue Einfärbung sein.
Das vergleichsweise auffälligste abweichende Merkmal des streitgegenständlichen Schwimmbadbausteins, nämlich die abgerundeten Öffnungsinnenseiten, dürfte wohl der Erreichung einer technischen Wirkung i.S.d. § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dienen. Abgesehen von der höheren Stabilität gegenüber dem Außendruck und damit einer höheren Formstabilität dürfte bei der abgerundeten Form die vollständige Verfüllung der Hohlräume mit Beton leichter zu erreichen sein als bei den Konkurrenzprodukten mit den geraden Öffnungsinnenseiten. Außerdem ist beim streitgegenständlichen Stein aufgrund der Rundungen in der Summe deutlich mehr Polystyrol als isolierendes Material verarbeitet als bei den Konkurrenzprodukten, was zum einen eine stärkere Isolierung bewirken dürfte und zum anderen den Materialaufwand in Bezug auf den einzufüllenden Beton und damit das Gewicht der mit diesen Steinen gebauten isolierenden Schwimmbadmauer insgesamt verringern dürfte. Ob in Bezug auf dieses abweichende Merkmal des streitgegenständlichen Schwimmbadbausteins bereits ein Schutzhindernis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist, kann aber als nicht entscheidungserheblich dahinstehen.
Denn die vorstehend von der Markeninhaberin geltend gemachten drei Abweichungen des streitgegenständlichen Schwimmbadbausteins stellen jedenfalls weder für sich genommen noch in der Summe ausreichend signifikante Unterschiede zu den anderen auf dem Markt angebotenen Schwimmbad-Formbausteinen dar, die als erheblich i.S.d. maßgeblichen EuGH-Rechtsprechung angesehen werden könnten. Der Formbaustein mit der Bezeichnung „Power S Stone“ (siehe Abbildung oben unter I. e) im Tatbestandsteil dieses Beschlusses) weist zwar wie jene der anderen Wettbewerber der Markeninhaberin rechteckige bzw. quadratische Hohlräume auf, jedoch sind dort die Ecken der Öffnungen dieses Bausteins bereits abgerundet und stellen damit einen ersten Schritt von der geraden zu einer abgerundeten Öffnungsinnenseite dar. Dieser Formstein verfügt außerdem bei den Querstegen über eine Stufe und eine sich daran anschließende Schräge und ist damit in ähnlicher Weise wie die streitgegenständliche 3D-Marke mit treppenförmigen bzw. zweistufigen Stegen ausgestaltet. Auch die Vorrichtung für die Steckverbindung von mehreren Bausteinen mit den an den Hohlräumen hervorstehenden Rändern bzw. als Pendant hierzu den gleichförmigen Ringnuten auf der anderen Seite entsprechen in ihrer konzeptionellen Ausgestaltung den von anderen Anbietern auf dem Markt angebotenen Warenformen (s. „Power S Stone“, „ IGLU 2000“, Bl. 29 d.A. und Abbildung oben, I.).
Auch die hellblaue Farbgebung der angegriffenen Marke führt in Verbindung mit der konkreten Warenform nicht dazu, dass diese vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis wahrgenommen wird. Abgesehen davon, dass es fraglich ist, ob die Farbangabe „Hellblau“ als hinreichend definiert und ausreichend grafisch dargestellt i.S.d. § 8 Abs. 1 MarkenG und damit unter Schutz gestellt anzusehen ist, stellt sich diese Farbgestaltung auch ohne Berücksichtigung der Farbgebung in den Farben hellgelb und hellrosa bei den Formsteinen anderer Anbieter (siehe dazu die in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommenen Schaumstoffbausteine) jedenfalls nicht als ungewöhnlich dar, zumal der Verkehr die Farbe Blau bzw. Hellblau ohne weiteres mit Wasser in Verbindung bringen und als Hinweis auf den Verwendungszweck des Bausteins für den Schwimmbadbau und nicht als betrieblichen Herkunftshinweis erkennen wird.
Soweit die Markeninhaberin argumentiert, dass der für den einschlägigen Warenbereich maßgebliche Fachverkehr wegen der geringen Anzahl von Anbietern von Polystyrolbausteinen und ihres Marktanteils von 40 % die Unterschiede der Formen als Herkunftshinweis wahrnehmen werde, kann dieser Gesichtspunkt bei der Prüfung der ursprünglichen bzw. originären Schutzfähigkeit nicht berücksichtigt werden. Insoweit spricht die Markeninhaberin nämlich Gesichtspunkte der Verkehrsdurchsetzung an, ohne aber Tatsachen dazu vorzutragen und diese glaubhaft zu machen, wonach die angegriffene Marke als verkehrsdurchgesetzt i.S.d. § 8 Abs. 3 MarkenG anzusehen wäre.
bb)
Soweit die Markeninhaberin weiterhin geltend macht, dass jedenfalls bei Zugrundelegung der zum Zeitpunkt der Eintragung der angegriffenen Marke noch angewendeten rechtlichen Maßstäbe nicht jegliche Unterscheidungskraft gefehlt habe und die nachträgliche "Verschärfung" der Eintragungsvoraussetzungen nicht zu ihren Lasten gehe dürfe (in diese Richtung geht wohl auch der Beschluss des BPatG 26 W (pat) 94/04 vom 16. August 2006 – lastminit, abgedruckt in GRUR-RR 2008, 49, Rdn. 19 ), rechtfertigt dies keine andere Entscheidung.
Zunächst kann entgegen der Auffassung der Markeninhaberin nicht festgestellt werden, dass bei Zugrundelegung der zum Zeitpunkt der Eintragung durch die Rechtsprechung angewendeten rechtlichen Maßstäbe die angegriffene Marke als unterscheidungskräftig bzw. schutzfähig anzusehen gewesen wäre. Vielmehr war die Rechtsprechung nach Inkrafttreten des Markengesetzes zum 1. Januar 1995 bei der Frage der Schutzfähigkeit von Warenformmarken bis zur entsprechenden Klärung durch die maßgebliche Rechtsprechung des EuGH uneinheitlich. Das Bundespatentgericht hat zunächst bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft an die schutzbegründende Originalität der Warenformmarke wegen der möglichen Behinderung der Mitbewerber bei der Gestaltung von Produkten einen strengen Maßstab angelegt (vgl. dazu z. B. BPatG GRUR 1998, 706, 709 - Montre I; GRUR 1999, 56, 57 - Taschenlampen). Der Bundesgerichtshof hat diese Beurteilung des Bundespatentgerichts im Ergebnis in einer Reihe von Entscheidungen bestätigt (vgl. z. B. BGH GRUR 2001, 413 – SWATCH). Im Übrigen hat der BGH mehrere Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zu den Schutzanforderungen bei Warenformmarken vorgelegt (vgl. BGH GRUR 2001, 334 – Gabelstapler; MarkenR 2001, 71 – Stabtaschenlampen und Marken 2001, 75 – Rado-Uhr), die der EuGH mit seiner Entscheidung vom 8. April 2003 beantwortet hat (siehe GRUR 2003, 514). Seine Rechtsprechung zu Warenformmarken hat der EuGH in der Folgezeit weiter konkretisiert (vgl. dazu z. B. GRUR 2004, 428, Tz. 49 - Henkel; MarkenR 2004, 224, MarkenR 2004, 231, GRUR Int. 2004, 631 – TABS ; MarkenR 2004, 456 – Seifenstück).
Daraus folgt, dass es zum Zeitpunkt der Eintragung der streitgegenständlichen Marke im Jahr 2002 noch keine in allen Einzelheiten hinreichend gefestigte Rechtsprechung mit konkreten Kriterien zur Eintragungsfähigkeit von Warenformmarken gab. Demzufolge können Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes vorliegend schon deshalb keine entscheidungserhebliche Bedeutung haben. Hinzu kommt, dass gemäß Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) – entspricht dem bis 30. November 2009 geltenden Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) - eine Verpflichtung der letztinstanzlichen nationalen Gerichte besteht, offene gemeinschaftsrechtliche Rechtsfragen dem EuGH zur Entscheidung vorzulegen. Seit der Geltung der Markenrechtsrichtlinie EG Nr. 89/104 vom 21. Dezember 1988 sind markenrechtliche Schutzfähigkeitsfragen dem Gemeinschaftsrecht zuzuordnen. Ausgehend davon können Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes vor einer Klärung offener Rechtsfragen durch den EuGH insoweit schon von vornherein keine Rolle spielen.
Nach Auffassung des Senats dürfen Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nach der gesetzlichen Regelung gemäß der Markenrechtsrichtlinie und des Markengesetzes auch aus anderen Gründen keine Rolle spielen (so bereits der Senatsbeschluss vom 14. Januar 2010, 25 W (pat) 7/09 = GRUR 2010, 1017 - Bonbonform). In Art. 3 der Markenrechtsrichtlinie, der u. a. durch die nationalen Vorschriften der §§ 3, 8, 50, 54 MarkenG umgesetzt worden ist, ist im Einzelnen geregelt, wann und unter welchen Voraussetzungen eine eingetragene Marke wegen fehlender Schutzfähigkeit der Ungültigerklärung bzw. Löschung unterliegt. Der Gedanke des Vertrauensschutzes hat in diesen Normen jedenfalls keinen ausdrücklichen Niederschlag gefunden. Das Markengesetz sieht in § 50 Abs. 2 Satz 2 lediglich eine zeitliche Grenze von 10 Jahren ab Eintragung der Marke vor, innerhalb der die Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 geltend zu machen sind. Insbesondere gibt es keinen normierten Ausschlusstatbestand des Vertrauensschutzes, welcher der Löschung einer zu Unrecht eingetragenen Marke entgegenstehen könnte. Der EuGH betont vielmehr stets, dass die Vorschriften zu den Schutzhindernissen im Lichte des Allgemeininteresses auszulegen sind, wobei dieses darin besteht, die Allgemeinheit vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Tz. 25 - 27 - Chiemsee; GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel; GRUR 2004, 674, Tz. 68 - Postkantoor; GRUR 2008, 608, Tz. 55 - EUROHYPO; siehe dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., § 8 Rdn. 5, 59 und 242 mit weiteren Nachweisen). Dies gilt auch für das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (vgl. EuGH GRUR 2003, 604, Tz. 60 - Libertel). Diese Auffassung teilt auch der Bundesgerichtshof (vgl. BGH GRUR 2006, 850, Tz. 17 - FUSSBALL WM 2006). Dabei wird das Allgemeininteresse nicht nur durch unmittelbare oder tatsächliche Behinderungen, sondern bereits durch eine bloße potentielle Beeinträchtigung der wettbewerblichen Grundfreiheiten tangiert (vgl. Alber, GRUR 2005, 127, 129, 130 - Das Allgemeininteresse in der markenrechtlichen Entscheidungspraxis des EuGH mit weiteren Nachweisen). Angesichts dieses stets hervorgehobenen Aspekts des Allgemeininteresses wäre es nicht verständlich, wenn der rechts- und auch wettbewerbswidrige Zustand einer Fehleintragung allein aus Gründen des Vertrauensschutzes zu Gunsten einzelner Markeninhaber perpetuiert würde. Die nachträgliche Korrektur in Bezug auf Fehleintragungen durch Löschung ist aufgrund der gesetzlichen Regelungen zum Löschungsverfahren ausdrücklich vorgesehen und realisiert entsprechend dem Gesetzeszweck letztlich ebenso wie die Schutzfähigkeitsprüfung im Eintragungsverfahren das hoch zu veranschlagende Interesse der Allgemeinheit, vor ungerechtfertigten Rechtsmonopolen bewahrt zu werden. Dies dient auch dem Ziel, einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Dieses Interesse der Allgemeinheit ist im Bereich von dreidimensionalen Gestaltungen, die nur die konkret vertriebene Ware wiedergeben, vor allem deshalb besonders zu berücksichtigen, weil solche Markeneintragungen - anders als etwa zeitlich begrenzt schutzfähige Geschmacksmuster - die Produktgestaltungsfreiheit der Mitbewerber auf Dauer einschränken können.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass sowohl der Wortlaut der Vorschriften zum Löschungsverfahren (§§ 3, 8, 50, 54 MarkenG) als auch deren Zweck dagegen spricht, Vertrauensschutzerwägungen zu Gunsten der Inhaber angegriffener schutzunfähiger Marken in Löschungsverfahren zu berücksichtigen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob die Registereintragung unmittelbar durch Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts erfolgte oder erst nach Durchführung eines Beschwerdeverfahrens vor dem Bundespatentgericht. Diese Erwägungen zur Auslegung der gesetzlichen Vorschriften sprechen auch gegen die Auffassung, wonach für die Beurteilung der Schutzfähigkeit einer angegriffenen Marke - aus Gründen des Vertrauensschutzes - nicht nur die zum Zeitpunkt der Eintragung gültige Gesetzeslage, sondern auch die zu diesem Zeitpunkt hierzu vorliegende Rechtsprechung maßgeblich sein soll (so BPatG 26 W (pat) 94/04 = GRUR-RR 2008, 49 f. - lastminit und BGH GRUR 1975, 368 - Elzym in einem sehr speziellen Sonderfall zur Zeit der Geltung des Warenzeichengesetzes). Die hier vertretene Auffassung (siehe auch BPatG, GRUR 2010, 1017 - Bonbonform) entspricht im Ergebnis der überwiegenden Meinung in der Kommentarliteratur, wobei dort zutreffend auf den weiteren wichtigen, aber eher formalen Aspekt abgestellt wird, dass die Entwicklungen und Korrekturen der Rechtsprechung bei der Auslegung von Gesetzen grundsätzlich keinem Rückwirkungsverbot unterliegen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 10. Aufl., § 8 Rdn. 15, § 50 Rdn. 7).
Die Beschwerde konnte nach alledem keinen Erfolg haben.
3.
Der Senat hat die Rechtsbeschwerde zugelassen im Hinblick auf die grundsätzliche Frage, ob und ggfs. in welcher Form Vertrauenschutzerwägungen im Löschungsverfahren eine Rolle spielen (§ 83 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).
4.
Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen nach § 71 Abs. 1 MarkenG bestand kein Anlass.