Entscheidungsdatum: 03.07.2012
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 304 46 303
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2012 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Werner sowie der Richterin Dr. Schnurr und des Richters am Oberlandesgericht Heimen
beschlossen:
Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.
I.
Gegen die am 11. August 2004 angemeldete, seit dem 8. Dezember 2004 für die Waren
„Klasse 3: Parfümeriewaren, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;
Klasse 14: Juwelierwaren und Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente;
Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“
eingetragene und am 7. Januar 2005 veröffentlichte Wortmarke 304 46 303
Motiv
ist am 5. April 2005 jeweils durch dieselbe Widersprechende
ein auf „Waren der Klassen 14 und 25“ gestützter Widerspruch erhoben worden aus der seit dem 22. Mai 1989 u. a. für die Waren
“Class 14: Precious metals and their alloys and goods made of or coated with these materials not included in other classes; jewellery, bijouterie, precious stones; timepieces and chronometric instruments; |
Class 25: Clothing, footwear, headgear“
international registrierten Wort-/Bildmarke IR 542 366
(Widerspruchsmarke zu 1), |
ein auf „Waren der Klasse 25“ gestützter Widerspruch erhoben worden aus der seit dem 13. Juli 1999 u. a. für die Waren
“Class 25: Clothing, footwear, headgear“
international registrierten Wort-/Bildmarke IR 717 307
(Widerspruchsmarke zu 2),
und ein auf die „Waren der Klasse 14“ gestützter Widerspruch erhoben worden aus der seit dem 11. Dezember 2001 u. a. für die Waren
“Class 14: Precious metals and their alloys and goods made of or coated with these materials not included in other classes; jewellery, bijouterie, precious stones; timepieces and chronometric instruments” |
international registrierten Wort-/Bildmarke IR 774 192
(Widerspruchsmarke zu 3).
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat mit Schriftsatz vom 28. Juni 2005 in Bezug auf die Widerspruchsmarke IR 542 366, mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2005 in Bezug auf die Widerspruchsmarke IR 717 307, mit Schriftsatz vom 25. Juni 2009 in Bezug auf die Widerspruchsmarke IR 774 192 die Einrede der Nichtbenutzung erhoben und mit Schriftsatz vom 18. Januar 2012 mitgeteilt, diese Einrede werde im bisherigen Umfang aufrecht erhalten.
Die Inhaberin der Widerspruchsmarken zu 1) – 3) hat im Laufe des Widerspruchs- und Beschwerdeverfahrens mehrfach Unterlagen zur Akte gereicht, die zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung ihrer Zeichen dienen sollen.
Mit Beschluss vom 10. April 2008 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts durch einen Beamten des gehobenen Dienstes aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 717 307 die angegriffene Marke teilweise, nämlich für die Waren „Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen“ gelöscht, aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 774 192 die angegriffene Marke teilweise, nämlich für die Waren „Klasse 14: Juwelierwaren und Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente" gelöscht und aufgrund des Widerspruchs aus der Marke IR 542 366 die angegriffene Marke teilweise, nämlich für die Waren „Klasse 14: Juwelierwaren und Schmuckwaren; Klasse 25: Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen" gelöscht. In ihrer Begründung ist die Markenstelle von einer Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarken IR 717 307 und IR 542 366 ausgegangen; nur insoweit war bis dahin die Einrede der Nichtbenutzung erhoben worden. Im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung hat sie in Bezug auf die im Tenor genannten Waren und Widerspruchsmarken eine durch das Zusammenspiel der klanglichen, bildlichen und begrifflichen Gemeinsamkeiten der jeweiligen Kollisionszeichen entstehende, komplexe Verwechslungsgefahr bejaht.
Auf die Erinnerung der Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts durch eine Beamtin des höheren Dienstes mit Beschluss vom 6. April 2011 ihren Beschluss vom 10. April 2008 aufgehoben und die Widersprüche aus allen drei Widerspruchsmarken mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Voraussetzungen einer markenrechtlichen Verwechslungsgefahr jeweils nicht vorlägen. Den Widerspruch aus der Marke IR 542 366 betreffend, hat die Markenstelle ausgeführt, auf die gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 und 2 MarkenG insoweit zulässig erhobene Einrede der Nichtbenutzung hin habe die Widersprechende eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht. Insbesondere die Umsatzzahlen aus der eidesstattlichen Versicherung vom 23. November 2005 ließen nicht erkennen, für welche konkreten Waren Umsätze in welcher Höhe erzielt worden seien. Die übrigen eidesstattlichen Versicherungen bezögen sich entweder explizit auf eine andere Widerspruchsmarke oder differenzierten nicht zwischen einer Benutzung der Marken IR 542 366 und IR 717 307. Unter Berufung auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 13. September 2007, Az. C-234/06 P – Bainbridge – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM (EuGH GRUR 2008, 343, 347) hat die Markenstelle die Auffassung vertreten, dass eine Benutzung der Marke IR 717 307 nicht zugleich als Benutzung der Widerspruchsmarke IR 542 366 anerkannt werden könne.
Den Widerspruch aus der Marke IR 717 307 betreffend, hat die Markenstelle dahinstehen lassen, ob der Widersprechenden die Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung ihres Zeichens gelungen sei. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die festgestellten entfernten Ähnlichkeiten zwischen beiden Vergleichsmarken auch unter Zugrundelegung von Warenidentität und durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke jedenfalls ausreichten, um eine Verwechslungsgefahr zwischen den Vergleichszeichen sicher auszuschließen.
Ihre Zurückweisung des Widerspruchs aus der Marke IR 774 192 hat die Markenstelle ebenfalls mit einer fehlenden markenrechtlichen Verwechslungsgefahr der sich gegenüberstehenden Zeichen begründet. Die Einrede der Nichtbenutzung sei vor Januar 2010 und somit nicht in zulässiger Art und Weise erhoben worden. Die Kollisionszeichen beanspruchten zwar Schutz für identische bzw. hochgradig ähnliche Waren. Unter Berücksichtigung einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke halte das angegriffene Zeichen den angesichts dessen gebotenen Markenabstand jedoch insgesamt ein, da beide Zeichen sich klanglich unterdurchschnittlich ähnlich, schriftbildlich unähnlich und begrifflich nur entfernt ähnlich seien.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Widersprechende mit ihrer Beschwerde. Sie hält die Kollisionszeichen jeweils für markenrechtlich verwechselbar und verweist darauf, dass diese teilweise Schutz für identische Waren beanspruchten. Die Widersprechende geht von einer jeweils durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ihrer Widerspruchsmarken zu 1) – 3) aus. Klanglich unterschieden sich die Kollisionszeichen sowohl in der Aussprache als auch in der Betonung nur durch das den Widerspruchsmarken zu 1) – 3) am Ende zusätzlich angefügte „i“. Die fünf kleinen Punkte über den Buchstaben „m“ und „o“ der Widerspruchsmarken zu 2) und 3) blieben im klanglichen Zeichenvergleich außer Betracht, da es sich lediglich um Verzierungen handele, die der Verkehr insbesondere nicht als den Buchstaben „ö“ interpretieren werde. Auch die schriftbildlichen Unterschiede beschränkten sich jeweils auf den Buchstaben „i“ am Wortende der Widerspruchsmarken, zu dem im Schriftbild der Widerspruchsmarken zu 2) und 3) lediglich noch die genannten fünf Punkte über den Buchstaben „m“ und „o“ hinzuträten. Die Kollisionszeichen, die ihren gemeinsamen Ursprung in dem lateinischen Verb „movere“ i. S. v. „bewegen“ hätten, seien sich begrifflich ähnlich. Denn beim Lesen oder Hören des Wortes „motivi“ werde der inländische Durchschnittsverbraucher auch dann an den deutschen Begriff „Motiv“ denken, wenn er „motivi“ nicht als italienische Pluralform von „motivo“ i. S. v. „Beweggrund“ erkennen werde, weil er nicht über die hierzu erforderlichen Sprachkenntnisse verfüge.
Die rechtserhaltende Benutzung ihrer Widerspruchsmarken zu 1) – 3) habe die Widersprechende hinreichend glaubhaft gemacht. Sowohl die Wiedergabe der Marke ohne Abstände zwischen den Buchstaben, als auch die Wiedergabe in Groß- bzw. Kleinbuchstaben und mit einem zusätzlichen Bildbestandteil, der lediglich als Verzierung wahrgenommen werde und die jeweils allein kennzeichnende Wirkung des Wortes „motivi“ in keiner Weise beeinflusse, seien als den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändernde Benutzungsformen zu betrachten. Die Widersprechende setzt sich ebenfalls mit der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. September 2007, Az. C-234/06 P - Bainbridge – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM (EuGH GRUR 2008, 343, 347) sowie mit der im Anschluss daran ergangenen Entscheidung des Gerichts der Europäischen Union (EuG) vom 17. Februar 2011, T- 324/09, – Friboi/FRIBO auseinander und merkt dazu an: Sollte der Senat zu dem Schluss kommen, dass der Gerichtshof der Europäischen Union über die hier streitgegenständliche Konstellation nicht entschieden habe und davon auszugehen sei, dass durch die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG nicht derogiert werde und daher uneingeschränkt anwendbar sei, sei die Vereinbarkeit des § 26 Abs. 3 S. 2 MarkenG mit Art. 10 MarkenRL in einem Vorlageverfahren zu klären.
Die Widersprechende beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. April 2008 und vom 6. April 2011 aufzuheben und die Marke 304 46 303 „Motiv“ zu löschen,
hilfsweise dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen,
ob die in Rn. 86 des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 13. September 2007, C-234/06 P – Bainbridge – Il Ponte Finanziaria Spa/HABM enthaltene Äußerung:
„Auch wenn es die oben in den Randnummern 81 und 82 genannten Vorschriften gestatten, eine eingetragene Marke als eine benutzte Marke anzusehen, sofern der Beweis erbracht wird, dass die Marke in einer Form benutzt wurde, die von der Form, in der sie eingetragen wurde, geringfügig abweicht, erlauben sie es jedenfalls nicht, den einer eingetragenen Marke zukommenden Schutz mittels des Nachweises ihrer Benutzung auf eine andere eingetragene Marke, deren Benutzung nicht nachgewiesen ist, mit der Begründung auszuweiten, dass die letztgenannte Marke nur eine leichte Abwandlung der erstgenannten Marke darstelle“
dahingehend zu verstehen und Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 lit a der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (MarkenRL) dahingehend auszulegen ist,
dass dieser dann nicht anwendbar ist und die Benutzung einer Marke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, dann nicht rechtserhaltend für die eingetragene Marke anerkannt werden kann, wenn die abweichende Form ebenfalls als Marke eingetragen ist, und daher § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG, nach dem die Benutzung der Marke in einer abweichenden Form ausdrücklich auch dann gestattet ist, wenn diese selbst als Marke eingetragen ist, als nicht richtlinienkonform zu bewerten ist,
oder ob all dies dann gelten soll, wenn aus mehreren eingetragenen, abweichenden Marken Widerspruch erhoben wird, von denen nur eine benutzt wird,
oder ob die Aussage des Gerichtshofs vielmehr auf den konkret entschiedenen Sachverhalt zu beziehen und dahin zu verstehen ist, dass keinesfalls die Existenz einer Markenfamilie oder Serienmarke auf die Eintragung mehrerer Marken gestützt werden kann, von denen tatsächlich nur eine benutzt wird, mit der Begründung, dass diese jeweils nur leichte Abwandlungen darstellten bzw. dahin, dass die Regelung des Art. 15 Abs. 2 lit a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (GMV) bzw. Art. 10 Abs. 1 Unterabs. 2 lit a der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (MarkenRL) nicht auf die italienischen „Defensivmarken“ ausgeweitet werden kann.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung der Erinnerungsprüferin für zutreffend und bestreitet nach wie vor die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarken zu 1) - 3).
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 3. Juli 2012 sind die jeweils ordnungsgemäß geladenen Verfahrensbeteiligten, wie zuvor angekündigt, nicht erschienen.
Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat im laufenden Widerspruchsverfahren gewechselt; die neue Inhaberin ist am 9. März 2007 in das Widerspruchsverfahren eingetreten. Auch die neue Inhaberin der Widerspruchsmarken zu 1) – 3) ist am 5. November 2009 nach einem Wechsel in das Widerspruchsverfahren eingetreten. Mit Verfügung vom 7. Mai 2012 hat der Senat den Verfahrensbeteiligten in Vorbereitung des Verhandlungstermins Hinweise erteilt, die sich u. a. mit einer möglichen Kennzeichnungsschwäche der Widerspruchsmarken zu 1) – 3) befasst haben. Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen.
II.
Die gem. § 66 Abs. 1 MarkenG zulässige Beschwerde der Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg und war daher zurückzuweisen. Die Widerspruchsmarken haben von Haus aus nur sehr schwache Kennzeichnungskraft. Dass diese schwache Kennzeichnungskraft durch Benutzung gestärkt und gesteigert worden wäre, etwa auf ein durchschnittliches Maß, hat die Widersprechende nicht schlüssig dargetan. Deswegen besteht zwischen den Widerspruchsmarken und der angegriffenen Marke auch dann keine markenrechtliche Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 1. und 2. Alt. MarkenG i. V. m. § 112 Abs. 1 MarkenG, wenn sich die Zeichen im Verkehr auf identischen Waren der Klassen 14 und 25 begegnen.
Für die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne dieser Vorschrift ist von dem allgemeinen kennzeichenrechtlichen Grundsatz einer Wechselwirkung zwischen allen in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der zu beurteilenden Marken, der Warennähe und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke in der Weise auszugehen, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken oder durch eine gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH GRUR 2004, 594, 596 - Ferrari-Pferd; GRUR 2005, 437, 438 - Lila-Schokolade; GRUR 2005, 513, 514 - MEY/Ella May). Diese Voraussetzungen sind hier zur Überzeugung des Senats im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung im Vergleich mit der angegriffenen Marke für keine der Widerspruchsmarken zu 1) – 3 ) erfüllt:
I.
Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke IR 542 366 (Widerspruchsmarke zu 1)
1. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine unmittelbare Ver-wechslungsgefahr.
1.1 In den Klassen 14 und 25, auf welche der Widerspruch beschränkt ist, werden diejenigen Waren, für die die angegriffene Marke eingetragen ist, in identischer Weise auch von der Widerspruchsmarke zu 1) beansprucht. In Klasse 14 beanspruchen die Kollisionszeichen darüber hinaus teilweise Schutz für hochgradig ähnliche Waren, nämlich für „aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren“ und teilweise für mittelgradig ähnliche Waren, nämlich für „Edelmetalle und deren Legierungen“ (vgl. HABM 00, WidAbt. E Nr. 276/00: „ohne weiteres ähnlich“), „Edelsteine“ (letztere jedoch unähnlich zu „Uhren“, vgl. HABM 10, BK R 406/09-2; vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 77 li. Sp.).
1.2 Zugunsten der Widersprechenden hat der Senat unterstellt, dass die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung ihres Zeichens auf die in zulässiger Weise erhobene Einrede der Nichtbenutzung hin durch die vorgelegten Benutzungsunterlagen hinreichend glaubhaft gemacht hat.
1.3 Eine Marke verfügt über Kennzeichnungskraft, wenn sie geeignet ist, die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen worden ist, als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und damit diese Waren oder Dienstleistungen von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. EuGH MarkenR 1999, 189, 194, Rn. 49 - Chiemsee; MarkenR 1999, 236, 239, Rn. 22 - Lloyd/Loint’s). Für die Bestimmung des Grades der Kennzeichnungskraft ist dabei maßgeblich, inwieweit sich die Marke dem Publikum aufgrund ihrer Eigenart und ihres ggf. durch Benutzung erlangten Bekanntheitsgrades als Produkt- und Leistungskennzeichnung einzuprägen vermag, so dass sie in Erinnerung behalten und wiedererkannt wird (vgl. Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Aufl., Rn. 497 zu § 14). Diese Eignung fehlt oder ist zumindest erheblich eingeschränkt, wenn die Widerspruchsmarke einen die geschützten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Sinngehalt aufweist oder sich an eine für die fraglichen Waren und/oder Dienstleistungen beschreibende Angabe anlehnt (BGH GRUR 2008, 905, 907, Nr. 16 - Pantohexal; GRUR 2008, 1002, 1004, Nr. 26 - Schuhpark).
Der Grad an Kennzeichnungskraft ist dabei im Widerspruchsverfahren erstmals zu bestimmen (EuGH MarkenR 1999, 236, 239, Rn. 22 - Lloyd/Loint’s). Auf den bloßen Umstand der Eintragung einer Marke kann dabei nicht abgestellt werden, weil aus der Eintragung nur darauf geschlossen werden kann, dass der Marke im Eintragungsverfahren, bzw. - wie hier - bei der Schutzerstreckung einer international registrierten Marke auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 113 MarkenG zuerkannt worden ist. Dagegen sind mit der Eintragung, bzw. mit der Schutzerstreckung keine Feststellungen über die Kennzeichnungskraft und damit über den Schutzumfang der betreffenden Marke verbunden. Vielmehr werden Kennzeichnungskraft und Schutzumfang zum ersten Mal im Widerspruchsverfahren geprüft und festgestellt.
Der Widerspruchsmarke zu 1) kommt von Haus aus für alle in den Klassen 14 und 25 beanspruchten Waren nur eine geringe, ihren Schutzumfang deutlich reduzierende Kennzeichnungskraft zu.
Die graphische Ausgestaltung der Widerspruchsmarke zu 1) weist keine charakteristische Gestaltung auf, denn sie beschränkt sich auf eine Schwarz-Weiß-Darstellung des in Kapitälchen wiedergegebenen Wortbestandteils „MOTIVI“ und bewegt sich damit im Rahmen des Werbeüblichen.
Der Wortbestandteil „MOTIVI“ der Widerspruchsmarke zu 1) kann eine gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG schutzunfähige Sachangabe zu den hier in Rede stehenden Waren dieser Marke enthalten.
Das Wort „motivi“ stammt aus dem Italienischen, ist der Plural von „motivo“ und bedeutet „Motive“. Dabei werden wie im Deutschen auch im Italienischen dem Wort „Motiv“ bzw. „motivo“ verschiedene Begriffe zugeordnet. Es kann, wie die Widersprechende vorgetragen hat, ein Ausdruck für den Begriff „Beweggrund“ sein. Es kann aber auch - und zwar in beiden Sprachen - ein allgemeiner Ausdruck für Gegenstände der bildenden Kunst sein (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, Stw. „Motiv“; Langenscheidt, Handwörterbuch Italienisch, 2009, Italienisch - Deutsch, Stw. „motivo“).
In diesem Sinne weist der Wortbestandteil „Motivi“ der Widerspruchsmarke auf Motive in Form von Bildern oder charakteristischen Formen hin, mit denen die beanspruchten „Bekleidungsstücke, Schuhwaren“ und „Kopfbedeckungen“ der Klasse 25 verziert sein können. Insbesondere Kinderkleidung, Kinderschuhe und Kopfbedeckungen für Kinder werden im Handel häufig mit aufgedruckten, eingestickten oder applizierten Motiven versehen angeboten. Kunden, die im Laden oder beim Onlineshopping Kleidung, Schuhe oder Kopfbedeckungen beschreiben, die sie zu erwerben suchen, können ihre Vorstellungen durch die Angabe „mit oder ohne Motive“ präzisieren.
Für die in Klasse 14 beanspruchten Waren „Juwelierwaren, Schmuckwaren; Uhren und Zeitmessinstrumente; aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren“ kommt der Widerspruchsmarke zu 1) ebenfalls nur eine geringe, ihren Schutzumfang deutlich reduzierende Kennzeichnungskraft zu, weil „motivi“ auf Motive hinweist, die diese Waren darstellen oder mit denen diese Waren verziert sein können. Bei den weiteren in Klasse 14 beanspruchten Waren „Edelmetalle und deren Legierungen, Edelsteine“ handelt es sich um Rohstoffe, die in der Schmuckindustrie sowie im Goldschmiedehandwerk zum Einsatz kommen, um Uhren, Juwelierwaren und Schmuckstücke mit Motiven zu versehen. Das Wort „motivi“ eignet sich daher zur Angabe ihres Bestimmungszwecks.
In seiner Bedeutung „Bildmotive“ und „Motive der Formengebung“ ist das Markenwort „Motivi“ für die inländischen deutschen Verkehrskreise ohne weiteres verständlich. Für den Fachverkehr ist Italienisch Handelssprache. Die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Italien sind seit Jahrzehnten eng und umfassend. Deutschland ist Italiens wichtigster Handelspartner. Das gilt für Im- und Export. Für Deutschland gehört Italien zu den 5 wichtigsten Handelspartnern. Dabei gehören Textilien und Bekleidung zwar nicht mehr zu den wichtigsten Ausfuhrposten Italiens im Verhältnis zu Deutschland. Diese Waren haben aber über Jahrzehnte eine bedeutende Rolle für die Handelsbeziehungen beider Länder gespielt und haben im Jahre 2010 noch über 6 % des italienischen Exports nach Deutschland ausgemacht (vgl. Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Italien, Bilaterale Wirtschaftsbeziehungen, Stand: Juni 2012, www.rom.diplo.de; Handel zwischen Italien und Deutschland gründet tief, 6. April 2011, www.gtai.de (German Trade & Invest (gtai) ist die Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland für Außenwirtschaft und Standortmarketing).
Diejenigen deutschen Endabnehmer, die nicht über ausreichende Italienischkenntnisse verfügen, um in „motivi“ den Plural des italienischen Wortes „motivo“ - hier i. S. v. Bildmotiv, Motiv für die Formengebung - zu verstehen, werden wegen der Nähe zu dem deutschen Pendant „Motiv“, einem „zur künstlerischen Gestaltung, Wiedergabe anregenden Gegenstand“ (vgl. DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011, Stw. „Motiv“), die beschreibende Bedeutung der Widerspruchsmarke erkennen. Das stellt selbst die Widersprechende nicht in Abrede.
1.4 Der Widerspruchsmarke zu 1) kommt keine durch Benutzung nachträglich gesteigerte Kennzeichnungskraft zu. Zur Steigerung der Kennzeichnungskraft einer Marke ist eine durch intensive und nicht nur kurzfristige Benutzung entstandene gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich. Zu deren Feststellung sind alle relevanten Umstände im Einzelfall zu berücksichtigen, wie der Marktanteil der Marke, ihre Benutzungsdauer und -intensität, ihre geographische Verbreitung, die für die Marke getätigten Werbeaufwendungen sowie der Anteil der Verkehrskreise, die die mit der Marke gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (vgl. Hacker, Ströbele/Hacker, 10. Aufl. 2011, § 9 Rn. 138 m. w. N.). Diesen Anforderungen genügen der Sachvortrag der Widersprechenden und die von ihr vorgelegten Unterlagen nicht.
Soweit es um die Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1) für Modeschmuck aus der Klasse 14 geht, ergibt sich die vorstehende Feststellung unmittelbar aus den Mitteilungen der Widersprechenden zu den Umsätzen mit diesen Waren. Danach hat die Widersprechende in Deutschland mit Modeschmuck in keinem Jahr mehr als … Euro umgesetzt. Mit Umsätzen in diesem Umfang kann für einen Masseartikel, wie es Modeschmuck ist, der Bekanntheitsgrad einer Marke nicht gesteigert werden. Besondere Umstände, aus denen sich im Fall der Widerspruchsmarke etwas anderes ergäbe, hat die Widersprechende nicht vorgetragen und sind auch sonst nicht ersichtlich. Konkrete Angaben zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke zu 1) für Modeschmuck hat die Widersprechende nicht gemacht.
Auch zur Benutzung der Widerspruchsmarke zu 1) für Bekleidung, Schuhe und Kopfbedeckungen der Klasse 25 hat die Widersprechende keine Umstände dargelegt, aus denen auf eine Steigerung des von Haus aus geringen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke geschlossen werden könnte. Konkrete Angaben zum Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke in Deutschland für Bekleidung, zur Zusammensetzung des entsprechenden Marktes und zur Stellung der Widersprechenden in diesem Markt hat die Widersprechende nicht gemacht. Die Mitteilung, die … gehöre inzwischen zu den führenden Unternehmen in derTextil- und Damenbekleidungsindustrie und betreibe Geschäfte in Augsburg, Dortmund, Frankfurt, Heidelberg, Kaiserslautern, Koblenz, Mannheim, München, Mühlheim, Nürnberg und Stuttgart reicht wegen ihrer Unbestimmtheit nicht aus. Die Umsätze, die die Widersprechende in Deutschland mit Bekleidung gemacht hat, haben im Jahre 2001 unter … Euro gelegen, haben sich dann bis im Jahr 2004 auf über … Euro gesteigert, um danach graduierlich auf unter… Euro im Jahre 2011 abzusinken. Für sich genommen erlauben diese Zahlen schon deswegen keine Rückschlüsse auf den Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke zu 1), weil die Widersprechende keine Zahlen über die Gesamtumsätze des einschlägigen Marktes mitgeteilt hat und die Erfahrungstatsache gilt, dass umsatzstarke Marken wenig bekannt sein und bleiben können und umgekehrt umsatzschwache Marken - z. B. wegen ihrer Exklusivität - sehr bekannt (vgl. OLG Köln, MarkenR 2007, 126 - Schlaufuchs und Lernfuchs; BPatG, Beschluss v. 23.04.2008, 26 W (pat) 23/06 - Grüne Bierflasche).
1.5 Damit bleibt es dabei, dass die Widerspruchsmarke zu 1) mit ihrer nur werbeüblichen graphischen Gestaltung für die Waren der Klassen 14 und 25 im Wesentlichen aus der schutzunfähigen beschreibenden Angabe „motivi“ besteht. Deswegen ist ihr Schutzumfang im Wesentlichen auf identische Marken begrenzt.
Aus markenrechtlicher Sicht sind die Vergleichsmarken jedoch nicht identisch. Denn sie entstammen erkennbar verschiedenen Sprachen, haben eine um einen Buchstaben verschiedene Wortlänge und gehören verschiedenen Markenformen an - die angegriffene Marke ist eine reine Wortmarke, die Widerspruchsmarke eine Wortbildmarke. Diese Unterschiede führen aus dem engen Schutzumfang der Widerspruchsmarke heraus (vgl. BGH GRUR 2010, 642, 644 (Nr. 28) - WM-Marken, „SOUTH AFRICA 2010“ nicht verwechselbar mit „Südafrika 2010“, weil in einer anderen Sprache).
Wie die Widersprechende hält der Senat tatsächliche Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken für möglich, zumal die angegriffene Marke als reine Wortmarke auch in derselben Type geschrieben werden kann wie die Widerspruchsmarke. Vor dieser tatsächlichen Verwechslungsgefahr gewährt das Markenrecht jedoch aus rechtlichen Gründen keinen Schutz. Denn die Übereinstimmungen zwischen den Vergleichsmarken bestehen in dem Wortbestandteil „motiv“ und damit in einem schutzunfähigen Element, aus dem - für sich genommen - die Widersprechende gegenüber der Inhaberin der jüngeren Marke keine Rechte herleiten kann (vgl. BPatG Beschluss vom 31.03.2009, 24 W (pat) 79/07 - THERMARIVM/THERMARIUM; Beschluss vom 23.06.2009, 24 W (pat) 71/08 - systech/Systec). Anders als in dem Fall, der dem Beschluss des Bundesgerichtshofs GRUR 2008, 803 ff. - HEITEC - zugrunde lag, kommen sich vorliegend die Vergleichsmarken nur in der schutzunfähigen Angabe „Motiv“ nahe, nicht jedoch in deren jeweiligen Variante, in der die Marken eingetragen bzw. registriert sind. (Nur) die Widerspruchsmarke ist eine Bildmarke mit einem italienischen Wortbestandteil, der im Plural steht, (nur) die angegriffene Marke ist eine reine Wortmarke mit einem deutschen Wort, das im Singular steht. In diesen Variierungen kommen sich die Marken gerade nicht nahe, sind also aus der Sicht des Markenrechts nicht verwechselbar.
Jedenfalls bis vor wenigen Jahren hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) in einigen seiner Entscheidungen im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 1 Buchstabe b Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) anscheinend die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke als eine nachrangige Komponente bei der Prüfung und Feststellung der Verwechslungsgefahr eingeordnet und der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat solche Entscheidungen bestätigt hat (vgl. beispielsweise EuGH, Urteil vom 15. März 2007, C-171/06 - T.I.M.E. ART; kritisch zu dieser Entwicklung Knaak, GRUR Int. 2007, 804 m. w. N. zur Rspr. des EuG). Da es sich dabei um Entscheidungen im Rahmen des Gemeinschaftsmarkenrechts gehandelt hat, können daraus keine direkten Rückschlüsse auf das vorliegende Verfahren gezogen werden, für das die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (kodifizierte Fassung) zusammen mit dem dementsprechend harmonisierten nationalen deutschen Markenrecht maßgebend sind. Insoweit bleibt es bei den dazu ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, wonach die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke maßgeblichen Einfluß auf die markenrechtliche Verwechslungsgefahr hat (vgl. EuGH 2008, 503, 504 (Nr. 36) - adidas/Marca Mode u. a.; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 39 - 41) - Marca/Adidas; EuGH GRUR 1998, 387, 390 (Nr. 24) - Sabèl/Puma; EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 (Nr. 20) - Lloyd; GRUR 1998, 922, 923 (Nr. 18) - Canon).
Aus diesen Gründen ist eine markenrechtlich beachtliche unmittelbare Verwechslungsgefahr zwischen den Marken zu verneinen.
2. Für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt einer gedanklichen Verbindung fehlt es ebenfalls an hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkten. Für die Annahme einer mittelbaren Verwechselungsgefahr kann zwar grundsätzlich sprechen, dass die Inhaber der Widerspruchsmarke im Verkehr bereits mit einem in beiden Marken übereinstimmenden Wortbestandteil aufgetreten ist, der zugleich als Wortstamm Bestandteil mehrerer eigener, entsprechend gebildeter Serienmarken ist (Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 447 m. w. N.). Hierzu ist jedoch erforderlich, dass dem übereinstimmenden Element Hinweischarakter auf den Inhaber der älteren Marke zukommt. Daran fehlt es von Haus aus, wenn es sich - wie hier - um eine schutzunfähige Angabe handelt. Etwas anderes hätte nur dann gelten können, wenn die Widersprechende eine deutliche Steigerung der geringen Kennzeichnungskraft ihrer Marke bis zur durchschnittlichen Kennzeichnungskraft oder darüber hinaus dargetan und glaubhaft gemacht hätte. Wie bereits festgestellt, ist das nicht geschehen.
Da auch für eine Verwechslungsgefahr in anderen Richtungen keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorgetragen oder ersichtlich sind, kann die Beschwerde der Widersprechenden gegen den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle insoweit keinen Erfolg haben.
II.
Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke IR 717 307 (Widerspruchsmarke zu 2)
Die sich gegenüberstehenden Kollisionsmarken beanspruchen in Klasse 25, auf welche der Widerspruch beschränkt ist, jeweils Schutz für identische Waren, nämlich für „Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen“.
Die bildliche Darstellungsform der Widerspruchsmarke zu 2) in Kleinbuchstaben mit den fünf, über den Buchstaben „m“ und „o“ angeordneten Punkten sowie den über den Buchstaben „i“ fehlenden Punkten findet in der angegriffenen Wortmarke schriftbildlich keine Entsprechung.
Begrifflich führt diese Darstellungsform nicht aus dem für diese Marke in gleicher Weise wie für die Widerspruchsmarke zu 1) festzustellenden, durch ihre erhebliche Kennzeichnungsschwäche bedingten, deutlich reduzierten Schutzumfang heraus. Da der Buchstabe „ö“ im Deutschen regelmäßig mit zwei Punkten über dem „o“, jedenfalls aber nicht mit einer ungeraden Anzahl von Punkten dargestellt wird, ist nicht davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen, durchschnittlich aufmerksamen Endverbraucher oder des angesprochenen Fachverkehrs für Schuhe, Bekleidung und Kopfbedeckungen die Widerspruchsmarke zu 2) in anderer Weise als die Widerspruchsmarke zu 1), so etwa in Form von „mö-ti-wi“ aussprechen und ihr einen von „motivi“ abweichenden Bedeutungsgehalt zumessen wird. Der Verkehr wird die Punkte vielmehr als bloße Verzierung des Wortes „motivi“ wahrnehmen. Auch dem Weglassen der I-Punkte kommt keine eigene klangliche oder begriffliche Bedeutung zu (vgl. ergänzend BPatG, Entsch. v. 8. Juli 2009, 28 W (pat) 154/08 - natürlich).
Im Rahmen der erforderlichen umfassenden Würdigung aller kollisionsrelevanter Faktoren ist unter Berücksichtigung dieser Warenidentität und einer ausgeprägten Kennzeichnungsschwäche auch der Widerspruchsmarke zu 2) sowie ihres infolgedessen stark beschränkten Schutzumfangs eine rechtlich beachtliche Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 1. und 2. Alt. MarkenG zwischen den Vergleichsmarken ebenfalls zu verneinen.
III.
Widerspruch aus der Wort-/Bildmarke IR 774 192 (Widerspruchsmarke zu 3)
Die sich hier gegenüberstehenden Kollisionsmarken beanspruchen in Klasse 14, auf welche der Widerspruch beschränkt ist, wiederum teilweise Schutz für identische Waren, nämlich für „Juwelierwaren, Schmuckwaren; Uhren und Zeitmessinstrumente“, teilweise Schutz für hochgradig ähnliche Waren, nämlich für „aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren“ und teilweise für mittelgradig ähnliche Waren, nämlich für „Edelmetalle und deren Legierungen“ (vgl. HABM 00, WidAbt. E Nr. 276/00: „ohne weiteres ähnlich“), „Edelsteine“ (letztere jedoch unähnlich zu „Uhren“, vgl. HABM 10, BK R 406/09-2; vgl. Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 15. Aufl., S. 77 li. Sp.).
Unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des deutlich eingeschränkten Schutzumfangs der Widerspruchsmarke zu 3), die in ihrer bildlichen Darstellung derjenigen der Widerspruchsmarke zu 2) entspricht, reichen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung die Unterschiede zwischen den Zeichen „Motiv“ und „motivi“ ebenfalls aus, um die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 1. und 2. Alt. MarkenG auszuschließen.
Aus diesen Gründen muss der Beschwerde der Widersprechenden gegen den Erinnerungsbeschluss der Markenstelle insgesamt der Erfolg versagt bleiben.
IV.
Da es für die vorstehende Entscheidung nicht auf Benutzungsfragen angekommen ist, bedarf es keiner Vorlage des Verfahrens an den Gerichtshof der Europäischen Union i. S. d. Art. 267 AEUV mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung der von der Widersprechenden formulierten Rechtsfrage.
V.
Auch die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde in Fragen von grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung sind nicht gegeben, § 83 Abs. 1, 2 MarkenG.
VI.
Zu einer Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Verfahrensbeteiligten i. S. d. § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG haben schließlich weder die Sach- und Rechtslage noch das Verhalten der Verfahrensbeteiligten Anlass gegeben.