Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 05.07.2016


BPatG 05.07.2016 - 24 W (pat) 11/14

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "YogiMoon" – bösgläubige Markenanmeldung – unlautere Behinderungsabsicht – Strohmann - Kostenauferlegung


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
24. Senat
Entscheidungsdatum:
05.07.2016
Aktenzeichen:
24 W (pat) 11/14
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2011 008 280 – S 219/11 Lösch

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie des Richters Schmid und der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou

beschlossen:

1. Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.

2. Der Markeninhaber trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27. Juli 2011 die Löschung der Wortmarke Nr. 30 2011 008 280 – yogiMoon – wegen Nichtigkeit beantragt. Ihr Löschungsbegehren ist auf das Vorliegen einer bösgläubigen Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt.

2

Die angegriffene Wortmarke ist am 10. Februar 2011 angemeldet und am 9. März 2011 für die nachfolgend genannten Waren in das Markenregister eingetragen worden:

3

Klasse 18: Waren aus Leder, Lederimitationen, Stoffen und Baumwollstoffen, zumindest teilweise mit Beschichtungsmaterialien versehen, nämlich Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, jeweils soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere Einkaufstaschen, Handtaschen, Packsäcke, Badetaschen, Campingtaschen, Rucksäcke, Freizeittaschen, Reisetaschen, Sporttaschen sowie Reise- und Handkoffer;

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Klasse 20: Kissen, insbesondere Yogakissen, Chakra-Kissen, Nackenkissen, Augenkissen, Mondkissen, Rundkissen sowie Yogarollen (Kissen);

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Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten, insbesondere für den Yogabedarf, einschließlich Yogagurte und Sandsäcke als Sportartikel zur Durchführung von Yogaübungen.

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Zur Begründung des geltend gemachten Löschungsgrundes hat die Antragstellerin ausgeführt, der Markeninhaber habe die angegriffene Marke wie auch die weiteren im Februar und März 2011 im Bereich Yogaartikel beanspruchten Zeichen Nr. 30 2011 013 372 „yogiMerino“, Nr. 30 2011 010 832 „yogiChakra“, Nr. 30 2011 015 346 „yogiPure“, Nr. 30 2011 013 371 „yogiComfort“ und Nr. 30 2011 015 345 „yogiZabuton“ als Strohmann von Herrn M…, einem Wettbewerber der Antragstellerin im Bereich des Online-Handels mit Yogazubehör, angemeldet. Herr M…, der seinerseits bereits im September 2010 die von der Antragstellerin vorbenutzte Bezeichnung „Yogilotus“ angemeldet habe (Nr. 30 2010 053 392), habe die Anmeldung der angegriffenen Marke in Kenntnis ihrer Vorbenutzung durch die Antragstellerin veranlasst, um deren gewerbliche Tätigkeit in unlauterer Weise zu behindern

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Dem am 31. August 2011 per Einschreiben versandten Löschungsantrag hat der Markeninhaber am 26. September 2011 widersprochen. Die Anmeldung der angegriffenen Marke habe nicht auf Bösgläubigkeit beruht. Er habe vielmehr der Absicherung des eigenen Vertriebs von Yogazubehör gedient.

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Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat mit Beschluss vom 16. November 2012 die Löschung der angegriffenen Marke verfügt und dem Markeninhaber die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine bösgläubige Markenanmeldung sei zu bejahen. Der Markeninhaber habe die angegriffene Marke als Strohmann von Herrn M… angemeldet. Dies ergebe sich neben Anhaltspunkten für weitere Fälle, die auf ein Zusammenwirken hindeuten, insbesondere daraus, dass Herr M… die fälligen Anmeldegebühren für diese und andere der o. g. Anmeldungen des Markeninhabers beglichen habe. In der Gesamtschau der Umstände des Einzelfalls habe die Anmeldung der angegriffenen Marke unter Berücksichtigung insbesondere der von Herrn M… verfolgten Zwecksetzung in erster Linie dem Ziel gedient, die wirtschaftliche Entfaltung der Antragstellerin zu beeinträchtigen. Die Antragstellerin habe ab April 2010 verschiedene wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen mit Herrn M… ausgetragen. Schon die durch ihn im eigenen Namen im September 2010 in Kenntnis der Vorbenutzung durch die Antragstellerin eingereichte Anmeldung der Bezeichnung „Yogilotus“ beruhe nach Auffassung der Markenabteilung auf einer unlauteren Behinderungsabsicht und sei daher in einem durch die Antragstellerin angestrengten Löschungsverfahren durch Beschluss vom 15. Oktober 2012 wegen Bösgläubigkeit gelöscht worden. Ferner weise auch die Anmeldung der weiteren Zeichen „yogiMerino“, „yogiChakra“, „yogiPure“, „yogiComfort“ und „yogiZabuton“, von deren Vorbenutzung Herr M… ebenfalls Kenntnis gehabt habe, darauf hin, dass die Anmel- dung wesentlich auf einer Behinderungsabsicht des Markeninhabers und von Herrn M… beruhe. Der Markeninhaber habe mit der Anmeldung der angegriffenen Marke auch keine eigenen berechtigten Interessen verfolgt. Denn es fehlten schon Anhaltspunkte für eine eigene Geschäftstätigkeit des Markeninhabers im Bereich des Handels mit Yogaartikeln.

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Dagegen wendet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Der Anmeldung liege keine Behinderungsabsicht noch ein anderes unlauteres Motiv zugrunde. Der Markeninhaber hat – so der ursprüngliche Sachvortrag – ein Zusammenwirken mit Herrn M… bestritten. Vielmehr habe er beabsichtigt, im eigenen Online- Shop Yogaartikel zu vertreiben. Mit am Tag vor der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz vom 1. Februar 2016 hat der Markeninhaber erklärt, seine Strohmanneigenschaft im Auftrag von Herrn M… in Bezug auf die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke unstreitig zu stellen. Die Heranziehung eines Strohmanns sei eine im Wettbewerb übliche Maßnahme, die nicht den Schluss auf das Vorliegen unlauterer Ziele zulasse. Für die Frage des Vorliegens einer unlauteren Behinderungsabsicht komme es bei Anmeldungen, die durch einen Strohmann vorgenommen werden, auf die Beweggründe des Hintermanns an. Dann sei entgegen der Markenabteilung aber auch zu berücksichtigen, dass Herr M… als Hintermann der streitgegenständlichen Anmeldung diese Marke zum Vertrieb eigener Yogaartikel über seinen Online-Handel für Yogazubehör habe benutzen wollen. Eine eigene Benutzungsabsicht schließe eine unlautere Behinderungsabsicht aus. Eine Löschung der angegriffenen Marke stelle unter den gegebenen Umständen jedenfalls eine unverhältnismäßige Maßnahme dar, die einer Enteignung des Markeninhabers gleichkomme.

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Der Markeninhaber beantragt,

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den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 16. November 2012 aufzuheben und den Löschungsantrag gegen die angegriffene Marke 30 2011 008 280 zurückzuweisen.

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Ferner regt der Markeninhaber die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage an, ob aus der Strohmanntätigkeit auf das Vorliegen der behaupteten Bösgläubigkeit geschlossen werden könne und inwieweit damit eine Benutzungsabsicht der hinter dem Strohmann stehenden Person zu berücksichtigen sei.

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Die Löschungsantragstellerin beantragt,

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die Beschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen.

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Nach ihrer Auffassung lasse das Gesamtverhalten des Markeninhabers den Schluss auf das Vorliegen einer bösgläubigen Markenanmeldung zu. Die Markenabteilung habe diese Auffassung zu Recht bestätigt. Der Markeninhaber sei bereits im Zuge von auch gerichtlich geführten Auseinandersetzungen der Antragstellerin mit Herrn M… als Strohmann des Herrn M… tätig geworden. Der Markeninhaber habe selbst nie Yogaartikel vertrieben, sondern sei ausschließlich im Werkzeughandel tätig gewesen. Herr M… und die Antragstellerin hätten sich in mehreren, bis heute andauernden gerichtlichen Auseinandersetzungen befunden. Nach Scheitern eines Vergleichsgesprächs im Juni 2010 habe der frühere Bevollmächtigte des Markeninhabers sinngemäß geäußert, dass „man dann wohl andere Saiten aufziehen müsse“. Herr M… habe zudem ständig das Internet nach möglichen Wettbewerbsverstößen der Antragstellerin durchforstet und habe sich über das Angebot der Antragstellerin und über die von ihr verwendeten Produktkennzeichnen informiert. Anhaltspunkte für einen eigenen Benutzungswillen auf Seiten des Markeninhabers oder bei Herrn M… bestünden nicht.

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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

17

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Streitmarke Nr. 30 2011 008 280  – yogiMoon – ist entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit deshalb im Ergebnis zu Recht die Löschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angeordnet und dem Markeninhaber die Kosten des patentamtlichen Verfahrens auferlegt.

18

1. Die Eintragung einer Marke wird nach § 50 Abs. 1 MarkenG auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG böswillig angemeldet worden ist. Bösgläubigkeit bei der Anmeldung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. BGH, GRUR 2004, 510, 511 – S100). Dabei ist der Zeitpunkt der Markenanmeldung maßgeblich. Dies schließt es nicht aus, aus dem Verhalten des Anmelders bzw. dem zurechenbaren Verhalten eines Dritten nach der Anmeldung der Marke Rückschlüsse für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht zu ziehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 380, Rn. 14          – GLÜCKSPILZ; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 848).

19

a) Der Anmelder einer Marke handelt nicht schon deswegen bösgläubig, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche Waren benutzt hat, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn auf Seiten des Markeninhabers besondere Umstände vorliegen, die die Erwirkung des Zeichenschutzes als sittenwidrig oder rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. Derartige Umstände können u. a. darin liegen, dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH, GRUR 2000, 1032, 1033 – EQUI 2000; GRUR 2008, 917 Rn. 20 – EROS; GRUR 2016, 380 Rn. 17 – GLÜCKSPILZ; zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. b GMV vgl. EuGH, GRUR 2009, 763 Rn. 53 – Lindt & Sprüngli/Hauswirth).

20

Dabei beruht eine Anmeldung erst dann auf Bösgläubigkeit, wenn ihre Wirkungen über eine als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmende Behinderung hinausgehen und sie bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht nicht der einzige Beweggrund der Anmeldung zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv ist. Daher ist die Annahme einer Unlauterkeit nicht schon durch den eigenen Benutzungswillen des Anmelders ausgeschlossen (vgl. BGH, GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000; GRUR 2008, 621 Rn. 32 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 917 Rn. 23 – EROS; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8 Rn. 873). Denn das Interesse des Markeninhabers an der Eintragung der Streitmarke hat zurückzutreten, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Stellung als Markeninhaber dazu benutzt wird, Vorteile aus der Eintragung zu ziehen, für die ein berechtigtes Interesse nicht geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, GRUR 2004, 510, 511 – S100).

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b) Auf der Grundlage dieser Grundsätze ist vorliegend von einer bösgläubigen Anmeldung durch den Markeninhaber auszugehen. Dabei ist der Markeninhaber, der hier die angegriffene Marke als Strohmann von Herrn M… angemeldet hat, in Bezug auf die Frage des Vorliegens einer bösgläubigen Anmeldung so zu behandeln, als hätte der Hintermann, für dessen Zwecke er sich hat instrumentalisieren lassen, die Marke angemeldet. Andernfalls könnte sich der Hintermann durch bloße Einschaltung eines Strohmanns den lauterkeitsrechtlichen Anforderungen entziehen. Bei einer umfassenden Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls muss der Markeninhaber sich daher zurechnen lassen, dass Herr M… die Anmeldung der Streitmarke ungeachtet seines Benutzungs- willens maßgeblich deswegen veranlasst hat, weil er die wirtschaftliche Entfaltung der Antragstellerin unlauter behindern wollte.

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aa) Die Strohmanneigenschaft des Markeninhabers in Bezug auf die Anmeldung der angegriffenen und seiner weiteren im Februar und März 2011 eingereichten „yogi-“-Marken liegt schon deswegen nahe, weil Herr M… als Hintermann der Anmeldungen die Anmeldegebühren für die streitgegenständliche und drei weitere Anmeldungen selbst entrichtet hat, während ansonsten keine Anmeldegebühren einbezahlt worden sind; außerdem hat der Markeninhaber – wie auch Herr M… im Parallelverfahren 24 W (pat) 10/14 – die „Strohmanneigenschaft des Markeninhabers in Bezug auf die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke unstreitig gestellt“. Tatsachen, die die Richtigkeit der unstreitig gestellten Strohmanneigenschaft des Markeninhabers in Frage stellen könnten, liegen nicht vor, so dass auch auf der Grundlage des im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl. § 73 Abs. 1 MarkenG) von der Strohmanneigenschaft des Markeninhabers auszugehen ist.

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bb) Die Anmeldung der angegriffenen Bezeichnung, deren Vorbenutzung durch die Antragstellerin in Bezug auf Yogakissen Herr M… unstreitig kannte, stellt sich im Gesamtzusammenhang einer kontinuierlichen Verschärfung des zwischen Herrn M… und der Antragstellerin vor der Anmeldung der angegriffenen Marke entstandenen Konflikts lediglich als ein Teilakt eines Bündels von ab Juni 2010 von Herrn M… ergriffenen Maßnahmen mit dem einheitlichen Zweck, die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin durch Identifikation von Angriffsflächen und Ausnutzung von Schwachpunkten systematisch zu behindern, dar.

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aaa) Herr M… und die Antragstellerin konkurrieren seit geraumer Zeit auf dem Gebiet des Online-Handels mit Yogaartikeln. Während der ersten Jahreshälfte 2010 trugen sie verschiedene, teilweise noch andauernde wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen aus. Aufgenommene Vergleichsgespräche sind schließlich im Juni 2010 unstreitig gescheitert, weil die Antragstellerin es abgelehnt hat, auf weitere Ansprüche gegen Herrn M… zu verzichten (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 4. 8. 2014).

25

bbb) Nachdem die Antragstellerin ein Vergleichsangebot von Herrn M… abgelehnt hatte, hat der Vertreter von Herrn M… am 29. Juni 2010 gegen- über dem Vertreter der Antragstellerin unbestritten sinngemäß erklärt, dass dann „wohl andere Saiten aufgezogen werden müssten“. Diese Äußerung des Vertreters mag zwar nicht unmittelbar als Ausdruck der Gesinnung von Herrn M… gewertet werden können. Jedenfalls geht aus dem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 17. Juni 2010 (s. u. ccc)) hervor, dass der Vertreter und Herr M… sich über das weitere Vorgehen bereits abgestimmt hatten. Die Äußerung des Vertreters ist daher aber jedenfalls ein Indiz für eine auf Seiten von Herrn M… bestehende Bereitschaft, nach Fehlschlagen einer gemeinsamen Konfliktlösung nunmehr einseitige, gegen die Antragstellerin gerichtete Maßnahmen zu ergreifen, um Druck auf die Antragstellerin auszuüben und dadurch doch noch seine von der Antragstellerin zurückgewiesene Verhandlungsposition durchzusetzen.

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ccc) Darüber hinaus hat Herr M… etwa zeitgleich tatsächlich mehrere Maß- nahmen ergriffen, die entsprechend der Ankündigung seines Vertreters auf Ausweitung und Verschärfung des bestehenden Konflikts mit der Antragstellerin gerichtet waren. So hat er die Antragstellerin im Hinblick auf die werbliche Verwendung des Woolmark-Siegels sowie wegen widerrechtlicher Nutzung von Werbefotografien mit anwaltlichem Abmahnschreiben vom 17. Juni 2010 und anschließend mit Strafanzeige vom 1. September 2010 (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 27. 7. 2011) überzogen.

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Es steht für den Senat auch außer Zweifel, dass – um den Druck auf die Antragstellerin weiter zu erhöhen – der Markeninhaber auf Veranlassung von Herrn M… handelte, als er die Antragstellerin mit Schreiben vom 19. Juli 2010 (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin vom 27. 7. 2011) zur Aufklärung von Bedenken gegenüber einer berechtigten Verwendung des Woolmark-Siegels aufgefordert und später unbestritten mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 Strafanzeige wegen Betrugs gegen die Antragstellerin gestellt hat. Die Veranlassung des Markeninhabers hierzu durch Herrn M… ergibt sich aus der klar belegten und vom Markeninhaber und durch Herrn M… als solche eingeräumten Strohmanntätigkeit des Markeninhabers in Bezug auf die streitgegenständliche Marke (s. u. ddd)) sowie aus dem engen zeitlichen Zusammenhang des Vorgehens.

28

Im Zusammenhang mit den vorgenannten Fallumständen ist ferner aus den unbestrittenen Bemühungen des Herrn M…, im September 2010 einen Vertrags- partner der Antragstellerin als Warenzulieferer zu gewinnen, auf den Zweck zu schließen, dadurch die Konkurrenzlage zur Antragstellerin auf der Ebene des Warenangebots zuzuspitzen und dadurch weiter Druck auf die Antragstellerin auszuüben.

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ddd) Einen weiteren Rückschluss auf die auch im vorliegenden Fall maßgeblich zu berücksichtigende Motivation von Herrn M… bei der Beauftragung der Anmeldung der Streitmarke am 10. Februar 2011 lässt der Umstand zu, dass er binnen weniger Wochen nach der Anmeldung der angegriffenen Marke die Anmeldung von fünf weiteren Bezeichnungen durch den – nunmehr unstreitig – als Strohmann eingeschalteten Markeninhaber veranlasst hat, die, wie Herrn M… ebenfalls unstreitig bekannt war (siehe dazu auch Anlage 1 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 27. 7. 2011), die Antragstellerin zeitnah vorher zur Kennzeichnung verschiedener Yoga-Artikel verwendet hatte (vgl. Nr. 30 2011 013 372 „yogiMerino“, Nr. 30 2011 010 832 „yogiChakra“, Nr. 30 2011 013 371 „yogiComfort“, Nr. 30 2011 015 345 „yogiZabuton“ und Nr. 30 2011 015 346 „yogiPure“).

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Aus den vorgenannten Umständen, insbesondere aus der Auswahl und der Anzahl der angemeldeten Bezeichnungen ergibt sich der Schluss, dass Herr M… diese Anmeldungen gerade deshalb veranlasst hat, weil diese Zeichen durch die Antragstellerin vorbenutzt wurden. Es liegt auch nahe, dass Herr M… im Hinblick auf den Widerstand, dem seine eigene Anmeldung der Streitmarke durch den Löschungsantrag der Antragstellerin vom 15. Oktober 2010 ausgesetzt war, hierzu den Markeninhaber als Strohmann eingebunden hat. Dies lässt unter Berücksichtigung der bereits genannten Fallumstände den Schluss zu, dass Herr M… dadurch den Druck auf die Antragstellerin aufrechterhalten bzw. durch Eröffnung einer weiteren Front sogar verstärken wollte.

31

eee) Im Hinblick auf den inneren Zusammenhang der – für sich genommen teilweise durchaus legitimen, aber in einer Gesamtschau zu würdigenden – Maßnahmen des Herrn M…, mit denen entsprechend einer typischen Eskalationsdy- namik in einer verhärteten Auseinandersetzung Druck ausgeübt, ausgeweitet und verschärft wird, bestehen klare Anhaltspunkte dafür, dass auch die Veranlassung der Anmeldung der Bezeichnung „yogiMoon“ vom 10. Februar 2011 wesentlich von dieser übergeordneten Behinderungsabsicht des Herrn M… getragen war und daher darauf abzielte, damit die wirtschaftliche Betätigung der Antragstellerin im Hinblick auf die weitere Verwendung des eingeführten Zeichens „yogiMoon“ für Yogaartikel durch Ausnutzung der Sperrwirkung der Marke zu behindern und zu beeinträchtigen. Selbst wenn für Herrn M…, dessen Beweggründe, wie der Markeninhaber zutreffend anmerkt, in vollem Umfang und nicht nur in belastender Hinsicht zu berücksichtigen sind, davon ausgegangen wird, dass er das angegriffene Zeichen des Markeninhabers tatsächlich zur Kennzeichnung eigener Waren benutzen wollte, stellt sich vorliegend angesichts der vorgenannten deutlichen Hinweise darauf, dass er die Antragstellerin systematisch unter Druck setzen wollte, das Motiv, die Antragstellerin an der Benutzung der Marke zu hindern, als wesentlicher Beweggrund dar, der die Bejahung einer bösgläubigen Anmeldung trägt. Ob eine andere Betrachtung veranlasst wäre, wenn Anhaltspunkte dafür gegeben wären, dass Herr M… die Anmeldung der streitgegenständlichen Marke bereits längere Zeit vorbereitet hätte oder die Streitmarke sich kohärent in eine bestehende Markenstrategie einfügt, kann dahin gestellt bleiben, da hierfür vorliegend kein Anhalt besteht.

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Dass die Markenabteilung in ihrer Entscheidung nur darauf abgestellt hat, ob der Markeninhaber beabsichtigt hat, die angegriffene Marke zu benutzen, und nicht auch einbezogen hat, ob Herr M… insoweit einen Benutzungswillen hatte, greift zwar insoweit rechtlich zu kurz, weil eine sachgerechte Feststellung der Beweggründe des Hintermannes die Berücksichtigung aller seiner Motive erfordert. Allerdings hat sich dieser Umstand nicht auf das Ergebnis der Entscheidung ausgewirkt, weil die festgestellte Behinderungsabsicht bei Gesamtwürdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls auch neben einem unterstellten Benutzungswillen des Herrn M… den wesentlichen Beweggrund bildet.

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cc) Der Löschungsanspruch bezieht sich neben den eingetragenen Waren der Klassen 20, für die die Antragstellerin die Bezeichnung benutzt hat, nämlich Yogakissen, auch zweckverwandte Yogaartikel der Klasse 28 sowie auf die in Klasse 18 eingetragenen Taschen, da diese Waren als Zubehörwaren einen so engen Zusammenhang zu Yogaartikeln aufweisen, dass der Anmeldung insoweit keine anderen Motive zugrunde lagen.

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dd) Die Löschung der angegriffenen Marke bedeutet keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die eigentumsrechtliche Stellung des Markeninhabers, da sie lediglich den rechtsmissbräuchlichen und im Eintragungsverfahren insoweit nicht abschließend geprüften Erwerb eines formalen Markenrechts korrigiert. Auch für die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten des Markeninhabers besteht in diesem Zusammenhang ersichtlich kein Raum (vgl. BGH, GRUR, 2014, 872 Rn. 39 ff. – Gute Laune Drops); der Gesetzgeber hat Marken, die entgegen dem absoluten Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in das Register eingetragen worden sind, auch von den in § 50 Abs. 2 MarkenG enthaltenen Begünstigungen ausgenommen.

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2. Da einer bösgläubigen Markenanmeldung stets ein rechtsmissbräuchliches Handeln zugrunde liegt, entspricht es regelmäßig der Billigkeit, dem Markeninhaber im Falle der Löschung einer bösgläubig angemeldeten Marke auch die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Denn wer missbräuchlich Markenschutz in Anspruch nimmt bzw. sich für eine rechtsmissbräuchliche Anmeldung verwenden lässt, muss sich notwendige Maßnahmen, die auf Beseitigung der rechtswidrigen Zeichenlage gerichtet sind, zurechnen lassen (vgl. BPatG, GRUR 2001, 744, 748 – S100; m. w. N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rn. 15). Die von der Markenabteilung beschlossene Auferlegung der Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf den Antragsgegner ist deshalb zu Recht erfolgt.

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3. Aus den unter 3. genannten Gründen entspricht es darüber hinaus der Billigkeit, dem Markeninhaber auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG.

37

4. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung. Der vorliegende Fall wirft insbesondere keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf, § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Entscheidung des Senats beschränkt sich vielmehr auf die einzelfallbezogene Anwendung anerkannter Beurteilungsgrundsätze.

38

Die durch den Markeninhaber angesprochenen Fragen bedürfen, soweit es sich dabei überhaupt um Rechtsfragen handelt, keiner grundsätzlichen Klärung.

39

Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist das Vorliegen einer unlauteren Behinderungsabsicht auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (stdg. Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH, GRUR 2008, 621 Rn. 32 – AKADEMIKS). Die Strohmanneigenschaft des Markeninhabers ist – wie sich aus den oben stehenden Ausführungen unter 1. b) bb) ergibt – , nicht der einzige Gesichtspunkt, der für die Bejahung der Bösgläubigkeit maßgebend ist, sondern ein Tatumstand, der im Zusammenhang mit den weiteren genannten Umständen des konkreten Einzelfalles im Rahmen einer tatrichterlichen Gesamtwürdigung all dieser Umstände einzubeziehen ist. Dass eine Behinderungsabsicht Bösgläubigkeit begründen kann und auch ein möglicher eigener Benutzungswille dem nicht entgegensteht, ist, wie bereits ausgeführt, ebenfalls bereits höchstrichterlich entschieden.