Entscheidungsdatum: 05.07.2016
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2010 053 392 – S 277/10 Lösch
hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 2. Februar 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Metternich sowie des Richters Schmid und der Richterin am Landgericht Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
1. Die Beschwerde des Markeninhabers wird zurückgewiesen.
2. Der Markeninhaber trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
I.
Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2010 die Löschung der Wortmarke Nr. 30 2010 053 392 – Yogilotus – wegen Nichtigkeit beantragt. Ihr Löschungsbegehren ist auf das Vorliegen einer bösgläubigen Anmeldung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt.
Die angegriffene Wortmarke ist am 10. September 2010 angemeldet und am 15. Oktober 2010 für die nachfolgend genannten Waren in das Markenregister eingetragen worden:
Klasse 18: Waren aus Leder, Lederimitationen, Stoffen und Baumwollstoffen, zumindest teilweise mit Beschichtungsmaterialien versehen, nämlich Taschen und andere nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse sowie Kleinlederwaren, jeweils soweit in Klasse 18 enthalten, insbesondere Einkaufstaschen, Handtaschen, Packsäcke, Badetaschen, Campingtaschen, Rucksäcke, Freizeittaschen, Reisetaschen, Sporttaschen sowie Reise- und Handkoffer;
Klasse 20: Kissen, insbesondere Yogakissen, Chakra-Kissen, Nackenkissen, Augenkissen, Mondkissen, Rundkissen sowie Yogarollen (Kissen);
Klasse 28: Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten, insbesondere für den Yogabedarf, einschließlich Yogagurte und Sandsäcke als Sportartikel zur Durchführung von Yogaübungen.
Zur Begründung des geltend gemachten Löschungsgrundes hat die Antragstellerin ausgeführt, der Markeninhaber, ein Wettbewerber im Bereich des Online-Vertriebs von Yoga-Artikeln, habe die angegriffene Marke angemeldet, um sich den aufgrund umfangreicher Benutzung dieses Zeichens durch die Antragstellerin entstandenen Besitzstand anzueignen. Ferner ziele die Anmeldung auch darauf ab, die gewerbliche Tätigkeit der Antragstellerin in unlauterer Weise zu behindern.
Dem am 5. November 2010 zugestellten Löschungsantrag hat der Markeninhaber am 22. November 2010 widersprochen. Die Anmeldung der angegriffenen Marke habe nicht auf Bösgläubigkeit beruht. Sie habe vielmehr der Absicherung des eigenen Vertriebs von Yoga-Zubehör gedient.
Die Markenabteilung 3.4 des DPMA hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2012 die Löschung der angegriffenen Marke verfügt und dem Markeninhaber die Kosten des Verfahrens auferlegt. Eine bösgläubige Markenanmeldung sei zu bejahen. Dabei könne dahin gestellt bleiben, ob der Markeninhaber durch die Anmeldung der angegriffenen Marke in einen schutzwürdigen Besitzstand der Antragstellerin an der Bezeichnung „Yogilotus“ eingegriffen habe. Jedenfalls sei nach den gesamten Umständen des Einzelfalls davon auszugehen, dass der Markeninhaber die angegriffene Marke nicht in erster Linie zur Förderung seiner eigenen gewerblichen Tätigkeit, sondern zur rechtsmissbräuchlichen Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Entfaltung der Antragstellerin angemeldet habe. Das Vorliegen einer derartigen Behinderungsabsicht bei der Markenanmeldung im September 2010 liege schon angesichts der unmittelbar davor zwischen den Beteiligten aufgetretenen Spannungen nicht fern. Die Beteiligten hätten ab April 2010 unstreitig verschiedene wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen geführt. Nur wenige Tage vor der Anmeldung des Zeichens „Yogilotus“, von dessen Vorbenutzung durch die Antragstellerin der Markeninhaber Kenntnis gehabt habe, habe zudem ein Zulieferunternehmen ein Kooperationsangebot des Markeninhabers unter Hinweis auf eine Exklusivvereinbarung mit der Antragstellerin abgelehnt. Überdies seien hinreichende Anhaltspunkte dafür gegeben, dass der Markeninhaber eine dritte Person, nämlich Herrn K… in D…, beauftragt habe, als Strohmann im Februar und März 2011 fünf weitere durch die Antragstellerin vorbenutzte Kombinationsmarken mit dem Bestandteil „Yogi-….“ (u. a. Nr. 30 2011 008 280 „yogiMoon“, Nr. 30 2011 013 372 „yogiMerino“, Nr. 30 2011 010 832 „yogiChakra“) zur Anmeldung zu bringen. Insbesondere habe der Markeninhaber die Anmeldegebühren für vier dieser Anmeldungen einbezahlt, während ansonsten keine Gebühren entrichtet worden seien. Nachdem der Markeninhaber nichts dargetan habe, was durchgreifend für die Verfolgung eigener Interessen spreche, sei jedenfalls unter Berücksichtigung dieser weiteren Markenanmeldungen davon auszugehen, dass die Anmeldung der angegriffenen Marke durch den Markeninhaber vorrangig auf der Absicht beruht habe, die Benutzung des Zeichens durch die Antragstellerin zu verhindern oder zu erschweren.
Dagegen wendet sich die Beschwerde des Markeninhabers. Der Anmeldung liege weder eine Behinderungsabsicht noch ein anderes unlauteres Motiv zugrunde. Die bloße Kenntnis einer Vorbenutzung begründe noch keine Bösgläubigkeit. Vielmehr habe der Markeninhaber als langjähriger Anbieter von Yogaartikeln die angegriffene Marke selbst benutzen wollen. Ausweislich vorgelegter Rechnungen über Druckaufträge habe er die Bezeichnung „Yogilotus“ bereits früher als die Antragstellerin verwendet. Dass es zu Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten gekommen sei, genüge nicht, um davon ausgehen zu können, dass die Markenanmeldung als zweckfremdes Mittel im Wettbewerbskampf erfolgt sei. Auch seien – so der ursprüngliche Vortrag – die Markenanmeldungen des Herrn K… nicht im Auftrag des Markeninhabers erfolgt, sondern deswegen, weil Herr K… selbst beabsichtige, einen Onlinehandel mit Yogaartikeln zu betreiben. Mit am Tag vor der mündlichen Verhandlung eingegangenem Schriftsatz vom 1. Februar 2016 hat der Markeninhaber erklärt, die Strohmanneigenschaft des Herrn K… in Bezug auf die Anmeldung der genannten Marken unstreitig zu stellen. Die Heranziehung eines Strohmanns sei eine im Wettbewerb übliche Maßnahme, die nicht den Schluss auf das Vorliegen unlauterer Ziele zulasse. Nachdem es daher auch in Bezug auf die Anmeldungen der genannten Marken durch Herrn K… auf die Motivation des Hintermanns ankomme, ergebe sich aus diesen Anmeldungen kein Hinweis auf das Vorliegen einer bösgläubigen Anmeldung, weil der Inhaber der beschwerdegegenständlichen Marke diese Marken im Rahmen seiner eigenen Geschäftstätigkeit habe verwenden wollen. Eine Löschung der angegriffenen Marke stelle unter den gegebenen Umständen eine unverhältnismäßige Maßnahme dar, die einer Enteignung des Markeninhabers gleichkomme.
Der Markeninhaber beantragt,
den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des DPMA vom 15. Oktober 2012 aufzuheben und den Löschungsantrag gegen die angegriffene Marke 30 2010 053 392 zurückzuweisen.
Ferner regt der Markeninhaber die Zulassung der Rechtsbeschwerde zu der Frage an, ob aus der Strohmanntätigkeit auf das Vorliegen der behaupteten Bösgläubigkeit geschlossen werden könne und inwieweit dabei eine Benutzungsabsicht der hinter dem Strohmann stehenden Person zu berücksichtigen sei.
Die Löschungsantragstellerin beantragt,
die Beschwerde des Markeninhabers zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung lasse das Gesamtverhalten des Markeninhabers den Schluss auf das Vorliegen einer bösgläubigen Markenanmeldung zu. Die Markenabteilung habe diese Auffassung zu Recht bestätigt. Insbesondere habe der Markeninhaber, der ständig die Internetseiten der Antragstellerin nach möglichen Wettbewerbsverstößen durchforstet habe, unstreitig Kenntnis davon gehabt, dass die mit dem Markeninhaber im Wettbewerb konkurrierende Antragstellerin die Bezeichnung „Yogilotus“ als Kennzeichnung von verschiedenen Yoga-Artikeln benutzt habe. Die Beteiligten hätten sich in umfangreichen, weiterhin andauernden gerichtlichen Auseinandersetzungen befunden, die für den Markeninhaber negativ ausgegangen seien und im Zusammenhang mit denen der frühere Bevollmächtigte des Markeninhabers nach Scheitern eines Vergleichs sinngemäß geäußert habe, „dass man wohl andere Saiten aufziehen müsse“. Die Anmeldung weiterer „Yogi-“-Bezeichnungen, die die Löschungsantragstellerin bereits benutzt habe, sei ein starkes zusätzliches Indiz für das Vorliegen einer auf Seiten des Markeninhabers gegebenen Behinderungsabsicht. Anhaltspunkte für einen eigenen Benutzungswillen des Markeninhabers bestünden nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung, die Schriftsätze der Beteiligten und auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Die Streitmarke Nr. 30 2010 053 392 – Yogilotus – ist entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden. Die Markenabteilung 3.4. des Deutschen Patent- und Markenamts hat auf den zulässigen Antrag auf Löschung der Eintragung der Marke wegen Nichtigkeit deshalb zu Recht die Löschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angeordnet und dem Markeninhaber die Kosten des patentamtlichen Verfahrens auferlegt.
1. Vorliegend kann dahingestellt bleiben, ob die Löschung bereits wirksam am Tag der Eintragung der angegriffenen Marke, dem 15. Oktober 2010, durch den vorab per Telefax an diesem Tag übermittelten Schriftsatz der Antragstellerin beantragt werden konnte, wenngleich einiges für diese Sichtweise spricht; verneint man dies, wäre jedenfalls die in dem – am 16. Oktober 2016 eingegangenen – Antragsoriginal enthaltene Erklärung als selbständiges Löschungsgesuch auszulegen.
2. Die Eintragung einer Marke wird nach § 50 Abs. 1 MarkenG auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn sie entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG böswillig angemeldet worden ist. Bösgläubigkeit bei der Anmeldung i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG liegt vor, wenn die Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. BGH, GRUR 2004, 510, 511 – S100). Dabei ist der Zeitpunkt der Markenanmeldung maßgeblich. Dies schließt es nicht aus, aus dem Verhalten des Anmelders nach der Anmeldung der Marke Rückschlüsse für oder gegen eine zum Anmeldezeitpunkt vorliegende Behinderungsabsicht zu ziehen (vgl. BGH, GRUR 2016, 380, Rn. 14 – GLÜCKSPILZ; Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 8 Rn. 848).
a) Der Anmelder einer Marke handelt nicht schon deswegen bösgläubig, weil er weiß, dass ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche Waren benutzt hat, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben. Etwas anderes kann jedoch dann gelten, wenn auf Seiten des Markeninhabers besondere Umstände vorliegen, die die Erwirkung des Zeichenschutzes als sittenwidrig oder rechtsmissbräuchlich erscheinen lassen. Derartige Umstände können u. a. darin liegen, dass der Zeicheninhaber die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetzt (vgl. BGH, GRUR 2000, 1032, 1033 – EQUI 2000; GRUR 2008, 917 Rn. 20 – EROS; GRUR 2016, 380 Rn. 17 – GLÜCKSPILZ; zu Art. 51 Abs. 1 Buchst. b GMV vgl. EuGH, GRUR 2009, 763 Rn. 53 – Lindt & Sprüngli/Hauswirth).
Dabei beruht eine Anmeldung erst dann auf Bösgläubigkeit, wenn ihre Wirkungen über eine als bloße Folge des Wettbewerbs hinzunehmende Behinderung hinausgehen und es bei objektiver Würdigung aller Umstände des Einzelfalls in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Die Absicht, die Marke zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einzusetzen, braucht nicht der einzige Beweggrund der Anmeldung zu sein; vielmehr reicht es aus, wenn diese Absicht ein wesentliches Motiv ist. Daher ist die Annahme einer Unlauterkeit nicht schon durch den eigenen Benutzungswillen des Anmelders ausgeschlossen (vgl. BGH, GRUR 2000, 1032, 1034 – EQUI 2000; GRUR 2008, 621 Rn. 32 – AKADEMIKS; GRUR 2008, 917 Rn. 23 – EROS; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Aufl., § 8 Rn. 873). Denn das Interesse des Markeninhabers an der Eintragung der Streitmarke hat zurückzutreten, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Stellung als Markeninhaber dazu benutzt wird, Vorteile aus der Eintragung zu ziehen, für die ein berechtigtes Interesse nicht geltend gemacht werden kann (vgl. BGH, GRUR 2004, 510, 511 – S100).
b) Auf der Grundlage dieser Grundsätze hat die Markenabteilung zu Recht aus einer umfassenden Würdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls abgeleitet, dass der Markeninhaber die angegriffene Marke in unlauterer Behinderungsabsicht angemeldet hat. Dem steht vorliegend nicht entgegen, dass, insoweit zu seinen Gunsten einmal unterstellt, er die angemeldete Marke auch selbst in zweckgerechter Weise zum Handel mit Yoga-Artikeln verwenden wollte. Ob die Anmeldung zudem auch eine Störung eines bereits schutzwürdigen Besitzstands der Antragstellerin enthält, kann vorliegend dahingestellt bleiben.
Die Anmeldung der angegriffenen Bezeichnung, deren Vorbenutzung durch die Antragstellerin in Bezug auf Yogakissen und -matten der Markeninhaber unstreitig kannte (vgl. auch die zu seiner Strafanzeige gegen die Gesellschafter der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen, Anlage 2 zum Schriftsatz vom 25.2.2011), stellt sich im Gesamtzusammenhang einer kontinuierlichen Verschärfung des zwischen den Beteiligten vor der Anmeldung der angegriffenen Marke entstandenen Konflikts lediglich als ein Teilakt eines Bündels von ab Juni 2010 vom Markeninhaber ergriffenen Maßnahmen mit dem einheitlichen Zweck, die Geschäftstätigkeit der Antragstellerin durch Identifikation von Angriffsflächen und Ausnutzung von Schwachpunkten systematisch zu behindern, dar.
aa) Die Beteiligten konkurrieren seit geraumer Zeit auf dem Gebiet des Online-Handels mit Yoga-Artikeln. Während der ersten Jahreshälfte 2010 trugen sie verschiedene, teilweise noch andauernde wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen aus. Aufgenommene Vergleichsgespräche sind schließlich im Juni 2010 unstreitig gescheitert, weil die Antragstellerin es abgelehnt hat, auf weitere Ansprüche gegen den Markeninhaber zu verzichten (vgl. Schriftsatz der Antragstellerin von 12.1.2012).
bb) Nachdem die Antragstellerin ein Vergleichsangebot des Markeninhabers abgelehnt hatte, hat der Vertreter des Markeninhabers am 29. Juni 2010 gegenüber dem Vertreter der Antragstellerin unbestritten sinngemäß erklärt, dass dann „wohl andere Saiten aufgezogen werden müssten“. Diese Äußerung des Vertreters mag zwar für sich gesehen noch nicht unmittelbar als Ausdruck der Gesinnung des Markeninhabers gewertet werden können. Jedenfalls geht aus dem anwaltlichen Abmahnschreiben vom 17. Juni 2010 (s. u. cc)) hervor, dass der Vertreter und der Markeninhaber sich über das weitere Vorgehen bereits abgestimmt hatten. Die Äußerung des Vertreters ist daher aber jedenfalls ein Indiz für eine auf Seiten des Markeninhabers bestehende Bereitschaft, nach Fehlschlagen einer gemeinsamen Konfliktlösung nunmehr einseitige, gegen die Antragstellerin gerichtete Maßnahmen zu ergreifen, um Druck auf die Antragstellerin auszuüben und dadurch doch noch seine von der Antragstellerin zurückgewiesene Verhandlungsposition durchzusetzen.
cc) Darüber hinaus hat der Markeninhaber etwa zeitgleich tatsächlich mehrere Maßnahmen ergriffen, die entsprechend der Ankündigung seines Vertreters auf Ausweitung und Verschärfung des bestehenden Konflikts mit der Antragstellerin gerichtet waren. So hat er die Antragstellerin im Hinblick auf die werbliche Verwendung des Woolmark-Siegels sowie wegen widerrechtlicher Nutzung von Werbefotografien mit anwaltlichem Abmahnschreiben vom 17. Juni 2010 (vgl. Anlage 6 zum Schriftsatz vom 25.2.2011) und anschließend mit Strafanzeige vom 1. September 2010 (vgl. Anlage 3 zu diesem Schriftsatz) überzogen.
Es steht für den Senat auch außer Zweifel, dass – um den Druck auf die Antragstellerin weiter zu erhöhen – Herr K… auf Veranlassung des Markeninhabers handelte, als er die Antragstellerin mit Schreiben vom 19. Juli 2010 (vgl. Anlage 5 zum Schriftsatz der Antragstellerin vom 25.2.2011) zur Aufklärung von Bedenken gegenüber einer berechtigten Verwendung des Woolmark-Siegels aufgefordert und später unbestritten mit Schreiben vom 29. Dezember 2010 Strafanzeige wegen Betrugs gegen die Antragstellerin gestellt hat. Die Veranlassung von Herrn K… hierzu durch den Markeninhaber ergibt sich aus der klar belegten und vom Markeninhaber als solche eingeräumten Strohmanntätigkeit von Herrn K… in Bezug auf im Februar und März 2011 angemeldeten Marken „yogiMoon“ und „yogiMerino“ (s. u. dd)) sowie aus dem engen zeitlichen Zusammenhang des Vorgehens.
Im Zusammenhang mit den vorgenannten Fallumständen ist ferner aus den unbestrittenen Bemühungen des Markeninhabers, im September 2010 einen Vertragspartner der Antragstellerin als Warenzulieferer zu gewinnen, auf den Zweck zu schließen, dadurch die Konkurrenzlage zur Antragstellerin auf der Ebene des Warenangebots zuzuspitzen und dadurch weiter Druck auf die Antragstellerin auszuüben.
dd) Einen weiteren Rückschluss auf die Motivation des Markeninhabers bei der Anmeldung der Streitmarke im September 2010 lässt der Umstand zu, dass der Markeninhaber wenige Monate nach der Anmeldung der angegriffenen Marke im Februar und März 2011 durch den – nunmehr unstreitig – als Strohmann eingeschalteten Herrn K… die Anmeldung von sechs weiteren Bezeichnungen ver- anlasst hat, die, wie dem Markeninhaber ebenfalls unstreitig bekannt war (siehe dazu auch die zur Strafanzeige vorgelegten Screenshots der Homepage der Antragstellerin, Anlagen 2 zum Schriftsatz vom 25.2.2011), die Antragstellerin zeitnah vorher zur Kennzeichnung verschiedener Yoga-Artikel verwendet hatte (neben „yogiMoon“ und „yogiMerino“ vgl. Nr. 30 2011 010 832 „yogiChakra“, Nr. 30 2011 013 371 „yogiComfort“, Nr. 30 2011 015 345 „yogiZabuton“ und Nr. 30 2011 015 346 „yogiPure“). Dabei drängt sich die Strohmanneigenschaft von Herrn K… schon deswegen auf, weil der Markeninhaber die Anmeldegebühren für vier der vorgenannten Anmeldungen selbst beglichen hat. Außerdem haben sowohl der Markeninhaber als auch Herr K… – im Rahmen der Beschwerde- verfahren über die Löschung der Marken „yogiMoon“ und „yogiMerino“ (24 W (pat) 11/14 und 24 W (pat) 12/14) – die „Strohmanneigenschaft in Bezug auf die Anmeldung der Marken unstreitig gestellt“. Tatsachen, die die Richtigkeit der unstreitig gestellten Strohmanneigenschaft des Herrn K… in Frage stellen könnten, liegen nicht vor, so dass auch auf der Grundlage des im markenrechtlichen Beschwerdeverfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes (vgl. § 73 Abs. 1 MarkenG) von der Strohmanneigenschaft des Herrn K… auszugehen ist und damit anzunehmen ist, dass er die von ihm vorgenommenen Handlungen auf Veranlassung und im Interesse des Markeninhabers vorgenommen hat.
Aus den vorgenannten Umständen, insbesondere aus der Auswahl und der Anzahl der angemeldeten Bezeichnungen ergibt sich der Schluss, dass der Markeninhaber diese Anmeldungen gerade deshalb veranlasst hat, weil diese Zeichen durch die Antragstellerin vorbenutzt wurden. Es liegt auch nahe, dass der Markeninhaber im Hinblick auf den Widerstand, dem seine eigene Anmeldung der Streitmarke durch den Löschungsantrag der Antragstellerin vom 15. Oktober 2010 ausgesetzt war, hierzu einen Strohmann eingebunden hat. Dies lässt unter Berücksichtigung der bereits genannten Fallumstände den Schluss zu, dass der Markeninhaber dadurch den Druck auf die Antragstellerin aufrechterhalten bzw. durch Eröffnung einer weiteren Front sogar verstärken wollte.
ee) Im Hinblick auf den inneren Zusammenhang der – für sich genommen teilweise durchaus legitimen, aber in einer Gesamtschau zu würdigenden – Maßnahmen des Markeninhabers, mit denen entsprechend einer typischen Eskalationsdynamik in einer verhärteten Auseinandersetzung Druck ausgeübt, ausgeweitet und verschärft wird, bestehen klare Anhaltspunkte dafür, dass auch die Anmeldung der Bezeichnung „Yogilotus“ durch den Markeninhaber am 10. September 2010 wesentlich von dieser übergeordneten Behinderungsabsicht des Markeninhabers getragen war und daher darauf abzielte, damit die wirtschaftliche Betätigung der Antragstellerin im Hinblick auf die weitere Verwendung des eingeführten Zeichens „Yogilotus“ für Yogaartikel durch Ausnutzung der Sperrwirkung der Marke zu behindern und zu beeinträchtigen. Selbst wenn zugunsten des Markeninhabers davon ausgegangen wird, dass er das angegriffene Zeichen tatsächlich zur Kennzeichnung eigener Waren benutzen wollte, stellt sich vorliegend angesichts der vorgenannten deutlichen Hinweise darauf, dass er die Antragstellerin systematisch unter Druck setzen wollte, das Motiv, die Antragstellerin an der Benutzung der Marke zu hindern, jedenfalls als wesentlicher Beweggrund dar, der die Bejahung einer bösgläubigen Anmeldung trägt.
Soweit der Markeninhaber geltend macht, die Marke „Yogilotus“ bereits ab dem Jahr 2007 benutzt zu haben oder jedenfalls vorbereitet zu haben, bestehen hierfür oder jedenfalls für ein Festhalten an diesen Plänen zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die in diesem Zusammenhang vorgelegten Kopien von nicht handschriftlich unterzeichneten Rechnungen aus 2007 und 2009 über den Erwerb von Einsteckern und Banderolen mit der Aufschrift „Yogi Lotus“ (vgl. Anlagen I, II zum Schriftsatz des Markeninhabers vom 21.12.2010) verfügen weder formal noch inhaltlich über ausreichende Aussagekraft.
Nach alledem ist in Gesamtwürdigung der Umstände des vorliegenden Einzelfalls davon auszugehen, dass die vorgenannte unlautere Behinderungsabsicht der wesentliche und damit das Vorliegen einer bösgläubigen Anmeldung im Sinn von § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG begründende Beweggrund für die Anmeldung der Streitmarke durch den Markeninhaber war.
c) Der Löschungsanspruch bezieht sich neben den eingetragenen Waren der Klassen 20 und 28, für die die Antragstellerin die Bezeichnung benutzt hat, nämlich Yogakissen und -matten, auch auf die in Klasse 18 eingetragenen Taschen, da diese Waren als Zubehörwaren einen so engen Zusammenhang zu Yogaartikeln aufweisen, dass der Anmeldung insoweit keine anderen Motive zugrunde lagen.
d) Die Löschung der angegriffenen Marke bedeutet keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die eigentumsrechtliche Stellung des Markeninhabers, da sie lediglich den rechtsmissbräuchlichen und im Eintragungsverfahren insoweit nicht abschließend geprüften Erwerb eines formalen Markenrechts korrigiert. Auch für die Gewährung von Vertrauensschutz zugunsten des Markeninhabers besteht in diesem Zusammenhang ersichtlich kein Raum (vgl. BGH, GRUR, 2014, 872 Rn. 39 ff. – Gute Laune Drops); der Gesetzgeber hat Marken, die entgegen dem absoluten Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG in das Register eingetragen worden sind, auch von den in § 50 Abs. 2 MarkenG enthaltenen Begünstigungen ausgenommen.
3. Da einer bösgläubigen Markenanmeldung stets ein rechtsmissbräuchliches Handeln zugrunde liegt, entspricht es regelmäßig der Billigkeit, dem Markeninhaber im Falle der Löschung einer bösgläubig angemeldeten Marke auch die Kosten des Löschungsverfahrens aufzuerlegen, vgl. § 63 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Denn wer missbräuchlich Markenschutz in Anspruch nimmt, muss sich notwendige Maßnahmen, die auf Beseitigung der rechtswidrigen Zeichenlage gerichtet sind, zurechnen lassen (stdg. Rechtsprechung, vgl. BPatG, GRUR 2001, 744, 748 – S100; m. w. N. Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 71 Rn. 15). Die von der Markenabteilung beschlossene Auferlegung der Kosten des patentamtlichen Löschungsverfahrens auf den Antragsgegner ist deshalb zu Recht erfolgt.
4. Aus den unter 3. genannten Gründen entspricht es darüber hinaus der Billigkeit, dem Markeninhaber auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, vgl. § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG.
5. Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung. Der vorliegende Fall wirft insbesondere keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf, § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Die Entscheidung des Senats beschränkt sich vielmehr auf die einzelfallbezogene Anwendung anerkannter Beurteilungsgrundsätze.
Die durch den Markeninhaber angesprochenen Fragen bedürfen, soweit es sich dabei überhaupt um Rechtsfragen handelt, keiner grundsätzlichen Klärung. Nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung ist das Vorliegen einer unlauteren Behinderungsabsicht auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (stdg. Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH, GRUR 2008, 621 Rn. 32 – AKADEMIKS). Die Strohmanneigenschaft des Herrn K… ist – wie sich aus den oben stehenden Ausführungen unter 2.b) ergibt –, nicht der einzige Gesichtspunkt, der für die Bejahung der Bösgläubigkeit maßgebend ist, sondern ein Tatumstand, der im Zusammenhang mit den weiteren genannten Umständen des konkreten Einzelfalles im Rahmen einer tatrichterlichen Gesamtwürdigung all dieser Umstände einzubeziehen ist. Dass eine Behinderungsabsicht Bösgläubigkeit begründen kann und auch ein möglicher eigener Benutzungswille dem nicht entgegensteht, ist, wie bereits ausgeführt, ebenfalls bereits höchstrichterlich entschieden.