Bundespatentgericht

Entscheidungsdatum: 16.12.2014


BPatG 16.12.2014 - 21 W (pat) 70/09

Patentbeschwerdeverfahren – „Medizinisches Instrument“ – zur Patentfähigkeit – Einreichung von nicht publikationsfähigen Zeichnungen – gerügter Formmangel rechtfertigt keine Zurückweisung der Patentanmeldung - Zurückverweisung an das DPMA


Gericht:
Bundespatentgericht
Spruchkörper:
21. Senat
Entscheidungsdatum:
16.12.2014
Aktenzeichen:
21 W (pat) 70/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Patentanmeldung 10 2008 024 976.9-35

hat der 21. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Dezember 2014 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Phys. Dr. Häußler, der Richterin Hartlieb sowie der Richter Dipl.-Ing. Veit und Dipl.-Ing. Univ. Schmidt-Bilkenroth

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse A 61 B des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. Januar 2009 aufgehoben und die Sache zur Fortsetzung des Prüfungsverfahrens an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I

1

Die Patentanmeldung mit dem Aktenzeichen 10 2008 024 976.9 ist am 23. Mai 2008 mit der Bezeichnung „Medizinisches Instrument“ beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht und am 17. Dezember 2009 offengelegt worden.

2

Am Anmeldetag sind von der Anmelderin ein gemäß dem amtlichen Vordruck P 2007 entsprechender Antrag auf Erteilung eines Patents mit Angabe des Namens der Anmelderin und der Bezeichnung der Erfindung sowie eine 15-seitige Beschreibung, drei Seiten Patentansprüche 1 bis 14 und 9 Blatt Zeichnungen mit den Figuren 1 bis 3, 4a bis 4f. eingereicht worden.

3

Mit der Bibliographie-Mitteilung vom 12. August 2008 ist die Anmelderin aufgefordert worden, publikationsfähige Zeichnungen gemäß §§ 6 und 12 PatV innerhalb einer Frist von 2 Monaten nachzureichen.

4

Dieser Aufforderung ist die Anmelderin mit ihrer Eingabe vom 13. Oktober 2008 nachgekommen und hat die Figuren 1 bis 3, 4a bis 4f. nachgereicht, die sie als publikationsfähige Zeichnungen bezeichnet hat.

5

Mit Bescheid vom 30. Oktober 2008 ist der Anmelderin mitgeteilt worden, dass die Figuren 4 bis 9 (gemeint sind offensichtlich die Figuren 4a bis 4f) nach wie vor nicht publikationsfähig seien. Ferner ist die Anmelderin aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von 2 Monaten neue Unterlagen einzureichen, die den Vorgaben der PatV entsprechen. Andernfalls müsse mit der Zurückweisung nach § 42 PatG gerechnet werden.

6

Mit Eingabe vom 30. Dezember 2008 hat die Anmelderin abermals die Figuren 4a bis 4f eingereicht, die sie als publikationsfähige Zeichnungen bezeichnet.

7

Mit Beschluss vom 29. Januar 2009 hat die Prüfungsstelle für Klasse A 61 B die Anmeldung zurückgewiesen. In der Begründung ist ausgeführt worden, dass bereits in der Bibliographie-Mitteilung vom 12. August 2008 mitgeteilt worden sei, dass Zeichnungen gemäß §§ 6 und 12 PatV nachzureichen seien. Ferner sei im Bescheid vom 30. Oktober 2008 dargelegt worden, dass die mit Eingabe vom 13. Oktober 2008 nachgereichten Figuren 4a bis 4f, die sich von den ursprünglich eingereichten nicht unterscheiden würden, nach wie vor nicht publikationsfähig seien und dass mit der Zurückweisung der Anmeldung gerechnet werden müsse, wenn nicht den Vorgaben der PatV entsprechende Unterlagen eingereicht würden. Schließlich würden sich auch die Figuren 4a bis 4f der darauffolgenden Eingabe vom 30. Dezember 2008 nicht von den ursprünglich eingereichten unterscheiden. Die Anmeldung sei daher aus den Gründen des Bescheids vom 30. Oktober 2008 zurückzuweisen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

9

Sie ist der Auffassung, dass mit der Eingabe vom 30. Dezember 2008 Abbildungen eingereicht wurden, die hinsichtlich Kontrast und Schärfe gegenüber den ursprünglichen Unterlagen eine deutliche Verbesserung darstellten. Eine bessere Qualität sei für die Aufnahme des erfindungsgemäßen Instruments mittels Magnetresonanz- bzw. Computertomographie systembedingt nicht erreichbar. Ihrer Meinung nach würde die Qualität der eingereichten Fotos beispielsweise für einen Mediziner zur Diagnosestellung ausreichend sein, so dass sie auch publikationsfähig und für das Deutsche Patent- und Markenamt akzeptabel seien.

10

Mit Eingabe vom 10. Oktober 2013 beantragt die Anmelderin,

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- den Zurückweisungsbeschluss vom 29. Januar 2009 aufzuheben und die Anmeldung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen,

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- hilfsweise eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

13

Ferner beantragt die Anmelderin, die Beschwerdegebühr zurückzuerstatten.

II

14

1. Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und auch begründet, denn die vorliegende Patentanmeldung kann nicht bereits aus formalen Gründen zurückgewiesen werden. Sie führt antragsgemäß zur Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses und zur Zurückverweisung an das Deutsche Patent- und Markenamt.

15

2. Die Anmeldung betrifft gemäß Beschreibung (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0001]) ein medizinisches Instrument, das insbesondere mittels der Magnetresonanztomographie detektierbar ist.

16

Gemäß der Beschreibungseinleitung seien derartige Instrumente aus einer Reihe von Druckschriften bekannt. Hiervon geht die Erfindung aus und stellt sich die Aufgabe , ein medizinisches Instrument zu schaffen, das in einem menschlichen oder tierischen Körper einführbar und sehr flexibel in einer Magnetresonanztomographie-Untersuchung einsetzbar ist (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0015]).

17

Erfindungsgemäß ist ein herkömmliches Instrument dadurch gekennzeichnet, dass der Instrumentenkörper im Oberflächenbereich mit einem immobilisierten aktiven MR-Marker versehen ist (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0016], [0017] in Verbindung mit Patentanspruch 1).

18

Dabei versteht die Anmeldung unter dem Begriff „aktiver MR-Marker“ eine Markierung, die mit den Protonen im Wasser- oder Fettmolekül interagieren und zu einer schnelleren Relaxation der dem Marker benachbarten Protonen nach deren induzierter Orientierung durch das angelegte Magnetfeld führen. Die durch die Markierung verursachte Reduzierung der Relaxationszeit bewirkt starke MRT-Signale, was zu einem entsprechend starken Kontrast in den hierdurch erzeugten Bildern führt (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0018]).

19

Soweit derartige aktive MR-Marker ein Element aus der chemischen Gruppe der Lanthanoide umfasst, werden sie als Ionen mittels eines Komplexes immobilisiert (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0020], [0021]).

20

Schließlich zeigt die Anmeldung (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0026] – [0029] und [0031] – [0056]) in Verbindung mit den Figuren 1 und 2 Ausführungsbeispiele der Erfindung am Beispiel eines Führungsdrahts und in Verbindung mit Figur 3 eine Testanordnung mit mehreren unterschiedlichen Markern. Die Figuren 4a bis 4f zeigen dagegen Bilder, die sich von der Testanordnung infolge einer MR-Tomographie mit unterschiedlichen Sequenzen oder infolge einer CT-Röntgentomographie ergeben; sie illustrieren lediglich, wie sich der Erfindungsgegenstand bei seinem Einsatz in einem MR- oder Röntgen-Tomographen vorteilhaft darstellt.

21

3. Die mit Eingabe vom 30. Dezember 2008 eingereichten Figuren 4a bis 4f entsprechen nicht den durch § 34 Abs. 6 PatG in Verbindung mit § 12 und Anlage 2 PatV festgelegten Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldungen, denn sie unterscheiden sich hinsichtlich der Formerfordernisse nicht von den mit Eingabe vom 13. Oktober 2008 nachgereichten Figuren 4a bis 4f, die schon im Bescheid vom 30. Oktober 2008 zu Recht als nicht publikationsfähig erachtet worden sind. Insoweit ist der angefochtene Zurückweisungsbeschluss nicht zu beanstanden.

22

Gemäß § 34 Abs. 6 PatG ist das Deutsche Patent- und Markenamt ermächtigt, durch Rechtsverordnung Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung zu erlassen. Auf dieser gesetzlichen Grundlage schreibt die Patentverordnung im § 6 Abs. 1 Satz 1 PatV vor, dass die Anmeldungsunterlagen in einer Form einzureichen sind, die eine elektronische Erfassung gestattet. Ferner gibt § 12 PatV vor, dass eingereichte Zeichnungen den in der Anlage 2 enthaltenen Standards entsprechen müssen. Gemäß Nummer 2. der Anlage 2 sind die Zeichnungen mit ausreichendem Kontrast, in dauerhaften, schwarzen, ausreichend festen und dunklen, in sich gleichmäßigen und scharf begrenzten Linien und Strichen ohne Farben auszuführen. Ferner müssen gemäß Nummer 4. der Anlage 2 der Maßstab der Zeichnungen und die Klarheit der zeichnerischen Ausführung gewährleisten, dass nach elektronischer Erfassung (Scannen) auch bei Verkleinerungen auf zwei Drittel alle Einzelheiten noch ohne Schwierigkeiten erkennbar sind.

23

Diese Vorgaben tragen dem Sinn und Zweck von Zeichnungen Rechnung, dass sie das Zusammenwirken der Merkmale der Erfindung klar erkennen lassen und das Wesentliche hervorheben sollen, so dass sie die textliche Beschreibung der Erfindung bildlich unterstützen. Sie müssen dabei so ausgeführt sein, dass ihr Offenbarungsgehalt eindeutig feststellbar ist, so dass auf der einen Seite der Anmelder im Bedarfsfall zweifelsfrei aus der Offenbarung der Zeichnungen schöpfen kann, auf der anderen Seite aber die Öffentlichkeit auch unter Zuhilfenahme der Zeichnungen erkennen kann, für was in der Anmeldung Schutz begehrt bzw. nach der Erteilung unter Schutz gestellt wird. Eine Information der Öffentlichkeit, sei es durch die Offenlegung der Anmeldung oder die Veröffentlichung der Patenterteilung, ist aber nur dann gewährleistet, wenn die Zeichnungen auch eine elektronische Bearbeitung erlauben.

24

Auf diese Anforderungen ist die Anmelderin mit Verweis auf die §§ 6 und 12 PatV in der Bibliographie-Mitteilung vom 12. August 2008 auch hingewiesen worden. Jedoch genügen die Fig. 4a bis 4f diesen Anforderungen offensichtlich nicht. Hierbei handelt es sich nämlich um Ablichtungen von Aufnahmen (Photographien), die von einem Magnetresonanztomographen bzw. einem Computertomographen erstellt wurden und fließende Grauton-Übergänge aufweisen. Derartige fließende Grauton-Übergänge haben einerseits nicht den zu fordernden Kontrast und erlauben andererseits keine elektronische Bearbeitung, denn mit dem, für eine elektronische Publikation unabdingbaren Scannen von Zeichnungen gehen unweigerlich Qualitätseinbußen einher, so dass im Zweifelsfall der Öffentlichkeit entscheidende Einzelheiten entgehen könnten.

25

Bei der Frage, ob Zeichnungen den Vorgaben der §§ 6 und 12 PatV entsprechen, kommt es auch nicht darauf an, ob diese nach Meinung der Anmelderin für eine von ihr genannte Zielgruppe publikationsfähig sind, weil etwa beispielsweise die Qualität der eingereichten Fotos für einen Mediziner zur Diagnosestellung ausreichend sei. Vielmehr richten sich die Offenlegungsschrift und bei der Erteilung des Patents die Patentschrift an die Öffentlichkeit und im Besonderen an den Fachmann, wobei maßgeblicher Durchschnittsfachmann derjenige ist, wer üblicherweise mit einschlägigen Entwicklungsarbeiten auf dem jeweiligen technischen Fachgebiet betraut ist, und nicht der Anwender, Interessent, Abnehmer oder Auftraggeber des beanspruchten Gegenstands (BGH, Urteil vom 17. November 2009 - X ZR 49/08, Rdn. 19). Für diesen Adressatenkreis stellen aus vorgenannten Gründen die Figuren 4a bis 4f jedenfalls keine Zeichnungen dar, die den an sie zu stellenden Anforderungen der PatV genügen.

26

4. Jedoch können die von der Prüfungsstelle gerügten formalen Mängel, hier die Rüge der mangelhaften Figuren 4a bis 4f, eine Zurückweisung der Anmeldung nicht tragen.

27

Zum Einen weist der Zurückweisungsbeschluss vom 29. Januar 2009 den formalen Mangel auf, dass in der Ausfertigung des Beschlusses für die Anmelderin wegen eines nicht angekreuzten Kästchens auf dem Formblatt A 9112 nicht zu erkennen ist, ob die Anmeldung nun aufgrund § 42 Abs. 3 PatG oder aufgrund § 48 PatG zurückgewiesen wird. Dieser formale Fehler ist aber ohne Bedeutung, denn es ist unerheblich, ob die Anmeldung wegen mangelhafter Zeichnungen nun im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung gemäß § 42 PatG oder im Rahmen der sachlich-fachlichen Prüfung gemäß § 44 PatG zurückgewiesen wird. Selbst dann, wenn man die Ausfertigung des Zurückweisungsbeschlusses so verstehen wollte, als wäre die Zurückweisung aufgrund § 48 PatG erfolgt, wäre das Recht auf Äußerung gemäß § 42 Abs. 3 Satz 2 PatG auch gewahrt, denn obwohl im Bescheid vom 30. Oktober 2014 eine Zurückweisung aufgrund § 42 PatG angedroht worden ist, sind die Umstände, auf die die Zurückweisung gegründet wurde, der Anmelderin gleichwohl mitgeteilt worden.

28

Zum Anderen wird durch den Zurückweisungsbeschluss den berechtigten Interessen der Anmelderin nicht gebührend Rechnung getragen, da sie Schutz für eine Erfindung begehrt, die auch ohne die strittigen Figuren in der Beschreibung ausreichend beschrieben ist. Im Bescheid vom 30. Oktober 2008 ist die Anmelderin aufgefordert worden, innerhalb einer Frist von 2 Monaten neue Unterlagen einzureichen, die den Vorgaben der PatV entsprechen. Diese Aufforderung konnte die Anmelderin in Anbetracht der kurz zuvor ergangenen Bibliographiemitteilung vom 12. August 2008 mit den dortigen Anforderungen zur Nachreichung von Zeichnungen nur in dem Sinne verstehen, dass sie die fraglichen Figuren 4a bis 4f nachbessert.

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Hierfür gibt es aber keine Grundlage. Zunächst ist festzuhalten, dass nach § 34 Abs. 3 PatG eine Anmeldung eine Beschreibung und Patentansprüche enthalten muss, wohingegen Zeichnungen nur dann vorgeschrieben sind, wenn sich die Beschreibung oder die Patentansprüche darauf beziehen. Weist nun eine Anmeldung nicht publikationsfähige Zeichnungen auf, d. h. genügen diese Zeichnungen nicht den Vorgaben der §§ 6 und 12 PatV, dann genügt die Anmeldung nicht den Anforderungen insbesondere des § 34 PatG.

30

In einem solchen Falle ist sowohl im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung gemäß § 42 PatG, als auch der materiell-rechtlichen Prüfung gemäß §§ 44, 45 PatG vorgesehen, dass die Prüfungsstelle die Anmelderin aufzufordern hat, die Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen.

31

Eine Beseitigung eines Mangels kann nun im Falle von nicht vorschriftsmäßigen Zeichnungen grundsätzlich dadurch erfolgen, dass einerseits die mangelhaften Zeichnungen so nachgebessert werden, dass sie den Anforderungen der PatV genügen. Andererseits können die mangelhaften Zeichnungen aber auch gänzlich gestrichen werden, dann nämlich, wenn wie im vorliegenden Fall eine Nachbesserung nicht möglich ist oder nicht möglich zu sein scheint. Diese Möglichkeit ist der Anmelderin in jedem Falle zuzugestehen, denn eine Anmeldung muss ja grundsätzlich keine Zeichnungen enthalten. Von der Anmelderin ist bei einem Streichen von Zeichnungen dann entsprechend § 34 Abs. 3 Nr. 5 PatG noch einzufordern, dass die Beschreibung und die Patentansprüche keine Bezugnahme auf gestrichene Zeichnungen mehr enthalten. Daher hätte die Anmelderin im Bescheid vor die Wahl gestellt werden müssen, entweder vorschriftsmäßige Zeichnungen nachzureichen oder eben die mangelhaften Zeichnungen und die Bezugnahmen hierauf in den Ansprüchen und der Beschreibung zu streichen.

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Im Übrigen ist im Bescheid vom 30. Oktober 2008 die Zurückweisung nach § 42 PatG angedroht worden, wenn wegen der nicht publikationsfähigen Figuren 4a bis 4f keine neuen, den Vorgaben der PatV entsprechende Unterlagen fristgemäß eingereicht werden.

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Wenn aber, wie hier, gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 PatG die Anmeldung nicht den Bestimmungen über die Form und über die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung (§ 34 Abs. 6) entspricht, kann die Prüfungsstelle bis zum Beginn des Prüfungsverfahrens (§ 44) von der Beanstandung dieser Mängel absehen. Da im vorliegenden Fall der Bescheid vom 30. Oktober 2008 von einer Sachbearbeiterin im gehobenen Dienst erlassen worden ist, hatte die Anmelderin also aufgrund dieser gesetzlichen Regelung auch Grund für die Annahme, dass die Beanstandungen bezüglich der mangelhaften Figuren bis zu Beginn einer sachlich-fachlichen Prüfung der Anmeldung durch die Prüfungsstelle zurückgestellt werden.

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Schließlich begegnet im vorliegenden Fall die mit dem Bescheid vom 30. Oktober 2008 verbundene Forderung nach einer Nachreichung von Zeichnungen, die den Bestimmungen der PatV entsprechen, noch weiteren rechtlichen Bedenken. Denn selbst wenn die Anmelderin zeichnerisch gestaltete Figuren nachgereicht hätte oder nachreichen könnte, die die, nach Meinung der Anmelderin in den MRT- oder CT-Aufnahmen enthaltenen und für die Erfindung möglicherweise relevanten Informationen tatsächlich so wiedergeben, dass sie mit ausreichendem Kontrast erkennbar sind und auch eine elektronische Bearbeitung erlauben, dann dürften diese nachgereichten Figuren aber gar nicht zugelassen werden, denn sie mögen nun zwar den Bestimmungen der PatV entsprechen, würden aber aufgrund der gegenüber den ursprünglichen Figuren jetzt erkennbaren und damit hinzugekommenen Detailinformationen dazu führen, dass die neuen Unterlagen über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen. Auch aus diesem Grund verbleibt der Anmelderin nichts anderes, als die zu Recht als mangelhaft gerügten Figuren 4a bis 4f und die Bezugnahmen hierauf in der Beschreibung und den Patentansprüchen zu streichen. Hierauf hätte aber die Prüfungsstelle hinweisen müssen.

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5. Der hier vorliegende Fall einer Anmeldung mit Zeichnungen, die zum Teil mangelhaft sind, ist durchaus dann mit der Situation einer Anmeldung, bei der am Anmeldetag einzelne (oder auch alle) Zeichnungen fehlen, vergleichbar, wenn man Zeichnungen als noch nicht eingereicht und damit als fehlend auffasst, solange sie den Anforderungen der PatV nicht genügen. Dann hat gemäß § 35 Abs. 2 PatG das Patentamt den Anmelder aufzufordern, innerhalb einer Frist von einem Monat entweder die fehlenden Zeichnungen nachzureichen oder zu erklären, dass jede Bezugnahme auf diese Zeichnungen als nicht erfolgt gelten soll.

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Überträgt man den Fall fehlender Zeichnungen nun auf den Fall nicht vorschriftsmäßiger Zeichnungen, dann wäre dementsprechend der Anmelder aufzufordern, entweder die gerügten Zeichnungen in vorgeschriebener Form nachzureichen oder – wenn dies nicht möglich ist – zu erklären, dass jede Bezugnahme auf diese Zeichnungen als nicht erfolgt gelten soll, wobei die Streichung der mangelhaften Zeichnungen bereits dadurch impliziert wäre, dass die mangelhaften Zeichnungen als fehlend betrachtet wurden. Sollten aber tatsächlich neue Zeichnungen nachgereicht werden, ist alsdann zu prüfen, ob sie nunmehr den Bestimmungen der PatV genügen und gleichzeitig nicht über die in den ursprünglichen Zeichnungen enthaltene Offenbarung hinausgehen.

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6. Da sonstige Gründe, welche die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene Zurückweisung der Patentanmeldung aus formellen Gründen tragen könnten, weder von der Prüfungsstelle dargelegt noch für den Senat erkennbar sind, kann die im angefochtenen Beschluss ausgesprochene, allein auf formale Gründe gestützte Zurückweisung der Patentanmeldung keinen Bestand haben. Da die Prüfungsstelle bislang noch keine zielgerichtete Recherche durchgeführt und keine erforderliche Sachprüfung vorgenommen hat, hat der Senat davon abgesehen, über die Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung abschließend zu befinden. Stattdessen ist nach § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG die Sache nach Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Deutsche Patent- und Markenamt zur erneuten Entscheidung über die Patentanmeldung zurückzuverweisen.

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Im Rahmen der weiteren Prüfung wird das Deutsche Patent- und Markenamt die Anmelderin unter Fristsetzung aufzufordern haben, entweder neue, den Bestimmungen der PatV genügende Figuren 4a bis 4f einzureichen oder aber - wenn das wie hier offensichtlich nicht möglich ist – zu erklären, dass die Figuren 4a bis 4f und die Bezugnahmen hierauf in der Beschreibung und in den Patentansprüchen gestrichen werden. Unterbleibt eine derartige Erklärung der Anmelderin und kann sie auch keine den Vorgaben der PatV entsprechende Figuren 4a bis 4f einreichen, ist die Anmeldung zurückzuweisen; anderenfalls ist das Prüfungsverfahren mit einer zielgerichteten Recherche und einer sachlichen Prüfung der Anmeldung fortzusetzen.

39

Dabei wird im Hinblick auf die breite Formulierung des ursprünglichen Hauptanspruchs auch der Frage nachzugehen sein, ob mit dem, eine Verallgemeinerung enthaltenden Patentanspruch ein Schutz begehrt wird, der nicht über dasjenige hinausgeht, was dem Fachmann unter Berücksichtigung der Beschreibung und der darin enthaltenen Ausführungsbeispiele als allgemeinste Form der technischen Lehre erscheint, durch die das der Erfindung zugrundeliegende Problem gelöst wird (BGH, GRUR 2013, 1210-1212 - Dipeptidyl-Peptidase-Inhibitoren, Leitsatz 2). Dabei könnte sich nämlich im Rahmen der ursprünglichen Offenbarung (siehe Offenlegungsschrift Abs. [0018], [0020], [0021]) ergeben, dass der Begriff „aktiver MR-Marker“ auf eine Markierung einzuschränken ist, die mit den Protonen im Wasser- oder Fettmolekül interagieren und zu einer schnelleren Relaxation der dem Marker benachbarten Protonen nach deren induzierte Orientierung durch das angelegte Magnetfeld führen, wobei derartige aktive MR-Marker ein Element aus der chemischen Gruppe der Lanthanoide umfassen, die als Ionen mittels eines Komplexes immobilisiert werden.

40

7. Für eine, von der Anmelderin beantragte Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach § 80 Abs. 3 PatG ist weder seitens der Anmelderin etwas vorgetragen worden, noch sind Gründe für eine solche Entscheidung ersichtlich.

41

So kann der formale Fehler im Zurückweisungsbeschluss vom 29. Januar 2009, wonach in der Ausfertigung des Beschlusses für die Anmelderin wegen eines nicht angekreuzten Kästchens auf dem Formblatt A 9112 nicht zu erkennen ist, ob die Anmeldung nun aufgrund § 42 Abs. 3 PatG oder aufgrund § 48 PatG zurückgewiesen wird, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nicht rechtfertigen, denn dieser Fehler war nicht ursächlich für die Beschwerdeeinlegung.

42

Ferner ist im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt die Anmelderin im Bescheid vom 30. Oktober 2008 zur Nachreichung von publikationsfähigen Unterlagen aufgefordert worden, nachdem die eingereichten Unterlagen, hier die Figuren 4a bis 4f, nicht den vorgegebenen Bestimmungen über die Form und die sonstigen Erfordernisse der Anmeldungen entsprechen; andernfalls hat die Anmelderin mit der Zurückweisung nach § 42 PatG rechnen müssen. Wenn nun gemäß § 42 Abs. 1 Satz 2 PatG die Anmeldung nicht den Bestimmungen über die Form und über die sonstigen Erfordernisse der Anmeldung (§ 34 Abs. 6) entspricht, kann die Prüfungsstelle bis zum Beginn des Prüfungsverfahrens (§ 44) von der Beanstandung dieser Mängel absehen. Es liegt also im Ermessen der Prüfungsstelle, ob sie von einer Beanstandung formaler Mängel absieht bzw. deren Beanstandung zurückstellt. Es liegt daher kein, die Rückzahlung der Beschwerdegebühr rechtfertigender Verfahrensfehler vor, wenn die Prüfungsstelle im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung die Beanstandung formaler Mängel nicht zurückstellt.