Entscheidungsdatum: 08.02.2011
Die Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
I
In dem diesem Zwischenverfahren zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren begehrt der Kläger, ein Fachjournalist, auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) Einsicht in Unterlagen, die im Zusammenhang mit Cross-Border-Leasing-Transaktionen stehen, die die Stadt Recklinghausen mit amerikanischen Vertragspartnern vereinbart hat.
Mit Beschluss vom 13. Dezember 2007 forderte das Hauptsachegericht den Beklagten auf, den Originalvertrag der Cross-Border-Leasing-Transaktionen zwischen der Stadt und ihren amerikanischen Vertragspartnern, die Transaktionsbeschreibungen, die für die Stadt angefertigt worden seien, sowie die die vorgenannten Punkte betreffende Ratsvorlage vorzulegen, und führte zur Begründung aus: Die Unterlagen seien entscheidungserheblich. Mit seiner Klage begehre der Kläger umfassende Einsichtnahme in die genannten Unterlagen; die Klage sei nicht beschränkt darauf, Kenntnis zu erlangen über die Identität des US-Unternehmens, das den Eigenkapitalanteil des Trust aufgebracht habe, sowie über die Identität der Kreditinstitute, die für die verschiedenen Aufgaben erwogen und ausgewählt worden seien. Dass es dem Kläger nicht nur um eine gegebenenfalls auch unabhängig von einer Akteneinsichtnahme zu erlangende Namenskenntnis, sondern um umfassende Einsicht in die Unterlagen gehe, belege unter anderem die Klagebegründung.
Auf gerichtliche Nachfrage übersandte der Beklagte ein Schreiben des Beigeladenen vom 13. Februar 2009, dem als Anlage die (undatierte) Erklärung beigefügt war, dass der Beklagte nicht verpflichtet sei, dem Kläger aus Anlass seiner Klage Akteneinsicht in die Unterlagen zu gewähren. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt: Angesichts des Zusammenspiels von § 99 Abs. 1 VwGO mit § 100 VwGO seien die Akten ihrem Wesen nach geheim zu halten. Dem Kläger entstehe kein Nachteil dadurch, dass er die Namen der Vertragspartner nicht erfahre; das Gericht könne darüber auch ohne Kenntnis der Akten entscheiden. Soweit das Gericht das Klagebegehren als Antrag auf umfassende Einsicht in die Akten ausgelegt habe, sei im Ergebnis keine andere Entscheidung zu treffen. Die Stadt habe sich in einer Vertraulichkeitsvereinbarung verpflichtet, die Vorgänge geheim zu halten; sie sei im Fall der Offenlegung Schadensersatzansprüchen ausgesetzt. Die Ausübung des Ermessens sei letztlich rechtlich zwingend vorgezeichnet. Es handele sich um grundrechtlich geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner der Stadt. Der Geheimnisschutz überwiege gegenüber dem allgemeinen, grundrechtlich nicht geschützten Informationsinteresse des Klägers.
Nach gerichtlichen Nachfragen zum Verfahrensfortgang, zuletzt verbunden mit einer förmlichen Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO, stellte der Kläger einen Antrag gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO.
Mit Beschluss vom 3. Mai 2010 hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts festgestellt, dass die Verweigerung der Vorlage der Akten rechtswidrig sei. Der Antrag sei zulässig; er unterliege keinen besonderen Frist- und Formerfordernissen. Die nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO erforderliche förmliche Verlautbarung des Gerichts der Hauptsache zur Entscheidungserheblichkeit der Akten liege vor. Die Auffassung des Hauptsachegerichts sei - auch angesichts der unterschiedlichen Sichtweisen der Beteiligten - nicht offensichtlich fehlerhaft, so dass der Beschluss Bindungswirkung für den Fachsenat entfalte. Die Sperrerklärung vom 13. Februar 2009 sei fehlerhaft. Der Beigeladene habe zwar die unterschiedlichen Interessenlagen bei seinen Ermessenserwägungen im Ansatz zutreffend erkannt. In die Abwägung seien aber nicht alle relevanten Gesichtspunkte eingeflossen, so dass die Entscheidung im Ergebnis nicht tragfähig sei. Aus der dem Hauptsachegericht vorgelegten Vertraulichkeitsvereinbarung als solcher könne sich ein die Verweigerung der Aktenvorlage rechtfertigender Umstand nicht ergeben. Eine Schutzwürdigkeit von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen sei hier in Bezug auf die Cross-Border-Leasing-Verträge nicht gegeben, da die Vertragswerke bereits abgeschlossen seien und eine Laufzeit von ca. 25 bis 99 Jahren hätten, so dass auch Konkurrenten aus ihrer Offenlegung keinen wirtschaftlichen Nutzen für sich ziehen könnten. Selbst wenn das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses angenommen würde, stünde dies dem Informationsanspruch des Klägers nicht entgegen. Einer abschließenden Bewertung der Frage, ob es sich um ein dem Schutzbereich des Art. 14 GG unterfallendes Geschäftsgeheimnis handele, bedürfe es nicht. Nach § 8 Satz 3 IFG NRW greife dieser Schutz nicht, wenn die Allgemeinheit ein überwiegendes Interesse an der Gewährung des Informationszugangs habe und der eintretende Schaden nur geringfügig wäre. Ein solches überwiegendes Allgemeininteresse sei hier zu bejahen.
II
Die gegen den Beschluss vom 3. Mai 2010 erhobene Beschwerde des Beklagten ist unbegründet. Der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Weigerung des Beigeladenen, die angeforderten Unterlagen vorzulegen, rechtswidrig ist.
1. Zu Recht hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts den Antrag des Klägers auf Entscheidung gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO als zulässig erachtet.
1.1 Das selbständige Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO wird durch einen Antrag eingeleitet, den alle Beteiligten ohne Bindung an eine Frist bis zum Abschluss des Verfahrens, gegebenenfalls auch in der Berufungsinstanz (Urteil vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 10.02 - BVerwGE 118, 10 <15> = Buchholz 237.7 § 85 NWLBG Nr. 9), stellen können. Auch ein Antrag nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO setzt als allgemeine Prozessvoraussetzung ein Rechtsschutzbedürfnis voraus (vgl. dazu auch Beschluss vom 11. Juni 2010 - BVerwG 20 F 12.09 - juris Rn. 3). Entgegen der Auffassung des Beklagten entfällt das Rechtsschutzbedürfnis nicht, wenn der Antrag auf Einleitung des Zwischenverfahrens erst auf eine gerichtliche Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO hin gestellt wird. Ob das Hauptsachegericht die Voraussetzungen für den Erlass einer Betreibensaufforderung gemäß § 92 Abs. 2 VwGO hat bejahen dürfen, ist nicht Gegenstand des Zwischenverfahrens. Dass die Entscheidung im Zwischenverfahren, sofern sie zugunsten der Aktenvorlage ausfällt, faktisch zur Erfüllung des im Hauptsacheverfahren in Streit stehenden Anspruchs führen kann, hat nicht zur Folge, dass verfahrensleitende Verfügungen des Hauptsachegerichts, die gemäß § 146 Abs. 2 VwGO unanfechtbar sind, im Zwischenverfahren zu überprüfen wären. Das gilt auch für den Einwand des Beklagten, es sei von einer Befangenheit des Richters auszugehen, der die Betreibensaufforderung verfügt habe. Der nach § 189 VwGO eingerichtete Fachsenat entscheidet gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur darüber, ob die Verweigerung der Aktenvorlage (Sperrerklärung) durch die oberste Aufsichtsbehörde rechtmäßig ist oder nicht (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 46 Rn. 11 und vom 10. August 2010 - BVerwG 20 F 5.10 - juris Rn. 6). Im Übrigen würde auch eine etwaige unrichtige Handhabung des Verfahrensrechts für sich genommen nicht zur begründeten Besorgnis der Befangenheit eines Richters führen (BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2010 - 1 BvR 96/10 - juris Rn. 12
1.2 Hat das Gericht der Hauptsache - wie hier - die Entscheidungserheblichkeit in einem Beschluss geprüft und bejaht, ist der Fachsenat grundsätzlich an dessen Rechtsauffassung gebunden. Bindungswirkung entfaltet auch die Auslegung des Klagebegehrens durch das Gericht der Hauptsache (Beschluss vom 10. August 2010 - BVerwG 20 F 5.10 - a.a.O. Rn. 7). Die vom Beklagten in Bezug genommene Rechtsprechung zur Auslegung des Klageantrags im Revisionsverfahren lässt sich nicht auf das Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO übertragen. Eine andere Beurteilung durch den Fachsenat kommt nur dann in Betracht, wenn die Rechtsauffassung des Gerichts der Hauptsache offensichtlich fehlerhaft ist.
Ein solcher Fall liegt nicht vor. Die Auslegung des Klagebegehrens als Anspruch auf umfassende Akteneinsicht erscheint nicht offensichtlich fehlerhaft. Die Grenze zur Offensichtlichkeit ist erst dann überschritten, wenn sich die Rechtsauffassung als nicht vertretbar erweist. Das Hauptsachegericht hat unter Bezugnahme auf die Klagebegründung und nachfolgende Schriftsätze des Klägers sowie mit Blick auf die Antragstellung im Verwaltungsverfahren dargelegt, dass der Anspruch auf umfassende Einsicht gerichtet sei. Mit dieser Begründung folgt das Hauptsachegericht gängigen Auslegungsregeln und hält sich im Rahmen des § 88 VwGO. Der Beklagte zeigt mit seinen Einwänden nicht auf, dass die Grenze zur Offensichtlichkeit überschritten wurde; er hält dem letztlich nur entgegen, der Klageantrag sei nicht auslegungsfähig. Ebenso wenig ist zu erkennen, dass - wie der Beklagte weiter geltend macht - die Grenzen zulässiger Auslegung deswegen überschritten sein könnten, weil der Kläger anwaltlich vertreten wird.
1.3 Es ist nicht zu beanstanden, dass das Hauptsachegericht sich in dem Beweisbeschluss vom 13. Dezember 2007 über die Darlegungen zur Zulässigkeit hinaus nicht zur Begründetheit der Klage verhalten hat. Werden materiellrechtliche Geheimhaltungsgründe geltend gemacht, also Gründe, die sich unmittelbar aus dem Inhalt der Akte ergeben, liegt es in der Regel auf der Hand, dass sich im Streitfall nur durch Einsichtnahme in die Akten verlässlich klären lässt, ob der Geheimhaltungsgrund vorliegt (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - juris Rn. 4
So liegt der Fall hier. Zur Begründung der Vorlageverweigerung wird nur auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen der Vertragspartner der Stadt verwiesen. Auch hinsichtlich der angeforderten Ratsvorlage werden keine prozeduralen Geheimhaltungsgründe geltend gemacht, sondern nur, dass darin Informationen enthalten seien, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Zusammenhang mit dem streitigen Cross-Border-Leasing-Vertragswerk betreffen. Ob dies zutrifft, lässt sich nur im Wege der Einsicht in die Unterlagen beurteilen. Materiellrechtlich hat das Hauptsachegericht durch die Aktenanforderung auch deutlich gemacht, dass es sich ohne Kenntnis des Akteninhalts nicht in der Lage sieht, zu beurteilen, ob die Voraussetzungen des - allein vom Hauptsachegericht zu beurteilenden - fachgesetzlichen Ausnahmegrundes gemäß § 8 Satz 3 IFG NRW gegeben sind, zu denen nicht nur die Feststellung gehört, dass ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Offenlegung besteht, sondern auch, dass der Schaden im Fall der Offenlegung lediglich als "geringfügig" anzusehen ist.
2. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts der Akten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Vorlage der Akten verweigern.
2.1 Zutreffend hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts klargestellt, dass die Akten nicht bereits aus den vom Beigeladenen angeführten Gründen ihrem Wesen nach geheimhaltungsbedürftig sind. Die Erwägungen des Beigeladenen zu den prozessualen Folgen des § 100 VwGO im Fall eines "in-camera"-Verfahrens verkennen Regelungsgehalt und Wirkweise des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO (vgl. dazu nur Beschluss vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - a.a.O. Rn. 11 ff.).
2.2 Ebenso wenig ergibt sich - wie der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - allein aus dem Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung ein Geheimhaltungsgrund. Entscheidend ist nicht, ob eine "Vertraulichkeit" von Informationen vereinbart worden ist, sondern ob nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ein Geheimhaltungsgrund vorliegt (Beschluss vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - a.a.O. Rn. 21 - zur Einstufung als Verschlusssache).
2.3 Bei Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen handelt es sich um Vorgänge, die nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ihrem Wesen nach geheim zu halten sind (Beschlüsse vom 12. Oktober 2009 - BVerwG 20 F 1.09 - juris Rn. 7 und vom 11. Juni 2010 - BVerwG 20 F 12.09 - juris Rn. 7). Dass es nicht um den Schutz der Stadt, sondern um den Schutz des Vertragswerks und damit die Schutzbedürftigkeit der Vertragspartner der Stadt geht, steht der Annahme eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nicht entgegen. Soweit der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts darauf abhebt, dass sich der amerikanische Vertragspartner der Stadt nicht auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen könne, weil dieses Grundrecht nur Deutschen zustehe, wird nicht beachtet, dass sich der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowohl aus Art. 12 Abs. 1 GG als auch aus Art. 14 Abs. 1 GG ableitet (Beschluss vom 19. Januar 2009 - BVerwG 20 F 23.07 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 52 Rn. 11). Im Übrigen können sich ausländische natürliche und juristische Personen auf Art. 2 Abs. 1 GG berufen, der ungeachtet des Spezialitätsverhältnisses zu Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG, Beschluss vom 10. Mai 1988 - 1 BvR 482/84 und 1166/85 - BVerfGE 78, 179 <197>) auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse schützt.
Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig sind. Ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis setzt neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (Beschluss vom 19. Januar 2009 - BVerwG 20 F 23.07 - a.a.O. Rn. 11 und Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 7 C 18.08 - Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 1 Rn. 12, 18
Indes erscheint fraglich, ob neben dem - hier gegebenen - Mangel an Offenkundigkeit noch ein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung der Vertragsunterlagen und Transaktionsbeschreibungen besteht. Wie aus der allgemeinen Presse bekannt, hat die amerikanische Steuerbehörde Cross-Border-Leasing-Verträge als Scheingeschäfte beanstandet und ihnen die steuerliche Anerkennung versagt. Berichtet wird auch, dass seitdem keine neuen Cross-Border-Leasing-Verträge abgeschlossen worden seien. Vor diesem Hintergrund erscheint das im Vertragswerk generierte Geschäftsgeheimnis als wirtschaftlich "totes" Wissen, das für die aktuelle Markt- und Wettbewerbssituation unter dem Blickwinkel des Wettbewerbschutzes kaum noch Bedeutung haben dürfte.
3. Einer abschließenden Klärung dieser Frage bedarf es nicht. Sollte ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse noch anzuerkennen sein, war der Beigeladene jedenfalls wegen überwiegender öffentlicher und privater Offenbarungsinteressen zur uneingeschränkten Aktenvorlage verpflichtet. In diesem Sinne war das Ergebnis der nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Abwägung vorgezeichnet; für Ermessenerwägungen des Beigeladenen war kein Raum.
3.1 Grundsätzlich setzt die Entscheidung über die Verweigerung der Aktenvorlage bei Geheimhaltungsbedarf eine Ermessensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO voraus. Das Ergebnis der Ermessensausübung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann jedoch in bestimmten Fallkonstellationen durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich zwingend vorgezeichnet sein. Dies kommt namentlich dann in Betracht, wenn ein privates Interesse an der Geheimhaltung besteht, das grundrechtlich geschützt ist. Die Frage nach der ausreichenden Rechtfertigung eines mit der Aktenvorlage verbundenen Grundrechtseingriffs stellt sich vor allem in Dreieckskonstellationen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass neben dem Kläger und dem beklagten Staat auch ein privater Dritter am Prozess beteiligt ist, dessen Interessen denen des Klägers entgegengesetzt sind. In solchen Fällen sind neben dem öffentlichen und privaten Interesse an der Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz auch die dem Rechtsstreit zugrunde liegenden und seinen Inhalt prägenden widerstreitenden Individualinteressen in die Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO einzubeziehen und gegeneinander abzuwägen. Ergibt sich dabei, dass die auf die Aktenvorlage gerichteten und durch die genannten öffentlichen Interessen verstärkten privaten Interessen an Bedeutung hinter dem grundrechtlich gebotenen Geheimnisschutz zurückbleiben, muss sich dieser Schutz durchsetzen. Umgekehrt kann bei einem geringen Gewicht des Geheimhaltungsinteresses die Vorlage im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich geboten sein. In allen diesen Fällen verbleibt für die Ausübung des in § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO um der Wahrheitsfindung und des effektiven Rechtsschutzes willen eröffneten Ermessens kein Raum. Dies kann bei Rechtsstreitigkeiten, die wie das Ausgangsverfahren einen Anspruch auf Informationszugang betreffen, dazu führen, dass sich das Prüfprogramm für die prozessuale Entscheidung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO faktisch - nicht jedoch rechtlich - weitgehend den fachgesetzlichen Vorgaben der Hauptsache annähert (Beschlüsse vom 19. Januar 2009 - BVerwG 20 F 23.07 - a.a.O. Rn. 9 und vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - a.a.O. Rn. 20).
3.2 Gemessen an diesen Grundsätzen hätte der Beigeladene bei seiner Entscheidung über die Vorlage der Vertragsunterlagen den öffentlichen und privaten Interessen an einer uneingeschränkten Aktenvorlage gegenüber den geltend gemachten privaten Interessen am Geheimnisschutz den Vorzug geben müssen. Das hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts im Ergebnis zutreffend erkannt. Soweit er zur Begründung (auch) auf § 8 Satz 3 IFG NRW abhebt, erscheint dies aber zumindest missverständlich. Maßstab für die prozessuale Entscheidung im Zwischenverfahren ist - wie dargelegt - allein § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Prüfung fachgesetzlicher Vorgaben obliegt dem Gericht der Hauptsache.
Zu Recht hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts unter Hinweis auf Ziel und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes betont, dass derjenige, der einen Anspruch auf Informationszugang geltend macht, (auch) als Sachwalter der Allgemeinheit tätig wird; seinem Interesse an der Verfolgung des Anspruchs im Prozess entspricht ein gleichgerichtetes öffentliches Interesse (Beschluss vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - a.a.O. Rn. 24; vgl. auch Beschluss vom 19. Januar 2009 - BVerwG 20 F 23.07 - a.a.O. Rn. 13). Entgegen der Auffassung des Beigeladenen tritt das öffentliche Interesse an der Offenlegung nicht deswegen zurück, weil dadurch grundrechtlich geschützte Rechte der Vertragspartner der Stadt verletzt würden. Denn es liegen hinreichende, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügende Gründe für eine Offenlegung vor. Betreffen die Unterlagen, um deren Offenlegung gestritten wird, die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und werden dabei zudem öffentliche Gelder in nicht unerheblichem Umfang zum Einsatz gebracht, besteht ein besonderes öffentliches Informationsinteresse an dem Vertragswerk. Das öffentliche Informationsinteresse zielt nicht nur auf Transparenz, um die sachgerechte Verwendung der öffentlichen Gelder nachvollziehen zu können, sondern bezieht sich auch auf alle rechtlichen Verpflichtungen, die die öffentliche Hand eingegangen ist, da vertragliche Bindungen Auswirkungen sowohl auf die in Rede stehende Aufgabenerfüllung als auch auf andere öffentliche Aufgaben, die die Stadt zu erfüllen hat, haben können. Die Kenntnis der Einflussmöglichkeiten und Mitwirkungsrechte aller am Vertragswerk Beteiligten zielt auf eine von der finanziellen Interessenslage der Kommune losgelöste und transparente Risikoabschätzung. Das öffentliche Interesse an der Offenlegung wiegt umso mehr, wenn - wie der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts ebenfalls zutreffend hervorgehoben hat - sich die öffentliche Hand aufgrund langer Laufzeiten gleichsam über mehrere Generationen hinweg und damit in besonderer Weise zeitlich gebunden hat. Wie die aktuelle Finanzmarktlage und insbesondere das Problem der Nachbesicherung zeigen, können durch Cross-Border-Leasing-Verträge auch erhebliche finanzielle Risiken entstehen. Es liegt daher im öffentlichen Interesse, durch Kenntnis des gesamten Vertragswerks erkennen zu können, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang eine Kommune sich möglichen finanziellen Risiken ausgesetzt sehen könnte. Hinzu kommt, dass das "Geschäftsmodell" der Cross-Border-Leasing-Verträge - wie dargelegt - nicht mehr aktuell zum Einsatz kommt und daher dem Geschäftsgeheimnis - sofern ein solches zu bejahen wäre - nur ein geringes Gewicht zukommt. Auch aus diesem Grund überwiegt im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse an der Offenlegung.
4. Zutreffend hat der Fachsenat des Oberverwaltungsgerichts auch darauf hingewiesen, dass Gegenstand des Zwischenverfahrens die Sperrerklärung vom 13. Februar 2009 ist, mit der der Beigeladene nur das Vorliegen schutzwürdiger Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse geltend gemacht hat. Die Feststellung, dass das öffentliche Interesse an der Offenlegung den möglichen Schutz des Vertragswerks als Geschäftsgeheimnis überwiegt, schließt es nicht aus, dass einer vollständigen Vorlage des Vertragwerks unter Umständen der Schutz personenbezogener Daten entgegenstehen könnte. Insoweit ist der Beigeladene nicht gehindert, eine erneute Sperrerklärung abzugeben, um gegebenenfalls punktuelle Schwärzungen zu begründen. Ob dies Anlass für ein erneutes "in-camera"-Verfahren sein könnte, wird das Gericht der Hauptsache zu prüfen haben.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO (vgl. dazu auch Beschlüsse vom 8. Mai 2009 - BVerwG 20 KSt 1.09 / BVerwG 20 F 26.08 und vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 20 F 15.10 -). Einer Streitwertfestsetzung bedarf es mit Blick auf Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses nicht; danach fällt für eine sonstige Beschwerde eine Gebühr in Höhe von 50,- € im Falle der Zurückweisung an.