Entscheidungsdatum: 16.05.2012
1. Belehrt der Vorsitzende der Truppendienstkammer einen anwaltlich nicht vertretenen Soldaten in der Hauptverhandlung nicht über aus einem Belehrungsfehler im Ermittlungsverfahren resultierende Verwertungsverbote bezüglich früherer geständiger Einlassungen, muss er ihm wegen der damit verbundenen, schwierigen rechtlichen Fragen einen Pflichtverteidiger bestellen, wenn auch das Geständnis in der Hauptverhandlung Grundlage der tatsächlichen Feststellungen ist.
2. Versucht ein Offizier an einer Hochschule der Bundeswehr durch ein Urkundsdelikt eine Notenverbesserung zu erschleichen, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die Herabsetzung im Dienstgrad.
Der 27 Jahre alte frühere Soldat wurde nach dem Abitur im Juli 2004 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit endete mit Ablauf des 30. Juni 2011. Er wurde regelmäßig befördert, zuletzt im Juni 2007 zum Leutnant.
Den Dienst trat er bei der ... in D. an. Von dort wurde er im Oktober 2004 zur Nachschubschule des Heeres ... versetzt. Zum April 2006 erfolgte eine Versetzung zur ... in W. und zum Januar 2007 zur ... . Nach der Allgemeinen Grundausbildung, dem Offizieranwärter- und dem Offizierslehrgang wurde er zum Oktober 2007 zum Studium der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an die Universität der Bundeswehr in M. versetzt. Ende September 2010 wurde er wegen endgültigen Nichtbestehens des Studiums exmatrikuliert. Zum Dezember 2010 folgte die Versetzung zum .... in M..
Der frühere Soldat wurde am 9. Oktober 2006 planmäßig beurteilt. Die Leistungen im Beurteilungszeitraum wurden einmal mit der Stufe 7 (Spitzenleistung), siebenmal mit der Stufe 6 und achtmal mit der Stufe 5 bewertet. Eignung und Befähigung wurden durchgängig mit der Wertungsstufe D beurteilt.
Die Sonderbeurteilung vom 24. Januar 2011 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnitt mit 5,00. Im Persönlichkeitsprofil wurde die geistige Kompetenz als stärker ausgeprägt und als bestimmendes Merkmal bewertet. Ausgeprägt seien auch die Kompetenz in Menschenführung und die konzeptionelle Kompetenz, während die funktionale Kompetenz als weniger ausgeprägt bewertet wurde. Der Kompaniechef hielt ihn hiernach für Stabsverwendungen für besonders gut und für Lehrverwendungen für gut geeignet und schlug einen Verbleib in der S3-Abteilung bis Dienstzeitende vor. Der nächsthöhere Vorgesetzte wies in seiner Stellungnahme auf die weit überdurchschnittliche Belastbarkeit, Intelligenz und die Fremdsprachenkenntnisse des früheren Soldaten hin und betonte die Notwendigkeit, den persönlichen Ehrgeiz besser zu beherrschen und die Fähigkeit zur Zusammenarbeit im Team zu stärken.
In der Berufungshauptverhandlung charakterisierte der ehemalige Disziplinarvorgesetzte, Kapitänleutnant S., den früheren Soldaten als sehr redegewandt, freundlich im Auftreten und engagiert. Er habe zum leistungsstärksten Drittel der Studenten seines Semesters gehört. Schwierigkeiten administrativer Art habe er vor dem Vorfall nicht verursacht. Er selbst habe nach den ihn überraschenden Vorwürfen zunächst an ein Missverständnis geglaubt. Der frühere Soldat habe mehrere Möglichkeiten, die Sache durch eine Entschuldigung beim Lehrstuhlinhaber zu bereinigen, nicht genutzt. Erst nach einem Gespräch mit allen Beteiligten habe er die Vorwürfe eingeräumt. Im Ermittlungsverfahren habe der frühere Soldat auf einige Anfragen nicht reagiert und Fristen verstreichen lassen. Er habe versucht, jeden Hebel zu nutzen, um aus der Sache herauszukommen. Phasenweise sei der frühere Soldat aber für eine Erörterung seiner Motive offen gewesen. Man habe dann auch über seinen übertriebenen Ehrgeiz gesprochen. Der frühere Soldat habe sich selbst ständig Höchstleistungen abverlangt und zusätzliche Praktika und Vorlesungen anderer Studiengänge absolviert. Er habe wie ein Getriebener gewirkt und sei nie zur Ruhe gekommen. Auf den Rat, eine psychologische Beratung an der Universität in Anspruch zu nehmen, sei er dann eingegangen. In der Folge habe es auch weitere Disziplinprobleme mit ihm gegeben und eine Geldbuße sei verhängt worden.
Der Fachvorgesetzte des früheren Soldaten auf seinem letzten Dienstposten, Major K., beschrieb ihn in der Berufungshauptverhandlung als intelligent und sprachbegabt. Anfangs habe es keine Probleme in der Zusammenarbeit mit ihm gegeben. Er habe sich schnell eingearbeitet. Der frühere Soldat sei sehr offen und freundlich auf andere zugegangen. Dabei sei er sehr offensiv gewesen, sodass es schon fast aufdringlich gewirkt habe. Probleme habe es gegeben, nachdem der frühere Soldat die Geldstrafe aus dem Strafverfahren nicht gezahlt habe. Unter Beteiligung des Kompaniechefs sei mit der Staatsanwaltschaft eine Ratenzahlung vereinbart worden. Der frühere Soldat habe gemeldet, dass er die Raten leiste. Nach Auskunft der Polizei habe er aber nur eine Rate gezahlt. Als die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angestanden habe, habe sich die Polizei wegen der Verhaftung an die Dienststelle gewandt. Man habe kein Aufsehen erregen wollen. Da der frühere Soldat aber nicht kooperativ gewesen sei, habe er in Handschellen aus der Kaserne abgeführt werden müssen. Danach habe er kein Vertrauen mehr in die Integrität des früheren Soldaten gehabt.
Der Auszug aus dem Disziplinarbuch vom 18. Januar 2011 weist den Strafbefehl des Amtsgerichts M. vom 8. Februar 2010 sowie das Urteil des Truppendienstgerichts Süd vom 3. November 2010 aus. Die Verurteilung vom 8. Februar 2010 zu einer Geldstrafe in Höhe von 60 Tagessätzen zu je 40 € wegen Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB ist auch in der Zentralregisterauskunft vom 15. März 2012 enthalten. Am 8. April 2011 verhängte der damalige Disziplinarvorgesetzte gegen den früheren Soldaten wegen eines weiteren Vorwurfes eine Geldbuße in Höhe von 500 €.
Der frühere Soldat ist ledig und kinderlos. Nach Auskunft der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 22. März 2012 wurde ihm im November 2011 ein Teilbetrag der Übergangsbeihilfe ausbezahlt. Übergangsgebührnisse stehen ihm bis Ende Juni 2012 zu.
1. Nachdem die Wehrdisziplinaranwaltschaft mit Schreiben vom 21. Oktober 2009 dem Disziplinarvorgesetzten die Aufnahme von Vorermittlungen mitgeteilt hatte, wurde der frühere Soldat zu den Vorwürfen unter Belehrung über sein Schweigerecht am 20. November 2009 angehört und wiederholte dort seine geständigen Einlassungen aus einer vorherigen Vernehmung.
In dem durch Verfügung des Amtschefs des Streitkräfteamtes vom 2. Dezember 2009 eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die 2. Kammer des Truppendienstgerichts Süd mit Urteil vom 3. November 2010 gegen den anwaltlich nicht vertretenen früheren Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von 30 Monaten verbunden mit einer Gehaltskürzung in Höhe von 1/10 für die Dauer von einem Jahr verhängt.
Ihrer Entscheidung legte die Kammer aufgrund der Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der geständigen Einlassung des früheren Soldaten, der Aussagen der Zeugen und des zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Inhalts der Verfahrensakte der Staatsanwaltschaft sowie des Inhalts der Personalakte folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:
"Der Soldat ist Student der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften an der Universität der Bundeswehr M. Anfang Juli 2008 hat er in dieser Eigenschaft eine Klausur am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Fakultät Wirtschafts- und Organisationswissenschaften, Universität der Bundeswehr M., bei Professor Dr. R. mitgeschrieben und als Note eine 4,0 (ausreichend) erhalten. Diese wurde so auch in dem Computersystem des Prüfungsamtes verbucht. In der Folge versuchte der Soldat jedoch, diese Note 4,0 (ausreichend) als Notenfehlbuchung sowohl bei dem Prüfungsamt Wirtschafts- und Organisationswissenschaften als auch am Lehrstuhl für Öffentliches Recht darzustellen, um die Eintragung einer 1,3 (sehr gut) in das Computersystem zu erreichen. Dazu schrieb der Soldat die Klausur mit der Nummer 1070052 (...) erneut und ließ eine nicht näher bekannte Person mit Bleistift an der linken Seite der beschrifteten Papierbögen Korrekturanmerkungen fertigen. Diese mit Bleistift geschriebenen Anmerkungen beinhalten beispielhaft Worte und Sätze wie: 'richtig erkannt', 'genauso', 'materiell rechtmäßige Prüfung durchzuführen', 'hier wäre auch eine andere Sichtweise denkbar' u.v.m. Am Ende der Klausur steht sodann wiederum mit Bleistift geschrieben ein Votum und in Klammern die Note 1,3 mit den Buchstaben 'RSt' (Paraphe des Professor Dr. R.). Die Tatsache, dass das Schriftbild der Korrekturanmerkungen und der geschriebenen Klausur voneinander abweichen deutet darauf hin, dass nicht der Soldat, sondern eine unbekannte dritte Person, die nicht ermittelt werden konnte, die Anmerkungen getätigt hat.
Im Einzelnen:
Zu Anschuldigungspunkt 1:
Zu einem nicht mehr näher bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem Juni und dem 29. Juli 2009 ging der Soldat mit der zuvor neu angefertigten Klausur zum Prüfungsamt Wirtschafts- und Organisationswissenschaften und gab gegenüber der Zeugin Frau W. an, dass er die vorbeschriebene Klausur offen in seinem Postfach gefunden habe. Er wisse nicht, woher die Klausur stamme, sie habe aber die Note 1,3. Bei einem Notenabgleich im Computersystem stellte die Zeugin Frau W. jedoch fest, dass die von dem Soldaten vorgetragene Note nicht mit der im Computersystem erfassten Note (4,0) übereinstimmte und sie verwies den Soldaten direkt an die Fakultät Wirtschafts- und Organisationswissenschaften. Die Zeugin Regierungshauptsekretärin T. war bei diesem Gespräch zugegen.
Zu Anschuldigungspunkt 2:
Am 29. Juli 2009 suchte der Soldat sodann das Sekretariat des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Fakultät für Wirtschafts- und Organisationswissenschaften auf und sprach bei der Zeugin Frau M. vor. Er gab an, er sei von seinem Freund, Herrn ..., der selbst keine Zeit habe, gebeten worden, die Korrektur einer offensichtlichen Fehlbuchung zu veranlassen. Er legte dazu die vorgenannte neu geschriebene Klausur vor. Der Zeugin M. fiel aber auf, dass die Korrekturanmerkungen keiner der ihr bekannten Handschriften am Lehrstuhl zugeordnet werden konnten und dass die Paraphe des Professors entgegen dessen Gewohnheit mit Bleistift geschrieben wurde und nicht wie sonst mit Kugelschreiber. Die Zeugin M. wandte sich sodann an die Zeugin Frau Dr. R., der die Handschrift der Korrekturanmerkungen ebenfalls unbekannt war und die bemerkte, dass diese zudem inhaltlich sehr allgemein gehalten waren und kaum einen fassbaren Bezug zum Text hatten. Der Soldat wollte daraufhin mit der Klausur wieder gehen, dies verhinderte die Zeugin M. jedoch, die die Klausur einbehielt und sie dem Zeugen Prof. Dr. R. vorlegte.
Der Zeuge Prof. Dr. R. gab dem Soldaten in der Folge am 17. August 2009 per E-Mail Gelegenheit, bei ihm vorstellig zu werden, um den Vorfall aufzuklären. Dieser Aufforderung kam der Soldat bis zum 27. August 2009 nicht nach. Am 03. September 2009 meldete der Zeuge Prof. Dr. R. sodann den gesamten Vorgang schriftlich an die Präsidentin der Universität der Bundeswehr M.
In der Folge fand im Rahmen einer Vernehmung durch den Disziplinarvorgesetzten des Soldaten, Kapitänleutnant S., am 14. Oktober 2009 ein Treffen mit den Zeuginnen Frau W., Frau T., Frau M. und Frau Dr. R. statt, die den Soldaten als denjenigen identifizierten, der die angebliche Notenfehlbuchung im Juli 2009 rückgängig machen wollte.
Der Soldat gibt an, dass er in der Tat versucht habe, mittels einer im Juni/Juli 2009 neu geschriebenen Klausur, trotz der bereits bestandenen Klausur mit 4,0 (ausreichend) seine Note auf 1,3 (sehr gut) zu verbessern. Als Motiv gibt er 'falsch verstandenen Ehrgeiz' an. Die Leistung habe im Ergebnis in keiner Weise den Aufwand widergespiegelt, den er im Rahmen der Vorbereitung auf die Klausur investiert habe. Der Soldat hat keine Angaben zu der Frage gemacht, wer die neu geschriebene Klausur korrigiert hat und die Paraphe des Professor Dr. R. unter die Klausur gesetzt hat. Er habe nicht die Paraphe des Professor Dr. R. nachgemacht, sondern vielmehr die Paraphe irgendeines Mitarbeiters am Lehrstuhl."
Der frühere Soldat habe damit gegen die Wahrheitspflicht und die Pflicht zur Achtungs- und Vertrauenswahrung verstoßen und vorsätzlich ein Dienstvergehen begangen, für das er als Vorgesetzter verschärft hafte. Die Verfehlung wiege schwer, da der frühere Soldat in soldatischen Kernpflichten versagt habe. Der Wahrheitspflicht komme im militärischen Bereich besondere Bedeutung zu. Täusche ein Soldat vorsätzlich, um einen ungerechtfertigten Vorteil zu erlangen, störe er das dienstliche Vertrauensverhältnis nachhaltig und begründe ernsthafte Zweifel an seiner Zuverlässigkeit, Integrität und Treue. Ein Soldat in Vorgesetztenstellung disqualifiziere sich als Vorgesetzter. Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen sei eine Dienstgradherabsetzung. Milderungsgründe erlaubten aber, hiervon abzusehen. Der frühere Soldat habe sich keinen Leistungsnachweis erschleichen wollen, da er die Klausur bereits bestanden habe. Zu seinen Gunsten wirke sein Geständnis. Er sei bislang disziplinar- und strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Hiernach sei ein Beförderungsverbot verbunden mit einer Gehaltskürzung ausreichend.
2. Gegen das ihm am 10. November 2010 zugestellte Urteil hat der frühere Soldat am 8. Dezember 2010 ein als Beschwerde bezeichnetes Rechtsmittel eingelegt. Sein Disziplinarvorgesetzter habe verhindert, dass er seiner "zivilrechtlichen Verurteilung" entsprechend Sozialstunden leisten konnte. Außerdem habe der Vorgesetzte entgegen den Datenschutzbestimmungen die gesamte Universität von dem Verfahren in Kenntnis gesetzt. Dieses schädliche Verhalten müsse ebenso berücksichtigt werden, wie der Druck, dem er in der Folge ausgesetzt gewesen sei. Außerdem habe er für sein Vergehen auch bereits finanzielle Lasten in Höhe von insgesamt 11 500 € infolge der Zahlungen, der Gehaltsreduktion, der Nichtbeförderung und des Beförderungsverbotes zu tragen. Dies sei unverhältnismäßig.
Der Senat entscheidet in Abwesenheit des früheren Soldaten, weil dieser ordnungsgemäß geladen und in der Ladung darauf hingewiesen worden ist, dass in seiner Abwesenheit verhandelt werden kann (§ 104 Abs. 1 Nr. 3 WDO).
Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig. Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass das Rechtsmittel nicht als Berufung bezeichnet (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO in Verbindung mit § 300 StPO) und dass das Datum des angegriffenen Urteils durch ein offensichtliches Schreibversehen fehlerhaft angegeben wird. Da die vorgetragenen Gründe allein die Bemessung der Maßnahme betreffen, ist die Berufung maßnahmebeschränkt.
Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung wegen schwerer Mängel des Verfahrens (§ 121 Abs. 2 WDO). Schwere Aufklärungs- und Verfahrensmängel, die die Grundlage der vom Senat zu treffenden Entscheidung über die Maßnahmebemessung - die tatsächlichen und disziplinarrechtlichen Feststellungen zur Schuld des früheren Soldaten - erschüttern, sind trotz der Beschränkung der Berufung beachtlich, weil der Senat gerade wegen der Beschränkung der Berufung eigene Tat- und Schuldfeststellungen nicht treffen kann (vgl. Beschlüsse vom 19. August 2009 - BVerwG 2 WD 31.08 - Buchholz 450.2 § 121 WDO 2002 Nr. 1 Rn. 12, 17 und vom 24. März 2010 - BVerwG 2 WD 10.09 - juris Rn. 12, 15, 17). Da die Feststellungen des angegriffenen Urteils auf einer schwerwiegenden Verletzung des Grundrechts des früheren Soldaten auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG) beruhen, sind sie keine tragfähige Grundlage für eine Bemessungsentscheidung durch den Senat.
Hier kann dahinstehen, ob ein schwerer Mangel des gerichtlichen Verfahrens bereits darin liegt, dass der Vorsitzende der Truppendienstkammer neben der Belehrung über das Schweigerecht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 243 Abs. 5 Satz 1 StPO den früheren Soldaten nicht auch qualifiziert darüber belehrt hat, dass dessen Einlassungen aus dem Ermittlungsverfahren wegen einer unterlassenen Belehrung über das Recht auf Verteidigerkonsultation nicht verwertet werden können (vgl. Becker, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl. 2009, § 243 Rn. 56 und 59). Wenn eine qualifizierte Belehrung durch den Vorsitzenden der Truppendienstkammer unterbleibt, liegt ein schwerer Verfahrensfehler jedenfalls darin, dass das Truppendienstgericht dem im gerichtlichen Disziplinarverfahren nicht durch einen Rechtsanwalt verteidigten früheren Soldaten entgegen § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO keinen Pflichtverteidiger bestellt hat, und diese Unterlassung für den Ausgang des Verfahrens erheblich sein kann (vgl. hierzu Urteil vom 19. Januar 2012 - BVerwG 2 WD 5.11 - und Beschlüsse vom 7. November 2007 - BVerwG 2 WD 1.07 - BVerwGE 130, 12 = Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 2, jeweils Rn. 16 m.w.N. und vom 21. Dezember 2011 - BVerwG 2 WD 26.10 -).
Nach § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO bestellt der Vorsitzende der Truppendienstkammer dem Soldaten, der noch keinen Verteidiger gewählt hat, auf Antrag oder von Amts wegen einen Verteidiger, wenn die Mitwirkung eines solchen geboten erscheint. Ob die Mitwirkung eines Verteidigers geboten ist, beurteilt sich nach der Schwierigkeit der Rechts- und Sachlage (Beschluss vom 7. November 2007 a.a.O. Rn. 17 m.w.N.). Schwierige rechtliche Fragen, deren Tragweite ein juristisch nicht vorgebildeter Soldat ohne Rechtsbeistand nur schwer beantworten kann, sind insbesondere Fragen des Prozessrechts (vgl. für § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO: Beschluss vom 7. November 2007 a.a.O. Rn. 24). Der frühere Soldat kann nicht deshalb wie ein Volljurist behandelt werden, weil er im Rahmen seines Studiums der Wirtschafts- und Organisationswissenschaften auch elementaren Rechtsunterricht erhalten hat. Denn die hier in Rede stehenden Rechtsfragen sind nicht Teil der juristischen Grundlagenausbildung für Nichtjuristen.
Der vorliegende Fall wirft komplexe prozessuale Fragen auf, weil es im Ermittlungsverfahren zu einem Belehrungsfehler gekommen ist. Der frühere Soldat ist nämlich am 20. November 2009 in Anwendung von § 93 Abs. 1 Satz 2 WDO angehört worden, ohne dass er auch über sein Recht auf Verteidigerkonsultation belehrt worden ist. Dies wäre aber nach § 92 Abs. 2, § 97 Abs. 2 Satz 5 WDO erforderlich gewesen, weil die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Disziplinarvorgesetzten bereits unter dem 21. Oktober 2009 die Aufnahme von Vorermittlungen mitgeteilt hatte. Hiernach wäre die geständige Einlassung in dieser Vernehmung grundsätzlich nicht verwertbar (vgl. Urteil vom 26. April 2012 - BVerwG 2 WD 6.11 - Rn. 16 und BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 - 5 StR 190/91 - BGHSt 38, 214 <218, 225 f.> = juris Rn. 12, 26 f.). Da es in der Folgezeit auch nicht zu einer qualifizierten Belehrung über das Verwertungsverbot bezüglich der Einlassung vom 20. November 2009 gekommen ist, ist auch die Verwertbarkeit der weiteren geständigen Einlassungen des früheren Soldaten rechtlich bedenklich (vgl. Urteil vom 26. April 2012, a.a.O.; BGH, Urteil vom 3. Juli 2007 - 1 StR 3/07 - juris Rn. 54 f. m.w.N.
Die Entscheidung des früheren Soldaten über die für ihn günstigste Wahrnehmung seiner Verteidigungsrechte in der Hauptverhandlung setzt auch die Kenntnis darüber voraus, ob und in welchem Umfang frühere Geständnisse gegen ihn verwertbar sind. Über den Gebrauch seines Schweigerechts kann er nur dann eigenverantwortlich entscheiden, wenn er diese Kenntnisse hat oder sein Verteidiger sie ihm verschaffen kann. Eine qualifizierte Belehrung über Verwertungsverbote durch das Gericht kann verhindern, dass ein Beschuldigter auf ein Aussageverweigerungsrecht nur deshalb verzichtet, weil er möglicherweise glaubt, eine frühere unter Verstoß gegen die Belehrungspflicht zustande gekommene Selbstbelastung nicht mehr aus der Welt schaffen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 18. Dezember 2008 - 4 StR 455/08 - BGHSt 53, 112 Rn. 13). Sie wäre damit ein geeignetes Mittel gewesen, die rechtlichen Schwierigkeiten prozessualer Art für den früheren Soldaten auszuräumen und ihm so die Möglichkeit einer geordneten und effektiven Verteidigung (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1998 - 3 StR 490/97 - BGHSt 44, 46 <49> = juris Rn. 10 m.w.N.) zu geben, damit er zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss nehmen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. März 1984 - 2 BvR 275/83 - BVerfGE 66, 313 <318> = juris Rn. 15).
Zwar bewirkt die Einreichung der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht eine Zäsur, mit der die Verfahrensherrschaft auf das Gericht übergeht. Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Inbegriff der Hauptverhandlung geschöpften Überzeugung und beachtet hierbei Beweisverwertungsverbote bezüglich der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens. Dass mit dieser Zäsur aber auch eine Möglichkeit gegeben ist, eine unter Verstoß gegen Belehrungspflichten zustande gekommene Selbstbelastung aus der Welt zu schaffen, ist eine Information, die bei einem nicht juristisch ausgebildeten Soldaten nicht vorausgesetzt werden kann. Dieses Informationsdefizit hindert ihn an der effektiven Nutzung seiner Verteidigungsrechte. Ein rechtsstaatliches, faires Verfahren ist nur dann gewährleistet, wenn dieses Informationsdefizit ausgeglichen wird.
Nutzt das Truppendienstgericht nicht selbst diese Möglichkeit, die rechtlichen Schwierigkeiten für einen (früheren) Soldaten durch eine ausreichende Belehrung auch hierüber auszuräumen, muss es ihm zumindest einen Verteidiger beiordnen, der dem (früheren) Soldaten diese Kenntnis verschaffen kann. Ist ein (früherer) Soldat nämlich verteidigt, sind vorgerichtliche Einlassungen trotz Belehrungsfehlern verwertbar, wenn der Verteidiger nicht rechtzeitig widerspricht (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 1992 a.a.O. S. 225 f. bzw. Rn. 26). In diesem Fall gleicht die Beteiligung eines Verteidigers in der Hauptverhandlung das Informationsdefizit des (früheren) Soldaten über die Verwertbarkeit vorgerichtlicher Einlassungen angemessen aus und gewährleistet die effektive Nutzung des Schweigerechts und ein faires Verfahren.
Für den Ausgang des Verfahrens ist das Unterlassen des Truppendienstgerichts auch erheblich, weil das angegriffene Urteil seine tatsächlichen Feststellungen auch auf die geständige Einlassung des früheren Soldaten in der Hauptverhandlung gestützt hat. Es ist möglich, dass der frühere Soldat von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hätte, wenn er über die fehlende Bindung an seine Einlassungen im Ermittlungsverfahren informiert gewesen wäre. Der in die Hauptverhandlung eingeführte Strafbefehl hat trotz § 410 Abs. 3 StPO nach ständiger Rechtsprechung keine Bindungswirkung (vgl. Urteil vom 21. Februar 2002 - BVerwG 2 WD 40.01 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 37 = NZWehrr 2003, 37 f. m.w.N.). Es ist nicht auszuschließen, dass das Truppendienstgericht zu einer anderen Beweiswürdigung gekommen wäre, wenn die Angaben der Zeugen und der von ihm herangezogene Akteninhalt nicht auch dem Geständnis des früheren Soldaten entsprochen hätten.
Nach alledem macht der Senat von der Möglichkeit nach § 121 Abs. 2 WDO Gebrauch, die Sache unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts Süd zurückzuverweisen. Für eine Zurückverweisung an ein anderes Truppendienstgericht besteht keine Veranlassung. Auch unter Berücksichtigung des Beschleunigungsgebotes (§ 17 Abs. 1 WDO) kommt eine andere Ermessensausübung schon deshalb nicht in Betracht, weil die Aufhebung und Zurückverweisung zur Sicherstellung des Anspruchs auf ein faires rechtsstaatliches Disziplinarverfahren (speziell zum gerichtlichen Wehrdisziplinarverfahren BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208) unvermeidbar ist. Das Verfahren vor der Truppendienstkammer litt wegen der Verletzung von § 90 Abs. 1 Satz 2 WDO an einem gravierenden strukturellen Defizit (vgl. Beschluss vom 7. November 2007 a.a.O. Rn. 27 f.). Solcherart zustande gekommene Feststellungen können nicht Grundlage einer Bemessungsentscheidung des Senats sein. Vor diesem Hintergrund ist der nach § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO bestehende Ermessensspielraum des Senats dadurch eingeschränkt, dass aufgrund der Berufungsbeschränkung die für eine sachgerechte Entscheidung über das Rechtsmittel erforderlichen tatsächlichen Feststellungen vom Senat nicht getroffen werden konnten.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
Im neuen Verfahren wird das Truppendienstgericht auch zu prüfen haben, ob die Beteiligung der Vertrauensperson ordnungsgemäß erfolgt ist und - wenn dies nicht der Fall gewesen sein sollte - ob hierdurch subjektiv-öffentliche Rechte des früheren Soldaten verletzt wurden. Hier wurde die Vertrauensperson der Offiziere nicht durch den hierfür bei personalratsfähigen Dienststellen zuständigen Dienststellenleiter (vgl. Beschluss vom 31. Januar 2007 - BVerwG 1 WB 16.06 - Buchholz 449.7 § 52 SBG Nr. 3 Rn. 49 = NZWehrr 2007, 162 <163 f.>), sondern durch den Disziplinarvorgesetzten angehört. Dies mag nach § 52 Abs. 1 Satz 2 SGB, § 7 Satz 4 BPersVG grundsätzlich möglich sein, setzt aber jedenfalls eine Verhinderung des Dienststellenleiters voraus (vgl. BAG, Urteil vom 26. Oktober 1995 - 2 AZR 743/94 - PersR 1996, 129). Dass diese im konkreten Fall vorgelegen haben könnte, geht aus dem verwendeten Formblatt für die Einverständniserklärung der Vertrauensperson mit diesem Vorgehen nicht hervor. Denn dort heißt es, das Einverständnis werde erteilt, "um eine praktikable und sachgerechte Umsetzung dieser Rechtsprechung zu gewährleisten".
Wenn erneut ein schuldhaftes Dienstvergehen festgestellt werden sollte, stände einer Kürzung des Ruhegehaltes nach § 58 Abs. 2 Nr. 1 WDO die Vorschrift des § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO trotz der rechtskräftigen Verhängung einer Geldstrafe im Strafverfahren nicht von vornherein entgegen. Es kann dahinstehen, ob dies schon daraus folgt, dass das Strafverfahren und das gerichtliche Disziplinarverfahren nicht in vollem Umfang denselben Sachverhalt (vgl. dazu Urteil vom 19. Juli 2006 - BVerwG 2 WD 13.05 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 2 Rn. 96 - 101) betreffen. Hier erwähnt der Strafbefehl die Vorlage der gefälschten Urkunde beim Prüfungsamt, die den Kern des Anschuldigungspunktes 1 bildet, gar nicht, er ist vielmehr auf die Vorlage beim Lehrstuhl entsprechend dem Anschuldigungspunkt 2 beschränkt. Ob der Gegenstand der Anschuldigung vollständig mit dem Lebenssachverhalt identisch ist, der der rechtskräftigen strafgerichtlichen Verurteilung zugrunde liegt (§ 264 StPO), ist daher fraglich. Jedenfalls wäre aber die Verhängung einer Maßnahme selbst bei vollständiger Sachgleichheit von Straf- und Disziplinarverfahren wohl zusätzlich erforderlich, um die militärische Ordnung aufrechtzuerhalten. § 16 Abs. 1 Nr. 2 1. Alt. WDO setzt voraus, dass die Unterlassung einer zusätzlichen Disziplinarmaßnahme die militärische Ordnung zumindest gefährden würde (Dau, WDO, 5. Auflage 2009, § 16 Rn. 15 m.w.N.), wobei der Begriff der militärischen Ordnung den sich bei Beachtung der für die Bundeswehr geltenden Rechtsnormen, Befehle und Grundsätze ergebenden Zustand von Personal und Material meint, dessen die Bundeswehr zur Erfüllung ihres Verteidigungsauftrages bedarf (Dau, a.a.O. Rn. 14 m.w.N.). Bei der hiernach erforderlichen Prognose spielen nicht allein spezialpräventive Aspekte und die individuell verursachte Gefährdung der militärischen Ordnung durch den früheren Soldaten eine Rolle. Denn § 16 Abs. 1 Nr. 2 WDO erlaubt unter den dort genannten Voraussetzungen auch die Kürzung des Ruhegehaltes. Damit erfasst er auch Soldaten im Ruhestand und diesen nach § 1 Abs. 3 WDO gleichgestellte Soldaten, von denen nach dem Dienstzeitende eine Gefährdung der militärischen Ordnung in der Regel außerhalb von der Teilnahme an Wehrübungen nicht mehr ausgeht. Hier sprechen generalpräventive Erwägungen für die Erforderlichkeit einer zusätzlichen Maßnahme. Denn eine Gefährdung der militärischen Ordnung geht auch von der negativen Beispielwirkung eines schwerwiegenden Dienstvergehens aus, der durch eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme entgegengewirkt werden muss. Ein schwerwiegendes Dienstvergehen liegt in einem Urkundsdelikt, mit dem ein Offizier an einer Hochschule der Bundeswehr eine Notenverbesserung zu erschleichen versucht. Die Schwere des Dienstvergehens wird hier vor allem durch die Verletzung der Wahrheitspflicht (§ 13 SG) begründet (vgl. dazu insb. Urteile vom 5. April 2001 - BVerwG 2 WD 49.00 - juris Rn. 5 = ZBR 2002, 403