Entscheidungsdatum: 16.12.2010
1. Die Anhörung der Vertrauensperson zur Absicht des Dienstherrn, ein Disziplinarverfahren einzuleiten (§ 4 Satz 2 WDO
2. Das sich aus § 18 Abs. 2 WDO ergebende Erfordernis einer Gesamtbetrachtung dienstlicher Verfehlungen und der auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren maßgebliche § 38 Abs. 1 WDO verbieten die Annahme, die Gesamtheit dienstlicher Verfehlungen könne nicht dazu führen, eine schwere Disziplinarmaßnahme zu verhängen als die bei einer isolierten Betrachtung einzelner Verfehlungen regelmäßig gebotene.
Der nach Ablauf des Verpflichtungszeitraums zum 30. Juni 2010 aus dem Dienst ausgeschiedene (frühere) Soldat erhält gegenwärtig Übergangsgebührnisse. Er hat 1998 die Fachhochschulreife erworben, wurde am 1. Juli 1998 zur Bundeswehr eingezogen und im Juli 1998 für zwölf Jahre in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seit dem 30. Mai 2008 war er vorläufig des Dienstes enthoben. Mit Verfügung vom 16. Juni 2010 ordnete der Dienstherr an, dass 30 vom Hundert der Übergangsgebührnisse einbehalten werden.
Der frühere Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt im Juli 2005 zum Leutnant. Ohne Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens wäre er Anfang 2008 zum Oberleutnant befördert worden.
In der Beurteilung vom 28. Februar 2007 erreichte der frühere Soldat im Durchschnitt die Bewertung 5,12 (Leistungen übertreffen erheblich die Anforderungen). lm Bereich Eignung und Befähigung wurde ihm in sämtlichen Bereichen der Ausprägungsgrad "C" (Eignung und Befähigung sind deutlich vorhanden) zuerkannt. In der freien Beschreibung wird er als Soldat charakterisiert, der seine dienstlichen Leistungen im Beurteilungszeitraum gesteigert habe und mit weiterer Erfahrung und mehr Routine sein Auftreten als Führer und Erzieher noch besser und ohne Motivationsverluste unterstellter Kameraden werde etablieren können. Entwicklungspotential sei vorhanden. Seine Stärken lägen eindeutig im praktischen Bereich, bei der Organisation, der Durchführung von Ausbildungsvorhaben und ähnlichen Projekten. Beim Dienst in der Truppe blühe er sichtlich auf und zeige Freude an seiner Aufgabe. Für Stabs- oder Fachverwendungen scheine er weniger geeignet. lm Offizierkorps des Bataillons sei er integriert und werde akzeptiert. Diskussionen in diesem Kreise führe er sachlich und trete ruhig, manchmal etwas zurückhaltend auf. Eine Eignung zum Berufssoldaten sei nicht erkennbar.
Von seinen Disziplinarvorgesetzten wird er als Soldat charakterisiert, der sehr zuverlässig sei und sich mit seinem Leistungsvermögen und seiner Leistungsbereitschaft im oberen Drittel der vergleichbaren Offiziere bewege. Er sei hin und wieder etwas impulsiv, wobei er dann verbal über das Ziel hinausschieße. Die beim früheren Soldaten - später diagnostizierte - Spielsucht sei ein schleichender Prozess gewesen, wobei sich seine mangelhaften Leistungen und sein Fehlen immer mehr verstärkt hätten. In dieser Zeit habe der Soldat auch angefangen, sich überall Geld zu leihen. Ab Mitte Dezember 2007 sei er ständig in Behandlung oder Therapie gewesen, so dass ihn der Disziplinarvorgesetzte bis Mai 2008 nicht mehr gesehen habe.
In der Sonderbeurteilung vom 4. Mai 2010 erhielt der frühere Soldat zweimal die Wertung 1, einmal die Wertung 2, zweimal die Wertung 4, viermal die Wertung 5 und damit im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung 3,55. Ergänzend ist dazu ausgeführt, der frühere Soldat sei im Beurteilungszeitraum dauerhaft krank gewesen, was sich auf die dienstliche Aufgabenerfüllung negativ ausgewirkt habe. Manche Aufgaben seien nur teilweise erfüllt worden. Das Informations- und Kommunikationsverhalten des früheren Soldaten habe vermutlich krankheitsbedingt nicht mehr den Ansprüchen von Wahrheit und Vollständigkeit, insbesondere gegenüber seinem Vorgesetzten, entsprochen. Die Zusammenarbeit mit Gleichgestellten und Vorgesetzten habe ebenso wohl wegen der Erkrankung die Unzuverlässigkeit des früheren Soldaten und den Abbau an Vertrauenswürdigkeit gefördert. Die Persönlichkeitsstruktur des früheren Soldaten sei durch seine Erkrankung beeinflusst gewesen. Die Art der Erkrankung sei erst im Zuge von stationären Behandlungen zum Vorschein gekommen. Bis dahin habe er im Dienst grundsätzlich normal gewirkt. Seit seiner Zukommandierung hätten sich die dienstlich relevanten Aspekte der Persönlichkeit und des Potentials des Soldaten stetig verschlechtert. Er sei nach seiner Zuversetzung als ein Offizier mit soldatischer Haltung aufgetreten, der eine stets positive emotionale Bindung an seinen Beruf zum Ausdruck gebracht habe. In Verbindung mit einer guten vertrauenswürdigen Ausstrahlung könne er eloquent kommunizieren und grundsätzlich selbstsicher und überzeugend auftreten. Seine offene, umgängliche Art habe ihn zu einem angenehmen Gesprächspartner gemacht. Im Kameradenkreis sei er angesehen gewesen bis seine gesundheitlichen Probleme seine dienstliche Zuverlässigkeit und damit seine Vertrauenswürdigkeit abgebaut hätten. Die physische Belastbarkeit und die sportliche Leistungsfähigkeit des Soldaten seien gut. Bei künftigen Verwendungen könne er aufgrund seiner kurzen Restdienstzeit - wenn überhaupt - nur in Fach- und nicht in Führungsverwendungen eingesetzt werden.
Der Bundeszentralregisterauszug des früheren Soldaten weist mit Stand 11. November 2010 folgende, zum Teil sachgleiche Eintragungen auf: Strafbefehl des AG D... vom 7. August 2007 wegen Vergehens gegen das Wehrstrafgesetz in drei Fällen, Strafbefehl des AG W... vom 13. Mai 2008 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, Strafbefehl des AG M... vom 2. Juni 2008 wegen eigenmächtiger Abwesenheit von der Truppe, Strafbefehl des AG W... vom 20. Februar 2009 wegen Betrugs und Strafbefehl des AG K... vom 23. April 2009 wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. Bis auf den Strafbefehl vom 20. Februar 2009, der eine Verwarnung mit Strafvorbehalt zum Inhalt hat, sind jeweils Geldstrafen verhängt worden.
Der frühere Soldat ist berechtigt, die Schützenschnur, die Einsatzmedaille Enduring Freedom sowie das Leistungsabzeichen in Gold zu tragen.
Der frühere Soldat ist ledig und lebt zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung seit fünf Monaten in einer Beziehung. Er studiert zurzeit Informationsmanagement und erhält seit etwa zwei Jahren monatlich 1 039 € Übergangsgebührnisse. Seine Schulden betragen nach eigenen Angaben ca. 30 000 € bei Banken und Finanzdienstleistern, weitere 20 000 € Schulden hat er bei seinen Eltern. Das verspielte Vermögen beläuft sich insgesamt auf ca. 60 000 €. Seit 1 1/2 Jahren ist der frühere Soldat "spielfrei". Anfang des Jahres befand er sich zu einer Auffrischung der Therapie gegen seine Spielsucht in einer Klinik.
1. Durch Verfügung des Befehlshabers Wehrbereichskommando ... vom 1. März 2007 wurde gegen den früheren Soldaten das Disziplinarverfahren eingeleitet. Der frühere Soldat hatte der Anhörung der Vertrauensperson anlässlich seiner Vernehmung am 19. Oktober 2006 widersprochen, die Vertrauensperson wurde gleichwohl am 8. Januar 2007 angehört. Sie erklärte zur Person, sie kenne den früheren Soldat nur von gemeinsamen Mittagessen und Offizierveranstaltungen und habe sich mit ihm nur gelegentlich unterhalten. Daher habe sie nur geringe Kenntnis von ihm. Er sei ihr weder besonders positiv noch negativ aufgefallen. Über persönliche oder private Angelegenheiten des früheren Soldaten könne sie keine Aussagen machen. Zur Sache führte sie aus, ihr seien die Vorwürfe gegen den früheren Soldaten nicht bekannt gewesen. Erst aufgrund der Akteneinsicht habe sie davon Kenntnis erlangt. Sie halte dessen Verhalten für einen Offizier für unangemessen.
In der Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 22. August 2007 wird dem früheren Soldaten folgendes Verhalten als schuldhafte Verletzung seiner Dienstpflichten zur Last gelegt:
"1. Am 24. März 2006 lieh sich der Soldat, um am Herrenabend der Offiziere des ...bataillons ... in ... V... teilnehmen zu können, zwischen 18.00 und 19.00 Uhr in ... M... von dem damaligen Unteroffizier (FA) ... K... zwei privateigene, weiße Diensthemden und ein Paar schwarze Socken und gab diese Kleidungsstücke trotz mehrfacher Aufforderung nicht zurück.
2. Am 30. Juli 2006 trat der Soldat den Dienst als Offizier vom Wachdienst (OvWa) nicht wie gemäß Punkt 5 der Anweisung für die Wache des Kasernenkommandanten der ...-Kaserne vom 17. Juli 2006 befohlen um 07.00 Uhr, sondern erst um 09.00 Uhr an, bestätigte aber wissentlich wahrheitswidrig im OvWa-Buch vom 29. auf den 30. Juli 2006, den Dienst um 07.00 Uhr übernommen zu haben.
3. In der Nacht vom 06. auf den 07. August 2006 und in der Nacht vom 17. auf den 18. September 2006 führte der Soldat in seinem Aufgabenbereich als Offizier vom Wachdienst der ...-Kaserne in G..., trotz vorheriger Einweisung in die neue OvWa-Anweisung, nicht die gemäß Punkt d der Dienstanweisung für den Offizier vom Wachdienst (OvWa) des Kasernenkommandanten der ...-Kaserne vom 17. Juli 2006 in Verbindung mit Punkt 11 der Kontrollliste OvWa befohlenen Kontrollen der Waffenkammern der Kompanien des ...bataillons ... durch, wobei er in der Kontrollliste des OvWa für die genannten Tage und in dem OvWa-Buch für den 06. bis. 07. August 2006 bewusst wahrheitswidrig die Durchführung der Kontrollen bestätigte.
4. Am Freitag, dem 18. August 2006 verließ der Soldat gegen 9.30 Uhr, ohne Wissen und Zustimmung seines Disziplinarvorgesetzten, während der Dienstzeit seine damalige Dienststelle, die 7./...bataillon ... in der ...Kaserne in G..., bis etwa 10.00 Uhr und lieh bei der in ... G..., ... Straße ...ansässigen Kfz-Werkstatt W... Werkzeuge, die er zur Reparatur seines privaten Fahrzeugs benötigte.
Zu diesem Zwecke veranlasste der Soldat den damaligen Obergefreiten ... S..., 7./...bataillon ..., ihn, den Soldaten mit dem Privatfahrzeug des damaligen Obergefreiten zu der genannten Werkstatt und zurück zur Kaserne zu fahren. Sodann versuchte der Soldat während der Dienstzeit sein Privatfahrzeug zu reparieren und schickte, nachdem er festgestellt hatte, dass die geliehenen Werkzeuge für seine Zwecke nicht dienlich waren, den damaligen Obergefreiten S... erneut mit dessen Privatfahrzeug zu der genannten Werkstatt, wo dieser passendes Werkzeug und einen Zündkerzenstecker abholte und dem Soldaten in die Kaserne brachte. lm Anschluss an die Reparatur hat der Soldat das entliehene Werkzeug nicht sofort zurückgeführt, sondern dasselbe erst nachdem sich der Inhaber der Werkstatt W... bei dem Instandsetzungszugführer des ...bataillons ... beschwert hatte, wiederum durch den damaligen Obergefreiten S... während der Dienstzeit am Mittwoch, den 23. August 2006, zurückbringen lassen.
5. Am Montag, dem 04. September 2006, ab Dienstbeginn um 07:30 Uhr und am Dienstag, dem 05. September 2006, blieb der Soldat wissentlich unerlaubt dem Dienst in seiner damaligen Dienststelle, der 7./...bataillon ... in der ...-Kaserne in G... fern und meldete sich erst am darauffolgenden Mittwoch, dem 06. September 2006 um 06.45 Uhr zum Dienst, obwohl er wusste, zumindest aber hatte erkennen können und müssen, dass er mangels Urlaubsgewährung zur Dienstleistung verpflichtet war.
6. Am 24. Oktober 2006 äußerte der Soldat zu einem nicht mehr genau feststellbaren Zeitpunkt auf dem Dachboden des Kompaniegebäudes der 7./...bataillon ... in der ...-Kaserne in G..., im Zuge des praktischen Teils der ABC-Ausbildung der Feldwebelanwärter-Förderausbildung, gegenüber dem ihm zur Ausbildung unterstellten früheren Hauptgefreiten ... B..., ehemals 1./...bataillon ...: 'Sie haben eine 16.15 Uhr-Mentalität. Nach Hause fahren, Computer spielen, die Freundin ficken, wichsen' sowie 'erst werfe ich Ihnen eine Rolle Panzertape ins Gesicht, dann schlage ich Sie mit der Faust und dann mit einer Eisenstange'."
In einer Nachtragsanschuldigungsschrift vom 10. April 2008 wurden gegen den früheren Soldaten weitere Anschuldigungen erhoben; wegen zwei dieser Verhaltensweisen wurde gegen ihn unter dem 2. Juni 2008 ein Strafbefehl erlassen.
Bezüglich der in den Ziffern 3, 4 und 6 der Anschuldigungsschrift bezeichneten Verhaltensweisen wurde gegen den früheren Soldaten ein Strafverfahren durchgeführt, in dem er durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts D... vom 7. August 2007 - ... - wegen eines Vergehens gemäß §§ 32, 44 Abs. 1 Nr. 1, 31 Abs. 1 Wehrstrafgesetzbuch zu einer Gesamtgeldstrafe von 80 Tagessätzen à 20 € verurteilt wurde.
2. Mit Urteil vom 26. August 2009 hat die 3. Kammer des Truppendienstgerichts Süd gegen den früheren Soldaten ein Beförderungsverbot für die Dauer von vier Jahren verbunden mit einer Kürzung seiner jeweiligen Dienstbezüge um 1/5 für die Dauer von 30 Monaten verhängt. Die Kosten des Verfahrens hat es dem früheren Soldaten zu 9/10, dem Bund zu 1/10 auferlegt, welcher auch 1/10 der dem früheren Soldaten entstandenen notwendigen Auslagen trage.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Das im Anschuldigungspunkt 1 angeschuldigte Fehlverhalten des früheren Soldaten sei als erwiesen anzusehen, nachdem er es selbst nicht bestritten habe. Der frühere Soldat habe dadurch vorsätzlich seine Dienstpflicht verletzt, die Würde, Ehre und Rechte seiner Kameraden zu achten (§ 12 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Für sich alleine genommen hätte es deswegen allerdings nicht einer gerichtlichen Disziplinarmaßnahme bedurft.
Ebenso sei das im Anschuldigungspunkt 2 angeschuldigte Fehlverhalten erwiesen, nachdem der frühere Soldat auch dies nicht bestritten habe und dies auch den Aussagen des Zeugen W... entspreche. Der frühere Soldat habe dadurch fahrlässig seine Pflicht verletzt, die Befehle seiner Vorgesetzten nach besten Kräften auszuführen, und fahrlässig gegen die Pflicht verstoßen, sich achtungs- und vertrauenswürdig zu verhalten. Darüber hinaus habe er durch die wahrheitswidrigen Angaben im OvWa-Buch vorsätzlich gegen die Wahrheitspflicht und gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen.
Das unter Anschuldigungspunkt 3 angeschuldigte Verhalten sei hingegen nicht erwiesen. Dieser Anschuldigungspunkt beinhalte, solle er als ausreichend konkret angesehen werden, den Vorwurf, an den geschilderten Tagen gar keine der Waffenkammern der Kompanien des ...bataillons ... kontrolliert zu haben. Solle beabsichtigt gewesen sein, dem früheren Soldaten vorzuhalten, nur in einigen Kompanien die Waffenkammern nicht kontrolliert zu haben, sei dieser Vorwurf nicht hinreichend konkret erhoben worden.
Dass der frühere Soldat sämtliche Waffenkammern aller Kompanien des ...bataillons ... nicht kontrolliert habe, habe nicht bewiesen werden können. Die hierzu vernommenen Zeugen hätten zwar übereinstimmend bekundet, dass sie als Unteroffiziere vom Dienst (UvD) an den in Rede stehenden Tagen während der Nachtzeit keine Kontrolle der Waffenkammern ihrer Kompanien durch den früheren Soldaten bemerkt und im Übrigen in der Nachtzeit die Türen ihrer Kompanien auch verschlossen gehalten hätten; der Zeuge Oberfeldwebel Bu... habe jedoch klar und in sich widerspruchsfrei ausgesagt, dass es ohne Weiteres möglich gewesen wäre, auch die abgeschlossenen Türen von innen durch einen Notriegel zu öffnen, wobei die Türen anschließend offen geblieben seien. Dies sei auch durchaus nicht unüblich gewesen, insbesondere an Wochenenden, wenn die Soldaten von ihrem Wochenendurlaub in die Kaserne zurückkämen. Somit sei nach Auffassung der Kammer die Einlassung des früheren Soldaten keineswegs widerlegt, er habe in der Nachtzeit die Waffenkammern in den Kompanien kontrolliert, ohne dass die UvD dies unbedingt hätten merken müssen. Hinzu komme, dass die UvD regelmäßig nicht mit einem GvD versehen gewesen seien, so dass anzunehmen sei, sie hätten in den Nachtstunden zumindest zeitweise geschlafen. Der frühere Soldat habe hierzu erklärt, er habe die Waffenkammern der Kompanien kontrolliert, jedoch die dort befindlichen Rondenzettel, auf denen die Kontrollen durch Unterschrift zu bestätigen gewesen seien, nicht allzu oft ausgefüllt, weil er hierin keinen Sinn gesehen habe. Er habe die UvD in aller Regel schlafen lassen, wenn er keinen Grund zur Beanstandung gehabt habe. Er könne sich allerdings noch gut daran erinnern, dass er den Stabsunteroffizier K... geweckt habe, weil dessen UvD-Zimmer sich in einem desolaten Zustand befunden habe. Die Aussage des früheren Soldaten sei durch das Ergebnis der Beweisaufnahme somit nicht hinreichend widerlegt worden.
Im Gegensatz dazu sei das unter dem Anschuldigungspunkt 4 beschriebene Fehlverhalten als erwiesen anzusehen, zumal auch der frühere Soldat es nicht bestritten habe. Er habe dadurch vorsätzlich sowohl gegen seine Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) als auch gegen die Kameradschaftspflicht (§ 12 SG) und seine Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), verstoßen.
Auch das unter Anschuldigungspunkt 5 beschriebene Verhalten sei erwiesen, zumal der frühere Soldat auch dieses nicht bestritten, allerdings auf seine bereits seinerzeit exzessiven Spielgewohnheiten hingewiesen habe. Damit habe er fahrlässig seine Pflicht zum treuen Dienen sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten, verletzt. Nach Auffassung der Kammer hätte es im Hinblick auf das relativ geringe Verschulden des früheren Soldaten jedoch keiner gerichtlichen Disziplinarmaßnahme bedurft.
Das unter Anschuldigungspunkt 6 beschriebene Fehlverhalten habe der frühere Soldat ebenfalls gezeigt. Dies ergebe sich aus den Aussagen der Zeugen J..., B... und Bu.... Durch die Verbalentgleisungen habe der frühere Soldat vorsätzlich gegen seine Pflichten verstoßen, für seine Untergebenen zu sorgen (§ 10 Abs. 3 SG), die Würde, Ehre und Rechte seiner Kameraden zu achten (§ 12 SG) sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erforderten (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Da der frühere Soldat nach der Aussage des Zeugen Hauptmann a.D. F... bis dato jedoch noch nie soweit über das Ziel hinausgeschossen sei, dass eine disziplinäre Ahndung erforderlich geworden wäre, würde noch eine laufbahnhemmende Maßnahme, allerdings im oberen Bereich, ausreichen.
Alle in der Nachtragsanschuldigungsschrift angesprochenen Anschuldigungen würden zwar den objektiven Tatbestand eines Dienstvergehens erfüllen; angesichts der gutachterlichen Feststellungen zur Schuldmilderung nach § 21 StGB sei jedoch ein klassischer Milderungsgrund gegeben. Hätte die Kammer nur die Dienstpflichtverletzungen aus der Nachtragsanschuldigungsschrift zu bewerten gehabt, würde sie das Verfahren gegen den früheren Soldaten unter Feststellung eines Dienstvergehens eingestellt haben.
Soweit es die Maßnahmebemessung betrifft, hat das Truppendienstgericht unter anderem ausgeführt, es sehe als angemessene, aber auch erforderliche Ahndung ein Beförderungsverbot im obersten Bereich an. Da sich dieses Beförderungsverbot für den früheren Soldaten nicht mehr auswirke, sei es mit einer spürbaren Kürzung der Dienstbezüge zu koppeln, damit der Soldat im erforderlichen Maße und auch nachhaltig an die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Dienstpflichten bis zu seinem Dienstzeitende erinnert werde.
Selbst wenn die Kammer zur Auffassung gelangt wäre, dass eine Herabsetzung im Dienstgrad verwirkt sei, hätte sie nicht die Höchstmaßnahme verhängt. Auch der Dienstherr sei offensichtlich davon ausgegangen, dass die Entfernung aus dem Dienstverhältnis nur dann in Betracht gekommen wäre, wenn sich die in der Nachtragsanschuldigungsschrift dargestellten Vorwürfe unter normalen Umständen bestätigt hätten. Dies werde daran deutlich, dass der Dienstherr den früheren Soldaten erst nach Bekanntwerden der in der Nachtragsanschuldigungsschrift dargestellten Dienstpflichtverletzungen vorläufig des Dienstes enthoben habe. Allein wegen der Vorwürfe in der Anschuldigungsschrift habe er dazu noch keine Veranlassung gesehen.
3. Gegen das ihr am 5. Oktober 2009 zugestellte Urteil hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft uneingeschränkt Berufung eingelegt und beantragt, den Soldaten aus dem Dienstverhältnis zu entfernen. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, die Kammer habe den Soldaten zu Unrecht von den Vorwürfen des Anschuldigungspunktes 3 freigestellt; auch überzeuge deren Beweiswürdigung nicht. Darüber hinaus habe die Kammer fälschlicherweise diesen Vorwurf als nicht hinreichend konkret angesehen.
4. In der Berufungshauptverhandlung hat der Senat die dem früheren Soldaten in der Nachtragsanschuldigungsschrift zur Last gelegten Pflichtverletzungen nach Anhörung des Wehrdisziplinaranwalts gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 WDO ausgeklammert.
Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft hat Erfolg. Dem früheren Soldaten ist das Ruhegehalt abzuerkennen, § 58 Abs. 2 Nr. 4 in Verbindung mit §§ 65, 67 Abs. 4 WDO. Dass der Soldat während des Berufungsverfahrens aus dem Dienstverhältnis ausgeschieden ist, steht der Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens nicht entgegen, § 82 Abs. 1 WDO.
Das Rechtsmittel ist von der Wehrdisziplinaranwaltschaft in vollem Umfang eingelegt worden. Der Senat hat daher im Rahmen der Anschuldigung, jedoch unter Ausklammerung der in der Nachtragsanschuldigungsschrift beschriebenen Verhaltensweisen, eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, diese rechtlich zu würdigen und die sich daraus ergebenden Folgerungen zu ziehen sowie über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
Dem steht nicht entgegen, dass der frühere Soldat im Disziplinarverfahren der Anhörung der Vertrauensperson widersprochen hatte, sie aber gleichwohl angehört worden ist und Stellung genommen hat. Der Verstoß gegen den gemäß § 4 Satz 2 WDO anwendbaren § 27 Abs. 2 SBG stellt einen Mangel des Disziplinarverfahrens dar. Mit der Möglichkeit, durch einen Widerspruch die Beteiligung der Vertrauensperson zu verhindern, hat der Gesetzgeber dem schutzwürdigem Recht des Soldaten auf Wahrung seiner Intimsphäre und seiner individuellen Selbstbestimmung gegen Einblicke Dritter Rechnung getragen (vgl. zu Art. 1 Nr. 24 (§ 27 SBG) des Gesetzes vom 20. Februar 1997 BGBl. I S. 298: BRDrucks 555/96, S. 13, 36, sowie vorausgehend Beschluss vom 8. Januar 1992 - BVerwG 2 WDB 17.91 - BVerwGE 93, 222 <225>). Ein Verstoß gegen diese Regelung mag zwar eine dienstaufsichtliche Reaktion der dafür Verantwortlichen angebracht erscheinen lassen, um die Beachtung der Vorschrift zu gewährleisten; jedoch führt der Verstoß weder zur Zurückverweisung der Sache an das Truppendienstgericht wegen eines - zugleich - schweren gerichtlichen Verfahrensmangels im Sinne des § 121 Abs. 2 WDO noch zur Einstellung des Verfahrens wegen eines Verfahrenshindernisses im Sinne des § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO.
Dass der Vorsitzende des Truppendienstgerichts den Wehrdisziplinaranwalt nicht aufgefordert hat, den vorgerichtlichen Verfahrensmangel zu beseitigen (§ 99 Abs. 3 Satz 1 WDO), stellt keinen schweren Mangel - auch - des gerichtlichen Verfahrens dar, der zur Zurückverweisung der Sache nach § 121 Abs. 2 WDO führen müsste (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2010 - BVerwG 2 WD 24.09 - zur Nachholung der Anhörung gemäß § 27 Abs. 2 SBG; zu § 27 Abs. 1 WDO vgl. jedoch: Beschluss vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 WDB 3.10 - Rn. 36). Der Mangel im vorgerichtlichen Verfahrensstadium kann nämlich nicht mehr beseitigt werden, weil die Vertrauensperson ihre Stellungnahme abgegeben und der Dienstherr sie unwiderruflich zur Kenntnis genommen hat.
Die rechtswidrige Beteiligung der Vertrauensperson stellt auch keinen vorgerichtlichen Verfahrensmangel dar, der sich zu einem Verfahrenshindernis im Sinne des § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO verdichtet hat (zur unterlassenen Anhörung der Vertrauensperson: Urteil vom 8. Dezember 2010, a.a.O. Rn. 20, sowie Beschluss vom 8. Januar 1992 a.a.O. S. 226; vgl. auch Urteil vom 25. März 1998 - BVerwG 2 WD 20.97 - BVerwGE 113, 212 <215>). Zwar kann der Fehler nicht mehr geheilt werden; eine wesentliche Beeinträchtigung der Rechte des Soldaten, bezogen auf das Disziplinarverfahren, kann darin jedoch nicht gesehen werden, weil die Anhörung der Vertrauensperson hier noch das Stadium betrifft, in dem der Dienstherr lediglich seine Absicht zu erkennen gibt, ein disziplinargerichtliches Verfahren einleiten zu wollen (§ 27 Abs. 2 SBG). Eine durch eine unzulässige Anhörung der Vertrauensperson möglicherweise beeinflusste Einleitungsverfügung ist noch keine endgültige, in das Wehrdienstverhältnis unmittelbar eingreifende Entscheidung, durch die das Recht des Soldaten auf ein rechtsstaatlich faires Verfahren verletzt werden könnte. Die Einleitungsverfügung nimmt eine solche Entscheidung auch nicht vorweg, sondern soll sie erst herbeiführen (Urteil vom 8. Januar 1992 a.a.O. S. 226). Deshalb braucht auch nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann, dass durch die rechtswidrige Anhörung die Entscheidungsfindung für den Soldaten nachteilig beeinflusst worden ist (vgl. zum Beamtenrecht: Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - DokBer 2010, 318).
1. Zur Überzeugung des Senats steht als Ergebnis der Beweisaufnahme fest:
a) Der frühere Soldat hat das im Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Fehlverhalten vorsätzlich begangen. Dies folgt aus den auch in der Berufungshauptverhandlung insoweit geständigen Einlassungen des früheren Soldaten, die mit der Aussage des Zeugen Feldwebel K... übereinstimmen. Er hat damit gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 SG sowie gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich so zu verhalten, dass es dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat erfordert, gerecht wird.
b) Er hat das im Anschuldigungspunkt 2 beschriebene Fehlverhalten, soweit es den verspäteten Dienstantritt betrifft (1. Variante) fahrlässig und soweit es die wahrheitswidrige Beurkundung des Dienstantritts betrifft (2. Variante) vorsätzlich, begangen. Dies folgt aus den auch in der Berufungshauptverhandlung insoweit geständigen Einlassungen des früheren Soldaten, die mit der Aussage des Zeugen Hauptmann W... übereinstimmen. Dass die Bestätigung auf einer bereits vom Hauptmann W... vorgenommenen Eintragung beruhte, ändert nichts daran, dass der frühere Soldat mit seiner Unterschrift die Verantwortung für die Richtigkeit der Eintragung rechtlich übernommen hat. Der frühere Soldat hat damit gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), die Kameradschaftspflicht (§ 12 SG), die Gehorsams- (§ 11 Abs. 1 Satz 1 SG i.V.m. der OvWa-Wachanweisung) und Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) sowie gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich so zu verhalten, dass es dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat erfordert, gerecht wird.
c) Er hat, wie im Anschuldigungspunkt 4 beschrieben, die Kaserne während seiner Dienstzeit vorsätzlich verlassen, während der Dienstzeit vorsätzlich private Tätigkeiten ausgeübt und zum Zwecke dessen auch vorsätzlich Personal der Bundeswehr in Anspruch genommen. Dies folgt aus den auch in der Berufungshauptverhandlung insoweit geständigen Einlassungen des früheren Soldaten und entspricht auch den Feststellungen im Strafbefehl, den der frühere Soldat hat rechtskräftig werden lassen. Er hat damit gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), die Kameradschaftspflicht (§ 12 SG), die Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG) sowie gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich so zu verhalten, dass es dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat erfordert, gerecht wird. Zudem liegt auch ein vorsätzlicher Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG insoweit vor, als sein Verhalten außerdienstlich zu einer Beschwerde des Werkstattinhabers W... geführt hatte.
d) Der Soldat hat das im Anschuldigungspunkt 5 beschriebene Fehlverhalten fahrlässig begangen.
Dies steht zur Überzeugung des Gerichts fest, auch wenn der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung nunmehr erklärt hat, er sei von der Genehmigung des zusätzlichen Urlaubs deshalb ausgegangen, weil er vorher mit seinem Kompaniechef darüber gesprochen habe. Diese Aussage steht in Widerspruch zu seiner Aussage vor dem Truppendienstgericht, in der von einem vorherigen Gespräch mit dem Kompaniechef, das im Übrigen noch nicht die Annahme einer Genehmigung rechtfertigt, nicht die Rede ist. Der frühere Soldat hat seinerzeit lediglich ausgesagt, den Kompaniefeldwebel (und den Vertreter des Soldaten) über den Zusatzurlaub informiert zu haben. Da er seinerzeit ferner ausgesagt hat, er sei davon ausgegangen, der Zusatzurlaub werde genehmigt, steht dies in Widerspruch zur jetzigen Aussage, der Kompaniechef (seinerzeit Hauptmann Kr...) habe den Urlaub in der Sache bereits genehmigt gehabt. Hinzu tritt vor allem, dass sich der frühere Soldat (ausweislich des Vernehmungsprotokolls vom 6. September 2006), unmittelbar nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub dem Kompaniechef gegenüber nicht auf eine (informelle) Genehmigung berufen hat, obwohl sich dies aufgedrängt hätte, wenn insoweit tatsächlich Unklarheiten bestanden hätten. Der Kompaniechef hat darüber hinaus ausweislich seiner durch Verlesen eingeführten Aussage vor dem Truppendienstgericht ausdrücklich erklärt, aufgrund entsprechender Vorfälle sei die Praxis in seiner Einheit gerade so gewesen, dass nur dann in Urlaub habe gegangen werden dürfen, wenn die Genehmigung vorgelegen habe. Der frühere Soldat hat mit seinem fahrlässig unerlaubten Fernbleiben vom Dienst sowohl gegen § 7 als auch gegen § 17 Abs. 2 Satz 1 SG verstoßen.
e) Dass der frühere Soldat die erste unter Anschuldigungspunkt 6 beschriebene ehrverletzende Äußerung getätigt hat, steht nach den auch in der Berufungshauptverhandlung insoweit geständigen Einlassungen des früheren Soldaten fest. Fest steht zur Überzeugung des Gerichts auch, dass er ebenso die zweite unter Anschuldigungspunkt 6 beschriebene, die Persönlichkeit des Untergebenen herabwürdigende Äußerung getätigt hat. Der frühere Soldat hat dies zwar bestritten; seine Behauptung steht jedoch in Widerspruch zu den in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Aussagen der Zeugen Hauptgefreiter d.R. B..., Stabsunteroffizier J... und Oberfeldwebel Bu... vor dem Truppendienstgericht und anlässlich ihrer vorgerichtlichen Vernehmungen. Soweit der frühere Soldat dem entgegenhält, der Hauptgefreite d.R. B... sei mit dem Stabsunteroffizier Ki... befreundet gewesen, betrifft dieser Einwand nicht die Aussagen der Zeugen J... und Bu.... Zudem hat der frühere Soldat den gegen ihn in dieser Sache ergangenen Strafbefehl auch insoweit in Rechtskraft erwachsen lassen. Dass er dies nach seiner Einlassung getan hat, um die Sache möglichst schnell zum Abschluss zu bringen, hat den Senat angesichts der Schwere des Vorwurfs nicht überzeugt. Der frühere Soldat hat damit vorsätzlich gegen die Mäßigungs- (§ 10 Abs. 6 SG), Fürsorge- (§ 10 Abs. 3 SG) und Kameradschaftspflicht (§ 12 SG) sowie gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich so zu verhalten, dass es dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat erfordert, gerecht wird.
f) Soweit es den Anschuldigungspunkt 3 betrifft, hat das Truppendienstgericht den früheren Soldaten davon zu Unrecht freigestellt.
Der Senat teilt nicht die Auffassung des Truppendienstgerichts, der frühere Soldat sei ausschließlich angeschuldigt worden, die Waffenkammern sämtlicher Kompanien nicht kontrolliert zu haben. Nach Maßgabe der vom Senat entwickelten Grundsätze zur Bestimmtheit von Anschuldigungen (vgl. Urteil vom 18. November 2010 - BVerwG 2 WD 25.09 - m.w.N.) wird deutlich, dass der frühere Soldat angeschuldigt ist, die Kontrollen entgegen der Dienstanweisung für den Offizier vom Wachdienst nicht vorgenommen zu haben. Diese Dienstanweisung verlangte aber von ihm, sämtliche und nicht nur einzelne Waffenkammern der Kompanien zu kontrollieren. Angeschuldigt wurde der frühere Soldat im Anschuldigungssatz des Anschuldigungspunktes 3 darüber hinaus, wahrheitswidrig eine vollständige Kontrolle dokumentiert zu haben.
Anders als vom Truppendienstgericht auf der Grundlage des - wie dargelegt - verengten Anschuldigungsrahmens angenommen, hat der frühere Soldat das unter Anschuldigungspunkt 3 beschriebene Fehlverhalten gezeigt, in dem er nicht alle Waffenkammern der Kompanien kontrolliert hat.
Die Annahme des Truppendienstgerichts, aus der erstinstanzlichen Aussage des Zeugen Oberfeldwebel Bu..., abgeschlossene Türen seien durch einen Notriegel zu öffnen gewesen, folge, der frühere Soldat habe Waffenkammern kontrollieren können, ohne dass die UvD dies hätten bemerken müssen, trifft nicht zu. Vielmehr hat der Zeuge Oberfeldwebel Bu... auch erklärt, er habe das Gebäude ab 22.00 Uhr verschlossen gehabt. Bereits dies spricht dafür, dass jedenfalls das Kompaniegebäude, für das Oberfeldwebel Bu... zuständig gewesen ist, verschlossen war. In Verbindung mit dessen Aussage, er habe den früheren Soldaten nicht hereingelassen, stünde damit fest, dass der frühere Soldat - wie angeschuldigt - die Waffenkammer jedenfalls nicht aller Kompanien kontrolliert hat. Dem entspricht auch, dass der frühere Soldat in der Verhandlung vor dem Truppendienstgericht ausgesagt hat: "Teilweise fand ich die Gebäude jedoch unverschlossen vor". Denn dies beinhaltet, dass einige Gebäude während seines OvD-Dienstes durchaus verschlossen waren und er gezwungen gewesen wäre, die UvD jedenfalls dieser Kompaniegebäude um Einlass zu ersuchen. Davon hat aber keiner der seinerzeit diensthabenden Unteroffiziere berichtet. Die gegenläufige Einlassung des früheren Soldaten war zudem auch deshalb nicht glaubhaft, weil er zwar erklärt hat, keinen Sinn darin gesehen zu haben, in die Rondenzettel die Kontrolle zu vermerken; gleichwohl hat er solche Eintragungen in einzelnen Fällen durchaus vorgenommen. Dies mag zwar noch beim Wochenenddienst am 6./7. August 2006 mit einer nachlässigen Diensthaltung erklärt werden können, nicht aber mehr beim Wochenenddienst am 17./18. September 2006. Denn zu diesem Zeitpunkt war dem früheren Soldaten durch die Meldung des Stabsunteroffiziers Ki... bekannt, dass die fehlende Dokumentation der Kontrollen vor Ort für ihn - den früheren Soldaten - dienstlich gravierende Folgen haben könnte. Der Umstand schließlich, dass der frühere Soldat auch hinsichtlich dieses angeschuldigten Fehlverhaltens einen auf den Wochenenddienst am 17./18. September 2006 bezogenen Strafbefehl rechtskräftig werden ließ, bestärkt den Senat in der Überzeugung, dass nicht alle in den Zuständigkeitsbereich des früheren Soldaten fallenden Waffenkammern von ihm kontrolliert worden sind. Folglich war auch die Eintragung im OvWa-Buch wahrheitswidrig. Der frühere Soldat hat damit vorsätzlich gegen die Gehorsams- (§ 11 SG) sowie Wahrheitspflicht (§ 13 Abs. 1 SG) und gegen die nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG bestehende Pflicht verstoßen, sich so zu verhalten, dass es dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat erfordert, gerecht wird.
2. Das vom Truppendienstgericht gegen den früheren Soldaten verhängte Beförderungsverbot und die Kürzung der Dienstbezüge werden dem Unrechtsgehalt des Dienstvergehens nicht gerecht. Dem früheren Soldat sind die Übergangsgebührnisse, die gem. § 1 Abs. 3, § 67 Abs. 4 WDO als Ruhegehalt anzusehen sind, abzuerkennen, § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 WDO.
Bei der konkreten Bemessung der demnach grundsätzlich zulässigen Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten. Bei der Bestimmung der Art und des Maßes der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.
a) Eigenart und Schwere des festgestellten Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegen vor allem die festgestellten Verstöße des Soldaten gegen die Wahrheits- und Gehorsampflicht sowie gegen die Pflicht zum treuen Dienen und die Pflicht, sich so zu verhalten, dass es dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen, die sein Dienst als Soldat erfordert, gerecht wird, schwer. Dies gilt umso mehr, als sie bezogen auf die Anschuldigungspunkte 3, 4 und 6 zugleich die Qualität einer Straftat erlangten. Das Dienstvergehen hatte auch massive nachteilige Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Die Beweggründe des Soldaten waren durchgehend eigennützig und das Maß der Schuld wird dadurch bestimmt, dass der frühere Soldat mit Ausnahme des Anschuldigungspunktes 3, dort 1. Variante, und des Anschuldigungspunktes 5 in allen anderen Fällen vorsätzlich gehandelt hat. Soweit es die Zumessungskriterien Persönlichkeit und bisherige Führung betrifft, ist festzustellen, dass die dienstlichen Leistungen des Soldaten zwar rapide abgefallen sind, der Senat dies jedoch angesichts der Erkrankung des früheren Soldaten als bemessungsneutralen Umstand betrachtet.
b) Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in ständiger Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - Rn. 35 ff.). Es führt dazu, dass das Urteil des Truppendienstgerichts im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme keinen Bestand haben kann. Dies schon deswegen, weil der frühere Soldat von dem unter Anschuldigungspunkt 3 beschriebenen Fehlverhalten zu Unrecht freigestellt wurde.
Auf der ersten Stufe ist im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen" zu bestimmen. Dabei entspricht es der Rechtsprechung des Senats, dass im - unter Anschuldigungspunkt 4 beschriebenen - Fall der vorsätzlichen Inanspruchnahme von Personal oder dienstlichen Materials der Bundeswehr zu privaten Zwecken Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen je nach Gewicht des Dienstvergehens eine Gehaltskürzung und/oder ein Beförderungsverbot, in schweren Fällen eine Herabsetzung um einen oder mehrere Dienstgrade ist (Urteil vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - juris Rn. 113). Eine Herabsetzung im Dienstgrad, in schweren Fällen jedoch auch eine Entfernung aus dem Dienst, ist ferner Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen dann, wenn - wie unter Anschuldigungspunkt 6 dargestellt - eine vorsätzlich erniedrigende Behandlung von Untergebenen vorliegt (Urteile vom 13. März 2008 - BVerwG 2 WD 6.07 - Buchholz 449 § 10 SG Nr. 59 und vom 9. Januar 2007 - BVerwG 2 WD 20.05 - BVerwGE 127, 293 <297 f.>; ehrverletzende und entwürdigende Äußerungen eines Soldaten werden disziplinarrechtlich einer entsprechenden Behandlung gleichgesetzt vgl. Urteil vom 4. Mai 2006 - BVerwG 2 WD 9.05 - Buchholz 449 § 6 SG Nr. 3). Die - unter Anschuldigungspunkte 2, 2. Alternative, und 3 - festgestellten vorsätzlichen Verstöße gegen die Gehorsams- und/oder Wahrheitspflicht standen zudem im Zusammenhang mit zentralen Verpflichtungen des Wachdienstes, bei dem die Sorgfaltsanforderungen angesichts des Schutzgutes besonders hoch sein müssen und Zuwiderhandlungen ebenfalls einer nachdrücklichen Sanktionierung bedürfen. Das - unter Anschuldigungspunkt 5 beschriebene - unerlaubte fahrlässige Fernbleiben vom Dienst verlangt ebenso wie der - gemäß Anschuldigungspunkt 1 bestehende - vorsätzliche Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht bei isolierter Betrachtung im Ausgangspunkt der Zumessungserwägung zwar noch keine nach außen sichtbare, dafür jedoch bezogen auf den Anschuldigungspunkt 5 eine spürbare disziplinarische Pflichtenmahnung.
Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Verschärfung oder Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem an Hand der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren.
Nach diesen Kriterien würde mit einer Herabsetzung im Dienstgrad der Schwere der dienstlichen Verfehlungen nicht ausreichend Rechnung getragen. Die auf der erste Stufe vorgenommene Zuordnung einzelner Verfehlungen innerhalb des Spektrums zulässiger einfacher (§ 22 Abs. 1 WDO) wie gerichtlicher (§ 58 WDO) Disziplinarmaßnahmen führt nicht dazu, dass die im Rahmen dieser Einzelbetrachtung schwerste Disziplinarmaßnahme auf der zweiten Prüfungsstufe zugleich die Obergrenze der letztlich zu verhängenden Disziplinarmaßnahme markierte. Eine solch isolierte Betrachtung würde nicht der gesetzlichen Wertung Rechnung tragen, dass auch mehrere Pflichtverletzungen als ein Dienstvergehen zu betrachten und zu würdigen sind (§ 18 Abs. 2 WDO). Nicht nur das sich daraus ergebene Erfordernis einer Gesamtbetrachtung dienstlicher Verfehlungen, sondern darüber hinaus der gem. § 58 Abs. 7 WDO auch im gerichtlichen Disziplinarverfahren maßgebliche § 38 Abs. 1 WDO verbietet die Annahme, die Gesamtheit dienstlicher Verfehlungen könne nicht dazu führen, eine schwerere Disziplinarmaßnahme zu verhängen als die bei einer isolierten Betrachtung einzelner Verfehlungen regelmäßig höchstzulässige. Vor diesem rechtlichen Hintergrund entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" auch von Bedeutung ist, ob der Soldat einmalig oder wiederholt versagt hat oder in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich (Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 -). Nach Maßgabe dessen ist das in den (früheren) Soldaten gesetzte Vertrauen des Dienstherrn so schwerwiegend und nachhaltig zerstört, dass diesem eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden könnte, wenn sich der Soldat noch im aktiven Dienst befände. Eine Herabsetzung im Dienstgrad wäre nicht ausreichend.
Die dienstlichen Verfehlungen des früheren Soldaten sind zahlreich und überwiegend vorsätzlich begangen. Teilweise sind sie von strafrechtlichem Gewicht und betreffen zentrale Bereiche des soldatischen Lebens, insbesondere mehrfach Verfehlungen im Wachdienst. Die Auswirkungen waren auch erheblich. Insbesondere die äußerst moderat formulierte Sonderbeurteilung bestätigt, dass bereits vor dem Ausscheiden des früheren Soldaten aus dem Dienst kein Vertrauen mehr in seine Zuverlässigkeit sowie Vertrauenswürdigkeit bestand und sein Verwendungsspektrum weitgehend eingeschränkt war. Mit in den Blick zu nehmen war auch, dass der frühere Soldat noch während seiner aktiven Dienstzeit und des vorliegenden Disziplinarverfahrens weiterhin wiederholt strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Anders als vom Truppendienstgericht angenommen, streitet gegen den vollständigen Vertrauensverlust auch nicht der Umstand, dass der frühere Soldat erst seit dem 30. Mai 2008 vorläufig des Dienstes enthoben worden ist. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung hängt die Beantwortung der Frage nach der erforderlichen fortbestehenden Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten nicht entscheidend von den Erwägungen und Entscheidungen der jeweiligen Einleitungsbehörde oder der Einschätzung der unmittelbaren Vorgesetzten ab. Ob das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und persönliche Integrität des betroffenen Soldaten erschüttert oder gar zerstört ist, ist nach einem objektiven Maßstab, also aus der Perspektive eines objektiv und vorurteilsfrei den Sachverhalt betrachtenden Dritten zu prüfen und zu bewerten (Urteil vom 28. April 2005 - BVerwG 2 WD 25.04 - juris Rn. 20).
3. Da das Rechtsmittel der Wehrdisziplinaranwaltschaft Erfolg hat, hat der frühere Soldat neben den Kosten der ersten Instanz (§ 138 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 WDO) auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zu tragen, § 139 Abs. 1 Satz 2, Halbs. 1 WDO. Hinsichtlich der ausgeklammerten Pflichtverletzungen erschien es indes unbillig im Sinne des § 138 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2, § 139 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 2 WDO, ihm auch die insoweit entstandenen Kosten aufzuerlegen, zumal die Anschuldigungssätze in der Nachtragsanschuldigungsschrift nicht erkennen lassen, ob ihm vorsätzliches oder fahrlässiges Verhalten vorgeworfen wird. Insoweit waren dem Bund die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem früheren Soldaten entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen, § 140 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 3 WDO.