Entscheidungsdatum: 17.01.2013
Der 1973 geborene Soldat verfügt über die allgemeine Hochschulreife. Er wurde 1996 zur Ableistung des Grundwehrdienstes eingezogen, 1997 zum Soldaten auf Zeit und im November 2005 zum Berufssoldaten ernannt. Zuletzt wurde er im Januar 2006 zum Hauptmann (Besoldungsgruppe A 12) befördert. Seine Dienstzeit endet voraussichtlich im Juli 2029.
Nach erfolgreicher Offizierprüfung absolvierte der Soldat zunächst den Studiengang ..., welchen er im Januar 2004 mit der Diplomprüfung abschloss. Anschließend wurde er zur ... versetzt und dort als Artillerieoffizier und Zugführer eingesetzt. Nach einer Verwendung beim ... und einer Kommandierung zum Einsatzverband Kongo führte er ab Juli 2007 als Batteriechef die .... Den Stabsoffizierlehrgang an der Führungsakademie der Bundeswehr absolvierte er im März 2009 mit "befriedigend". Ab April 2009 übernahm er die Führung der .... Zum 1. Januar 2010 wurde er als "Offizier zur besonderen Verwendung" zum ... versetzt, um von dort aus umgehend zum ... kommandiert und zum Oktober 2010 versetzt zu werden. Er nimmt dort die Aufgaben eines S3/S5-Stabsoffiziers wahr.
In der planmäßigen Beurteilung vom 12. Mai 2005 wurden die Leistungen des Soldaten unter Zugrundelegung der Höchstnote "7" dreimal mit "7" und dreizehnmal mit "6" bewertet, woraus "6,18" als Durchschnittswert folgt. In der Beurteilung heißt es unter anderem, der Soldat sei ein lebensfroher, dynamischer und besonders verantwortungsbewusster Offizier, der sich mit seinem Beruf uneingeschränkt identifiziere. In die soldatische Gemeinschaft des Führungskorps sei er fest integriert. Der Soldat sei außerordentlich verantwortungsbewusst und zuverlässig. Er handele eigenständig, übernehme wie selbstverständlich Aufgaben und zeige Ehrgeiz, Fleiß und höchste Einsatzbereitschaft. Probleme gehe er selbständig, ruhig und in überschaubarer Art und Weise an, wobei er persönliche Einschränkungen in Kauf nehme. Bei der Führung und Ausbildung seiner Soldaten lasse er viel persönliches Engagement erkennen. Er führe durch Vorbild und zeige seinen Soldaten dadurch, was er von ihnen erwarte. Der Soldat solle mit besonderem Nachdruck zum Einheitsführer gefördert werden. Der nächsthöhere Vorgesetzte führte ergänzend im Wesentlichen aus, der Soldat sei ein charakterlich gefestigter, ungewöhnlich zielstrebiger und disziplinierter Offizier mit vorbildlicher Dienstauffassung. Er gehöre zur absoluten Spitzengruppe vergleichbarer Offiziere.
In der planmäßigen Beurteilung vom 10. Juni 2008 wird die Aufgabenerfüllung durch den Soldaten viermal mit "7", viermal mit "6" und zweimal mit "5" bewertet, woraus sich als Durchschnittswert "6,20" ergibt. Der Soldat wird als außerordentlich intelligenter und engagierter Offizier beschrieben, der sich als Batteriechef in jeder Hinsicht bewährt habe. Für seinen aktuellen Dienstposten bringe er vor allem auch die notwendige Ehrlichkeit, Integrität und Loyalität mit. Als Chef einer Grundausbildungsbatterie habe er als Ausbilder und Menschenführer überzeugt. Er führe ruhig, nachhaltig und mit Überblick. Er sei ein hilfsbereiter Kamerad und Teamplayer; er beeindrucke mit seinem tadellosen beruflichen Selbstverständnis. Trotz starker Konkurrenz gehöre er im Bataillon zum ersten Drittel der Hauptleute und sei zum Kommandeur eines ... geeignet. Er bringe alle Voraussetzungen mit, um in höherwertigen Verwendungen zu bestehen, so dass eine Förderung oberhalb der allgemeinen Laufbahnperspektive angezeigt sei.
In der außerplanmäßigen Beurteilung vom 10. Oktober 2011 durch Oberstleutnant M. (S3-Stabsoffizier des ...) wurde der Soldat bei Höchstnote "9" zweimal mit "8", fünfmal mit "7" und zweimal mit "6" bewertet, woraus als Durchschnittswert "7,00" folgt. In ihr heißt es, der Soldat sei allen Anforderungen auf dem Stabsoffizier-Dienstposten gerecht geworden, auch wenn er den dafür vorgesehenen Dienstgrad noch nicht inne habe. Der Soldat schone sich nicht, wenn es um die Erfüllung von Aufträgen gehe. Gegenwärtig könne er wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen und persönlichen Belastungssituation sein überdurchschnittliches Leistungspotential jedoch nicht vollständig ausschöpfen. Sein Führungsverhalten könne nicht bewertet werden, da er keine Untergebenen führe. Der nächsthöhere Vorgesetzte unterstrich, der Soldat sei ein außerordentlich leistungsbereiter Offizier mit breiten menschlichen wie fachlichen Qualitäten. Er sei ein fähiger Stabsarbeiter, der seine Chancen nutzen werde, wenn er die für ihn schwierigen Umstände bewältigt habe.
Der im Tatzeitraum und während der disziplinaren Ermittlungen amtierende Kommandeur des ..., Oberstleutnant Be., führte in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht aus, der Soldat sei ihm als guter Chef avisiert worden, der manchmal etwas "hölzern" auftrete. Auch er habe den Soldaten als engagierten und verlässlichen Kompaniechef wahrgenommen, dem es aber nicht immer gelungen sei, die "Leute sofort mitzunehmen". Insbesondere bei den Zugführern seien seine Ausbildungsmethoden auf Skepsis gestoßen. Sie seien schließlich wegen des Verhaltens des Soldaten an ihn herangetreten. Beim ersten deshalb geführten Gespräch habe der Soldat zwar den Eindruck erweckt, sein Fehlverhalten zu erkennen, jedoch habe er in erster Linie erfahren wollen, wer die Vorwürfe vorgebracht habe. Er halte den Soldaten für einen leistungsstarken Offizier, dessen Stärke nicht im Bereich der Menschenführung liege. Da der Soldat den Stabsoffizierlehrgang abgeschlossen und einen A13-Dienstposten inne gehabt habe, seien am 1. April 2010 zumindest formal alle Voraussetzungen für eine Beförderung zum Major erfüllt gewesen.
Erstinstanzlich hat zudem Oberst i.G. Bu., dem der Soldat seit 2010 disziplinar unterstellt war, ausgesagt, der Soldat habe ihn offen über die Vorgänge informiert. Er habe bei ihm den Eindruck hinterlassen, einen Neuanfang machen zu wollen. Nach seinen Beobachtungen habe der Soldat bei Feiern in der Regel Wasser oder alkoholfreie Getränke getrunken. Der Soldat sei angegriffen und nicht vollständig belastbar gewesen. Er habe sich unfair behandelt gefühlt, aber auch glaubhaft Fehler eingeräumt. Die Stärken des Soldaten lägen im planerischen Arbeiten. Die vom Soldaten wahrgenommene Vertretung des S3-Stabsoffiziers könne nicht jeder Hauptmann leisten.
Die stellvertretende Vertrauensperson der Offiziere, Hauptmann Peter T., hat erstinstanzlich im Wesentlichen ausgesagt: Er sei in der S3-Abteilung des ... eingesetzt und könne bestätigen, dass der Soldat hohes Ansehen genieße sowie fleißig und hilfsbereit sei. Er habe den Soldaten noch nie angetrunken oder betrunken gesehen; ebenso wenig hätte es Auffälligkeiten dieser Art gegeben. Die dem Soldaten gegenüber erhobenen Vorwürfe könne er sich nicht in dem Maße vorstellen.
In der Berufungshauptverhandlung hat Oberstleutnant M. seine Feststellungen in der außerplanmäßigen Beurteilung bekräftigt und ausgeführt, der Soldat sei ein ruhiger, sachlicher Mensch mit Gerechtigkeitssinn und einer ungeheuren Leistungsbereitschaft. Er sei ein zuverlässiger und fachkundiger Soldat, der geachtet und anerkannt werde und auch deshalb 2012 in den Personalrat gewählt worden sei. Er sehe ihn weiterhin als künftigen Stabsoffizier und würde ihn auch gegenwärtig mit "7" beurteilen. Er könne sein Leistungspotenzial ausfüllen.
Oberst Ro. hat in der Berufungshauptverhandlung ausgeführt, der ihm seit dem 14. November 2011 unterstellte Soldat sei ein sehr exakter Soldat, der an dem Verfahren leide; dies werde auch im Dienst fühlbar. Seit letztem Jahr führe der Soldat wieder andere Soldaten; fünf Soldaten im täglichen Dienstbetrieb und fünfzehn in der Fläche. Es sei beeindruckend, wie der Soldat die neue Aufgabe - auch als Menschenführer - angenommen habe. Er relativiere die anlässlich der Ermittlungen getroffene Aussage, der Soldat gehöre "nicht an die Front". Er könne nicht sagen, dass der Soldat "hölzern" auftrete, auch wenn es schwungvollere Soldaten gebe. Aus seiner Sicht sprächen keine Indizien für ein Alkoholproblem. Der Soldat bewege sich leistungsmäßig in der vorderen Hälfte der Offiziere. Man könne den Soldaten aus der Fassung bringen, dies gelte in erster Linie im Verhältnis zu Vorgesetzten. Er habe nicht feststellen können, dass die Medikamente, die der Soldat einnehme, auf dessen Verhalten nachteilige Auswirkungen hätten. Der Soldat engagiere sich auch im Personalrat und besitze die Befähigung zum Stabsoffizier. Das Dienstvergehen sei in der Einheit nur jenen bekannt geworden, die damit dienstlich befasst seien.
Der Soldat verfügt über das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Silber, das Leistungsabzeichen in Gold, das Deutsche Sportabzeichen in Silber und die Einsatzmedaille Kongo. Der Zentralregisterauszug vom 12. November 2012 weist keinen Eintrag aus. Das Disziplinarbuch vom 15. November 2012 weist förmliche Anerkennungen wegen vorbildlicher Pflichterfüllung in den Jahren 2002 und 2005 aus.
Der Soldat ist ledig und kinderlos. Er erhält Nettobezüge von etwa 2 900 €; seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet.
1. Das gerichtliche Disziplinarverfahren wurde nach Anhörung des Soldaten am 29. April 2010 mit Verfügung des ... vom 10. Juni 2010 eingeleitet. Die Verfügung führte die in der Anschuldigungsschrift unter den Ziffern 2, 4 und 5 beschriebenen Verhaltensweisen an. In der Ladung vom 17. Februar 2010 zur Anhörung wegen der Absicht, ein gerichtliches Disziplinarverfahren einzuleiten, waren alle Verhaltensweisen angesprochen, deretwegen der Soldat später angeschuldigt und am 29. April 2010 angehört wurde. Dies gilt auch für die Ladungen zum Schlussgehör (vom 19. August 2010 und 5. Januar 2011), welches am 25. Januar 2011 gewährt wurde.
Der Anhörung der Vertrauensperson hatte der Soldat am 29. April 2010 nach ordnungsgemäßer Belehrung widersprochen.
2. Mit Anschuldigungsschrift vom 2. Februar 2011 hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft dem Soldaten - soweit angesichts der erstinstanzlich ausgeklammerten Anschuldigungen noch bedeutsam - als schuldhafte Verletzung von Dienstpflichten zur Last gelegt:
"1. Der Soldat trat am 13.05.2009 während einer Fahrt im Rahmen der Politischen Bildung des ... nach Berlin/Potsdam, in der ...-Kaserne, ..., den Dienst nicht wie im Tagesdienstplan vorgesehen um 08:00 Uhr, sondern erst um ca. 08:45 Uhr an und äußerte nach seiner verspäteten Ankunft im Bus gegenüber den wartenden Teilnehmern der Bildungsfahrt der ... sinngemäß, es sei gut gewesen, dass er selbst und nicht die Teilnehmer zum befohlenen Zeitpunkt fehlen würden, sonst hätte er diesen eine Rüge erteilen müssen.
Der Soldat war erst am Morgen des 13.05.2009 zwischen 5.30 und 6.00 Uhr nach dem Besuch einiger Gaststätten in Berlin zur ...-Kaserne zurückgekehrt und musste durch einen untergebenen Soldaten geweckt werden. Er hätte wissen können und müssen, dass eine derart späte Rückkehr seinen pünktlichen Dienstantritt gefährdet.
2. Der Soldat äußerte am 01.10.2009 gegen 07:00 Uhr im Besprechungsraum der ..., in seiner Funktion als Kompaniechef des ... gegenüber Stabsunteroffizier Ko., dass er noch ein Bier wolle und sagte, als dieser antwortete, dass kein Bier mehr vorhanden sei, sinngemäß, dass es Aufgabe des Versorgungsunteroffiziers sei, ihm als Kompaniechef das zu besorgen, was er wolle, wobei er wusste oder zumindest hätte erkennen können und müssen, dass StUffz Ko. dies als Befehl auffasste. Obwohl der Dienstbeginn auf 07:00 Uhr festgelegt war und der Soldat erheblich alkoholisiert war, öffnete er gegen 07:40 Uhr im Besprechungsraum eine Flasche Bier, trank davon und bot Hauptfeldwebel Kr. eine noch ungeöffnete Flasche Bier an.
3. Während des Truppenübungsplatzaufenthaltes der ... auf dem Truppenübungsplatz ... hielt sich der Soldat von etwa 23.00 Uhr des 14.11.2009 bis etwa gegen 7.00 Uhr des 15.11.2009 in der Betreuungseinrichtung des Lagers ... auf. Nachdem er kurze Zeit vor 7.00 Uhr merklich alkoholisiert in der Betreuungseinrichtung eingeschlafen war, wurde er durch den ebenfalls noch anwesenden Kompaniefeldwebel geweckt und mit dem Fahrzeug zu seiner Unterkunft im Block 202 gefahren, wo er sich in Kenntnis der laufenden Vorbereitungen des I. und II. Zuges für die am Nachmittag beginnende Durchschlageübung bis etwa 14.00 Uhr schlafen legte.
Der als sein Fahrer eingeteilte OG Pe.
..."
3. Das Truppendienstgericht Nord hat mit Urteil vom 1. Juni 2011 gegen den Soldaten wegen eines Dienstvergehens ein Beförderungsverbot für die Dauer von vierundzwanzig Monaten verhängt. Mit Einverständnis der Beteiligten sind die Anschuldigungspunkte 4 und 5 ausgeklammert worden. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Soldaten sei vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Unschädlich sei, dass ihm die Einleitungsverfügung nicht bereits vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens im Entwurf vorgelegt worden sei. Ebenso begründe keinen Verfahrensfehler, dass die Einleitungsverfügung nicht sämtliche Vorwürfe enthalte, die Gegenstand der Anschuldigungsschrift geworden seien. Unschädlich sei des Weiteren, dass die Wehrdisziplinaranwaltschaft vor Unterzeichnung der Einleitungsverfügung Ermittlungen zu Umständen geführt habe, die bei der Einleitung des Disziplinarverfahrens unberücksichtigt geblieben seien.
Zur Überzeugung des Gerichts stehe fest, dass der Soldat durch seinen - unter Punkt 1 angeschuldigten - verspäteten Dienstantritt fahrlässig gegen die Pflicht verstoßen habe, der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen (§ 7 SG), die Dienstaufsicht pflichtgemäß auszuüben (§ 10 Abs. 2 SG) und der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Keine disziplinar relevante Pflichtwidrigkeit sei hingegen in der - ebenfalls unter Punkt 1 angeschuldigten - unpassenden Bemerkung des Soldaten zu sehen.
Ferner stehe fest, dass der Soldat - wie unter Anschuldigungspunkt 2 beschrieben - vorsätzlich sowohl dem Stabsunteroffizier Ko. den Befehl erteilt habe, ihm weiteres Bier zu besorgen, als auch dem Hauptfeldwebel Kr. angeboten habe, mit ihm während der Dienstzeit ein Bier zu trinken. Der Soldat habe dadurch gegen die Pflicht, die Dienstaufsicht pflichtgemäß auszuüben (§ 10 Abs. 2 SG), die Pflichten zur Fürsorge gegenüber Untergebenen (§ 10 Abs. 3 SG) und Befehle nur zu dienstlichen Zwecken zu erteilen (§ 10 Abs. 4 SG), die Rechte der Kameraden zu achten (§ 12 Satz 2 SG), und gegen die Pflicht verstoßen, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).
Darüber hinaus habe der Soldat - wie unter Punkt 3 angeschuldigt - sowohl durch das Ausschlafen seines Rausches als auch dadurch, seinem Fahrer ohne dienstliche Notwendigkeit zusätzliche Belastungen abverlangt zu haben, vorsätzlich gegen die Pflicht verstoßen, die Dienstaufsicht pflichtgemäß auszuüben (§ 10 Abs. 2 SG), der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG), und zudem habe er unkameradschaftlich gehandelt (§ 12 Satz 2 SG).
Die Bemessung der Disziplinarmaßnahme sei im Wesentlichen von der Erwägung getragen, dass der Schwerpunkt der Verfehlung in der Erteilung eines rechtswidrigen Befehls liege. Dies stelle eine ernstzunehmende Verfehlung dar, zumal die grundsätzliche Verpflichtung verkannt werde, Privates und Dienstliches streng zu trennen. Auch der Verstoß gegen die Fürsorgepflicht wiege nicht leicht, weil die Fürsorge zu den vornehmsten Pflichten eines Vorgesetzten gehöre. Die Beachtung der Kameradschaftspflicht sei nicht minder wichtig, da der Zusammenhalt in der Bundeswehr auf Kameradschaft beruhe. Auch die Verpflichtung zur Achtungs- und Vertrauenswahrung innerhalb des Dienstes sei keine bloße Nebenpflicht. Obwohl der unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Verstoß gegen die Dienstleistungspflicht wegen ihrer fahrlässigen Begehung und Kürze eher als geringfügig anzusehen sei, sei sie grundsätzlich geeignet, das Vertrauensverhältnis zwischen Dienstherrn und Soldaten nachhaltig zu stören. Erhebliche Bedeutung erlange bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme auch, dass der Soldat zum Zeitpunkt seiner Verfehlungen Kompaniechef und damit Disziplinarvorgesetzter gewesen sei, dem überdies die Führung einer Offizieranwärterkompanie oblegen habe. Die Auswirkungen des Fehlverhaltens seien beachtlich gewesen. Der Soldat habe überwiegend vorsätzlich gehandelt. Dem weitgehenden Geständnis des Soldaten sei keine mildernde Bedeutung beizumessen, weil er die Verfehlungen zwar grundsätzlich eingeräumt, Teile des Sachverhalts jedoch zu verschleiern und zu relativieren versucht habe. Mildernd wirkten sich indes die guten dienstlichen Leistungen des als engagiert und leistungsstark qualifizierten Soldaten aus. Zudem leide der Soldat an einem therapiebedürftigen Persönlichkeitsdefizit und unter seiner heimatfernen Verwendung. Ein Beförderungsverbot für vierundzwanzig Monate sei daher angemessen. Von einer zusätzlichen Kürzung der Bezüge sei abzusehen, weil sich das Beförderungsverbot bereits nachteilig auf den weiteren dienstlichen Werdegang des Soldaten ausgewirkt habe.
4. Gegen das ihm am 4. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Soldat am 3. August 2011 unbeschränkt Berufung eingelegt und unter Vorlage des Befundberichts des Facharztes für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. med. ... Ru. vom 12. Juli 2011 zur Begründung den Sachverhalt aus seiner Sicht geschildert, einzelne Tatsachenfeststellungen des Truppendienstgerichts bestritten, das Fehlen weiterer Feststellungen gerügt, die rechtliche Würdigung als Pflichtverletzungen in Zweifel gezogen, die Bemessungserwägungen angegriffen und Verfahrensfehler behauptet. In der Sache trägt er im Wesentlichen vor:
Mit seiner Äußerung gemäß Anschuldigungspunkt 1 habe er niemanden beleidigen wollen. Wie vorgesehen seien sie zum Museum gefahren, wo sie auch planmäßig angekommen seien. Soweit es das unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebene Verhalten betreffe, sehe er ein, dass er damit als Kompaniechef ein schlechtes Bild abgegeben habe. Er könne sich zwar nicht mehr erinnern, was damals genau passiert sei, sehe jedoch keinen Grund, an der Aussage des Hauptfeldwebels Kr. zu zweifeln. Er könne sich aber nicht vorstellen, dem Stabsunteroffizier Ko. energisch den Auftrag gegeben zu haben, ihm ein Bier zu besorgen, zumal jener ebenso die ganze Nacht im Besprechungsraum verbracht und Alkohol getrunken habe. Hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 3 sei anzumerken, dass an diesem Sonntag für keinen Soldaten der Kompanie Dienst um 07:00 Uhr befohlen gewesen sei. Der Kompaniefeldwebel habe ihn gefragt, ob er ihn zu seinem Unterkunftsgebäude fahren solle. Dort angekommen, habe er sich ins Bett gelegt und bis etwa 14:00 Uhr geschlafen. Weder über sein Dienstmobiltelefon noch sonst hätte jemand ihn zu erreichen versucht. Die Durchschlageübung, die in keinem Falle den Höhepunkt der Ausbildung dargestellt habe, habe für die ersten beiden Züge um 18:00 Uhr begonnen. Die wesentlichen Teile hätten von 20:00 Uhr bis 08:00 Uhr stattgefunden; hier sei er vor Ort gewesen. Insgesamt stelle er nicht in Abrede, dass er in der maßgeblichen Nacht betrunken gewesen sei. Er verwahre sich jedoch dagegen, dies im Bewusstsein getan zu haben, am nächsten Morgen wieder gebraucht zu werden. Die Vorwürfe würden auch teilweise auf Gerüchten beruhen, die von Untergebenen gestreut worden seien, denen er wegen seiner Akzentsetzung im Dienst Mehrarbeit bereitet habe. Das Gericht habe Zeugenaussagen falsch gewertet, seine Persönlichkeit und seine Leistungen unzureichend gewürdigt und die Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Akteneinsicht sei unvollständig gewährt und der Vertrauensschutz vernachlässigt worden. Anhörungen seien unzureichend gewesen. Die Vorwürfe der Einleitungsverfügung hätten nicht ausgeweitet werden dürfen.
5. In der Berufungshauptverhandlung hat der Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts der Einstellung des Verfahrens nach § 108 Abs. 3 Satz 2 WDO zugestimmt und erklärt, die unter Punkt 1 angeschuldigte Äußerung nicht für disziplinar relevant zu halten; der Verteidiger des Soldaten hat die Rüge eines fehlerhaften Verfahrens nicht mehr aufrecht erhalten.
Das vom Soldaten durch seine gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 und 2 WDO frist- und formgerecht sowie uneingeschränkt eingelegte Berufung fortgesetzte gerichtliche Disziplinarverfahren war mit Zustimmung des Bundeswehrdisziplinaranwalts nach § 108 Abs. 3 Satz 2 WDO einzustellen. Zwar erbrachte das fehlerfrei durchgeführte Disziplinarverfahren (1.) den Nachweis eines Dienstvergehens (2.); die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme war jedoch nicht mehr angebracht (3.).
1. Die vom Soldaten zunächst behaupteten, in der Berufungshauptverhandlung indes nicht weiter verfolgten Verfahrensfehler liegen nicht vor.
Dem Soldaten wurde im gesetzlich vorgesehenen Umfang rechtliches Gehör gewährt. Er erhielt sowohl gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 WDO vor Zustellung der Einleitungsverfügung am 29. April 2010 als auch gemäß § 97 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 WDO nach Abschluss der Ermittlungen Gelegenheit, sich zu Pflichtverletzungen, die später Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens waren, zu äußern (vgl. Beschluss vom 29. November 2012 - BVerwG 2 WD 8.12 - juris Rn. 22 ff.). Weitere Anhörungsrechte standen ihm weder nach der WDO noch zur Gewährleistung eines rechtsstaatlichen Verfahrens zu. Ebenso wenig besteht ein Recht des Soldaten darauf, dass ihm bereits der Entwurf einer Einleitungsverfügung vorgelegt wird.
Keinen Verfahrensfehler begründet des Weiteren, dass die in der Anschuldigungsschrift behaupteten - fünf - Pflichtverletzungen über die in der Einleitungsverfügung beschriebenen - drei - Dienstpflichtverletzungen hinausreichen. Die Wehrdisziplinarordnung verlangt keine Identität zwischen Einleitungsverfügung und Anschuldigungsschrift. Die Einleitungsverfügung bestimmt weder den Umfang des Verfahrens, noch braucht sie - anders als die Anschuldigungsschrift - den disziplinaren Vorwurf im Einzelnen darzulegen (vgl. Urteil vom 13. September 2011 - BVerwG 2 WD 15.10 - juris Rn. 23 ff.). Das einmal eingeleitete gerichtliche Disziplinarverfahren kann ohne Ergänzung oder eine weitere Einleitungsverfügung auf Vorwürfe ausgedehnt werden, die nicht bereits Gegenstand der Einleitungsverfügung waren (Urteil vom 26. Juni 1986 - BVerwG 2 WD 53.85 -). Dies folgt namentlich aus § 99 Abs. 2 WDO, der die Einbeziehung neuer Pflichtverletzungen im bereits anhängigen gerichtlichen Disziplinarverfahren unter gänzlichem Verzicht auf eine insoweit neue Einleitungsverfügung zulässt.
Ebenso wenig hätte einen Verfahrensfehler begründet, wenn ein früherer Disziplinarvorgesetzter des Soldaten diesem gegenüber geäußert hätte, dass er es bei einer Verwarnung oder Zurechtweisung belassen wolle. Selbst dies hätte der Einleitung und Durchführung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 WDO nicht entgegen gestanden (vgl. Urteile vom 24. Mai 2012 - BVerwG 2 WD 19.11 - juris Rn. 26 m.w.N. und vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 WD 14.03 -).
2. Ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG liegt vor, da der Soldat seine Pflichten schuldhaft verletzt hat.
a) Auf der Grundlage der Einlassungen des Soldaten in der Berufungshauptverhandlung, in der er die erstinstanzlichen Feststellungen bestätigt und insbesondere nicht mehr die Kenntnis des von ihm selbst erlassenen Tagesdienstplans in Abrede gestellt hat, sowie des in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Tagesdienstplanes (Befehl des Kompaniechefs vom 25. Februar 2009), der "08:00" als Dienstbeginn aufweist, steht zur Überzeugung des Senats zum Anschuldigungspunkt 1 fest:
aa) Der Soldat hat am 13. Mai 2009 den Dienst nicht wie geboten um 8:00 Uhr, sondern mindestens dreißig Minuten später angetreten und darüber hinaus den im Bus wartenden Teilnehmern gegenüber geäußert, es sei gut gewesen, dass er selbst und nicht sie zum befohlenen Zeitpunkt gefehlt hätten, sonst hätte er ihnen eine Rüge erteilen müssen.
bb) Der Soldat handelte auch schuldhaft. Soweit es seine Äußerung im Bus anlässlich seiner Verspätung betrifft, handelte er vorsätzlich, soweit es den verspäteten Antritt zum Dienst betrifft, fahrlässig.
Ein fahrlässiges Handeln liegt dann vor, wenn der Täter eine objektive Pflichtwidrigkeit begeht, die er nach seinen subjektiven Kenntnissen und Fähigkeiten hätte vorhersehen und vermeiden können (vgl. Urteile vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 WD 13.09 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 54 Rn. 23 und vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 WD 14.03 - BVerwGE 120, 166 <174>). Der Soldat hat in der Berufungsverhandlung seine Aussage vor dem Truppendienstgericht bestätigt, am 13. Mai 2009 nach Alkoholgenuss und in Kenntnis des Dienstbeginns 8:00 Uhr erst um 6:00 Uhr wieder in der Unterkunftsstube gewesen zu sein, wobei er zwar den Wecker des Handys gestellt, dieser aber nicht funktioniert habe. Dass der Soldat darüber hinaus einen Kameraden gebeten hätte, ihn rechtzeitig zu wecken, hat er nicht behauptet. Ob dieser Umstand allein Fahrlässigkeit begründet, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls hat der Soldat zusätzlich erklärt, mit Gehörschutz geschlafen zu haben, wodurch er ein rechtzeitiges Aufwachen zusätzlich erschwerte und nicht die ihm obliegende Sorgfalt obwalten ließ (vgl. § 276 Abs. 2 BGB).
cc) Mit dem verspäteten Antritt zum Dienst verstieß der Soldat gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), da sie die Pflicht zur Anwesenheit und gewissenhafter Dienstleistung einschließt (Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 5 m.w.N.). Die Verletzung dieser Pflicht berührt nicht nur die Einsatzbereitschaft der Truppe, sondern erschüttert auch die Grundlagen des Dienstverhältnisses selbst (Urteil vom 4. September 2009 - BVerwG 2 WD 17.08 -).
Darüber hinaus verstieß er mit seiner Abwesenheit gegen die ihm als Kompaniechef zuvörderst obliegende Pflicht zur Ausübung der Dienstaufsicht gegenüber den ihm unterstellten Soldaten (§ 10 Abs. 2, Alt. 1 SG, Nr. 202 ZDv 10/5; zur Kernpflicht des Kompaniefeldwebels: Urteil vom 17. Juni 2003 - BVerwG 2 WD 2.02 - NZWehrr 2004, 83). Dem Rechtsverstoß steht nicht entgegen, dass er damit zugleich § 7 SG zuwider handelte. Soweit der Senat im Urteil vom 19. Februar 1997 festgestellt hat, ein Soldat könne durch die Verletzung von Dienstpflichten nicht zugleich auch gegen die Pflicht zur Dienstaufsicht verstoßen (- BVerwG 2 WD 27.96 - BVerwGE 113, 63 <64> = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 27), betonte er damit lediglich den Grundsatz, dass keine gegen sich selbst gerichtete Pflicht zur Dienstaufsicht besteht (vgl. Urteil vom 21. Februar 1986 - BVerwG 2 WD 9.85 - juris). Dies bedeutet nicht, dass einem im Verhältnis zu Dritten begangenen Verstoß gegen § 10 Abs. 2, Alt. 1 SG dann kein eigenständiger Verfehlungsgehalt mehr beizumessen ist, wenn mit derselben Handlung zugleich ein Verstoß gegen andere soldatische Pflichten einhergeht. Da mit der Abwesenheit vom Dienst auch nicht zwangsläufig eine Verletzung der Pflicht zur Ausübung einer pflichtgemäßen Dienstaufsicht korrespondiert, wird der Verstoß gegen § 10 Abs. 2, Alt. 1 SG durch den weiteren Verstoß gegen § 7 SG nicht konsumiert; dies widerspräche zudem der besonderen Bedeutung der Dienstaufsicht wie sie namentlich durch § 41 WStG Ausdruck findet.
Jeder Verstoß eines Soldaten gegen eine gesetzliche Dienstpflicht enthält zudem einen Verstoß gegen § 17 Abs. 2 SG, wenn dem festgestellten Verhalten unabhängig von den anderen Pflichtenverstößen die Eignung zur Ansehensminderung innewohnt. Dies ist schon dann der Fall, wenn er Zweifel an seiner Zuverlässigkeit weckt oder die Eignung des Soldaten für die jeweilige Verwendung in Frage stellt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (vgl. Urteil vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 - m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind durch den verspäteten Dienstantritt des Soldaten erfüllt, der selbst die Situation als ausgesprochen peinlich und damit als ansehensschädlich beschrieben hat.
dd) Soweit der Soldat nach eigenem Bekunden aus dem Gefühl gerade dieser Peinlichkeit heraus den ihm unterstellten Soldaten gegenüber geäußert hat, sie könnten froh sein, dass nicht sie zu spät gekommen seien, fehlte dem - wie in der Berufungshauptverhandlung der Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts eingeräumt und das Truppendienstgericht bereits festgestellt hat - auch nach Auffassung des Senats disziplinarische Relevanz. Denn die Äußerung ist weder strafrechtlich relevant noch eine Verletzung der Kameradschaftspflicht.
b) Auf der Grundlage der teilweise geständigen Einlassung des Soldaten sowie der Aussagen der Zeugen Hauptfeldwebel Kr., Stabsunteroffizier Ko., Stabsfeldwebel Po. sowie Hauptmann G. und des durch Verlesen in das Verfahren eingeführten Dienstplanes der ... vom 24. September 2009 für die 40. Kalenderwoche steht zur Überzeugung des Senats hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 2 fest:
aa) Der Soldat hat in den Morgenstunden des 1. Oktober 2009 im Besprechungsraum der ... dem Stabsunteroffizier Ko. in betrunkenem Zustand wissentlich und willentlich zweimal mit dem Anspruch auf Gehorsam die Anweisung erteilt, ihm ein Bier zu besorgen. Darüber hinaus hat er dem Stabsunteroffizier gegenüber geäußert, als Versorgungsunteroffizier sei er seinem Chef gegenüber dazu verpflichtet.
Dieser Sachverhalt steht zur Überzeugung des Senats fest, nachdem der Soldat in der Berufungshauptverhandlung erklärt hat, am Morgen des 1. Oktober 2009 betrunken gewesen zu sein und er nicht in Abrede stelle, dies dem Stabsunteroffizier Ko. gesagt haben zu können; er habe vielmehr Angst vor der Vorstellung, dies tatsächlich gesagt zu haben. Der Stabsunteroffizier Ko. hat ausweislich seiner - mit Einverständnis der Beteiligten durch Verlesen in die Verhandlung eingeführten - Vernehmungen vom 22. Januar 2010 und 1. Dezember 2009 das angeschuldigte Verhalten bestätigt, ohne dass für den Senat ein irgendwie geartetes Belastungsmotiv des Zeugen erkennbar geworden wäre. Dem Verhalten des Zeugen in der Berufungshauptverhandlung war vielmehr das Bestreben zu entnehmen, den Soldaten nicht mehr durch Aussagen belasten zu wollen, deren Richtigkeit er angesichts des großen zeitlichen Abstandes zwischen Tatzeitpunkt und Berufungshauptverhandlung zum Zeitpunkt der Berufungshauptverhandlung nicht mehr zusichern konnte. Hinweise darauf, dass die früheren Aussagen des Zeugen nicht wahrheitsgemäß gewesen sein könnten, lagen nicht vor.
Zur Überzeugung des Senats steht ferner fest, dass der Soldat dem Stabsunteroffizier Ko. die Anweisung auch mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt hat.
In der Berufungshauptverhandlung hat der Stabsunteroffizier sich zwar nicht mehr definitiv dazu äußern können, wie er die Aufforderung seinerzeit empfunden habe, jedoch betont, es hänge von den Umständen ab, wie man eine solche Aufforderung eines Vorgesetzten deute; von Bedeutung sei namentlich, zu welcher Tageszeit sie geäußert und ob man in kameradschaftlichem Kontext dazu aufgefordert werde. Ob hiernach schon aus der Sicht des Zeugen keine rechtlich unverbindliche Bitte eines Kameraden vorgelegen hat, weil der Zeuge in den frühen Morgenstunden und jenseits einer gemeinsamen Festivität von seinem Kompaniechef aufgefordert wurde, Bier zu holen, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls folgt der Befehlscharakter der Aufforderung aus seinen früheren in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Aussagen. Vor dem Truppendienstgericht hat er keinen Zweifel daran gelassen, die Aufforderung - zumal der Soldat "damals neu" gewesen sei - als Befehl aufgefasst zu haben, auch weil er vom Soldaten "in strengem Ton" dazu aufgefordert worden sei. Zudem hat er in der Vernehmung vom 22. Januar 2010 ausgesagt, die "in einem recht aggressiven Tonfall" geäußerte Aufforderung des Soldaten habe er als Befehl aufgefasst. Dass es sich auch aus der für die rechtliche Würdigung maßgeblichen Sicht eines objektiven Dritten nicht um eine für den Stabsunteroffizier trotz des Vorgesetzten-Untergebenen-Verhältnisses rechtlich unverbindliche, kameradschaftliche Bitte des Soldaten gehandelt hat, wurde fernerhin zum einen daran deutlich, dass der Zeuge dem Soldaten ein Bier besorgte, obwohl der ihm ebenfalls vorgesetzte Zeuge Oberstabsfeldwebel Po. zuvor eindeutig geäußert hatte, es werde kein Bier mehr ausgeschenkt. Zum anderen hat der Zeuge Oberstabsfeldwebel Po. in der Berufungshauptverhandlung ausgesagt, (jedenfalls) nach der zweiten Aufforderung des Soldaten an den Zeugen Stabsunteroffizier Ko. habe (auch) er keinen Zweifel mehr daran gehabt, dass der Soldat diesem gegenüber einen Befehl erteilt habe. Diese Zweifel waren nach den geschilderten Umständen objektiv auch nicht veranlasst.
Der Soldat hat mit den festgestellten Verhaltensweisen vorsätzlich gegen das Verbot verstoßen, Befehle nur zu dienstlichen Zwecken zu erteilen, § 10 Abs. 4 SG (Urteil vom 19. Februar 2004 - BVerwG 2 WD 14.03 -).
Dass der Soldat mit der Anweisung keinen dienstlichen Zweck verfolgte, ist offensichtlich. Die von den Zeugen beschriebenen Tatumstände belegen darüber hinaus, dass auch ein Befehl im Sinne des § 2 Nr. 2 WStG vorlag, weil der Soldat vom Zeugen Stabsunteroffizier Ko. seinerzeit Gehorsam eingefordert hat. Das Soldatengesetz definiert den Begriff "Befehl" nicht, sondern setzt ihn mit dem Inhalt, wie er in § 2 Nr. 2 WStG normiert ist, voraus (stRspr, vgl. Beschluss vom 8. November 1990 - BVerwG 1 WB 86.89 - BVerwGE 86, 349 und Urteil vom 21. Juni 2005 - BVerwG 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 = Buchholz 236.1 § 11 SG Nr. 1). Danach ist als Befehl eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten anzusehen, die ein militärischer Vorgesetzter (§ 1 Abs. 3 SG) einem (militärischen) Untergebenen schriftlich, mündlich oder in sonstiger Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt. Dabei ist nicht erforderlich, dass vom Anweisenden der Ausdruck "Befehl" verwendet wird (Beschluss vom 12. Oktober 1983 - BVerwG 1 WB 128.82 - BVerwGE 76, 122). Maßgeblich ist der Erklärungsgehalt nach dem Empfängerhorizont eines objektiven Betrachters (sog. objektivierter Empfängerhorizont gemäß §§ 133, 157 BGB, vgl. Urteil vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 WD 12.06 - Buchholz 449 § 10 SG Nr. 58 Rn. 65). Stabsunteroffizier Ko. sah sich durch die zweifache Anweisung nicht nur gezwungen, den im Widerspruch dazu stehenden Befehl des Oberstabsfeldwebels Po., des Kompaniefeldwebels der ..., zu ignorieren; auch Oberstabsfeldwebel Po. hat ausgeführt, jedenfalls nach der zweiten Anweisung von einem Befehl des Soldaten ausgegangen zu sein. Dieser subjektiven Einschätzung der Soldaten stehen auch keine Umstände entgegen, die bei der für die rechtliche Einordnung allein maßgeblichen objektiven Sichtweise zu einem anderen Ergebnis führen müssten.
Der Soldat hat mit diesem Verhalten zugleich vorsätzlich gegen § 7 SG verstoßen, der die Loyalität zur Rechtsordnung (Urteil vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 WD 33.11 -
Einher ging damit ferner ein vorsätzlicher Verstoß gegen den bereits im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 1 beschriebenen Tatbestand des § 17 Abs. 2 Satz 1 SG, da der Befehl zwar vor Dienstbeginn um 07:00 Uhr erteilt worden sein mag, jedoch innerhalb dienstlicher Unterkünfte.
bb) Auf der Grundlage der teilweise geständigen Einlassungen des Soldaten, der Aussagen des Zeugen Hauptfeldwebel Kr. und des durch Verlesen in die Verhandlung eingeführten Tagesdienstplanes vom 24. September 2009 steht zur Überzeugung des Senats ebenso fest, dass der Soldat in angetrunkenem Zustand am 1. Oktober 2009 nach Dienstbeginn 07:00 Uhr im Besprechungsraum der ... Hauptfeldwebel Kr. wissentlich und willentlich eine Flasche Bier angeboten hat. Hauptfeldwebel Kr., bei dem der Senat keinen gegen den Soldaten gerichteten Belastungseifer festzustellen vermochte, hat in der Berufungshauptverhandlung diesen Sachverhalt bestätigt und das Geschehen zeitlich auf 7:45 Uhr eingeordnet, womit es sich nach dem durch den Tagesdienstplan auf 7.00 Uhr festgesetzten Dienstbeginn zutrug. Dass der Zeuge erstinstanzlich 7:10 Uhr als Zeitpunkt angegeben hat, lässt seine Aussage in der Berufungshauptverhandlung nicht unglaubhaft werden, weil das Angebot des Soldaten nach beiden Aussagevarianten jedenfalls nach Dienstbeginn an ihn gerichtet wurde. Dies gilt umso mehr, als der Soldat in der Berufungshauptverhandlung selbst erneut erklärt hat, er glaube dem Zeugen, wenn dieser erkläre, von ihm eine Flasche Bier angeboten bekommen zu haben.
Der Soldat verstieß mit dem während der Dienstzeit an den Zeugen Hauptfeldwebel Kr. gerichteten Angebot, (mit ihm) Alkohol zu konsumieren, zumindest bedingt vorsätzlich gegen die Pflicht zur Fürsorge gegenüber Untergebenen. § 10 Abs. 3 SG beinhaltet die Pflicht eines jeden militärischen Vorgesetzten, Untergebene nach Recht und Gesetz zu behandeln. Der Untergebene muss unter anderem das - berechtigte - Gefühl haben, dass er vom Vorgesetzten nicht nur als Befehlsempfänger betrachtet wird, sondern dass dieser sich bei allen Handlungen und Maßnahmen vom Wohlwollen gegenüber dem jeweiligen Soldaten leiten lässt und er stets bemüht ist, ihn vor Schäden und unzumutbaren Nachteilen zu bewahren (vgl. etwa Urteil vom 16. März 2011 - BVerwG 2 WD 40.09 - juris Rn. 42). In Widerspruch zu dieser Verpflichtung steht, dass der Soldat durch das Angebot an den Hauptfeldwebel Kr. billigend dessen disziplinarische Verfolgung in Kauf genommen hat, weil dieser entgegen der ZDv 10/5 Nr. 403 während der Dienstzeit Alkohol konsumiert hätte (vgl. zur Rechtsqualität der ZDv 10/5: Urteil vom 12. Oktober 2010 - BVerwG 2 WD 44.09 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 31). Auch wenn die Aufforderung vom Soldaten eher kameradschaftlich gemeint gewesen sein mag, erfolgte sie nicht in einem geselligen Umfeld, in dem die Vorgesetzteneigenschaft des Soldaten hätte zurücktreten können (vgl. Urteil vom 10. August 1994 - BVerwG 2 WD 24.94 - BVerwGE 103, 148 <155>).
Der Soldat verstieß zusätzlich ebenfalls bedingt vorsätzlich gegen die Verpflichtung, die Rechte der Kameraden zu achten (§ 12 Satz 2 SG), und zeigte ein Verhalten, das nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht wurde, die sein Dienst als Soldat erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG). Die gleichzeitige Verletzung der Fürsorge- und Kameradschaftspflicht schließen sich nicht aus (vgl. Urteil vom 21. Juli 1994 - BVerwG 2 WD 6.94 - BVerwGE 103, 144 <147>), und vom 16. März 2011 - BVerwG 2 WD 40.09 - juris Rn. 43).
cc) Ferner hat der Soldat in bereits angetrunkenem Zustand am 1. Oktober 2009 nach dem allgemeinen Dienstbeginn um 7.00 Uhr im Besprechungsraum der ... wissentlich und willentlich Alkohol in Form von Bier konsumiert. Bei objektiver Auslegung der Ziffer 2 der Anschuldigungsschrift war dem Soldaten auch dies vorgeworfen worden (zu den Bestimmtheitsanforderungen einer Anschuldigungsschrift: Urteil vom 21. Dezember 2010 - BVerwG 2 WD 13.09 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 54 Rn. 18).
Dies steht zur Überzeugung des Senats auf der Grundlage der Aussagen des Zeugen Hauptfeldwebel Kr. fest. Er hat in der Berufungshauptverhandlung auch insoweit ohne jeden Belastungseifer ausgesagt, der Soldat habe, als er ihm um etwa 7.45 Uhr ein Bier angeboten habe, eine Flasche in der Hand gehabt und daraus getrunken. Der Soldat verstieß somit vorsätzlich gegen die Pflicht zu treuem Dienen nach § 7 SG, da Alkohol im Dienst die Einsatzbereitschaft schmälert und Nr. 403, Abs. 2 der ZDv 10/5 es ausdrücklich zur Aufgabe der Vorgesetzten erklärt, den Alkoholmissbrauch in der militärischen Gemeinschaft zu vermeiden; zudem zeigte er kein Verhalten, mit dem er der Achtung und dem Vertrauen gerecht wurde, die sein Dienst als Soldat erforderte, § 17 Abs. 2 Satz 1 SG.
c) Auf der Grundlage der teilweise geständigen Einlassungen des Soldaten, der Aussagen der Zeugen Oberstabsfeldwebel Po., Hauptmann G., Hauptgefreiter der Reserve Pe., Hauptmann Buf., dessen erstinstanzliche Aussage durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführt wurde, und des durch Verlesen in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Befehls für die Ausbildung der ... für die Zeit vom 9. bis 18. November 2009 steht hinsichtlich des Anschuldigungspunktes 3 fest:
aa) Nachdem der Soldat am 15. November 2009 gegen 6:30 Uhr stark alkoholisiert in der Betreuungseinrichtung des Lagers ... angekommen war, legte er sich wissentlich und willentlich - unterbrochen durch ein Wachwerden um 10:00 Uhr und 12:00 Uhr - bis 14:00 Uhr schlafen, wobei er sein Handy eingeschaltet ließ. Anschließend korrigierte er auf seiner Stube bis etwa 16:00 Uhr Klausuren und suchte sodann das Geschäftszimmer auf. Während des Truppenübungsplatzaufenthaltes der ... auf dem Truppenübungsplatz ... war nach dem Dienstplan für die Ausbildung der ... vom 2. November 2009 für diesen Tag im Rahmen einer Durchschlageübung ab 13:00 Uhr Gefechtsdienst für alle Truppen und als Leitender der Soldat als Kompaniechef vorgesehen. Der allgemeine Dienstbeginn war am Vortag im Rahmen einer Besprechung der Teileinheitsführer mit dem Soldaten abends gegen 20:00 Uhr auf spätestens 9:00 Uhr festgelegt worden.
Der Soldat war am Morgen des 15. November 2009 gestützt vom Zeugen Oberstabsfeldwebel Po. zur Unterkunft gefahren worden, nachdem der Soldat zuvor bei einer Zugfeier alkoholisiert eingeschlafen und von diesem Zeugen geweckt worden war. Oberstabsfeldwebel Po. hatte dem Soldaten angeboten, ihn zur Unterkunft zu fahren, weil er der Auffassung war, dass ein alkoholbedingt torkelnder Chef für andere Soldaten kein gutes Bild abgegeben hätte. Am Morgen des 15. November 2009 wurde vom Zeugen Hauptmann G. nach dem Soldaten gefragt. Die Teileinheitsführer des 3. und 4. Zuges waren überrascht, dass der Soldat am 15. November 2009 bei der Abfahrt der Busse zur Durchschlageübung des 1. und 2. Zuges um 13.00 Uhr nicht zugegen war. Sie vermissten den Soldaten als Kompaniechef; bedurften seiner Mithilfe aber nicht zwingend.
Der Soldat hat in der Berufungshauptverhandlung zwar ausgesagt, am 15. November 2009 bis 13:00 Uhr oder 14:00 Uhr geruht zu haben, erstinstanzlich hatte er sich jedoch auf 14:00 Uhr festgelegt. Der Senat legt die Zeitangabe des Soldaten "14:00 Uhr" zugrunde, weil sie auf einer Aussage beruht, die zeitlich näher zum Zeitpunkt des Dienstvergehens lag und auch kein dezidierter Widerspruch ("oder") zwischen der aktuellen und der früheren Aussage vorliegt. Zudem hat er auch noch in seiner Berufungsschrift angegeben, bis ca. 14.00 Uhr geschlafen zu haben.
Der Soldat hat mit seinem Verhalten vorsätzlich gegen die Pflicht zur Dienstaufsicht verstoßen, § 10 Abs. 2, Alt. 1 SG. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob am 15. November 2009 diese Pflicht bereits ab 8.30 bzw. 9.00 Uhr bestanden hat. Da der Soldat ausweislich des Dienstplans für die Ausbildung der ... vom 2. November 2009 ab 13.00 Uhr Leiter des "Gefechtsdienstes aller Truppen" war, hätte er sich zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Dienstaufsicht spätestens zu diesem Zeitpunkt zumindest in einem Zustand befinden müssen, in dem er im Falle des Weckens körperlich wie geistig präsent gewesen wäre.
Zusätzlich begründet dies einen vorsätzlichen Verstoß gegen § 7 SG in Verbindung mit Nr. 403 ZDv 10/5. Danach hat ein Soldat dafür Sorge zu tragen, dass er seinen Dienst nüchtern antreten und ableisten kann. Tatsächlich schlief der Soldat am 15. November 2009 nach einer durchzechten Nacht in stark alkoholisiertem Zustand seinen Rausch aus und erklärte - wie bereits erstinstanzlich ausgesagt - zum Schwerpunkt seiner Tätigkeit an diesem Tag das Korrigieren von Klausuren bis 16:00 Uhr, obwohl er ab 13.00 Uhr wieder hätte Dienstaufsicht führen können müssen.
Einher ging mit den Verstößen gegen § 10 Abs. 2, Alt. 1 und § 7 SG ein vorsätzlicher Verstoß gegen die Wohlverhaltenspflicht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG. Die Verletzung der Grundpflicht aus § 7 SG tritt vorliegend nicht hinter die sonstigen Verstöße zurück, da diese Spezialvorschriften sich vorliegend nicht zwingend mit § 7 SG überschneiden (vgl. Urteil vom 20. Mai 1981 - BVerwG 2 WD 9.80 - BVerwGE 73, 187 <190 f.>).
bb) Obwohl nach der Besprechung mit den Teileinheitsführern am Abend des 14. November 2009 nach 20:00 Uhr feststand, dass allgemeiner Dienstbeginn am 15. November 2009 nicht bereits 7:00 Uhr, sondern erst 8:30 oder 9:00 Uhr sein würde, setzte der Soldat den Zeugen Hauptgefreiter der Reserve Pe. nicht darüber in Kenntnis, so dass dieser sich ab 7:00 Uhr als Fahrer bereit hielt bis ihm Oberstabsfeldwebel Po. gegen etwa 10:00 Uhr gestattete, sich auszuruhen, obwohl er zumindest erkennen konnte und musste, dass ihm dies oblegen hätte.
Der Hauptgefreite der Reserve Pe. hat in der Berufungshauptverhandlung ausgesagt, er wisse noch, dass er am Morgen des 15. November 2009 auf den Soldaten gewartet habe, an Details erinnere er sich allerdings nicht mehr; er wisse aber noch, früh aufgestanden zu sein und gewartet zu haben. Den Befehl für die Fahrt habe er nach der letzten Fahrt am Vortag bekommen; um welche Uhrzeit dies gewesen sei, wisse er nicht mehr. Ebenso wisse er nicht mehr, wo er gewartet habe. Anweisungen habe er immer vom Soldaten persönlich bekommen. Der "Spieß" habe ihm am Morgen des 15. November 2009 gesagt, er solle sich noch mal hinlegen, der Chef würde später kommen. Vor dem Truppendienstgericht hatte es der Zeuge allerdings für möglich gehalten, dass der Soldat ihm nicht ausdrücklich befohlen habe, sich um 7:00 Uhr bereitzuhalten, weil Dienstbeginn regelmäßig um 7:00 Uhr gewesen sei. Oberstabsfeldwebel Po. wiederum hat bestätigt, den Hauptgefreiten der Reserve am Morgen des 15. November 2009 - die genaue Uhrzeit sei ihm nicht mehr präsent - wartend angetroffen und ihm gestattet zu haben, sich schlafen zu legen, damit er in der nächsten Nacht ausgeschlafen Dienst verrichten könne. Der Soldat selbst hat ausgesagt, eventuell habe sein Teileinheitsführer dem Hauptgefreiten der Reserve nach der abendlichen Besprechung am 14. November 2009 nicht mitgeteilt, dass der Fahrzweck am 15. November 2009 entfallen sei. Es wäre jedenfalls "hirnrissig" gewesen, den Hauptgefreiten der Reserve gleichwohl für 07:00 Uhr zu befehlen.
Mit seinem Verhalten verstieß der Soldat gegen die von ihrem Inhalt her bereits im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 2 dargelegte Fürsorgepflicht nach § 10 Abs. 3 SG. Indem er es unterließ, den Hauptgefreiten der Reserve Pe. über den abgeänderten Dienstzeitbeginn am 15. November 2009 zu informieren oder informieren zu lassen, legte er ihm Belastungen auf, die nicht dienstlich geboten und somit unzumutbar waren. Dies geschah indes nur fahrlässig und nicht vorsätzlich, weil keine Umstände dafür erkennbar waren, dass der Soldat es zumindest billigend in Kauf genommen hätte, den Hauptgefreiten der Reserve über das dienstlich gebotene Maß hinaus zu belasten.
Darüber hinaus verstieß er fahrlässig gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 2 SG, welche auch durch fahrlässiges Verhalten verletzt werden kann (Urteil vom 15. April 1977 - BVerwG 2 WD 34.76 - BVerwGE 53, 272 <275>).
3. Trotz des erwiesenen Dienstvergehens war es nicht mehr angebracht, eine Disziplinarmaßnahme zu verhängen.
§ 108 Abs. 3 Satz 2 WDO ermächtigt ("kann") das Gericht, das gerichtliche Disziplinarverfahren auch dann einzustellen, wenn zwar nicht bereits zwingende Einstellungsgründe im Sinne des § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO vorliegen (vgl. Urteil vom 27. Januar 2011 - BVerwG 2 WD 39.09 - Buchholz 450.2 § 108 WDO 2002 Nr. 1), ihm jedoch die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme nicht mehr "angebracht" erscheint und auch die Wehrdisziplinaranwaltschaft sich dem nicht verschlossen hat. Der Begriff des "Angebrachtseins" eröffnet den Weg zu einer Opportunitätsentscheidung in Abwägung der Gründe in der Person des Soldaten, der Art und Weise des Dienstvergehens und seinen Auswirkungen mit den Interessen des Dienstherrn an der Aufrechterhaltung der Disziplin in den Streitkräften (Dau, Wehrdisziplinarordnung, Kommentar, 5. Aufl. 2009, § 108 Rn. 10).
Es ist angebracht, von der Verhängung einer Disziplinarmaßnahme abzusehen, wenn die Auswirkungen des Disziplinarverfahrens bereits eine pflichtenmahnende Wirkung gezeitigt haben, die das Maß der Pflichtenmahnung der an sich gebotenen Maßnahme erreichen und auch unter generalpräventiven Aspekten den Zwecken des Verfahrens genüge tun.
a) Bei der Bestimmung von Art und Maß der konkreten Maßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.
aa) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung, das heißt nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen des Soldaten, dessen Schwerpunkte - schon unabhängig von der Frage seiner Strafbarkeit (Urteil vom 3. Juli 2007 - BVerwG 2 WD 12.06 - juris Rn. 85) - im wiederholten Erteilen eines rechtswidrigen Befehls zu nichtdienstlichen Zwecken (Anschuldigungspunkt 2, Unterpunkt 1) sowie in der ebenfalls vorsätzlichen Nichtausübung der Dienstaufsicht (Anschuldigungspunkt 3, Unterpunkt 1) liegen, durchaus bereits schwer. Dabei ist zu beachten, dass das missbräuchliche Erteilen eines rechtswidrigen Befehls strafrechtlich relevant ist, der Soldat vom Anschuldigungspunkt 1, Unterpunkt 2 (Äußerung im Bus) indes vollständig freizustellen war. Die Schwere des Dienstvergehens wird ferner dadurch bestimmt, dass der Soldat als Hauptmann in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 10 Abs. 1 SG) und er Chef einer Kompanie war, in der der Offiziernachwuchs ausgebildet wurde (zur Vorgesetztenstellung: Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - juris Rn. 30
Beweggründe, die die Pflichtverletzungen des Soldaten in einem milderen Licht erscheinen lassen würden, liegen nicht vor.
Das Dienstvergehen zeitigte auch beachtliche Auswirkungen. Die Pflichtverletzungen ließen erhebliche Zweifel der ihm unterstellten Soldaten - namentlich der Zugführer - an seiner Integrität aufkommen und führten zur zeitnahen Versetzung des Soldaten.
Das Maß der Schuld wird dadurch bestimmt, dass der Soldat zwar überwiegend vorsätzlich, zum Teil aber nur fahrlässig handelte, wodurch sich die Schwere des Dienstvergehens reduziert, da sich jede pauschale Gleichstellung fahrlässiger Pflichtverletzungen mit vorsätzlich begangenen verbietet (Urteil vom 14. April 2011 - BVerwG 2 WD 7.10 - NZWehrr 2012, 35 <37> = juris Rn. 14).
Obgleich alle Pflichtverletzungen - zumindest mittelbar - im Zusammenhang mit einem erheblichen Alkoholkonsum des Soldaten standen, kann er sich nicht erfolgreich auf eine alkoholbedingte Enthemmung, namentlich nicht auf eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB berufen. Die gemäß § 58 Abs. 7 in Verbindung mit § 38 Abs. 1 WDO vorgesehene Einbeziehung der Schuld bei der Bemessung der Maßnahme gebietet es zwar, § 21 StGB entsprechend anzuwenden. Die Norm stellt aber selbst bei einer erheblichen Verminderung der Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit die Minderung der Sanktion in das Ermessen des Gerichts. Es würde sein Ermessen jedoch nicht dem Zweck des Wehrdisziplinarrechts entsprechend ausüben, wenn es in die Würdigung des Dienstvergehens eine alkoholbedingte Enthemmung unabhängig davon mildernd einstellte, ob der Alkoholkonsum vom Soldaten zu verantworten war.
Zweck des Disziplinarrechts ist es, die Funktionsfähigkeit der Streitkräfte und die dafür erforderliche Disziplin, deren Wahrung § 17 Abs. 1 Alt. 1 SG ausdrücklich zur Dienstpflicht des Soldaten erklärt, aufrechtzuerhalten. Vor diesem Hintergrund bildet der Alkoholmissbrauch eine besonders schwere Gefahr für die Disziplin der Truppe, wie namentlich der Fall des Soldaten eindrücklich belegt. Dem entspricht, dass der Dienstherr den Soldaten während des Dienstes und der Dienstunterbrechungen den Genuss alkoholischer Getränke grundsätzlich verboten und es zur Aufgabe der Vorgesetzten erklärt hat, im Rahmen der Dienstaufsicht (nach § 10 Abs. 2 SG) gegen Alkoholmissbrauch in der militärischen Gemeinschaft einzuschreiten (Nr. 403 der ZDv 10/5). In Widerspruch zu dieser Zwecksetzung, die sich auf die gesetzgeberische Wertung insbesondere des § 17 Abs. 1 Alt. 1 SG stützen kann, stünde aber, eine alkoholbedingte Enthemmung wieder schuldmildernd in Ansatz zu bringen; dies käme einer Prämierung des Fehlverhaltens gleich (vgl. Urteil vom 30. Oktober 2012 - BVerwG 2 WD 28.11 - juris Rn. 43 m.w.N.).
Die Verfolgung dieses Zwecks steht auch nicht mit dem Schuldgrundsatz in Widerspruch, der nicht nur im Straf-, sondern auch im Disziplinarrecht mit Verfassungsrang besteht und in § 23 Abs. 1 SG vorausgesetzt wird (BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2008 - 2 BvR 313/07 - NVwZ 2008, 669 <670>). Ihm wird durch das Erfordernis Rechnung getragen, dass die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit bei Tatbegehung nicht aufgehoben waren und eine etwaige Verminderung dadurch kompensiert wird, dass sich der Soldat schuldhaft - also fahrlässig oder vorsätzlich - alkoholisiert und damit in einen Zustand versetzt haben muss, von dem allgemein und für Soldaten durch Nr. 403 der ZDv 10/5 in besonderem Maße bekannt ist, sich dadurch dem erhöhten Risiko von Regelverstößen auszusetzen. Ein an die Entschließungs- und Handlungsfreiheit des Soldaten anknüpfender Schuldvorwurf kann deshalb etwa dann nicht mehr erhoben werden, wenn der Soldat zum Zeitpunkt des Dienstvergehens an einer Alkoholerkrankung gelitten hat. In diesem Falle gebietet der umfassende Geltungsanspruch des aus Art. 2 Abs. 1 GG und dem Rechtsstaatsprinzip sowie der wertsetzenden Entscheidung des Art. 1 Abs. 1 GG folgenden Schuldprinzips, auch alkoholbedingte Enthemmungen im Vorstadium des § 21 StGB schuldmildernd zu berücksichtigen (vgl. Urteil vom 27. Juli 2010 - BVerwG 2 WD 5.09 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 30).
Hiernach steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Soldat seine seinerzeitige Alkoholisierung selbst verschuldet hat. Sowohl sein Vorgesetzter Oberst Ro. als auch der Soldat selbst haben nicht vorgetragen, dass der Soldat an einer Alkoholerkrankung gelitten hat; dafür spricht auch, dass sich der Soldat nach eigenen Angaben keiner Entziehungskur unterzogen hat.
Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des Soldaten mindern könnten, sind nicht ersichtlich, insbesondere liegt keine einmalige persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten vor. Sie scheidet schon deshalb aus, weil der Soldat nicht einmalig, sondern wiederholt pflichtwidrig gehandelt hat.
Ebenso wenig vermochte der Senat eine körperliche oder seelische Ausnahmesituation zum Zeitpunkt des pflichtwidrigen Verhaltens im Jahr 2009 festzustellen (vgl. etwa Urteile vom 16. Dezember 2004 - BVerwG 2 WD 15.04 - und vom 1. März 2007 - BVerwG 2 WD 4.06 - juris). Der Senat hat zwar in der Berufungshauptverhandlung von dem Soldaten einen Eindruck gewonnen, der den fachärztlich getroffenen Aussagen im Attest vom 12. Juli 2011 über dessen psychische Konstitution entspricht; die Erkrankung des Soldaten lag zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzungen jedoch noch nicht vor. Der Soldat hat vielmehr selbst erklärt, erst als Folge des gerichtlichen Disziplinarverfahrens psychisch erkrankt zu sein.
Der zwischenzeitlich weder disziplinar noch strafrechtlich in Erscheinung getretene Soldat hat sich indes nachbewährt. Vor dem Hintergrund der ihn seelisch schwer belastenden Auswirkungen des Disziplinarverfahrens kommt dem besonderes Gewicht zu. Der Soldat hat trotz des gerichtlichen Disziplinarverfahrens in seinen Leistungen nicht nachgelassen, sondern sie auf seinem neuen Dienstposten so deutlich gesteigert, dass seine Vorgesetzten uneingeschränkt die Eignung zum Stabsoffizier und eine Perspektive oberhalb des Laufbahnzieles bekundet haben. Auch ist er der ihm seit 2012 erneut übertragenen Personalverantwortung gerecht geworden und hat sich das Vertrauen seiner Kameraden in Form der Wahl in den Personalrat wieder erarbeitet. Diese Nachbewährung wiederum ging mit einer grundsätzlichen Reue des Soldaten über sein Fehlverhalten einher. Die Einlassungen des Soldaten im Zusammenhang mit Anschuldigungspunkt 3, Unterpunkt 1, welche darauf abzielen, eine ordnungsgemäße Dienstaufsicht jener Soldaten anzuzweifeln, die ihn Pflichtwidrigkeiten bezichtigten, wertet der Senat insoweit als Versuch, das zwischenzeitlich erkannte Versagen dadurch auf ein für ihn seelisch erträgliches Maß zu reduzieren.
bb) Für die konkrete Bemessung der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme geht der Senat von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 WD 9.09 - juris).
aaa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen".
Der Verstoß gegen die Pflicht zur Dienstaufsicht (gemäß § 10 Abs. 2, Alt. 1 SG) nähert sich vorliegend in seiner Handlungsweise dem unerlaubten Fernbleiben vom Dienst, bei dem bei kürzerer unerlaubter Abwesenheit Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen grundsätzlich eine Dienstgradherabsetzung bildet (vgl. Urteil vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 WD 2.10 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 5 m.w.N.). Darüber hinaus weist die Pflichtverletzung des Soldaten Parallelen zu Fallkonstellationen auf, in denen durch den Konsum von - dort freilich illegalen - Rauschmitteln die Einsatzfähigkeit des Soldaten erheblich beeinträchtigt und er deshalb dem Dienst unerlaubt ferngeblieben war. Der Senat hat bei ihnen als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen grundsätzlich ein Beförderungsverbot, in schweren Fällen eine Dienstgradherabsetzung angenommen (Urteil vom 12. Oktober 2010 - BVerwG 2 WD 44.09 - NZWehrr 2011, 121 = juris Rn. 23, 43). Zudem bildet Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bei der Erteilung rechtswidriger Befehle, die der Inanspruchnahme von Personal zu privaten Zwecken dienten, je nach Gewicht des Dienstvergehens eine Gehaltskürzung und/oder ein Beförderungsverbot, in schweren Fällen eine Herabsetzung um einen oder mehrere Dienstgrade (Urteil vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 <31 f.>). Da der Soldat dem Dienst nicht unerlaubt ferngeblieben ist, sondern sich innerhalb dienstlicher Anlagen in einem nicht voll dienstfähigen Zustand befunden hat, der auch nicht auf dem Konsum illegaler Rauschmittel beruhte, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen hier das Beförderungsverbot.
bbb) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 WDO normierten Bemessungskriterien im konkreten Fall Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Verschärfung oder Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem anhand der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die "Eigenart und Schwere des Dienstvergehens" kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt oder in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich versagt hat. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des Zumessungskriteriums "Maß der Schuld" ist neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den Tatumständen in Betracht zu ziehen.
Hiernach liegt ein mittelschwerer Fall vor, der mit einer laufbahnhemmenden Maßnahme noch angemessen geahndet werden kann, eine solche aber auch grundsätzlich erfordert. Der Soldat hat zwar in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich versagt, dies jedoch nicht durchgehend vorsätzlich. Zudem bewegte sich die befohlene Inanspruchnahme der Person sowohl zeitlich als auch sachlich in kleinem Rahmen, wobei auch nicht ersichtlich wurde, dass während jenes Zeitraums vom Stabsunteroffizier Ko. deshalb dienstlich notwendige Verrichtungen zurückgestellt wurden. Ebenso steht fest, dass die Durchschlageübung durch die unterlassene Dienstaufsicht des Soldaten nicht nachhaltig beeinträchtigt wurde. Bei alledem hat sich der Soldat in einem ganz außerordentlichen Maße nachbewährt und in der Berufungshauptverhandlung Reue erkennen lassen.
b) Die Pflichtenmahnung eines allenfalls im mittleren Bereich zu bemessenden Beförderungsverbotes ist hier schon durch die Belastung des Verfahrens als solches, eine bereits entgangene Beförderung und ein schon eingetretenes faktisches Beförderungsverbot erreicht.
Das Bild, das der Senat in der Berufungshauptverhandlung vom Soldaten gewonnen hat, entspricht dem fachärztlich von ihm gezeichneten. Danach hat das gerichtliche Disziplinarverfahren den Soldaten in seinem Selbstwertgefühl derart erschüttert, dass er nachweislich seit Februar 2011 an einer schweren Depression, ausgelöst durch eine anhaltende berufliche Konfliktbelastung, leidet. Somit hat allein schon das gerichtliche Disziplinarverfahren beim Soldaten eine derart starke disziplinarische Wirkung gezeitigt, dass unter spezialpräventiven Gesichtspunkten kein Handlungsbedarf mehr besteht. Dies gilt namentlich für die allein in Rede stehende Disziplinarmaßnahme eines Beförderungsverbots für die Dauer von zwei Jahren.
Der Soldat sieht sich zudem seit Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens im Juni 2010 einem faktischen Beförderungsverbot ausgesetzt. Da er bereits seit April 2010 formal alle Voraussetzungen für eine Beförderung zum Major erfüllt, hat das Disziplinarverfahren als solches bereits Auswirkungen auf den dienstlichen Werdegang des Soldaten gezeitigt (vgl. dazu: Urteil vom 16. Februar 2012 - BVerwG 2 WD 7.11 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 9 Rn. 42). Der Zeitraum bis zum (nunmehr) rechtskräftigen Abschluss des gerichtlichen Disziplinarverfahrens reicht zudem mit gut zweieinhalb Jahren sechs Monate über den Zeitraum hinaus, den das Truppendienstgericht für angemessen erachtet hat. Hätte der Senat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, würde der Soldat damit im Ergebnis einem Beförderungsverbot unterworfen worden sein, das über den gesetzlichen Höchstzeitraum von (gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 WDO) vier Jahren hinausreichte. Zwar ist der Zeitraum der faktischen Beförderungssperre vorliegend nicht durch ein erfolgloses Rechtsmittel der Wehrdisziplinaranwaltschaft, sondern ausschließlich vom Soldaten verlängert worden (vgl. dazu Urteile vom 13. September 2011 - BVerwG 2 WD 15.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 33 Rn. 61, vom 16. Februar 2012 - BVerwG 2 WD 7.11 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 9 Rn. 42, und vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 WD 29.11 - Rn. 95); der Senat berücksichtigt jedoch insoweit zugunsten des Soldaten, dass die bereits für September 2012 anberaumte Berufungshauptverhandlung aus Gründen aufgehoben wurde, die in der Sphäre des Gerichts lagen.
Da die Pflichtverletzungen bereits mehr als drei Jahre zurückliegen und sowohl durch die Versetzung des Soldaten als auch durch das gerichtliche Disziplinarverfahren deutlich wurde, dass der Dienstherr Pflichtverletzungen der vom Soldaten begangenen Art grundsätzlich nicht duldet, werden durch die Einstellung des Verfahrens auch generalpräventive Erwägungen nicht vernachlässigt (vgl. Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 2 WD 13.07 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 25 Rn. 55).