Entscheidungsdatum: 08.12.2010
1. Ein schwerer Mangel des Verfahrens im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 und des § 121 Abs. 2 WDO (juris: WDO 2002) ist - unabhängig von der Auswirkung des Fehlers auf den Ausgang des Berufungsverfahrens - auch dann gegeben, wenn eine vom Gesetzgeber als zwingend ausgestaltete Verfahrensvorschrift, d.h. nicht nur eine reine Ordnungsvorschrift, nicht beachtet wurde; das Gericht darf eine solche zwingende Vorschrift nicht "leerlaufen" lassen.
2. Es stellt einen schweren Mangel des (gerichtlichen) Verfahrens dar, der zur Zurückverweisung der Sache führt, wenn es der Vorsitzende des Truppendienstgerichts unterlassen hat, den Wehrdisziplinaranwalt gemäß § 99 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 WDO zur Beseitigung eines schweren (vorgerichtlichen) Verfahrensmangels - hier Unterbleiben der nach § 27 Abs. 2 SBG grundsätzlich vorgeschriebenen Anhörung der Vertrauensperson vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens - aufzufordern.
3. Ein bloßer "Verzicht" des Soldaten auf die Anhörung der Vertrauensperson gemäß § 27 Abs. 2 SBG ist nicht als Widerspruch im Sinne der Vorschrift zu werten.
Mit Verfügung vom 10. August 2007 war gegen die Soldatin auf Zeit im Dienstgrad eines Feldwebels das gerichtliche Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Eine vorherige Anhörung der Vertrauensperson fand nicht statt. Gemäß der Niederschrift über die Vernehmung der Soldatin vom 4. Juli 2006 hatte diese einer Anhörung ihrer Vertrauensperson ausdrücklich "nicht widersprochen". In ihrer Vernehmung vom 8. Mai 2007 wurde vermerkt, dass die Soldatin auf eine Anhörung der Vertrauensperson "verzichte".
Das Truppendienstgericht hat die Soldatin wegen eines schweren Dienstvergehens zum Gefreiten degradiert. Die dagegen beim Bundesverwaltungsgericht eingelegten Berufungen der Soldatin und der Wehrdisziplinaranwaltschaft haben antragsgemäß zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz geführt; in der Berufungshauptverhandlung hatte die Soldatin erklärt, der Anhörung der Vertrauensperson werde nicht widersprochen.
...
Die ... zulässigen Rechtsmittel der unbeschränkten und der maßnahmebeschränkten Berufung haben Erfolg und führen - in Übereinstimmung mit den Anträgen der Beteiligten in der Berufungshauptverhandlung - gemäß § 121 Abs. 2 WDO zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung, weil ein schwerer, aber behebbarer Mangel des Verfahrens vorliegt.
Nach der zuletzt genannten Vorschrift "kann" das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Truppendienstgerichts aufheben und die Sache an eine andere Kammer desselben oder eines anderen Truppendienstgerichts zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung zurückverweisen, wenn u.a. schwere Mängel des Verfahrens vorliegen. Ein schwerer Mangel des Verfahren im Sinne des § 121 Abs. 2 und des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO ist im Regelfall dann gegeben, wenn gegen eine Verfahrensvorschrift verstoßen worden ist, deren Verletzung schwerwiegend und für den Ausgang des Verfahrens (noch) von Bedeutung ist. Ein solcher Fall liegt regelmäßig dann vor, wenn die Rechte eines Verfahrensbeteiligten wesentlich beeinträchtigt worden sind oder wenn der Verfahrensverstoß den Zweck einer Formvorschrift wesentlich vereitelt. Für den Ausgang des Berufungsverfahrens ist ein solcher Fehler im Regelfall dann (noch) von Bedeutung, wenn die Entscheidung über das Rechtsmittel anders ausfallen kann als im Falle seiner Nichtbehebung (stRspr, vgl. zuletzt Beschlüsse vom 5. Januar 2010 - BVerwG 2 WD 26.09, 2 WDB 3.09 - und vom 24. März 2010 - BVerwG 2 WD 10.09 -, jeweils m.w.N.).
Aber auch unabhängig von der Auswirkung des Fehlers auf den Ausgang des Berufungsverfahrens ist ein schwerer Mangel des Verfahrens im Sinne des § 121 Abs. 2 und des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO dann gegeben, wenn eine vom Gesetzgeber als zwingend ausgestaltete Verfahrensvorschrift, d.h. nicht nur eine reine Ordnungsvorschrift, nicht beachtet wurde (vgl. zur Abgrenzung "wesentlicher Mängel" des behördlichen Disziplinarverfahrens nach dem Bundesdisziplinargesetz von der Verletzung "bloßer Ordnungsbestimmungen" Urteil vom 24. Juni 2010 - BVerwG 2 C 15.09 - NVwZ-RR 2010, 814 ff.). Das Gericht darf eine solche zwingende Vorschrift nicht dadurch "leerlaufen" lassen, dass es ihre Nichtbeachtung als für das Ergebnis des gerichtlichen Disziplinarverfahrens unerheblich einstuft. Vielmehr ist es Aufgabe des Gerichts, die Nachholung einer unterbliebenen Verfahrenshandlung, soweit es das Verfahrensrecht zulässt, herbeizuführen. Ein solcher schwerer Verfahrensmangel - Verstoß gegen eine zwingend ausgestaltete Verfahrensvorschrift - liegt hier vor.
1. Das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen die Soldatin ist durch Verfügung vom 10. August 2007 gemäß § 93 Abs. 1 WDO eingeleitet worden, ohne dass zuvor gemäß § 4 Satz 1 WDO i.V.m. § 27 Abs. 2 Soldatenbeteiligungsgesetz (SBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. April 1997, BGBl I S. 766, die Vertrauensperson angehört und anschließend das gesetzlich vorgeschriebene Anhörungsverfahren durchgeführt worden war. Die Soldatin hatte weder damals noch jetzt einer Anhörung der Vertrauensperson widersprochen; ihr zwischenzeitlicher "Verzicht" war nicht als Widerspruch gegen eine Anhörung zu werten. Das Unterbleiben der Anhörung der Vertrauensperson vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens stellt einen Verstoß gegen § 27 Abs. 2 SBG dar.
a) § 27 Abs. 2 SBG enthält folgende Regelung:
"Beabsichtigt die Einleitungsbehörde, gegen einen Soldaten ein disziplinargerichtliches Verfahren einzuleiten, ist die Vertrauensperson zur Person des Soldaten und zum Sachverhalt anzuhören, sofern der Soldat nicht widerspricht."
Da die Soldatin der Anhörung der Vertrauensperson nicht widersprochen hatte, war eine Anhörung vorzunehmen; diese unterblieb zu Unrecht. Eine Anhörung war auch nicht deshalb entbehrlich, weil die Soldatin zwischenzeitlich auf sie "verzichtet" hatte. Vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens stellt die Anhörung der Vertrauensperson den Regelfall dar. Dies ergibt sich schon aus dem Gesetzeswortlaut ("... ist die Vertrauensperson ... anzuhören ..."). Die Anhörung findet ausnahmsweise nur dann nicht statt, wenn der Soldat, nachdem er auf sein Widerspruchsrecht hingewiesen worden ist (vgl. ZDv 10/2 "Beteiligung durch Vertrauenspersonen", Nr. 238), erkennbar widerspricht (vgl. zur gesetzlichen Begründung des Widerspruchsrechts des Soldaten BTDrucks 13/5740 S. 20, zu § 27 SBG). Ein bloßer "Verzicht" auf die Anhörung genügt der gesetzlichen Bestimmung nicht; er ist nicht als Widerspruch zu werten. Dies hat die Soldatin durch ihren Verteidiger in der Berufungshauptverhandlung noch einmal ausdrücklich bestätigt. Liegt nach alledem kein Widerspruch vor, bleibt es bei der gesetzlichen Regel-Verpflichtung, d.h. der Anhörung der Vertrauensperson.
b) Das Unterbleiben der gemäß § 27 Abs. 2 SBG grundsätzlich vorgeschriebenen Anhörung der Vertrauensperson vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens stellt nicht nur eine Verletzung einer Ordnungsbestimmung, sondern einen Verstoß gegen eine vom Gesetzgeber als zwingend vorgesehene Verfahrensvorschrift dar. Das ergibt sich aus Sinn und Zweck der Regelung sowie aus der detaillierten gesetzlichen Ausgestaltung des Anhörungsverfahrens.
Nach § 27 Abs. 2 SBG ist, sofern der Soldat nicht widersprochen hat, die Vertrauensperson zur Person des Soldaten und zum Sachverhalt anzuhören, wenn die Einleitungsbehörde beabsichtigt, gegen den Soldaten ein disziplinargerichtliches Verfahren einzuleiten. Diese Anhörung gehört grundsätzlich nicht in den Bereich der Ermittlungen zur Sache, sondern dient - sowohl im Interesse des Soldaten als auch zur Objektivierung des Verfahrens (vgl. ZDv 10/2 Nr. 236) - lediglich der Vorbereitung der Ermessensentscheidung der Einleitungsbehörde nach § 15 Abs. 2 WDO, ob die Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens gegen den betroffenen Soldaten opportun ist. Die Vertrauensperson kann sich deshalb im Rahmen ihrer Anhörung z.B. auch dazu äußern, ob sie die Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens für geboten hält oder eine anderweitige Ahndung, insbesondere den Ausspruch einer einfachen Disziplinarmaßnahme - dann vorherige Anhörung der Vertrauensperson gemäß § 27 Abs. 1 SBG - oder einer Erzieherischen Maßnahme, für ausreichend erachtet (vgl. ZDv 10/2, Nr. 238; dazu Urteil vom 12. Juni 2007 - BVerwG 2 WD 11.06 - Buchholz 449.7 § 27 SBG Nr. 3 = NZWehrr 2007, 256).
Die Anhörung zur Person, die eine Äußerung über die charakterlichen Vorzüge und Mängel, das kameradschaftliche Verhalten des Soldaten und dessen Ansehen im Kameradenkreis sowie über seine persönlichen und außerdienstlichen Verhältnisse bezweckt, soll der Einleitungsbehörde helfen, die Persönlichkeit, die bisherige Führung des Soldaten und die Beweggründe seines Handelns richtig zu beurteilen. In der Anhörung zum Sachverhalt kann die Vertrauensperson der Einleitungsbehörde aus ihrer und der Kameraden Sicht die dienstlichen Umstände und die Motivation des Verhaltens sowie die Auswirkungen darlegen, die das Handeln oder Unterlassen des Soldaten im Kameradenkreis oder bei Außenstehenden gehabt hat (vgl. dazu insgesamt Beschluss vom 31. August 1998 - BVerwG 2 WDB 1.98 - BVerwGE 113, 259 <260 f.> = Buchholz 235.0 § 86 WDO Nr. 2 S. 2 f. = NZWehrr 1998, 250 <251> m.w.N.). Wie ein Vergleich zu § 27 Abs. 1 SBG ("Disziplinarmaß") zeigt, umfasst § 27 Abs. 2 SBG keine obligatorische Anhörung zur disziplinarrechtlichen Bewertung des Sachverhalts; eine Anhörungspflicht zur rechtlichen Bewertung des Sachverhalts ist im Gesetz nicht vorgesehen und kann auch nicht auf die Zentrale Dienstvorschrift gestützt werden (Urteil vom 12. Juni 2007 a.a.O.).
Gemäß § 20 Satz 1 i.V.m. § 27 Abs. 2 SGB ist die Vertrauensperson über die beabsichtigte Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen den Soldaten, zu der die Vertrauensperson anzuhören ist, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten (vgl. zur anhörungspflichtigen Stelle, Beschluss vom 31. Januar 2007 - BVerwG 1 WB 16.06 - Buchholz 449.7 § 52 SBG Nr. 3 = NZWehrr 2007, 162 m.w.N.; vgl. zur zuständigen Vertrauensperson, Beschluss vom 31. Januar 2007 a.a.O. und Urteil vom 4. September 2009 - BVerwG 2 WD 17.08 - BVerwGE 134, 379 <383 f.> = Buchholz 450.2 § 13 WDO 2002 Nr. 1 S. 4 f. = NZWehrr 2010, 114 <116>). Der Sachverhalt ist der Vertrauensperson vor Beginn der Anhörung bekanntzugeben (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SBG); ein Recht auf Einsicht in Unterlagen und Akten besteht nur mit Einwilligung der Betroffenen (§ 27 Abs. 3 Satz 2 SBG). Der Vertrauensperson ist gemäß § 20 Satz 2 SBG zu der beabsichtigten Maßnahme - hier Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens - Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; diese (Stellungnahme) ist mit ihr zu erörtern (§ 20 Satz 3 SBG; vgl. zu Art und Umfang der Erörterungspflicht Urteil vom 4. September 2009 a.a.O. S. 384, S. 5 bzw. S. 116 m.w.N.). Über die Anhörung der Vertrauensperson ist eine Niederschrift anzufertigen, die zu den Akten zu nehmen ist (§ 27 Abs. 4 SBG). Schließlich ist nach § 4 Satz 2 WDO das Ergebnis der Anhörung der Vertrauensperson dem Soldaten vor dessen Anhörung gemäß § 93 Abs. 1 Satz 2 WDO bekanntzugeben.
c) Unterbleibt die gesetzlich vorgeschriebene Anhörung der Vertrauensperson, hat dies zwar (noch) nicht die Unwirksamkeit der Einleitungsverfügung zur Folge und stellt auch (noch) kein Verfahrenshindernis im Sinne des § 108 Abs. 3 und 4 WDO dar (vgl. zu § 27 SBG a.F. und § 104 Abs. 3 und 4 WDO a.F. insbesondere Beschlüsse vom 8. Januar 1992 - BVerwG 2 WDB 17.91 - BVerwGE 93, 222 <225 ff.> = NZWehrr 1992, 74 <76> und vom 31. August 1998 a.a.O. S. 261, S. 3 bzw. S. 251; Urteil vom 4. September 2009 a.a.O. S. 384, S. 5 bzw. S. 116 f., jeweils m.w.N.). Die Einleitungsverfügung ist jedoch fehlerhaft (vgl. Beschlüsse vom 8. Januar 1992 a.a.O. und vom 31. August 1998 a.a.O.).
2. Die fehlende Anhörung der Vertrauensperson begründet einen (vorgerichtlichen) Verfahrensmangel, der den Vorsitzenden des Truppendienstgerichts hätte veranlassen müssen, den Wehrdisziplinaranwalt zur Beseitigung des Mangels aufzufordern, § 99 Abs. 3 Satz 1, 2. Alternative WDO. Dass es nicht zu einer entsprechenden Aufforderung gekommen ist, begründet wiederum einen schweren Mangel des (gerichtlichen)Verfahrens, der in Ermangelung einer Aufforderungsmöglichkeit durch den Senat hier gemäß § 121 Abs. 2 WDO zwingend zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an eine andere Kammer des Truppendienstgerichts führt; für eine Zurückverweisung an ein anderes Truppendienstgericht sieht der Senat keine Veranlassung.
a) Wie der Senat wiederholt entschieden hat (vgl. insbesondere Beschluss vom 8. Januar 1992 a.a.O. S. 227 bzw. S. 76 f. und Urteil vom 4. September 2009 a.a.O. S. 385, S. 5 bzw. S. 116 f., jeweils m.w.N.), ist die Nachholung der Anhörung durch den Vorsitzenden der Truppendienstkammer bzw. durch das "Truppendienstgericht" zu veranlassen. Soweit der Senat in diesem Zusammenhang allerdings eine Ladung der Vertrauensperson als "sachverständigen Zeugen" zur Hauptverhandlung gemäß § 103 Abs. 1 Satz 2 WDO als möglich angesehen hat (vgl. Beschluss vom 8. Januar 1992 a.a.O.), hält er an dieser Auffassung nicht mehr fest. Die Nachholung der Anhörung einer Vertrauensperson gemäß § 27 Abs. 2 SBG kann nicht durch Vernehmung dieser Person als sachverständiger Zeuge vorgenommen werden. Der sachverständige Zeuge ist ein Zeuge, der sein Wissen von bestimmten vergangenen Tatsachen oder Zuständen bekundet, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich war und die er nur kraft dieser besonderen Sachkunde wahrgenommen hat (vgl. z.B. Urteil vom 6. Februar 1985 - BVerwG 8 C 15.84 - BVerwGE 71, 38 <42> = Buchholz 303 § 414 ZPO Nr. 1 S. 3 m.w.N.). Zwar kann die Vertrauensperson über eigene Wahrnehmungen in Bezug auf die Person des Soldaten z.B. in dem gegen diesen anhängigen disziplinargerichtlichen Verfahren vor einem Wehrdienstgericht als Leumundszeuge angehört werden. Eine solche gerichtliche Vernehmung kann jedoch nicht die nach § 27 Abs. 2 SBG grundsätzlich durch die Einleitungsbehörde vorzunehmende Anhörung der Vertrauensperson und Durchführung des entsprechenden Anhörungsverfahrens ersetzen.
b) In Betracht kommt nach alledem nur eine Beseitigung des wesentlichen Verfahrensmangels im Wege des § 99 Abs. 3 WDO durch den Vorsitzenden der Truppendienstkammer (vgl. dazu Beschluss vom 8. Januar 1992 a.a.O. S. 227 bzw. S. 76 f. zu § 96 Abs. 3 Satz 1 WDO a.F.). Dieser hat den Wehrdisziplinaranwalt zur Beseitigung des Mangels aufzufordern; währenddessen ist das gerichtliche Disziplinarverfahren auszusetzen (§ 99 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 WDO). Da eine Mangelbeseitigung, verbunden mit einer Verfahrensaussetzung, von Gesetzes wegen nur im ersten Rechtszug vorgesehen ist, ist die Sache gemäß § 121 Abs. 2 WDO zurückzuverweisen, damit der Vorsitzende der nun zuständigen Truppendienstkammer gemäß § 99 Abs. 3 WDO verfährt (vgl. auch Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 99 Rn. 28 m.w.N.). Auf diesem Weg ist dann die unterbliebene Anhörung der zuständigen Vertrauensperson nachzuholen und im Rahmen der Entscheidung der Einleitungsbehörde, ob an der ursprünglichen Einleitung eines disziplinargerichtlichen Verfahrens festgehalten wird, in dokumentierter Weise zu würdigen. Das Beschleunigungsgebot (§ 17 Abs. 1 WDO) steht einer Zurückverweisung schon deshalb nicht entgegen, weil diese im Gesetz selbst vorgesehene Entscheidung auch zur Sicherstellung des Anspruchs auf ein rechtsstaatliches disziplinargerichtliches Verfahren (speziell zum wehrdisziplinarrechtlichen Verfahren BVerfG, Kammerbeschluss vom 14. Juni 2000 - 2 BvR 993/94 - ZBR 2001, 208) unvermeidbar ist; dies gilt hier umso mehr, als es der Wehrdisziplinaranwaltschaft um die Verhängung der disziplinarischen Höchstmaßnahme geht. ...