Entscheidungsdatum: 14.06.2018
1. Das Truppendienstgericht Süd hat den Soldaten auf der Grundlage der ihm 2016 vorgelegten Anschuldigungsschrift mit Urteil vom 28. Juni 2017 aus dem Dienstverhältnis entfernt. Dem Gericht lag das unter dem 17. April 2017 erstellte Sachverständigengutachten des Professor Dr. A zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Soldaten vor, in dem auf das vom selben Sachverständigen unter dem 22. Juni 2015 für das Landgericht B erstellte Gutachten Bezug genommen wird.
a) In tatsächlicher Hinsicht hat das Truppendienstgericht folgende Feststellungen aus dem Urteil des Amtsgerichts B zu Grunde gelegt:
"Der Angeklagte und die Zeugin C sind Berufssoldaten und waren in den Jahren 2011 und 2012 im ... eingesetzt.
Der Angeklagte war als Hauptfeldwebel Vorgesetzter der Zeugin C, die den Rang Hauptgefreiter (w) bekleidete.
1) Während der am 8. Dezember 2011 in D stattfindenden Jahresabschlussfeier ihres Regimentes unterhielt sich der Angeklagte mit einem weiteren Bundeswehrangehörigen darüber, dass er die Zeugin C 'flachlegen' werde und wettete mit diesem insoweit um 80,- €. Die Zeugin befand sich zu diesem Zeitpunkt in seiner unmittelbaren Nähe und war deshalb in der Lage, das Gespräch zu verfolgen. Später bot der Angeklagte ihr auch noch an, ihr für den Gewinn der Wette die Hälfte des Gewinnes zu überlassen. Er verletzte damit den Wert- und Achtungsanspruch der Zeugin, was ihm auch bewusst war.
2) Im Oktober 2012 hielten sich der Angeklagte und die Zeugin C im Rahmen eines Übungseinsatzes der Bundeswehr auf E auf, wo sie auf einem Kasernengelände in F untergebracht waren.
Am 18.10.2012 legte sich die Zeugin C nach einem sehr anstrengenden Dienst kurz vor Mitternacht in der von ihr allein bewohnten Stube auf ihr Bett, und zwar auf das Bettzeug. Sie wollte nur kurz für 10 Minuten ausspannen und danach noch an der Abschlussparty teilnehmen und stellte sich deshalb den Wecker auf ihrem Handy. Die Zeugin C war mit Slip und BH, ärmellosem Top, einer Jogginghose und der dazu gehörigen Jacke bekleidet; sie trug ihre langen hellblonden Haare offen.
Der Angeklagte legte sich nach Mitternacht neben die Zeugin und griff ihr mit einer Hand zwischen ihre Beine an den Schambereich. Dem Angeklagten war hierbei bewusst, dass die Zeugin aufgrund ihres Zustandes der Übermüdung nicht in der Lage war, einen Willensentschluss gegen sein sexuelles Ansinnen zu bilden, zu äußern und durchzusetzen, was er zumindest billigend in Kauf nahm. Hierbei nahm der Angeklagte als Vorgesetzter zumindest billigend weiter in Kauf, den Wert- und Achtungsanspruch der ihm untergebenen Soldatin C zu verletzen."
Der Soldat habe sich bis Januar 2011 im Auslandseinsatz in G befunden. Während dieser Zeit habe sich seine Ehefrau von ihm getrennt und einem Kameraden zugewandt. Der Soldat habe sich in der Folge in einer Burnout-ähnlichen Lage befunden. Auch im Oktober 2012 habe er sich wegen seiner anstehenden Versetzung und einer laufenden Übung in einer erheblichen Stresssituation befunden. Die seinerzeitige Anspannung habe er in lockerer Atmosphäre unter Alkoholeinfluss durch die sexuelle Belästigung abgebaut.
b) Durch sein Verhalten habe der Soldat eine vorsätzliche sexuelle Belästigung begangen, gegen die Pflichten zum treuen Dienen, zur Kameradschaft, zur Fürsorge gegenüber Untergebenen, zur Zurückhaltung bei Äußerungen und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verstoßen.
Die Maßnahmebemessung werde durch die sexuelle Belästigung der dem Soldaten unterstellten Zeugin C bestimmt. Erschwerend wirke, dass er dadurch zugleich eine Straftat begangen habe und deshalb zu 11 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden sei. Erhebliche Auswirkungen des Dienstvergehens lägen vor, weil die Zeugin C in ihrer körperlichen Integrität und Intimsphäre verletzt worden sei. Damit habe der Soldat gegen die Fürsorgepflicht verstoßen, obwohl sie zu den vornehmsten Pflichten eines Vorgesetzten gehöre. Die weiteren Pflichtverletzungen kämen erschwerend hinzu. Milderungsgründe in der Tat bestünden nicht. Der Soldat habe jedoch sehr gute dienstliche Leistungen gezeigt. Zudem habe er sich nachbewährt.
Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bilde eine Dienstgradherabsetzung. Es lägen jedoch besondere Gründe vor, die eine Abweichung davon nach oben zwingend erforderlich machten. Der Soldat habe schweres kriminelles Unrecht begangen. Dies werde bereits daran deutlich, dass das Landgericht mit seinem Urteil nur knapp unterhalb der Grenze des automatischen Verlustes der Rechtsstellung als Berufssoldat geblieben sei. Zudem habe es sich um eine vollendete Straftat im Dienst gehandelt. Die sexuelle Belästigung sei zudem wiederholt erfolgt und dies gegenüber einer dienstjungen Mannschaftssoldatin, die mit den Schutzmechanismen gegen Übergriffe noch nicht vertraut gewesen sei. Die Pflichtverletzung während eines Auslandsaufenthaltes sei in der Einheit auch bekannt geworden. Da der Soldat als Berufssoldat nicht bis in einen Mannschaftsdienstgrad degradiert werden könne, sei die Höchstmaßnahme zu verhängen.
2. Der Soldat hat seine maßnahmebeschränkte Berufung im Wesentlichen damit begründet, dass es das Gericht mehrfach an Objektivität habe fehlen lassen; insbesondere seien ihm oder seinem Verteidiger so nicht getätigte Äußerungen zugeschrieben worden. Dies gelte insbesondere für die Äußerung, er habe mit den Pflichtverletzungen Druck abbauen wollen. Um das Bild eines Schwerstkriminellen aufrechtzuerhalten, habe das Gericht Milderungsgründe nur unzulänglich gewürdigt. Dazu gehöre namentlich, dass er unmittelbar nach dem Vorkommnis in F versucht habe, sich bei der Soldatin C zu entschuldigen. Zudem sei es im strafgerichtlichen Berufungsverfahren zu einer Entschuldigung gekommen, welche sie auch angenommen habe. Nicht entlastend gewichtet worden sei zudem die hohe Schmerzensgeldzahlung. Eine vertiefte Befassung des Gerichts mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hätte ergeben, dass vom Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen nicht zwingend hätte abgewichen werden müssen. Den vom Truppendienstgericht herangezogenen höchstrichterlichen Entscheidungen lägen keine vergleichbaren Sachverhalte zugrunde.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das vom Soldaten eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt. Der Senat hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 327 StPO die erstinstanzlichen Tat- und Schuldfeststellungen sowie die dortige disziplinarrechtliche Würdigung seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.
1. Die die Feststellung des Dienstvergehens tragenden tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Würdigungen der Vorinstanz sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den Senat damit grundsätzlich bindend. Ob sie vom Truppendienstgericht rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom Senat grundsätzlich nicht mehr überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der Prozessstoff nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Mai 2018 - 2 WD 2.18 - Rn. 17 ff.).
2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von Verfassungs wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr" vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2014 - 2 WD 11.13 - juris Rn. 61). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 123 Satz 3, § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.
a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d. h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das Dienstvergehen der wiederholten sexuellen Belästigung einer Untergebenen sehr schwer.
aa) Der Soldat hat gegen mehrere soldatische Pflichten von hohem Gewicht, darunter zentrale Vorgesetztenpflichten verstoßen.
Durch die sexuelle Belästigung einer Untergebenen im Sinne von § 7 Abs. 2 i.V.m. § 3 Abs. 4 SoldGG hat er die Verpflichtung zur Wahrung der Intimsphäre von Kameraden missachtet. Das hohe Gewicht dieses Verstoßes ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber ein solches Verhalten ausdrücklich untersagt und unmittelbar zur Dienstpflichtverletzung erklärt hat.
Mit dem Verstoß gegen § 7 Abs. 2 SoldGG ging der Verstoß gegen die Pflicht zum treuen Dienen nach § 7 SG einher (BVerwG, Urteil vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - juris Rn. 54).
Es begründet ebenfalls einen gewichtigen Verstoß gegen § 7 SG in Gestalt der Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung, dass der Soldat mit seinem Verhalten zugleich die Straftatbestände nach § 179 Abs. 1 Nr. 1 StGB (a.F.) sowie § 31 Abs. 1 WStG verwirklicht hat (BVerwG, Urteil vom 24. November 2015 - 2 WD 15.14 - Rn. 42) und deswegen auch strafrechtlich mit einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten sanktioniert wurde. Das Truppendienstgericht hat ausweislich Seite 10 der Gründe sein Urteil auch auf deren Verwirklichung gestützt.
Hinzu tritt der Verstoß gegen die Fürsorgepflicht nach § 10 Abs. 3 SG. Sie gehört zu den vornehmsten Pflichten eines Vorgesetzten gegenüber seinen Untergebenen, die das berechtigte Gefühl haben müssen, vom Vorgesetzten nicht nur als Befehlsempfänger betrachtet, sondern in ihrer Würde geachtet und mit menschlicher Rücksichtnahme behandelt zu werden. Der Vorgesetzte hat die Pflicht, sich bei allen Handlungen und Maßnahmen von Wohlwollen gegenüber seinen Untergebenen leiten zu lassen und zu bemühen, diese vor Schäden und unzumutbaren Nachteilen zu bewahren (BVerwG, Urteil vom 1. März 2007 - 2 WD 4.06 - Buchholz 449 § 10 SG Nr. 56 Rn. 38 m.w.N.). Im militärischen Über- und Unterordnungsverhältnis sind Untergebene besonders schutzbedürftig. Dies gilt vorliegend umso mehr, als Opfer des Dienstvergehens eine dienstjunge Soldatin in einem Mannschaftsdienstgrad war. Zumindest letzteres war dem Soldaten nach eigener Einlassung in der Berufungshauptverhandlung auch bekannt.
Hinzu tritt der durch die verbale sexuelle Belästigung begangene Verstoß gegen die Mäßigungspflicht nach § 10 Abs. 6 SG (BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 2 WD 13.16 - juris Rn. 90).
Der Verstoß gegen die Kameradschaftspflicht nach § 12 Satz 2 SG ist nicht minder bedeutsam, denn der Zusammenhalt der Bundeswehr beruht wesentlich auf Kameradschaft. Die dienstlichen Aufgaben erfordern im Frieden und in noch höherem Maße im Verteidigungsfall gegenseitiges Vertrauen sowie das Bewusstsein, sich bedingungslos aufeinander verlassen zu können. Ein Vorgesetzter, der die Rechte, die Ehre oder die Würde seiner Kameraden verletzt, untergräbt den dienstlichen Zusammenhalt, stört den Dienstbetrieb und beeinträchtigt damit letztlich auch die Einsatzbereitschaft der Truppe (BVerwG, Urteil vom 17. März 2004 - 2 WD 17.03 - NZWehrr 2005, 38 m.w.N.).
Auch die Verletzung der nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 SG bestehenden Wohlverhaltenspflicht wiegt schwer. Die Pflicht zur Wahrung von Achtung und Vertrauen ist kein Selbstzweck, sondern hat funktionalen Bezug zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs. Ein Soldat, insbesondere - wie hier - ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner Vorgesetzten, um seine Aufgaben so zu erfüllen, dass der gesamte Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit tatsächlich eingetreten ist, sondern nur darauf, ob das festgestellte Verhalten dazu geeignet war (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 27 m.w.N.). Das war vorliegend der Fall.
bb) Hinzu treten weitere erschwerende Umstände:
Der Soldat war aufgrund seines Dienstgrades als Hauptfeldwebel Vorgesetzter der Hauptgefreiten C (§ 1 Abs. 3 Satz 1 SG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 und 3 VorgV). Soldaten in Vorgesetztenstellung obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 SG).
Die Verstöße gegen soldatische Pflichten waren zudem wiederholt und auch einschlägig.
Sie richteten sich zudem gegen eine Mannschaftssoldatin, die sich erst im ersten bzw. zweiten Dienstjahr befand und deshalb weder über Erfahrungen mit den Schutzmechanismen gegen Übergriffe von Vorgesetzten noch über ein hinreichendes Selbstbewusstsein zur Durchsetzung ihrer Rechte verfügte. Das Verhalten des Soldaten war daher in besonderer Weise geeignet, insbesondere Frauen von einer Bewerbung für den Dienst in den Streitkräften abzuschrecken (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2016 - 2 WD 21.15 - Rn. 53).
Zudem erfolgte der Übergriff gemäß Anschuldigungspunkt 2 während eines Auslandsaufenthalts. Auch wenn es sich um keinen Auslandseinsatz handelte, sind auch hier an die militärische Disziplin innerhalb einer militärischen Anlage erhöhte Anforderungen zu stellen, weil die regelmäßig beengten räumlichen Verhältnisse es gebieten, die dadurch ohnehin bereits reduzierte Privatsphäre von Kameraden uneingeschränkt zu respektieren (BVerwG, Urteil vom 27. März 2017 - 2 WD 11.16 - juris Rn. 112).
Die erhebliche Schwere des Dienstvergehens bestimmt des Weiteren der Umstand, dass es der Soldat bei Anschuldigungspunkt 1 nicht bei einer verbalen sexuellen Belästigung der Zeugin C durch deren Instrumentalisierung als Wettobjekt belassen hat (1. Teilaspekt). Durch das zusätzliche Angebot, mit ihm den Wettgewinn zu teilen (2. Teilaspekt), hat er sie in ihrem Achtungsanspruch erneut und zugleich massiv herabgesetzt. Denn da die Wette nur dann gewonnen sein sollte, wenn es ihm gelungen war, sie zum Beischlaf zu überreden, legte er ihr mit dem finanziellen Anreiz nichts anderes nahe, als sich für Geld zu prostituieren.
Dabei ist der Soldat mit seinem Vergehen in E von bislang nur verbalen Belästigungen zu einem körperlichen Übergriff übergegangen, sodass auch eine qualitative Steigerung an Pflichtverletzungen vorlag.
b) Das Dienstvergehen hatte nachteilige Auswirkungen zum einen auf die geschädigte Soldatin, die durch alle Belästigungen in ihrem Achtungsanspruch beeinträchtigt und vor allem durch den körperlichen Übergriff in ihrer berechtigten Erwartung in einer Kaserne unter Kameraden sicher zu ein, enttäuscht und in Unruhe versetzt wurde. Zum anderen wurde das Dienstvergehen in der Einheit bekannt.
c) Das Maß der Schuld des nach den bindenden Feststellungen des Truppendienstgerichts schuldfähigen Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Der Senat geht zwar davon aus, dass dessen Pflichtverletzungen auch einer alkoholbedingten Enthemmung geschuldet sind; eine dadurch verminderte Steuerungs- oder Einsichtsfähigkeit wirkt sich jedoch deshalb nicht als klassischer Milderungsgrund in den Umständen der Tat aus, weil ein Soldat für Art und Umfang seines Alkoholkonsums selbst verantwortlich ist (BVerwG, Urteile vom 16. Mai 2006 - 2 WD 3.05 - Rn. 130 f., vom 30. Oktober 2012 - 2 WD 28.11 - juris Rn. 43 und vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - juris Rn. 71 m.w.N. sowie BGH, Großer Senat für Strafsachen, Beschluss vom 24. Juli 2017 - GSSt 3/17 - NJW 2018, 1180 Rn. 43 ff.). Dass der Soldat zum Zeitpunkt der Pflichtverletzungen an einer ihn von dieser Schuldzurechnung befreienden Alkoholerkrankung gelitten hätte, wie dies im mit Urteil des Senats vom 16. Mai 2006 entschiedenen Fall vorlag, ist nicht ersichtlich. Dem in die Berufungshauptverhandlung eingeführten Sachverständigengutachten des Prof. Dr. A vom 17. April 2017, in dem auf das Sachverständigengutachten vom 22. Juni 2015 Bezug genommen wird, lässt sich zwar entnehmen, dass der Soldat zu den Tatzeitpunkten verstärkt Alkohol konsumiert hat; dort heißt es aber auch, dass der Soldat bestritten hat, zu den maßgeblichen Zeitpunkten in besonderer Weise dem Alkohol zugesprochen zu haben (S. 11, 12/13). Vor allem hat der Sachverständige selbst festgestellt, für eine Suchterkrankung würden keine Hinweise vorliegen (S. 28). Der Soldat hat die Richtigkeit dieser gutachterlichen Feststellung auch nicht substantiiert in Frage gestellt. Er hat weder behauptet, sich einer Alkoholentziehungstherapie unterzogen zu haben, noch angeführt, eine solche zu benötigen. Zudem hat er auf die Beiziehung seiner G-Akte verzichtet.
Der Soldat hat sich bei keiner der festgestellten Pflichtverletzungen in einer seelischen Ausnahmesituation befunden (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 2002 - 2 WD 23.01, 32.02 - BVerwGE 117, 117 <124> m.w.N.), denn es fehlt bei den einzelnen Taten an einer besonderen Zuspitzung der von ihm angeführten Belastungsfaktoren, die so gewichtig wäre, dass man von ihm kaum noch erwarten konnte, sich normgemäß zu verhalten.
Zum Zeitpunkt der ersten, verbalen Belästigung der Zeugin C lag die Trennung von seiner ersten Ehefrau, die sich während seines Auslandseinsatzes einem Kameraden zugewandt hatte, nicht nur mehr als sechs Monate zurück. Er hatte auch bereits drei Monate vor dieser Pflichtverletzung seine jetzige Ehefrau kennengelernt, die ihm - wie er in der Berufungshauptverhandlung selbst ausführte - nach der Trennung von seiner ersten Ehefrau sehr geholfen hatte. Damit waren zu diesem Zeitpunkt bereits die mit der Trennung verbundenen psychischen Belastungen deutlich reduziert. Zum Zeitpunkt der körperlichen Übergriffe war er mit der ihm nach eigenen Angaben zuverlässig zur Seite stehenden Partnerin schon verheiratet und hatte damit emotionalen Rückhalt in der neuen Ehe gewonnen. Die vom Soldaten weiter angeführte hohe Stressbelastung durch die Teilnahme an zahlreichen Übungen begründet keine atypische Ausnahmesituation, die ihn stärker belasten würde als zahlreiche andere Soldaten, die ebenfalls hohem Druck durch dienstliche Aufträge auch unter belastenden Umständen gerecht werden müssen. Die zu den Tatzeitpunkten bestehenden Belastungen sind deshalb als mildernder Umstand von nur geringerem Gewicht einzustellen (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2017 - 2 WD 1.17 - juris Rn. 78).
Persönlichkeitsfremde Augenblickstaten eines ansonsten tadelfreien Soldaten liegen bereits wegen der sowohl wiederholten als auch einschlägigen Begehung nicht vor (BVerwG, Urteile vom 6. Juli 2016 - 2 WD 18.15 - juris Rn. 72 ff. und vom 24. April 2014 - 2 WD 39.12 - juris Rn. 37).
d) Die Beweggründe des Soldaten sprechen gegen ihn. Er hat sich aus sexueller Motivation rücksichtslos über die Rechte einer lebens- und dienstjüngeren Kameradin hinweggesetzt (BVerwG, Urteil vom 27. März 2017 - 2 WD 11.16 - juris Rn. 114).
e) Im Hinblick auf die Zumessungskriterien "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sprechen für den Soldaten seine überdurchschnittlichen Leistungen, die auch durch eine förmliche Anerkennung und Leistungsprämien unterstrichen werden. Da er sich im Durchschnittswert der Aufgabenerfüllung von "6,00" im Jahr 2012 auf "7,56" im Jahr 2014 gesteigert hat, liegt auch eine Nachbewährung vor, die durch die erstinstanzliche Aussage des Hauptmanns H bestätigt worden ist.
Der Senat hat nicht die Überzeugung davon gewinnen können, dass der Soldat das Unrecht seiner Tat uneingeschränkt eingesehen hat und sie losgelöst von den mit ihr verbundenen Sanktionen bereut. Der Soldat hat sich bis zur Unterbrechung der Berufungshauptverhandlung eher formelhaft dahingehend geäußert, dass ihm die Sache leid tue und sich im Übrigen auf den Standpunkt zurückgezogen, sich aus ihm unerklärlichen Gründen wie angeschuldigt verhalten zu haben. Erst nach der Sitzungsunterbrechung hat er nachdrücklich Reue bekundet, zugleich aber auch auf den Alkoholkonsum, seine von der Kameradin angenommene Entschuldigung und auf die hohe Schadenersatzleistung hingewiesen. Angesichts dieses Geschehensablaufs und des vom Soldaten in der Berufungshauptverhandlung gewonnenen Eindrucks ist der Senat davon überzeugt, dass die im zweiten Teil der Berufungshauptverhandlung verbalisierte Reue prozesstaktisch motiviert war und der Soldat das Dienstvergehen wegen des gezahlten Schmerzensgeldes in der Sache als erledigt betrachtet.
Da der vom Soldaten geleisteten Schmerzensgeldzahlung bereits im Strafverfahren Bedeutung beigemessen wurde und sie mit ursächlich dafür war, dass dort keine bereits kraft Gesetzes zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis führende Freiheitsstrafe verhängt wurde, entlastet sie den Soldaten nicht erheblich.
Dass die Pflichtverletzung des Soldaten in E nur wenige Monate nach der zweiten Eheschließung erfolgte und einen Vertrauensbruch gegenüber seiner Ehefrau darstellte, ist - anders als vom Truppendienstgericht angenommen - im Disziplinarverfahren nicht erschwerend zu berücksichtigen.
3. Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung von einem zweistufigen Prüfungsschema aus (BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 2013 - 2 WD 40.12 - juris Rn. 45). Es führt dazu, dass der Soldat gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5, § 63 WDO aus dem Dienstverhältnis zu entfernen ist. Dass der Bundeswehrdisziplinaranwalt lediglich eine Dienstgradherabsetzung beantragt hat, steht dem nicht entgegen. Der Senat ist an dessen Antrag selbst dann nicht gebunden, wenn dieser Rechtsmittelführer ist (BVerwG, Beschluss vom 6. Februar 2018 - 2 WD 18.17 - juris Rn. 10 und Urteil vom 2. Oktober 2013 - 2 WD 33.12 - juris Rn. 28).
a) Auf der ersten Stufe bestimmt der Senat im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine Regelmaßnahme für die in Rede stehende Fallgruppe als "Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen". Bei sexuellen Belästigungen von Untergebenen durch Vorgesetzte im Dienst bildet eine Dienstgradherabsetzung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 2 WD 13.16 - Rn. 107). Bereits der zu Anschuldigungspunkt 2 festgestellte körperliche Übergriff des Soldaten als Hauptfeldwebel auf die Hauptgefreite C führt deshalb dazu, dass die Degradierung den Ausgangspunkt der Zumessungserwägung bildet.
b) Auf der zweiten Stufe ist zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die auch für den Senat gemäß § 123 Satz 3, § 58 Abs. 7 WDO i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO maßgeblichen Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung oder die Notwendigkeit einer Verschärfung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten Regelmaßnahme eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich im Hinblick auf die be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Zusätzlich sind die gesetzlich normierten Bemessungskriterien für die Bestimmung der konkreten Sanktion zu gewichten, wenn die Maßnahmeart, die den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen bildet, einen Spielraum eröffnet. Dabei bildet bei der Bestimmung der Disziplinarmaßnahme gemäß § 38 Abs. 1 WDO keinen zulässigen Bemessungsparameter, dass bei einer grundsätzlich gebotenen Herabsetzung im Dienstgrad die gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO bestehende Begrenzung der Degradierungstiefe zu einer unangemessen milden Ahndung führen kann (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2011 - 2 WD 21.10 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 56 Rn. 53 m.w.N.).
c) Nach diesen Maßstäben kann eine Entfernung aus dem Dienst nicht - wie das Truppendienstgericht annimmt - deswegen erfolgen, weil eine Degradierung in einen Mannschaftsdienstgrad ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. März 2009 - 2 WD 10.08 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 27 Rn. 62). Jedoch ist das Urteil der Vorinstanz im Ergebnis aus anderen Gründen richtig. Denn in der Gesamtabwägung der Bemessungskriterien überwiegen die oben angeführten erschwerenden Aspekte - insbesondere diejenigen in den Umständen der Tatbegehung - die mildernden Aspekte in der Person des Soldaten - namentlich die Leistungen der Vergangenheit - so deutlich, dass objektiv keine Grundlage mehr für eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses besteht. Hierbei ist ausschlaggebend, dass die persönliche Integrität eines Soldaten gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation steht, sodass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen (BVerwG, Urteil vom 13. Januar 2011 - 2 WD 20.09 - juris Rn. 51 m.w.N.), auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können (BVerwG, Urteile vom 16. Juni 2011 - 2 WD 11.10 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 32 Rn. 40 und vom 6. September 2012 - 2 WD 26.11 - juris Rn. 73). Hier kommen zu den für den Soldaten sprechenden Leistungsaspekten keine hinreichend gewichtigen weiter mildernden Umstände hinzu, während die genannten erschwerenden Gesichtspunkte in den Umständen der Tatbegehung das Vertrauen in die persönliche Integrität durchgreifend erschüttern.
Bereits bei der den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen begründenden Pflichtverletzung nach Anschuldigungspunkt 2 ist zum einen erschwerend zu berücksichtigen, dass der Übergriff nicht nur auf den Körper der Hauptgefreiten C sondern gezielt auf deren Intimbereich erfolgte (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2011 - 2 WD 21.10 - juris Rn. 54). Zum anderen konnte die Soldatin den Übergriff auch nicht abwehren, weil sie schlief und sich deshalb in einer hilflosen Lage befand. Schließlich erfolgte der Übergriff während einer Auslandsverwendung. Gerade in ihm muss wegen der regelmäßig besonders beengten Verhältnisse und besonderen Belastungen jeder Soldat uneingeschränkt darauf vertrauen dürfen, keinen - sexuellen - Übergriffen ausgesetzt zu sein. Diese Erwartung zu zerstören, begründet einen unkameradschaftlichen Vertrauensbruch.
Erschwerend tritt das unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebene Verhalten hinzu. Bereits für sich allein hätte es dazu geführt, eine Herabsetzung im Dienstgrad als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zu bestimmen. Daran ändert auch nichts, dass der 1. Teilaspekt eine lediglich verbale sexuelle Belästigung darstellt (BVerwG, Urteil vom 6. April 2017 - 2 WD 13.16 - juris Rn. 107). Durch den bereits dargelegten 2. Teilaspekt erlangt die sexuelle Belästigung ein derart ehr- und würdeverletzendes Gewicht, dass die lediglich verbale Begehungsform weitgehend in den Hintergrund tritt.
Hinzu kommt, dass sich beide sexuellen Belästigungen innerhalb dienstlicher Unterkünfte und Anlagen (vgl. § 17 Abs. 2 Satz 3 SG) zutrugen und sich gegen dieselbe Soldatin richteten, bei der der Eindruck entstehen musste, der diensthierarchisch weit über ihr stehende Soldat habe sein unter Anschuldigungspunkt 1 beschriebenes Ansinnen durch das unter Anschuldigungspunkt 2 beschriebene Verhalten nun unter Ausnutzung von besonderen Auslandsumständen durch Überrumpelung umsetzen wollen.
Dass der sexuelle Übergriff nicht von Gewalt begleitet war, begründet lediglich das Fehlen eines weiteren erschwerenden Umstandes, der für den Tatbestand einer sexuellen Belästigung zudem ohne Bedeutung ist (BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2013 - 2 WD 23.12 - juris Rn. 71).
d) Der Soldat hat mit dem Dienstvergehen das in ihn gesetzte Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren, sodass diesem bei objektiver Betrachtung eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei beantwortet sich die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten schon aus Gründen der Gleichbehandlung sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme ausschließlich nach den vom Wehrdienstgericht festgestellten objektiven Bemessungsgesichtspunkten und nicht nach der subjektiven Sicht konkreter einzelner Vorgesetzter (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 2 WD 3.17 - juris Rn. 75). Ohne Bedeutung bleibt daher, dass der Soldat nach den Pflichtverletzungen weiter Dienst geleistet und seine Leistungen in den beiden Folgejahren gesteigert hat. Ist das Vertrauensverhältnis - wie hier - endgültig zerstört, besteht für eine Nachbewährung kein Raum mehr (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 2 WD 3.17 - juris Rn. 76).
Ist die Höchstmaßnahme zu verhängen, kann auch eine überlange Verfahrensdauer keine maßnahmemildernde Wirkung mehr entfalten (BVerwG, Urteil vom 2. November 2017 - 2 WD 3.17 - juris Rn. 77). Daher kann dahingestellt bleiben, ob die Dauer des Disziplinarverfahrens verfassungs- und konventionswidrig unangemessen lang gewesen ist.