Entscheidungsdatum: 20.04.2017
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 6. Juni 2016 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit er verurteilt wurde.
Das Verfahren wird hinsichtlich der Verurteilung des Angeklagten im Fall II.2.a der Urteilsgründe eingestellt. Insoweit fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslange des Angeklagten der Staatskasse zur Last.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache im Übrigen zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen und wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen unter Einbeziehung einer früher verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. Außerdem hat es angeordnet, dass sechs Monate der Gesamtfreiheitsstrafe als bereits vollstreckt gelten. Hiergegen richtet sich die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel ist begründet.
A.
I. Das Landgericht hat Folgendes festgestellt:
1. Der Angeklagte, der sich ebenso wie der Zeuge H. zu einer Drogenentwöhnungstherapie in A. aufhielt, lernte am 31. Januar 2014 die Nebenklägerin B. kennen, „die sich in einer Liebeskummerphase befand und nicht allein sein wollte“. Der Angeklagte hatte eine Liebesbeziehung mit der Zeugin Ba. . Diese versuchte, die Nebenklägerin B. mit dem Zeugen H. zu verkuppeln. Am 1. Februar 2014 hielten sich die vier Personen in der Wohnung der Nebenklägerin B. auf. Der Angeklagte übte mit der Zeugin Ba. auf der Toilette den Geschlechtsverkehr aus; danach verließ diese die Wohnung. Gegen 23.30 Uhr fuhr die Nebenklägerin den Angeklagten und den Zeugen H. mit ihrem Auto zur Therapieeinrichtung, wohin beide bis Mitternacht zurückzukehren hatten. Der Angeklagte und der Zeuge H. trugen sich dort in das Anwesenheitsbuch ein, verließen danach aber die Einrichtung wieder durch den Hinterausgang. Sie kehrten mit der Nebenklägerin B. in deren Wohnung zurück. Kurz darauf erschien die Zeugin Ba. dort noch einmal, wurde aber von der Nebenklägerin B. mit der Behauptung zum Gehen bewegt, der Angeklagte sei nicht mehr anwesend. Tatsächlich versteckte sich dieser mit dem Zeugen H. in der Wohnung der Nebenklägerin B. . Danach schlug der Angeklagte vor, das Spiel „Wahrheit oder Pflicht“ zu spielen, bei dem Fragen zu beantworten oder Aufgaben zu erfüllen waren. Damit war die Nebenklägerin B. einverstanden, betonte aber, dass sie nicht zu „Küssen, Ausziehen, nackt sein oder Sex“ als Sanktion für den Fall der Nichtbeantwortung einer Frage oder Nichterfüllung einer Aufgabe bereit sei. Stattdessen wurde vereinbart, dass jeder erfolglose Mitspieler ein Glas Wodka zu trinken habe. In einem Zeitraum von 15 bis 20 Minuten trank die Nebenklägerin B. zwei oder drei Gläser Wodka. Gegen Mitternacht wurde ihr übel. Danach verlor sie das Bewusstsein und erlangte dieses erst am folgenden Morgen wieder. Ob dies allein auf Wodkakonsum oder auf einer Beibringung von „K.O.-Tropfen“ zurückzuführen war, konnte die Strafkammer nicht feststellen.
Gegen 7.00 Uhr kam die Nebenklägerin B. zunächst wieder phasenweise zu Bewusstsein. Sie lag nackt auf der Couch und war nicht in der Lage, sich zu bewegen. Dies nutzte der Angeklagte aus, um den Geschlechtsverkehr mit ihr auszuüben. Die Nebenklägerin B. übergab sich dabei, wovon sich der Angeklagte nicht beeindrucken ließ. Er forderte vielmehr den Zeugen H. auf, Fotos von dem Geschehen anzufertigen. Ob das tatsächlich geschah, ließ sich nicht feststellen. Während des Geschlechtsverkehrs des Angeklagten mit der Nebenklägerin B. registrierte diese, dass sie nicht einmal in der Lage war, einen Arm zu heben und fragte leise: „Warum hilft mir denn keiner?“. Der Angeklagte erwiderte: „Ich helfe dir doch!“.
Nach Beendigung des Geschlechtsverkehrs verließ der Angeklagte zusammen mit dem Zeugen H. die Wohnung. Dabei äußerte einer der beiden: „Die wird schon nichts machen; die hat einen kleinen Sohn!“. Erst gegen 8.00 Uhr erlangte die Nebenklägerin B. das volle Bewusstsein zurück. Sie entfernte alle Spuren des Geschehens und duschte lange. Im Verlauf des Tages schrieb sie dem Angeklagten in „facebook“: „Das hätte nie passieren dürfen!“. Er antwortete, dass er nicht wisse, wovon sie spreche (Fall II.1. der Urteilsgründe).
2. Im Jahre 2013 war der Angeklagte mit der Nebenklägerin He. liiert.
a) An einem nicht näher bestimmbaren Tag im Zeitraum zwischen dem 1. Juni und September 2013 kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Angeklagten und der Nebenklägerin He. . Dabei schlug der Angeklagte ihr mit der flachen Hand auf das unbekleidete Gesäß. Später nahm er eine dünne Hundeleine und schlug ihr mehrfach auf den Rücken, wodurch Striemen entstanden (Fall II.2.a der Urteilsgründe).
b) An einem Tag im Zeitraum zwischen Oktober und dem 16. November 2013 schnipste der Angeklagte der Nebenklägerin He. im Rahmen eines Streits eine glühende Zigarette ins Gesicht. Diese traf sie unterhalb des Auges, wodurch eine Brandblase entstand (Fall II.2.b der Urteilsgründe).
II. Das Landgericht hat die Tat zum Nachteil der Nebenklägerin B. als schweren sexuellen Missbrauch Widerstandsunfähiger gemäß § 179 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 5 Nr. 1 StGB aF bewertet. Die Taten zum Nachteil der Nebenklägerin He. hat es jeweils als vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB angesehen. Die Schläge mit der Hand auf das Gesäß und die Schläge mit der Hundeleine auf den Rücken der Nebenklägerin He. im Fall II.2.a der Urteilsgründe seien eine Tat im Rechtssinne. Die Verwendung der Hundeleine sei nicht als Begehung der Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs anzusehen, weil nicht festzustellen sei, dass dadurch erhebliche Verletzungen hätten verursacht werden können.
B.
Die Revision des Angeklagten ist begründet.
I. Das Urteil begegnet im Fall II.1. der Urteilsgründe hinsichtlich der Beweiswürdigung durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
1. Der Angeklagte hat die Tatbegehung mit der Behauptung bestritten, der Geschlechtsverkehr sei bei vollem Bewusstsein der Nebenklägerin B. einvernehmlich ausgeführt worden. Diese sei an einer sexuellen Beziehung mit ihm interessiert gewesen und habe ihn dazu drängen wollen, die Beziehung zu der Zeugin Ba. aufzugeben. Die Initiative zum Geschlechtsverkehr sei von der Nebenklägerin B. ausgegangen. Anschließend habe er erklärt, dass die Zeugin Ba. nichts davon erfahren dürfe. Darüber sei die Nebenklägerin B. verärgert gewesen und habe deshalb ein volles Glas Wodka getrunken, worauf sie sich erbrochen habe. Die Stimmung sei „gekippt“.
Der Zeuge H. hat die Einlassung des Angeklagten bestätigt. Das Landgericht ist dessen Angaben aber nicht gefolgt. Es hat sich vielmehr auf die Angaben der Nebenklägerin B. gestützt.
Das Landgericht hat ausgeführt, deren Aussagen seien „insgesamt von hoher Qualität“. Es sei davon auszugehen, „dass die Nebenklägerin B. nicht in der Lage gewesen wäre, ihren Bericht ohne Erlebnisgrundlage abzugeben“. Die Schilderungen seien „logisch konsistent und detailreich“. Die „hohe Originalität der geschilderten Details“ spreche für einen Erlebnisbezug. „Bereits die Beschreibung des gesamten Ablaufes des Abends, der Modus Operandi des Angeklagten, insbesondere des Spiels ‚Wahrheit oder Pflicht´, sowie ihre lediglich noch vorhandenen `Inselerinnerungen´“ enthielten eine „markante Beschreibung“. „Gegen das Erfinden der Aussage“ spreche, dass diese „zu detailreich“ sei „und das Geschehen, dass die Zeugin berichtet“ habe, „lediglich auf `Inselerinnerungen´ basiert“ habe. Im Fall einer erfundenen Geschichte „wäre anzunehmen, dass diese bereits von Anfang an ein stringent geschildertes Kerngeschehen, ohne Erinnerungslücken, zum Gegenstand gehabt hätte. Bei einer erfundenen Aussage“ wäre „davon auszugehen, dass diese `aus einem Guss´ und in sich stimmig präsentiert worden wäre“. Die Nebenklägerin habe das Geschehen nicht dramatisiert. Hätte sie den Angeklagten zu Unrecht belasten wollen, hätte sie die Behauptung aufstellen können, dass der Angeklagte ihr „K.O.-Tropfen“ in ihr Getränk gemischt habe. Stattdessen habe sie erklärt, sie habe solches nicht gesehen. Die Aussagen der Nebenklägerin B. seien „in wesentlicher Hinsicht gleich und stimmig“. Einzelne Abweichungen seien unerheblich. Für eine Motivation zur Falschaussage hätten sich „keine Anhaltspunkte“ ergeben. Das Ziel, „den Angeklagten und die Zeugin Ba. auseinander zu bringen, wäre für die Nebenklägerin B. wesentlich einfacher zu erreichen gewesen, indem sie der Zeugin Ba. von einem einvernehmlichen Geschlechtsverkehr beider berichtet hätte“. Das habe sie aber nicht getan. Die Tatsache, dass die Nebenklägerin B. auch ihrer besten Freundin, der Zeugin S. , zunächst nicht von dem Erlebnis berichtet habe, lasse nicht den Schluss zu, dass sie die Unwahrheit gesagt habe. Für die Richtigkeit ihrer Angaben spreche vielmehr, dass sie zunächst keine Strafanzeige erstattet habe. Zu deren Erstattung sei sie erst durch den Hinweis des Zeugen K. gedrängt worden, dieser werde andernfalls seinerseits Strafanzeige erstatten.
2. Diese Würdigung ist rechtsfehlerhaft. Das Landgericht hat die Einlassung des Angeklagten, dass der Geschlechtsverkehr einvernehmlich erfolgt sei, nicht in einer lückenlosen und widerspruchsfreien Gesamtwürdigung aller Umstände widerlegt.
Soweit das Landgericht ausgeführt hat, die Nebenklägerin B. wäre nicht in der Lage gewesen, ihren Bericht von einem sexuellen Missbrauch im Zustand der Widerstandsunfähigkeit ohne Erlebnisgrundlage abzugeben, hat es nicht berücksichtigt, dass das Rahmengeschehen ebenso gut mit der Darstellung eines einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs zu vereinbaren ist. Der ergänzende Hinweis des Landgerichts auf einen „Modus Operandi“ des Angeklagten setzt voraus, dass der Angeklagte die Herbeiführung der Widerstandsunfähigkeit der Nebenklägerin B. mit dem Ziel ihrer Ausnutzung zum Geschlechtsverkehr geplant hatte. Dies ist ein Zirkelschluss.
Die Bezeichnung der Aussagen der Nebenklägerin B. als zu detailreich, um als Erfindung gelten zu können, ist nicht mit der Beschränkung des Zeugenberichts über das Kerngeschehen auf „Inselerinnerungen“ vereinbar.
Das Landgericht hat weiter angenommen, bei einer intentionalen Falschbelastung hätte die Nebenklägerin eine positive Behauptung, ihr seien „K.O.-Tropfen“ beigebracht worden, aufstellen können. Weil sie dies nicht getan habe, zeige ihre Aussage „keinerlei überschießende Belastungstendenz“. Diese Schlussfolgerung greift aber zu kurz, weil eine Person, die sieht, dass ihr etwas in das Getränk gemischt wird, vor einer Einnahme des Getränks zurückschrecken wird. Die Nebenklägerin konnte deshalb auch dann, wenn ihre Tatschilderung bewusst unwahr gewesen wäre, nur eine Vermutung in den Raum stellen.
Durchgreifende Bedenken bestehen dagegen, dass das Landgericht die Frage nicht vertieft hat, ob die behauptete siebenstündige Bewusstlosigkeit und anschließende Widerstandsunfähigkeit der Nebenklägerin durch den Konsum von zwei oder drei Gläsern Wodka, deren Größe es nicht eingegrenzt hat, verursacht worden sein konnte oder praktisch nur durch „K.O.-Tropfen“. Es hat nicht geprüft, ob es medizinisch nachvollziehbar ist, dass eine erwachsene Frau allein aufgrund des Alkoholkonsums nach siebenstündiger Bewusstlosigkeit weiter bewegungsunfähig gewesen sein konnte, während der Angeklagte mit ihr den Geschlechtsverkehr ausübte. Wäre aber die stundenlange Bewusstlosigkeit und anschließende Handlungsunfähigkeit allein aufgrund des Konsums von zwei oder drei Gläsern Wodka nicht zu erklären, könnte dies entweder gegen die Glaubhaftigkeit ihrer Angaben sprechen oder zur Annahme des Einsatzes von „K.O.-Tropfen“ führen (zu deren toxischen Wirkungen Kauert, StraFo 1997, 161, 163 f.). Hätte der Angeklagte „K.O.-Tropfen“ eingesetzt, um einen Widerstand der Nebenklägerin B. auszuschalten und hätte er dies zur Durchführung des Geschlechtsverkehrs ausgenutzt, so hätte er sie im Sinne von § 177 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB aF mit Gewalt unter Verwendung eines gefährlichen Werkzeugs zur Duldung des Beischlafs genötigt (vgl. LK/Hörnle, StGB, 12. Aufl., § 177 Rn. 20, 280) und tateinheitlich eine gefährliche Körperverletzung gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 1 unter Einsatz von Gift (NK/Paeffgen, StGB, 4. Aufl., § 224 Rn. 8) oder mittels eines gefährlichen Werkzeugs nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 sowie mittels eines hinterlistigen Überfalls gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB begangen (vgl. BGH, Beschluss vom 21. April 2009 - 4 StR 531/08, insoweit in NStZ-RR 2009, 278 nicht abgedruckt). Auch deshalb durfte das Landgericht nicht auf eine weitere Prüfung verzichten.
II. Soweit das Landgericht den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen zum Nachteil der Nebenklägerin He. verurteilt hat, fehlt die Verfahrensvoraussetzung eines wirksamen Strafantrags oder der Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 230 Abs. 1 Satz 1 StGB.
1. Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterlässt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten ab Kenntnis von der Tat und der Person des Täters zu stellen (§ 77b Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 StGB).
a) Es liegt kein wirksamer Strafantrag der Verletzten vor.
Diese hat bei einer polizeilichen Vernehmung am 20. November 2013 unter anderem hinsichtlich der Tatbegehung mit der brennenden Zigarette ausdrücklich erklärt, keinen Strafantrag zu stellen (Aktenvermerk Bl. 13 d.A. der Staatsanwaltschaft Aachen 806 Js 1566/13). Hinsichtlich der weiteren Körperverletzung wurde ebenfalls kein Strafantrag gestellt. Die Nebenklägerin He. hat zwar im Rahmen dieser Vernehmung die allgemein gestellte Frage des Vernehmungsbeamten bejaht: „Sie stellen aber auch Strafantrag gegen ihn? Sie wollen auch, dass die Sache verfolgt wird von der Polizei, ja? Das seh ich richtig?“ (Bl. 41 f. aaO). Dies erfolgte im Anschluss an die Erörterung von Bedrohungen und nicht konkret mit Bezug auf die beiden abgeurteilten Körperverletzungstaten. Da eine Vielzahl von Vorwürfen im Raum stand, auch diejenigen, die zum Freispruch durch das Landgericht geführt haben, hätte ein wirksamer Strafantrag wegen Körperverletzung einer Tatkonkretisierung bedurft. Ein Strafantrag muss sich auf eine bestimmte Tat beziehen (vgl. BeckOK-StGB/Dallmeyer, 33. Ed., § 77 StGB Rn. 9). Zudem wurde die erforderliche Schriftform nicht gewahrt, da das Vernehmungsprotokoll selbst nicht von ihr unterschrieben wurde (vgl. zu dieser Möglichkeit der Wahrung der Schriftform Senat, Urteil vom 18. Januar 1995 - 2 StR 462/94, NStZ 1995, 353, 354).
b) Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung nicht bejaht. Sie kann dies zwar auch konkludent erklären (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 1954 - 3 StR 869/53, BGHSt 6, 282, 284 f.; Senat, Beschluss vom 26. Mai 1961 - 2 StR 40/61, BGHSt 16, 225, 227), indem sich aus einer Prozesshandlung mit hinreichender Deutlichkeit der Verfolgungswille hinsichtlich des Antragsdelikts ergibt. Das ist hier aber nicht der Fall.
Die Staatsanwaltschaft hat hinsichtlich der abgeurteilten Taten jeweils Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung erhoben. Aus der Anklageerhebung wegen des Offizialdelikts folgt aber nicht ohne weiteres, dass auch für den Fall einer Umgestaltung der Strafklage durch das Gericht (§ 265 Abs. 1 StPO) in ein relatives Antragsdelikt die Anklageerhebung zugleich als konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung zu verstehen sein soll. Nur wenn die Staatsanwaltschaft ihre Anklage auf ein relatives Antragsdelikt erstreckt, liegt darin - sofern keine Besonderheiten hinzutreten - regelmäßig die konkludente Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung (BGH, Beschluss vom 30. Juli 2013 - 4 StR 247/13, NStZ-RR 2013, 349; Beschluss vom 8. März 2016 - 3 StR 417/15, StraFo 2016, 212).
Auch nach Erteilung rechtlicher Hinweise durch das Gericht, im Schlussvortrag oder an anderer Stelle ist keine Erklärung der Staatsanwaltschaft erfolgt, die als Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung zu verstehen wäre.
2. Das Fehlen der Prozessvoraussetzung hat in den Fällen II.2.a und b der Urteilsgründe unterschiedliche Folgen.
a) Es zwingt im Fall II.2.a der Urteilsgründe zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 206a StPO wegen eines Verfahrenshindernisses. Insoweit hat das Landgericht das Nichtvorliegen eines Offizialdelikts im Sinne von § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB rechtsfehlerfrei erläutert, so dass eine andere Bewertung durch das Revisionsgericht nicht in Betracht kommt. Der Senat ist auch nicht gehalten, der Staatsanwaltschaft die Nachholung der Bejahung des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung zu ermöglichen.
b) Im Fall II.2.b der Urteilsgründe ist eine Einstellung des Verfahrens durch das Revisionsgericht dagegen nicht veranlasst.
Eine Erläuterung der Bewertung als vorsätzliche Körperverletzung und nicht als gefährliche Körperverletzung fehlt insoweit. Die Einwirkung mit einer brennenden Zigarette auf die Haut, die zu einer Brandwunde führt, ist im Allgemeinen als Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs anzusehen (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2001 - 1 StR 232/01, BGHR StGB § 224 Abs. 1 Nr. 2 Werkzeug 2; Urteil vom 27. September 2001 - 4 StR 245/01, NStZ 2002, 86; Senat, Urteil vom 27. Januar 2016 - 2 StR 438/15; differenzierend MünchKomm-StGB/Hardtung, StGB, 2. Aufl., § 224 Rn. 25). Warum dies hier nicht der Fall sein soll, obwohl die in das Gesicht der Zeugin He. „geschnipste“ Zigarette ihr Auge knapp verfehlte und auf der Haut eine „schmerzhafte Brandblase“ verursachte, ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Insoweit kommt die Bewertung der Tat als gefährliche Körperverletzung in Betracht, für die ein Strafantragserfordernis nach § 230 StGB nicht besteht. Daher verweist der Senat die Sache insoweit an das Landgericht zurück.
Appl |
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Krehl |
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Eschelbach |
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Zeng |
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Grube |
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